Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 16 AS 401/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 340/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 299/20
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. März 2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gegen die Rückzahlung von darlehensweise erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Der 1955 geborene Kläger beantragte am 17. März 2015 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei dem Beklagten. Er sei selbständig tätig und befinde sich wegen fehlender Aufträge aktuell in einer wirtschaftlichen Notsituation. Er verfüge über verschiedene im Minus befindliche Konten und sei darüber hinaus Inhaber eines Bausparvertrags und eines Sparbriefs, die abgetreten beziehungsweise verpfändet seien. Weiter besitze er eine Kapitallebensversicherung bei der HDI-Versicherung mit einem Rückkaufswert von 85.566,68 Euro (abzüglich eines Policendarlehens von 5.000,- Euro und von Beitragsrückständen von 1.458,- Euro). Nach den hierzu vorgelegten Unterlagen sollte die Versicherung am 1. Juli 2015 ablaufen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1 ff. der zum Kläger geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: LA –, hinsichtlich der Vermögenssituation und namentlich der Kapitallebensversicherung insbesondere auf LA Bl. 9 f. und Bl. 80 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 7. April 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 955,- Euro für die Zeit von März bis August 2015. Die Leistungsbewilligung erfolgte als Darlehen auf der Grundlage von § 24 Abs. 5 SGB II. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der Kläger nach erfolgter Verwertung des Vermögens die ihm gewährten Leistungen zu erstatten habe. Auf LA Bl. 92a ff. wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
In der Folgezeit änderte der Beklagte die Höhe der gewährten Leistungen mehrfach ab, und zwar durch Bescheide vom 6. Mai 2015 (Absenkung der Leistung für Mai 2015 auf 706,- Euro wegen Einkommens), vom 11. Mai 2015 (Korrektur des Bescheides vom 6. Mai 2015 und also erneute Bewilligung von 955,- Euro für Mai 2015), vom 8. Juni 2015 (Erhöhung der Leistung auf 964,18 Euro monatlich wegen der Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die Warmwasserbereitung), vom 19. Juni 2015 (Erhöhung der Leistung auf 1.129,12 Euro monatlich für die Zeit von März bis Juni 2015 wegen der vom Kläger aufzubringenden Krankenversicherungsbeträge), (nochmals) vom 19. Juni 2015 (entsprechende Erhöhung der Leistung auch für Juli und August 2015), vom 2. Juli 2015 (Erhöhung der Leistung auf monatlich 1.272,64 Euro für die Zeit von März bis Juli 2015 wegen der Übernahme eines weiteren Anteils der vom Kläger aufzubringenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) und (nochmals) vom 2. Juli 2015 (entsprechende Erhöhung der Leistung auch für August 2015). Alle Bescheide kennzeichneten die bewilligte Leistung als Darlehen. Im Ergebnis erhielt der Kläger in der Zeit von März bis August 2015 durchgängig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 1.272,64 Euro als Darlehen. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 93 ff. (Bescheid vom 8. Juni 2015), LA Bl. 108 ff. (Bescheid vom 6. Mai 2015), LA Bl. 131 ff. (Bescheid vom 11. Mai 2015), LA Bl. 147 ff. (Bescheid vom 19. Juni 2015 für die Zeit von März bis Juni 2015), LA Bl. 151 ff. (Bescheid vom 19. Juni 2015 für Juli und August 2015), LA Bl. 167 ff. (Bescheid vom 2. Juli 2015 für die Zeit von März bis Juli 2015) und LA Bl. 170 ff. (Bescheid vom 2. Juli 2015 für August 2015) Bezug genommen.
Vertragsgemäß lief die Kapitallebensversicherung des Klägers Anfang Juli 2015 ab; die HDI-Versicherung überwies ihm dementsprechend am 9. Juli 2015 einen Betrag von 82.945,21 Euro.
