L 6 AS 292/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 21 AS 244/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 292/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern für die Zeit vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015 zustehenden laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) und die teilweise Erstattung vorläufig erbrachter Leistungen für diesen Zeitraum.

Die 1993 geborene Klägerin zu 1. und der 1981 geborene Kläger zu 3. lebten im streitigen Zeitraum als Partner in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen und haben inzwischen geheiratet. Beide sind bulgarischer Staatsangehörigkeit und reisten im Jahr 2014 ins Bundesgebiet ein, wobei sich die Klägerin zu 1. am 31. Juli 2014 bei der Gemeinde E-Stadt anmeldete und dabei einen Zuzug am Vortag angab, der Kläger zu 3. am 20. Oktober 2014 unter Angabe eines Zuzugs am 16. Oktober 2014. Sie mieteten ab dem 30. Juli 2014 eine Wohnung in E-Stadt an, für die monatlich eine Kaltmiete von 200,- Euro, eine Vorauszahlung für die Kosten der Heizung und Warmwasseraufbereitung von jeweils 30,- Euro und eine Vorauszahlung für die sonstigen Nebenkosten von insgesamt 150,- Euro – darunter 35,- Euro für Haushaltsstrom –, insgesamt also 410, Euro, anfielen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vermieterbescheinigung, Bl. 31 der Leistungsakte des Beklagten, Band I, Bezug genommen (im Folgenden: LA I; die Blattzählung bezieht sich auf das vom Beklagten übersandte elektronische Dokument). Der Kläger zu 3. nahm am 1. Oktober 2014 eine Beschäftigung als "Hilfsmitarbeiter" bei der Fa. F. GmbH, F-Stadt, auf (LA I Bl. 42 ff., Bl. 59). Am xx. xxx 2014 wurde die Klägerin zu 2., die gemeinsame Tochter der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 3., geboren.

Bereits zuvor, im August 2014, hatte die Klägerin zu 1. für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem Beklagten beantragt (LA I Bl. 5 ff.). Der Beklagte lehnte dies durch zwei Bescheide vom 18. Dezember 2014 (LA I Bl. 83 ff.) unter Verweis auf das jeweils angegebene Einreisedatum und § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II hinsichtlich der Klägerin zu 1. für die Zeit vom 1. August 2014 bis zum 31. Oktober 2014 und hinsichtlich des Klägers zu 3. für die Zeit vom 16. Oktober 2014 bis zum 15. Januar 2015 ab. Die Bescheide wurden nicht angefochten. Mit Bescheid vom 11. März 2015 bewilligte er den Klägern sodann vorläufig Leistungen für die Zeit von November 2014 bis April 2015 – für den Kläger zu 3. erst (anteilig) ab Januar 2015 –, und zwar in Höhe von 956,60 Euro für November 2014, 951,76 Euro für Dezember 2014, 786,32 Euro für Januar 2015 und je 863,- Euro für Februar bis April 2015. Wegen der Einzelheiten wird auf LA I Bl. 149 ff. Bezug genommen.

Durch Bescheid vom 23. Juni 2015 setzte der Beklagte die Leistungen – unter Berücksichtigung der von den Klägern vorgelegten Einkommensnachweise und des inzwischen bewilligten Eltern- und Kindergeldes – endgültig fest und forderte eine Erstattung in Höhe von insgesamt 1.080,- Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf LA I Bl. 292 ff. verwiesen. Widerspruch gegen diesen Bescheid legten die Kläger nicht ein. Erst mit Schreiben vom 1. Dezember 2015, das allerdings nicht zur Akte gelangte, baten die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte auf der Grundlage von § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) um Überprüfung des Bescheides vom 23. Juni 2015.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat sodann in deren Namen am 2. März 2016 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben und beantragt,
"den Beklagten zu verurteilen über den Antrag im Schreiben vom 01.12.2015 zu entscheiden, den Beklagten zu verurteilen den Klägern Leistungen nach SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen und die Unterkunftskosten in voller Höhe anzuerkennen und an die Kläger zu zahlen nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.12.2014, den Beklagten zu verurteilen transparente Horizontal-/Differenzberechnung aus G Stadt zu erteilen".

Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens sind die Kläger – der Kläger zu 3. offenbar nach vorhergehender Inhaftierung – nach Bulgarien ausgereist. Am 31. Mai 2018 sind sie von der Stadt Oberzent von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden. Zumindest die Klägerin zu 1. hat sich allerdings im/ab Herbst 2018 wieder – wenn auch möglicherweise nur besuchsweise – im Inland aufgehalten. Wegen der Einzelheiten der Meldedaten wird auf Bl. 67 ff. der Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bezug genommen.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat zur Begründung der Klage zunächst vorgetragen, über den mit ihrem Schreiben vom 1. Dezember 2015 gestellten Überprüfungsantrag zu dem Bescheid vom 23. Juni 2015 sei ohne hinreichenden Grund noch nicht entschieden worden. Der Beklagte habe den Klägern Leistungen in gesetzlicher Höhe – insbesondere unter voller Berücksichtigung der Mietaufwendungen – zu gewähren. Nachdem der Beklagte geltend gemacht hatte, ein Überprüfungsantrag sei bei ihm nicht eingegangen, haben die Kläger mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Juli 2018 das Schreiben vom 1. Dezember 2015 (GA Bl. 28) vorgelegt. Durch Bescheid vom 3. September 2018 hat der Beklagte daraufhin unter Abänderung des Bescheides vom 23. Juni 2015 die den Klägern für den Zeitraum von November 2014 bis April 2015 gewährten Leistungen – für den Kläger zu 3. weiterhin erst ab 16. Januar 2015 – neu festgesetzt, und zwar auf insgesamt 956,60 Euro für November 2014, 951,76 Euro für Dezember 2014, 788,14 Euro für Januar 2015, 864,82 Euro für Februar 2015, 853,52 Euro für März 2015 und 669,48 für April 2015. Die geforderte Erstattung hat er auf insgesamt 199,36 Euro reduziert. Grund für die Änderung waren Korrekturen bei der Einkommensanrechnung. Hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat der Beklagte – weiterhin – einen Betrag von 375,- Euro monatlich berücksichtigt. Auf Bl. 30 ff. GA wird Bezug genommen.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat nach Erlass des Bescheides vom 3. September 2018 mit Schreiben vom 5. November 2018 (GA Bl. 56) geltend gemacht, eine Erledigung des Klageverfahrens könne "nicht erkannt werden", da die Klage "nicht allein auf Bescheidung" laute. Der Beklagte habe die Kosten der Untätigkeit zu tragen und einen ordnungsgemäßen Abhilfebescheid zu erlassen. Gegen den Bescheid vom 3. September 2018 sei widersprochen worden. Diesen Widerspruch – der (wiederum nur) darauf gestützt war, die Unterkunftskosten seien in voller Höhe zu übernehmen – hat der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2018 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf Leistungsakte Band II Bl. 723 (Widerspruch) beziehungsweise Bl. 731 ff. (Widerspruchsbescheid) verwiesen. Nachdem das Sozialgericht auf das drohende Kostenrisiko bei einer Fortführung des Verfahrens mit den bei Klageeingang gestellten Anträgen hingewiesen hatte, hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger das Gericht mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 (GA Bl. 59) "um einen konkreten Hinweis gebeten, ob es die Klage für erledigt ansieht in vollem Umfang oder teils und wenn ja was dazu führe, dass das Gericht eine Erledigung annehmen will und wie dies prozessual einzuordnen ist nach Ansicht des Gerichts und wer zur Kostentragung verpflichtet wäre bei Erledigung oder ist es eine Erfüllung voll oder teils nach Ansicht des Gerichts prozessual?"

Das Sozialgericht hat sodann, nachdem der Beklagte auf die Ausreise der Kläger hingewiesen hatte, ihre Prozessbevollmächtigte mit Verfügung vom 11. Januar 2019 zur Vorlage schriftlicher Vollmachten der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 3. binnen eines Monats aufgefordert und hieran mit Verfügung vom 25. Februar 2019 mit Frist von zwei Wochen erinnert. Vollmachtsurkunden sind jedoch nicht vorgelegt und auch keine Erklärungen hierzu abgegeben worden. Nachdem das Sozialgericht mit weiterem Schreiben vom 25. März 2019 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört hatte, hat sich allerdings die Bevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 18. April 2019 gemeldet und einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid widersprochen. Es sei im Übrigen nicht erkennbar, was das Gericht aufgeklärt habe und was noch fehle, um das Klageziel zu erreichen. Das Gericht werde daher um einen konkreten Hinweis auch zu sachdienlichen Anträgen gebeten, damit konkret entsprechend weiter vorgetragen werden könne.