Der Kläger legte sodann (erst) am 14. August 2015 Widerspruch gegen die Bewilligung der Leistungen als Darlehen ein (LA Bl. 92 f.); zuvor hatte er wiederholt (nur) die Höhe der bewilligten Leistung (soweit ersichtlich durchgängig per E-Mail) beanstandet, diese "Widersprüche" allerdings – abgesehen von einer Stellplatzproblematik – am 8. Juli 2015 zurückgenommen.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 (LA Bl. 184 ff.) hob der Beklagte die Leistungsgewährung für den Monat Juni 2015 ganz auf, da der Kläger in diesem Monat bedarfsdeckendes Einkommen erzielt habe. Am gleichen Tag erging für Juni 2015 ein "Einstellungsbescheid" (LA Bl. 190 ff.).
Mit einem weiteren und auf § 328 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung – (SGB III) gestützten Bescheid vom 17. August 2015 machte der Beklagte die Erstattung der darlehnsweise erbrachten Leistungen geltend. Nachdem der Kläger nunmehr von der HDI-Versicherung 82.945,21 Euro erhalten habe, seien die gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.363,20 Euro (je 1.272,64 Euro für die Monate März bis Mai sowie Juli und August 2015) von ihm zu erstatten. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl.197 ff. Bezug genommen. Widerspruch gegen diesen Bescheid legte der Kläger nicht ein.
Der Beklagte verwarf anschließend durch Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2015 (LA Bl. 202 ff.) den Widerspruch des Klägers vom 14. August 2015 gegen die nur darlehensweise Gewährung der Leistungen als unzulässig, da die einmonatige Widerspruchsfrist versäumt sei. Die daraufhin erhobene Klage zum Sozialgericht Darmstadt – S 16 AS 1031/15 – nahm der Kläger im Rahmen eines Erörterungstermins am 12. Januar 2018 zurück.
Unterdessen hatte der Beklagte, nachdem er dem Widerspruch des Klägers gegen die Aufhebung beziehungsweise Einstellung der Leistungen für Juni abgeholfen hatte, am 20. Januar 2016 hinsichtlich der für diesen Monat gewährten Leistungen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erteilt, da der Kläger am 9. Juli 2015 die Auszahlung aus der Lebensversicherung erhalten habe. Die Gesamtüberzahlung betrage 1.272,64 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 216 ff. verwiesen.
Bereits zuvor hatte der Kläger – was nachfolgend zum hiesigen Verfahren führte – durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 ohne nähere Begründung dem Bescheid über die Darlehensrückforderung vom 17. August 2015 widersprochen, hilfsweise dessen Überprüfung beantragt. Auf LA Bl. 223 f. wird Bezug genommen.
Mit weiterem Überprüfungsantrag vom gleichen Tage beantragte er zudem – ebenfalls ohne nähere Begründung – die Überprüfung des (Widerspruchs-)Bescheides vom 7. Oktober 2015, mit dem der Beklagte den Widerspruch gegen die Gewährung der Leistung wegen seiner verspäteten Erhebung als unzulässig verworfen hatte. Insoweit wird auf LA Bl. 227a f. verwiesen. Diesen Überprüfungsantrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 12. Februar 2016 (LA Bl. 243 f.) ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch (LA Bl. 241 f.) durch Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2016 zurück (LA Bl. 239 ff.). Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht Darmstadt – zunächst S 16 AS 242/16, nach zwischenzeitlichem Ruhen S 16 AS 57/18 – nahm der Kläger im Rahmen der zu diesem und zum hiesigen Verfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 29. März 2019 zurück.
Den Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 lehnte der Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 20. Januar 2016 ab. Den hiergegen gerichteten und wiederum nicht näher begründeten Widerspruch vom 26. Januar 2016 wies er mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 zurück. Zu dessen Begründung führte er insbesondere aus, soweit die Ausgangsbehörde im Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 auf § 328 Abs. 3 SGB III als Rechtsgrundlage abgestellt habe, sei dies unrichtig. Vorliegend sei § 42a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 SGB II die richtige Rechtsgrundlage für die Rückforderung. Die Vorschrift bestimme, dass Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe fällig seien. Nach § 24 Abs. 5 SGB II seien Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Da der Kläger bei Stellung des Erstantrages eine Kontenübersicht mit einem zu erwartenden Kapitalertrag am 1. Juli 2015 von 95.386,67 Euro abgegeben habe, habe die Ausgangsbehörde zu Recht die Leistungen lediglich darlehensweise gewährt. Dem Kläger sei mittlerweile am 9. Juli 2015 seine Kapitalversicherung/Lebensversicherung ausgezahlt worden. Da somit eine Verwertung im Sinne des § 42a Abs.3 Satz 1 Halbs. 1 SGB II erfolgt sei, habe er das gewährte Darlehen zurückzuzahlen. Die von Seiten der Ausgangsbehörde darlehensweise gewährten Leistungen hätten für den Zeitraum vom 1. März 2015 bis zum 31. Mai 2015 und vom 1. Juli 2015 bis zum 31. August 2015 insgesamt (5x1.272,64 Euro) 6.363,20 Euro betragen. Lediglich dieser Betrag werde vom Kläger zurückgefordert. Da der Verwertungserlös die Höhe des gewährten Darlehens überstiegen habe, habe auch keine Vereinbarung über die Rückzahlung nach § 42a Abs. 3 Satz 2 SGB II getroffen werden müssen. Der Verwertungserlös unterliege schließlich auch nicht dem Vermögensschutz. Dem 1955 geborenen Kläger stehe gemäß § 12 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB Il nämlich nur ein Vermögensfreibetrag von 9.150,- Euro (61 Lebensjahre x 150,- Euro/Lebensjahr) und nach Nr. 4 ein Vermögensfreibetrag für notwendige Anschaffungen von 750,- Euro und damit insgesamt ein Vermögensfreibetrag von 9.900,- Euro zu. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 248 ff. Bezug genommen.
Hiergegen hat der anwaltlich vertretene Kläger am 7. April 2016 Klage erhoben und dabei beantragt, den Bescheid vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 aufzuheben; mit Klageerhebung hat er den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid sowie den Bescheid vom 17. August 2015 vorgelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der Leistungen. Ein Verschulden seinerseits sei nicht erkennbar, eine Rücknahme des Verwaltungsaktes komme auch wegen des Vertrauensschutzes nicht in Betracht. Es sei zu berücksichtigen, dass die seinerzeit gewährten Leistungen nicht nur darlehnsweise hätten erbracht werden dürfen. Er sei zur damaligen Zeit bedürftig gewesen, auch habe die Verwertung der Lebensversicherung nicht verlangt werden dürfen. Zudem sei diese als Altersvorsorge zu verschonen gewesen. Gegebenenfalls hätte auch eine Vereinbarung über die Rückzahlung erfolgen müssen. Der Beklagte habe zudem den Zuflusszeitpunkt, der erst nach der Leistungsgewährung gelegen habe, nicht beachtet. Seine zum Zeitpunkt der Antragstellung bei dem Beklagten gegebene Bedürftigkeit könne sich nicht im Nachhinein durch eine Auszahlung der Lebensversicherung ändern. Im Übrigen sei eine Leistung, die er inzwischen verbraucht habe, gewährt worden, obwohl die Rechtswidrigkeit der Gewährung dem Beklagten bekannt gewesen sei. Er, der Kläger, sei insoweit nicht bösgläubig gewesen, weswegen die Bewilligung nicht rückwirkend habe aufgehoben werden dürfen. Von der ausgezahlten Summe habe er zudem zuerst eine große Schuldenlast beglichen. Den restlichen Betrag müsse er dazu aufwenden, seine Altersvorsorge zu sichern. Auch habe er sein Vermögen weiter zur Sicherung seines Lebensunterhaltes aufgewendet und dabei 12.000,- Euro verbraucht.