Das Sozialgericht hat schließlich, ausgehend von den bei Klageerhebung gestellten Anträgen, die Klage durch Gerichtsbescheid vom 10. Mai 2019 (GA Bl. 75 ff.) abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da die Prozessbevollmächtigte ihre Bevollmächtigung zur Klageerhebung nicht nachgewiesen habe. Eine Vollmacht sei nach § 73 Abs. 6 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie könne nachgereicht werden; hierfür könne das Gericht eine Frist bestimmen (Satz 2). Das Gericht habe den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftrete (Satz 5). Aus § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG folge zunächst, dass bei anwaltlich vertretenen Beteiligten das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet sei, die Frage der Vollmacht von Amts wegen zu überprüfen. Trotzdem dürfe das Gericht eine Überprüfung vornehmen und nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine schriftliche Vollmacht anfordern, aber nur bei Vorliegen ernstlicher Zweifel, die nachvollziehbar begründet sein müssten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. März 2016 – B 4 AS 684/15 B –; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 73 Rn. 68).

Vorliegend habe das Gericht die Vollmacht angefordert, weil die Kläger seit Verfahrensbeginn im Jahr 2016 offenbar mehrfach verzogen seien, ohne dass dies dem Gericht seitens der Prozessbevollmächtigten mitgeteilt worden wäre. Zudem verfügten die Klägerin zu 2. und der Kläger zu 3. über keine aktuelle Meldeanschrift [in Deutschland]. Auch die Prozessbevollmächtigte habe den aktuellen Aufenthaltsort der Kläger trotz Anfrage des Gerichts nicht mitgeteilt. Offenbar scheine auch sie die Anschrift nicht zu kennen. Hieraus hätten sich für das Gericht Zweifel ergeben, ob ein Kontakt zwischen ihr und den Klägern noch bestehe und ob diese über die hiesige Prozessführung überhaupt Kenntnis besäßen. Diese Zweifel seien noch dadurch bestärkt worden, dass die Prozessbevollmächtigte im Gerichtsverfahren auf die Anforderung von Lohnnachweisen mehrfach ausweichend reagiert und auf angeblich in der Verwaltungsakte vorhandene Dokumente (die nicht vorgelegen hätten) verwiesen habe. Trotz Fristsetzung und nochmaliger Erinnerung an die Vollmachtvorlage habe die Prozessbevollmächtigte weder eine schriftliche Vollmacht vorgelegt noch Erklärungen hierzu abgegeben. Nur ergänzend weise das Gericht darauf hin, dass die im Laufe eines andere Leistungszeiträume betreffenden Verwaltungsverfahrens im Jahr 2015 eingereichte formularmäßige Vollmacht nicht ausreichend sei, um eine Bevollmächtigung auch in diesem konkreten Gerichtsverfahren nachzuweisen. Werde die Vollmacht trotz Fristsetzung nicht eingereicht, könne die Klage als unzulässig abgewiesen werden (Hinweis auf B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 73 Rn. 66).

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat nach Zustellung des Gerichtsbescheides bei ihr am 22. Mai 2019 mit Eingang am 14. Juni 2019 Berufung eingelegt.

Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat sie auf Anforderung des Berichterstatters mit Schreiben vom 11. Februar 2020 eine auf den 6. Dezember 2018 datierte Vollmacht der Klägerin zu 1. für die "Vertretung in allen außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren, Rechtsstreitigkeiten, Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren, die von mir und als Haushaltsvorstand gegen den Odenwaldkreis" geführt würden, vorgelegt (vgl. zum vollständigen Wortlaut GA Bl. 106).

Zur Begründung der Berufung machen die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte hinsichtlich des Verfahrens geltend, die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid hätten nicht vorgelegen. Zudem habe das Sozialgericht den "Anspruch auf rechtliches Gehör etc. und ein faires Verfahren willkürlich verletzt", da es auf ihr Schreiben vom 18. April 2019 nicht geantwortet habe.

Soweit das Gericht davon ausgegangen sei, dass sie ihre Bevollmächtigung nicht nachgewiesen habe, sei dies "willkürlich und ohne Grundlage". Die entsprechende Rüge des Beklagten sei haltlos und widersprüchlich, da er sie ja auch in diesem und in anderen Verfahren angeschrieben habe. So gebe es weder ernstliche Zweifel an der Bevollmächtigung noch habe das Gericht solche nachvollziehbar begründet. Anwälte müssten eine schriftliche Vollmacht nicht vorlegen. Das Sozialgericht habe eine Erledigungserklärung herbeiführen wollen; da diese nicht abgegeben worden sei, habe "das Gerichts sachfremd motiviert entschieden". Entgegen der "willkürlichen überraschenden Behauptung des Gerichts" seien die Kläger nicht seit 2016 mehrfach verzogen, ohne dies mitzuteilen; im Übrigen wäre dies kein Grund, der geeignet wäre, an der Bevollmächtigung ernstliche Zweifel zu begründen. Dass das Gericht trotz eigener Kenntnis von der Abmeldung aus E-Stadt aufgrund der ihm vorliegenden Meldedaten "dennoch meint, dass dies nicht mitgeteilt worden sei, lag daran, dass es schlicht vergessen" und auf die "Antwort auf das Schreiben vom 18. April 2019 gewartet" worden sei. Dem Sozialgericht sei im Übrigen ohnehin bekannt gewesen, dass die Kläger nach Bulgarien verzogen seien. Die dortige Adresse sei auch weiterhin aktuell. Hinzu komme, dass die Schreiben des Gerichts vom 11. Januar 2019 und 25. Februar 2019 "schlicht vergessen" worden seien; andernfalls hätte das nunmehr Vorgetragene bereits erstinstanzlich mitgeteilt werden können. Das Sozialgericht habe "unfairerweise auch weder nachgefragt ob noch geantwortet wird noch auf diesseitiges Schreiben vom 18.04.2019 geantwortet und daher gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren verstoßen und einfach entschieden". Auch die Argumentation des Sozialgerichts mit dem Verweis auf in der Akte nicht vorliegende Lohnnachweise sei "willkürlich". Soweit das Sozialgericht weiter darauf abstelle, dass die formularmäßige schriftliche Vollmacht aus einem anderen Verfahren nicht ausreiche, um die Bevollmächtigung im hiesigen Gerichtsverfahren nachzuweisen, sei auch dies "willkürlich und unsachlich und überraschend und widersprüchlich".

In der Sache habe der Beklagte im Rahmen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung auch die monatlichen Zahlungen von 35,- Euro zu berücksichtigen, auch wenn diese auf den Haushaltsstrom entfielen. Es handele sich um eine Pauschalmiete, so dass diese Zahlungsverpflichtungen als Teil der Unterkunftskosten zu akzeptieren seien.

Zur Frage der Statthaftigkeit der Berufung hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger nach entsprechendem Hinweis durch den Berichterstatter das Gericht zunächst gebeten, die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung der Beschwer und zum Umfang der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch mitzuteilen, "was es hierzu bislang konkret aufgeklärt hat". Eine Bezifferung der Berufungsanträge sei nicht notwendig. In der mündlichen Verhandlung hat sie sodann im Wesentlichen vorgetragen, die Statthaftigkeit ergebe sich schon aus der Abweisung der Klage (in vollem Umfang) als unzulässig. In diesem Falle gelte die 750-Euro-Grenze nicht. Überdies gehe es nicht nur um Zahlungsanträge, sondern auch um die Vorlage von "Unterlagen" durch den Beklagten. Schließlich habe dieser später monatliche Bedarfe von 535,- Euro für Unterkunft und Heizung übernommen, im hier streitigen Zeitraum nur von 385,- Euro, so dass die maßgebliche Grenze für die Statthaftigkeit überschritten werde, umso mehr als sich auch aus der Berechnung des Einkommens eine weitere Beschwer ergeben könne.

In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte den unter Ziffer 1. des Berufungsschreibens wie vor dem Sozialgericht gestellten Bescheidungsantrag für erledigt erklärt; sie beantragen danach,

"den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 10.05.2019 Az.: S 21 AS 244/16 aufzuheben und beantragt,
[2.] den Beklagten zu verurteilen den Klägern Leistungen nach SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen und die Unterkunftskosten in voller Höhe anzuerkennen und an die Kläger zu zahlen nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.12.2014,
[3.] den Beklagten zu verurteilen transparente Horizontal-Differenzberechnungen aus G-Stadt zu erteilen."

Hilfsweise haben die Kläger mündliche Verhandlung beantragt.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Sozialgerichts.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht statthaft ist.

I. Nach der Teilerledigungserklärung der Kläger in der mündlichen Verhandlung, die insoweit als Rücknahme zu werten ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 125 Rn. 7), ist Gegenstand des Verfahrens – neben dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. Mai 2019, soweit er nicht auf Grund der Teilerledigungserklärung wirkungslos geworden ist – zunächst das im Wege einer reinen Leistungsklage verfolgte Begehren, der Beklagte sei "zu verurteilen den Klägern Leistungen nach SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen und die Unterkunftskosten in voller Höhe anzuerkennen und an die Kläger zu zahlen nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.12.2014". Eine zeitliche Begrenzung des Streitgegenstandes ergibt sich aus dem unmittelbaren Wortlaut dieses Antrags nicht; er wurde aber schon seit Klageerhebung durchgängig in inhaltlichem Zusammenhang mit dem Überprüfungsantrag vom 1. Dezember 2015 und dessen Bescheidung gestellt: Dieser bezieht sich seinerseits auf den Bescheid vom 23. Juni 2015 und damit auf die durch diesen geregelte Leistungsfestsetzung für die Zeit vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015 und die teilweise Erstattung der für diesen Zeitraum vom Beklagten erbrachten vorläufigen Leistungen. Damit ist hinreichend eindeutig erkennbar, dass (nur) dieser Zeitraum und die hierfür zu gewährenden beziehungsweise zu erstattenden Leistungen Gegenstand des Klageverfahrens sind. Zudem verlangen die Kläger "transparente Horizontal-Differenzberechnungen aus G-Stadt" und damit eine bestimmte Form der Begründung zur Höhe der ihnen vom Beklagten für diesen Zeitraum gewährten Leistungen.