Das Sozialgericht hat am 29. März 2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In diesem Rahmen hat der Kläger zunächst, wie erwähnt, die Klage – S 16 AS 242/16 beziehungsweise S 16 AS 57/18 – gegen den Bescheid über die Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2015 zurückgenommen, nachdem das Sozialgericht darauf hingewiesen hatte, dass die Frage, ob die darlehnsweise gewährten Leistungen zu erstatten seien oder nicht, Gegenstand des hiesigen Verfahrens sei. Im hiesigen Verfahren hat er sein Klagebegehren nunmehr ergänzend dahin formuliert, der Beklagten sei zu verpflichten, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 aufzuheben. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom gleichen Tage abgewiesen.
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Klage sei wegen der verfristet erhobenen Verpflichtungsklage bereits unzulässig. Streitgegenstand des Verfahrens sei der Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016, mit welchem der Beklagte die Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 abgelehnt habe. Statthafte Klageart in einem Verfahren dieser Art sei eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), mit welcher zunächst die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 sowie sodann die Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 begehrt werden müsse. Die Klageerweiterung im vorliegenden Verfahren durch die Erhebung der Verpflichtungsklage erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei jedoch unzulässig. Beide Klagen – sowohl die Anfechtungs- als auch die Verpflichtungsklage – seien gemäß § 87 SGG fristgebunden. Vor diesem Hintergrund sei die mit der Erhebung der Verpflichtungsklage im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgte Klageerweiterung im Sinne des § 99 SGG, auf welche sich der Beklagte ausdrücklich nicht eingelassen habe, nicht sachgerecht und damit unzulässig. Hinsichtlich der durch den fachanwaltlich vertretenen Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2019 erhobenen Verpflichtungsklage fehle es nämlich an der Einhaltung der einmonatigen Klagefrist. Ihre Erhebung könne nicht schon in der Klageschrift vom 7. April 2016 und/oder dem weiteren Vortrag des fachanwaltlich vertretenen Klägers gesehen werden. Dieser habe mit der Klageschrift vom 7. April 2016 eindeutig nur die Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 beantragt. Die sodann abgegebene Begründung gleiche der Begründung für die Anfechtung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, jedoch nicht eines Überprüfungsbescheides im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Nach Auffassung der Kammer sei von einem Fachanwalt für Sozialrecht wie dem Bevollmächtigten des Klägers zu erwarten, dass er innerhalb der Klagefrist eindeutig zu erkennen gebe, in welchem Umfang ein Klageverfahren betrieben werden solle. Daran mangele es in der Klageschrift vom 7. April 2016 vollumfänglich hinsichtlich der Verpflichtungsklage. Wegen des insoweit unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Klagefrist sei das Gericht auch nicht in die Lage versetzt gewesen, durch sachdienliche Hinweise innerhalb der Klagefrist auf die erforderliche Erhebung der Verpflichtungsklage noch hinzuweisen. Das Verhalten seines Bevollmächtigten sei dem Kläger zuzurechnen (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 85 Zivilprozessordnung – ZPO –). Die Klageänderung sei auch nicht aufgrund von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zulässig. Danach sei als eine Änderung der Klage nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt werde. Ein solcher Fall sei vorliegend nicht gegeben. Mit dem Verpflichtungsantrag sei eine komplett neue Klage neben der Anfechtungsklage erhoben worden. Damit werde der Klageantrag hinsichtlich der Anfechtungsklage nicht erweitert oder beschränkt, sondern im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) eine weitere Klage daneben gestellt. Unabhängig davon würde auch dann die Verfristung der Verpflichtungsklage greifen.