Nicht Gegenstand des Verfahrens ist dagegen der im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens erlassene Bescheid des Beklagten vom 3. September 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2018, obwohl er sich auf den streitigen Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015 bezieht. Die anwaltlich vertretenen Kläger haben ihre Anträge zu keinem Zeitpunkt auf diesen erstreckt; auch führte § 96 Abs. 1 SGG nicht zu dessen Einbeziehung in das Verfahren kraft Gesetzes: Die Klage richtete sich bei ihrer Erhebung (und auch später) nicht gegen einen konkreten Verwaltungsakt, den der erst danach ergangene Bescheid vom 3. September 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2018 im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG hätte ändern oder ersetzen können. Vielmehr war sie – neben der schon bei ihrer Erhebung formulierten reinen Leistungsklage und dem auf die Form der Begründung zielenden Antrag – bis zur diesbezüglichen Erledigungserklärung als Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG auf die Bescheidung des Antrags vom 1. Dezember 2015 gerichtet. Dementsprechend hat das Sozialgericht über den Bescheid vom 3. September 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2018 im angegriffenen Gerichtsbescheid vom 10. Mai 2019 zu Recht keine Entscheidung getroffen. Eine (Anfechtungs )Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2018 ist damit in der Berufungsinstanz nicht angefallen. Im Übrigen könnte eine andere Beurteilung dieser Frage an der fehlenden Statthaftigkeit der Berufung nichts ändern, da eine entsprechende Anfechtungsklage auf das gleiche wirtschaftliche Interesse gerichtet wäre wie die isoliert bereits erhobene Leistungsklage.

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise (erstmals) gestellte Antrag "auf mündliche Verhandlung" schließlich zielt auf die in § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgesehene Verhandlung vor dem Ausgangsgericht. Er ist daher vom Senat nicht zu bescheiden. Auch kommt eine Umdeutung des hiesigen, als Berufung erhobenen Rechtsmittels – trotz ihrer sogleich näher darzulegenden Unstatthaftigkeit – in eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht (vgl. nur BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 B 3 KR 14/17 R –, juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 19. November 1996 – 1 RK 18/95 , SozR 3-1500 § 158 Nr. 1).

II. Die Berufung ist mit diesem Inhalt bereits nicht statthaft.

Nach § 143 SGG findet gegen die Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt. Allerdings bedarf die Berufung der – hier nicht vorliegenden – Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG); dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Beschränkung der Berufung ist gemäß § 105 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 SGG auch zu beachten, wenn das Sozialgericht – wie hier – durch Gerichtsbescheid entschieden hat (vgl. nur BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rn. 13; Littmann, in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017, § 144 Rn. 3).

Dabei obliegt die Bestimmung des Umfangs des Klage- und daran anschließend des Berufungsbegehrens auf Grund des auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsgrundsatzes nicht dem Gericht, sondern den Klägern. Die durch § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG normierte Zulassungsbedürftigkeit knüpft insofern an das materielle Begehren der Berufungskläger an, also ihr ursprüngliches Klageziel, soweit sie dieses im Berufungsverfahren noch verfolgen (BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 17/15 B –, juris, Rn. 6); maßgeblich ist der Zeitpunkt der Berufungseinlegung (BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 –, SozR 1500 § 144 Nr. 18 = juris, Rn. 16). Bei einem auf ein Grundurteil gerichteten Begehren muss der Antrag allerdings nicht beziffert werden. Auch in diesem Falle ist es aber mit Blick auf die Regelung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG notwendig, anhand des erkennbaren Begehrens den Wert wenigstens überschlägig zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R –, juris, Rn. 14).

Danach ist vorliegend die Berufung nicht statthaft. Dabei trifft zunächst die Behauptung der Prozessbevollmächtigten der Kläger, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht von Bedeutung sei, wenn das Sozialgericht die Klage (in vollem Umfang) als unzulässig abgewiesen habe, schlicht nicht zu; eine Differenzierung danach, ob die Klage als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist, findet einen Anhaltspunkt weder im Wortlaut von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG noch in dessen Sinn und Zweck, der darin liegt, den Rechtszug in Streitigkeiten, denen der Gesetzgeber geringere Bedeutung für die Beteiligten beigemessen hat, grundsätzlich auf eine Instanz zu beschränken. Dies gilt vielmehr in gleicher Weise auch für Fälle, in denen eine Klage aus prozessualen Gründen als unzulässig abgewiesen worden ist; die Bedeutung der Sache wird dadurch nicht erhöht; dem Erfordernis, prozessuale Fehlentscheidungen korrigierbar zu machen, hat der Gesetzgeber durch § 144 Abs. 2 Nr. 3, § 145 SGG Rechnung getragen (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rn. 14).

Angesichts des streitigen Zeitraums von nur sechs Monaten wäre die Berufung daher, obwohl das Sozialgericht eine Prozessentscheidung getroffen hat, von Gesetzes wegen nur statthaft, wenn der Beschwerdewert von 750,- Euro überschritten wäre; das aber ist nicht der Fall, nachdem der Beklagte für den streitigen Zeitraum während des erstinstanzlichen Verfahrens Leistungen in Höhe von 956,60 Euro für November 2014, 951,76 Euro für Dezember 2014, 788,14 Euro für Januar 2015, 864,82 Euro für Februar 2015, 853,52 Euro für März 2015 und 669,48 für April 2015 bewilligt (und nur noch eine Erstattung in Höhe von 199,36 Euro eingefordert) hat. Die von den Klägern darüber hinaus nachvollziehbar geltend gemachten Leistungen erreichen den maßgeblichen Wert nicht.

Namentlich reichen die inhaltlich von ihnen bis zur mündlichen Verhandlung allein konkret angesprochenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die der Beklagte über diese Bewilligung hinaus voll zu übernehmen habe, für die Statthaftigkeit der Berufung bei weitem nicht aus: Der Beklagte hat im Rahmen der Leistungsberechnung Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 375,- Euro monatlich (Kaltmiete: 200,- Euro; "kalte" Nebenkosten: 115,- Euro; Heiz- und Warmwasserkosten: 60,- Euro) und damit die tatsächlich angefallenen Kosten mit Ausnahme von 35,- Euro monatlich, die ausweislich der Mietbescheinigung vom 30. Juli 2014 für Haushaltsstrom anfielen, in voller Höhe berücksichtigt. Er hat sogar für die Zeit von 1. November 2014 bis 15. Januar 2015, also den Zeitraum, für den er die Gewährung von Leistungen zu Gunsten des Klägers zu 3. durch den Bescheid vom 18. Dezember 2014 – unangefochten und daher bindend (§ 77 SGG) – bereits dem Grunde nach abgelehnt hatte, die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht auf drei Köpfe, sondern nur auf die Klägerinnen zu 1. und 2. verteilt; wenn auch die Annahme unterschiedlicher Anteile beider Klägerinnen für den November 2014 und Januar 2015 auf den ersten Blick nicht plausibel erscheint, so verbleibt doch kein Rest, so dass auch insofern offene Bedarfe nicht zu erkennen sind.

Anhand des von den Klägern formulierten Begehrens ist damit nur ein Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von 210,- Euro einigermaßen konkret erkennbar, der sich aus dem von dem Beklagten nicht berücksichtigten Anteil für Haushaltsstrom in der von den Klägern im damaligen Zeitraum aufzubringenden Mietzahlung ergibt. Dieser betrug monatlich 35,- Euro, insgesamt ergeben sich also bezogen auf den sechsmonatigen Streitzeitraum 210,- Euro. Der von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG verlangte Betrag wird im Übrigen selbst dann nicht erreicht, wenn die Klägerinnen zu 1. und zu 2. für die Monate November 2014 und Januar 2015 trotz der im Ergebnis (abgesehen von dem Anteil für Haushaltsstrom) ohnedies bereits vollständigen Übernahme den rechnerisch auf sie entfallenden Betrag der Bedarfe für Unterkunft und Heizung verlangen würden.