Hinsichtlich der fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage fehle es dem Kläger am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis sei Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage; dadurch sollten zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 AS 42/15 R –, juris). Das Rechtsschutzinteresse sei grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden könne. Es fehle auch, wenn die Klägerseite im gerichtlichen Verfahren ein grundsätzlich rechtsschutzwürdiges Interesse, welches sie mit dem von ihr angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren verfolge, nicht (mehr) anstreben könne. Dies sei beim Kläger hinsichtlich der fristgerecht anhängig gemachten Anfechtungsklage bezüglich des Bescheides des Beklagten von 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 der Fall. Allein die Aufhebung dieses Überprüfungsbescheides führe bei ihm zu keinerlei Rechtsveränderung, geschweige denn Rechtsverbesserung. Dadurch wäre allein die ablehnende Entscheidung des Beklagten eliminiert, ohne dass dem Kläger die Möglichkeit zur Verfügung stünde, aufgrund dieser Aufhebung etwas zu erreichen, was er ohne die Aufhebung – nämlich durch einen erneuten Antrag nach § 44 SGB X – nicht auch erreichen könnte.
Unabhängig davon sei die Klage auch unbegründet. Mit dem Bescheid vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. März 2016 sei der Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides des Beklagten vom 17. August 2015 zu Recht abgelehnt worden. Dieser erweise sich zunächst als formell rechtmäßig, er sei insbesondere hinreichend bestimmt. Soweit in dem Bescheid zur Begründung auf Vorschriften aus dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch zurückgegriffen worden sei, sei dies erkennbar fehlerhaft, ändere jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Dieser Begründungsfehler wirke sich nicht durchgreifend auf den Verfügungssatz aus, vgl. § 42 SGB X. Es könne somit dahinstehen, ob ein einfacher Begründungsfehler im Überprüfungsverfahren überhaupt zur Korrektur eines bestandskräftigen Bescheides führen könne. Der Rückforderungsbescheid sei im Ergebnis auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte sei daher nicht aufgrund von § 44 SGB X verpflichtet, diesen Bescheid aufzuheben. Da sich der Kläger mit seinem Überprüfungsantrag gegen den Bescheid vom 17. August 2015 wende, mit welchem die Rückzahlung von darlehensweise erbrachten Leistung gefordert werde, jedoch keine Regelung über Sozialleistungen getroffen worden sei, sei ein Fall des § 44 Abs. 2 SGB X gegeben; die Rücknahme stehe daher im Ermessen des Beklagten. Es lägen jedoch schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht vor, da sich der Bescheid vom 17. August 2015 im Ergebnis als rechtmäßig erweise.
Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten sei § 42a Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach seien Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe fällig. Mit der Verwertung der Versicherung bei der HDI, konkret mit der Auszahlung des Kapitalvermögens aus der Kapitallebensversicherung am 9. Juli 2015, sei daher die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der bis dahin darlehensweise gewährten Leistungen eingetreten. Soweit der Kläger vortrage, schon die darlehnsweise Bewilligung der Leistungen sei rechtsfehlerhaft gewesen, so dass das Darlehen von ihm nicht zurückgefordert werden könne, schließe sich die Kammer dem nicht an. Zunächst seien die entsprechenden Darlehensbewilligungsbescheide des Beklagten in Bestandskraft (vgl. § 77 SGG) erwachsen, womit auch die Art der Leistungsgewährung verbindlich für die Beteiligten geregelt worden sei. Nach Auffassung der Kammer müsse dies bei der Überprüfung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 als Tatsache zugrunde gelegt werden. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, erweise sich die Gewährung der Leistungen für den Bewilligungszeitraum von März bis einschließlich August 2015 als Darlehen als rechtmäßig. Dies ergebe sich aus § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Der Kläger habe über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II in Gestalt des Guthabens aus seiner Kapitallebensversicherung bei der HDI-Versicherung verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 46/06 R –, juris), der sich die Kammer anschließe, gelte, dass Vermögen verwertbar sei, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden könnten. Vermögen sei nicht verwertbar, soweit sein Inhaber in der Verfügung beschränkt sei und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen könne. Darüber hinaus enthalte der Begriff der Verwertbarkeit auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung müsse für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Tatsächlich nicht verwertbar seien Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein werde, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet seien. Darüber hinaus wohne der Verwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II eine gewisse zeitliche Komponente inne. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der damals gültigen Fassung hätten die Leistungen der Grundsicherung jeweils für sechs Monate bewilligt werden sollen. Es liege daher nahe, das Kriterium der Absehbarkeit einer Vermögensverwertung auf diesen Sechs-Monats-Zeitraum zu beziehen.