Soweit die Klägerbevollmächtigte – erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – darauf verwiesen hat, der Beklagte habe später einen Betrag von 535,- Euro für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigt, ist nicht ansatzweise erkennbar, warum dies die Beschwer für den Streitzeitraum erhöhen könnte. Es gibt keinerlei konkreten Anhaltspunkt dafür – und ein solcher wurde von den Klägern auch nicht konkret benannt –, dass ihnen im Streitzeitraum höhere monatliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstanden wären als die in der Vermieterbescheinigung (LA I Bl. 31) aufgeführten 410,- Euro, von denen der Beklagte monatlich 385,- Euro übernommen hat. Der erstmals im Rahmen der Erörterung der Statthaftigkeit der Berufung genannte Betrag von 535,- Euro monatlich stellt sich vor diesem Hintergrund nach Auffassung des Senats als willkürliche Erhöhung der erhobenen Forderung zur Erreichung des Beschwerdewerts dar, die aus diesem Grunde keine Berücksichtigung finden kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22. August 1990 – 10 RKg 29/88 –, BSGE 67, 194, 195; Leitherer, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 14a m.w.Nw.).

Gleiches gilt für das ebenfalls erstmals im Rahmen der Erörterung der Statthaftigkeit der Berufung vorgebrachte Argument, höhere Leistungen könnten sich mit Blick auf die Anrechnung des Erwerbseinkommens des Klägers zu 3. ergeben, nachdem der Beklagte insoweit ein Durchschnittseinkommen angesetzt habe. Tatsächlich hat der Beklagte jedoch im Bescheid vom 3. September 2018 entsprechend der im Jahre 2015 maßgeblichen Rechtslage bei der endgültigen Leistungsfestsetzung das jeweilige monatliche Einkommen berücksichtigt, wie sich aus dem Leistungsbescheid und den beigefügten Berechnungsbögen (GA Bl. 30 ff.) ergibt; der Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2018 hat dies nicht verändert. Auch insofern zielt das Vorbringen erkennbar auf eine willkürliche und daher nicht zu berücksichtigende Erhöhung der Forderung zur Erreichung des Beschwerdewerts.

Sonstige nachvollziehbare Anhaltspunkte für Ansprüche, die über den während des erstinstanzlich Verfahrens bewilligten Leistungsbetrag hinausgehen und daher den Wert des Beschwerdegegenstandes erhöhen könnten, sind nicht ersichtlich.

Nachdem es für die Ermittlung des Beschwerdewertes auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung ankommt, ist in diesem Zusammenhang zwar weiter auch die später für erledigt erklärte Untätigkeitsklage (Ziff. 1 der ursprünglichen Berufungsanträge) zu berücksichtigen. Allerdings ist diese wirtschaftlich auf das gleiche Ziel gerichtet wie die Leistungsklage und kann deswegen trotz der üblicherweise bei einer objektiven Klagehäufung gebotenen Addition der Beschwerdewerte nicht zu dessen Erhöhung führen (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 31. Januar 2006 – B 11a AL 177/05 B –, SozR 4-1500 § 144 Nr. 3; Leitherer, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 16; zur grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG auf die Untätigkeitsklage: BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R –, juris, Rn. 13 f.). Zudem war die Fortführung des Verfahrens hinsichtlich dieses Begehrens nach Erteilung des eingeforderten Bescheides während des erstinstanzlichen Verfahrens schlicht unverständlich. Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, sofern er mit dem Antrag Ziffer 1 verbunden wäre, könnte daher auch aus diesem Grund keine Berücksichtigung finden.

Auch der auf die "Erteilung transparenter Horizontal-Differenzberechnungen aus G-Stadt" und damit eine bestimmte Form der Begründung zielende Antrag ist wirtschaftlich auf das gleiche Interesse gerichtet, so dass auch mit ihm eine Erhöhung des maßgeblichen Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht verbunden ist. Soweit die Kläger hierzu geltend machen, es gehe insoweit gar nicht um eine Leistungsklage, sondern um die Vorlage von "Unterlagen", so dass § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG gar nicht eingreife, kann dem nicht gefolgt werden – ein eigenständiges Interesse an einer bestimmten Form der Bescheidbegründung ist nicht erkennbar, vielmehr zielt auch dieses Begehren letztlich auf höhere Leistungen für den streitigen Zeitraum.

Die Statthaftigkeit der Berufung setzte nach allem eine Zulassung durch das Sozialgericht (oder nach Nichtzulassungsbeschwerde durch das Landessozialgericht) voraus, die nicht vorliegt. Namentlich ergibt sich aus der Rechtsmittelbelehrung, welche die Kläger auf die Berufung verweist, keine Berufungszulassung durch das Sozialgericht (vgl. für viele BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R –, juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 19. November 1996 – 1 RK 18/95 –, SozR 3-1500 158 Nr. 1; Leitherer, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 40 und Rn. 45).

III. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Berufung zwar im Übrigen zulässig sein dürfte (namentlich spricht für das Berufungsverfahren viel dafür, dass die in dessen Verlauf vorgelegte Vollmachtsurkunde vom 6. Dezember 2018 den gesetzlichen Anforderungen genügt, und zwar auch hinsichtlich der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. auf Grund einer damit durch die Klägerin zu 1. erteilten Untervollmacht), aber unbegründet wäre. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht wegen der während des erstinstanzlichen Verfahrens nicht nachgewiesenen Vollmacht als unzulässig abgewiesen; dabei hat der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zu entscheiden, ob der nunmehr gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig ist und ob mit Blick auf die Regelung aus § 105 Abs. 3 SGG in diesem Rahmen der nachgereichten Vollmacht heilende Wirkung zukommen kann.

Auch dies könnte allerdings im Ergebnis an der Unzulässigkeit der Klage nichts ändern: Die auf höhere Leistungen gerichtete Klage (ursprüngliche Ziff. 2 der Berufungsanträge) ist nämlich auch deswegen unzulässig, weil sie – anwaltlich vertreten – als reine Leistungsklage erhoben worden ist. Eine derartige reine Leistungsklage ist nach § 54 Abs. 5 SGG jedoch nur (ausnahmsweise) statthaft, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Gerade dies aber ist in einem Sozialleistungsverhältnis wie zwischen den hiesigen Beteiligten regelmäßig notwendig: Zunächst hat der zuständige Leistungsträger durch Bescheid über den geltend gemachten Leistungsanspruch und die Abänderung eines diesbezüglich bereits vorliegenden Bescheides zu befinden; die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind funktional auf die Kontrolle dieser Verwaltungsentscheidung beschränkt.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der hiesigen verfahrensrechtlichen Situation müssten die Kläger daher – neben der tatsächlich erhobenen Leistungsklage – zur gerichtlichen Durchsetzung höherer Leistungen eine auf die weitergehende Änderung des Überprüfungsbescheides vom 3. September 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2018 gerichtete Anfechtungsklage sowie eine auf weitergehende Abänderung des zu überprüfenden Bescheides vom 23. Juni 2015 zu ihren Gunsten gerichtete Verpflichtungsklage erheben. An beidem fehlt es hier trotz anwaltlicher Vertretung. Dies lässt sich auch im Wege der Auslegung nicht korrigieren: Zwar haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über das – anhand der erkennbaren klägerischen Interessen und des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes – ermittelte Klagebegehren zu entscheiden, ohne an den Wortlaut der gestellten Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG; für die Berufung in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG). Der Überprüfungsbescheid ist aber, wie ausgeführt, gar nicht zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden, so dass die Auslegung nichts an der fehlenden Statthaftigkeit der Klage zu ändern vermag. Eine entsprechende Klageänderung zum jetzigen Zeitpunkt wäre wegen der versäumten Klagefrist (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) und der daher fehlenden Sachdienlichkeit ohne Zustimmung des Beklagten unzulässig (§ 99 SGG).

Auch der auf "transparente Horizontal-Differenzberechnungen aus G-Stadt" gerichtete Antrag (ursprünglicher Antrag zu Ziffer 3.) ist unzulässig. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob dieser mit Blick auf die Unbestimmtheit des Begriffs "transparent" hinreichend eindeutig ist. Vor allem aber ist nicht erkennbar, dass ein verfahrensrechtlicher Anspruch der Kläger auf eine bestimmte Form der Begründung ("Horizontal-Differenzberechnung aus G-Stadt") auch nur möglicherweise bestehen und gerichtlich geltend gemacht werden könnte. Eine bestimmte Form der Begründung ist dem Beklagten gesetzlich nicht vorgegeben, so dass offenbleiben kann, ob das Klagebegehren nicht durch den Bescheid vom 3. September 2018, dem umfangreiche Berechnungsbögen als Anhang beigefügt sind, bereits erfüllt und das Rechtsschutzbedürfnis für eine Fortführung der Klage entfallen ist, nachdem die anwaltlich vertretenen Kläger nicht ansatzweise deutlich gemacht haben, inwieweit es trotz des genannten Bescheides an einer nachvollziehbaren Berechnung der bewilligten Leistungen fehlen könnte.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei besteht jedenfalls für das Berufungsverfahren auch unter Veranlassungsgesichtspunkten kein Grund, den Beklagten trotz des vollständigen Unterliegens der Kläger zu einer auch nur anteiligen Übernahme der außergerichtlichen Kosten zu verpflichten. Auch ein Anlass zur Korrektur der Kostenentscheidung des Sozialgerichts – und sei es im Hinblick auf die Teilerledigungserklärung – bestand nicht.

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, nachdem keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgezählten Revisionszulassungsgründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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