All diese Voraussetzungen seien im Fall des Klägers erfüllt gewesen. Er habe ab dem 1. Juli 2015 – und damit im laufenden Bewilligungsabschnitt – über das Guthaben aus der Kapitallebensversicherung frei verfügen können. Da die Auszahlung auf sein Girokonto erfolgt sei, hätten der Verwendung dieses Geldbetrages auch keine tatsächlichen und juristischen Hindernisse entgegengestanden. Bei dem Guthaben handele es sich auch nicht um geschütztes beziehungsweise geschontes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II. Der Betrag von über 82.000,- Euro übersteige zunächst evident die Summe aus dem Grundfreibetrag des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II und dem sogenannten Anschaffungsfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Weiter handele es sich auch nicht um ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II) oder um geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienten, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten könne (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Für Letzteres fehle es schon an einem sogenannten Verwertungsausschluss, für Ersteres an der ausdrücklichen Förderung als Altersvorsorge nach Bundesrecht für Kapitallebensversicherungen. Auch § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II komme im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Danach seien von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenen Umfang nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Im Fall des Klägers fehle es an einem Nachweis zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Sinne des § 6 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Einen entsprechenden Befreiungsbescheid habe er weder im vorliegenden Verfahren noch im Verfahren S 16 AS 57/18 vorgelegt. Das von ihm in diesem Verfahren vorgelegte Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 25. Januar 2018 stelle einen solchen Befreiungsbescheid nicht dar, lasse auch nicht auf einen solchen schließen. Dort werde ihm bescheinigt, dass er aufgrund des Bescheides vom 22. Oktober 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit unterliege, da er regelmäßig und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig sei. Insoweit habe er in der mündlichen Verhandlung von einem Verfahren durch die Krankenversicherung berichtet, um das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Nach Auffassung der Kammer ergebe sich hieraus in Verbindung mit dem genannten Schreiben und dem Umstand, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren vorgetragen habe, seit 1988 befreit zu sein, dass der von ihm vorgetragene Bescheid vom 20. Oktober 1999 das Ergebnis eines Statusfeststellungsverfahrens sei, jedoch keinen Befreiungsbescheid nach § 6 SGB VI darstelle. Weitere Tatsachen, die eine Nichtberücksichtigung der Lebensversicherung als verwertbares Vermögen begründen könnten, insbesondere Umstände für eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6, 2. Alt. SGB II, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Hier greife insbesondere nicht der Umstand, dass der Kläger zur Verwertung von Vermögen verpflichtet sei, welches nach seiner Planung der Altersvorsorge dienen solle. Einmal abgesehen davon, dass er zum Zeitpunkt der Verwertung bereits das 60. Lebensjahr vollendet gehabt habe und mithin auf seiner Altersvorsorge zurückgreifen könne, belaste die Erstattungsforderung des Beklagten in Höhe von etwas über 6.300, Euro das vorhandene Vermögen von über 80.000,- Euro nur unwesentlich und führe den Kläger nicht in die Altersarmut.
Soweit er vortrage, der Beklagte habe den Zuflusszeitpunkt verkannt, verkenne der Kläger, dass es sich bei der Auszahlung der Lebensversicherung nicht um einen Einkommenszufluss handele, sondern lediglich um eine Veränderung bereits vorhandenen Vermögens. Auf einen Zuflusszeitpunkt komme es damit nicht an. Entgegen der Auffassung des Klägers gehe es auch nicht um eine rückwirkende Beseitigung vorhandener Bedürftigkeit. Nach der gesetzlichen Konzeption sei er schon nur deshalb bedürftig, weil er nicht sofort habe auf sein Vermögen zugreifen können. Nur dies werde nachträglich korrigiert.
Stelle sich damit die Gewährung von Leistungen für die Zeit von März bis August 2015 als Darlehen als rechtmäßig dar, gelte Gleiches auch für die Erstattungsforderung nach § 42a Abs. 3 Satz 1 SGB II.
Der Kläger hat – nach Zustellung des Urteils bei seinem Prozessbevollmächtigten am 6. Juni 2019 – durch diesen am 5. Juli 2019 Berufung eingelegt, wobei er seinen Antrag neben der Aufhebung des Urteils – wiederum nur – darauf gerichtet hat, den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 aufzuheben. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend macht er insbesondere geltend, die Verpflichtungsklage sei nicht unzulässig. Ein entsprechendes Klagebegehren habe bereits in der Klageschrift vom 7. April 2016 gesehen werden können. Im Übrigen habe es sich auch bei der Reaktion auf den erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgten Hinweis des Sozialgerichts um eine zulässige Klageänderung gehandelt, da es sich nicht um einen anderen Klagegrund gehandelt habe. Auch in der Sache sei die Klage begründet. Der Erstattungsbescheid sei schon wegen des Verweises auf die Vorschriften des Sozialgesetzbuches Drittes Buch rechtswidrig. Auch habe das Gericht rechtsfehlerhaft nicht geprüft, inwieweit die Kapitallebensversicherung wegen seines fortgeschrittenen Alters zum Schonvermögen gehört habe. Dementsprechend sei schon die darlehensweise Bewilligung rechtfehlerhaft erfolgt. Er habe zudem im Termin vorgetragen, dass "Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfolgen". Einen entsprechenden Befreiungsbescheid habe er nicht vorlegen müssen; zudem sei das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 25. August 2018 (wegen dessen Inhalt wird auf GA Bl. 71 Bezug genommen) in diesem Sinne auszulegen. Die Verwertung der Lebensversicherung würde zu Altersarmut führen, wobei er hierzu eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vorgelegt hat, wonach ihm ab 1. November 2020 eine Regelaltersrente von 432,28 Euro monatlich zustehe. Zudem sei zu beachten, dass er trotz intensiver Bemühungen nach der sogenannten Finanzkrise keine Beschäftigung gefunden und daher seine Altersvorsorge vorzeitig habe in Anspruch nehmen müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. März 2019 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 zu verpflichten, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 zurückzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Bescheide.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren, zu den Verfahren S 16 AS 1031/15 und S 16 AS 57/18 beziehungsweise S 16 AS 242/16 sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem beide Beteiligte ihr Einverständnis hiermit erklärt haben, der Kläger durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30. April 2020, der Beklagte durch Schriftsatz vom 27. April 2020.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber im Ergebnis unbegründet. Das angegriffene Urteil ist – mit der Maßgabe, dass die Klage nicht bereits unzulässig, sondern unbegründet ist – aufrecht zu erhalten. Der Kläger kann nicht verlangen, dass der Beklagte unter Aufhebung seines Überprüfungsbescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 verpflichtet wird, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 zurückzunehmen.
I. Gegenstand des Verfahrens ist – neben dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. März 2019 – das Anfechtungsbegehren des Klägers hinsichtlich des Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016, daneben aber auch ein auf die Verpflichtung des Beklagten gerichteter Antrag, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 zurückzunehmen. Zwar beschränkt sich der vom anwaltlich vertretenen Kläger formulierte Berufungsantrag im Berufungsschreiben vom 5. Juli 2019 trotz der intensiven Diskussion dieser Frage und der gerade auf die unzureichende Antragstellung gestützten Entscheidung des Sozialgerichts (wiederum) auf die Anfechtung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016. Auch wenn dies auf den ersten Blick so wirkt, als beharre der Kläger geradezu mit Nachdruck auf der Beschränkung auf einen Anfechtungsantrag, ist der Senat der Auffassung, dass auch das Verpflichtungsbegehren Gegenstand des Berufungsverfahrens ist: Der Kläger bedarf – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – der Kombination zweier Klagebegehren, um sein erkennbares Rechtsschutzziel, die Beseitigung des Rückzahlungsbescheides, zu erreichen. Nachdem das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an deren Fassung gebunden zu sein (§ 123 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG), genügen nach Auffassung des Senats diese gesetzliche Vorgabe und der daran anknüpfende und für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebliche Meistbegünstigungsgrundsatz (vgl. zu diesem für viele BSG, Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 38/93 –, BSGE 74, 77; BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 9 SB 2/16 R –, SozR 4-1500 § 92 Nr. 4), um das Klagebegehren und dessen Umfang anhand der erkennbaren Interessen des Klägers und dementsprechend weit auszulegen. Hinzu kommt, dass der Kläger sein Begehren im Berufungsrechtszug ausdrücklich "vollumfänglich" weiterverfolgt und sich im Rahmen der Berufungsbegründung kritisch mit der Annahme des Sozialgerichts, über den Verpflichtungsantrag sei eine Sachentscheidung nicht möglich, auseinandergesetzt hat. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei einem Kläger, der durch einen Rechtsanwalt oder sonst rechtlich qualifiziert vertreten ist, regelmäßig anzunehmen ist, dass der von ihm gestellte Antrag das Gewollte richtig wiedergibt, ist somit hinreichend deutlich, dass sein Berufungsbegehren über die Anfechtung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 hinaus auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtet ist, den Rückzahlungsbescheid vom 17. August 2015 aufzuheben.
Nicht, jedenfalls nicht unmittelbar Gegenstand des hiesigen Verfahrens sind dagegen die vom Beklagten erteilten Bewilligungsbescheide und damit der Darlehenscharakter der bewilligten Leistungen. Diese Bescheide waren nicht Gegenstand des Überprüfungsbegehrens, das der Beklagte mit dem hier streitigen Bescheid vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 beschieden hat. Vielmehr hat der Kläger den Darlehenscharakter – verspätet – mit seinem Widerspruch vom 14. August 2015 angegriffen und ist damit im Widerspruchsverfahren sowie mit einem eigenständigen, auf den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid bezogenen Überprüfungsantrag und dem daran anschließenden Widerspruchsverfahren erfolglos geblieben; die daraufhin erhobene Klage – S 16 AS 242/16 beziehungsweise S 16 AS 57/18 – hat er zurückgenommen.
Vor diesem Hintergrund besteht kein Raum dafür, das anwaltlich formulierte Überprüfungsbegehren, das zum hiesigen Rechtsstreit geführt hat, auch auf die Darlehensbewilligungsbescheide selbst zu beziehen, so dass sich auch der hier streitige Überprüfungsbescheid vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 – zu Recht – nicht unmittelbar mit diesen befasst hat. Eine andere, noch nicht im hiesigen Zusammenhang zu beantwortende Frage ist, ob ein Darlehensrückzahlungsbescheid nur Bestand haben kann, wenn die Darlehensbescheide ihrerseits rechtmäßig sind.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere auf der Grundlage von § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von Gesetzes wegen und damit ohne Zulassung statthaft und den Vorgaben aus § 151 Abs. 1 SGG entsprechend form- und fristgerecht eingelegt.
III. Sie ist jedoch im Ergebnis nicht begründet.
1. Allerdings war die Klage nach Auffassung des Senats zulässig.
Das Verpflichtungsbegehren war nach Auffassung des Senats nicht verfristet, sondern von Anfang an Gegenstand der daher insgesamt rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist aus § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhobenen Klage (zur grundsätzl. Anwendbarkeit von § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG auf Verpflichtungsklagen, wenn ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes durch Bescheid abgelehnt worden ist, vgl. für viele Jaritz, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 87 Rn. 19; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 87 Rn. 1a f.). Wie zum Gegenstand des Berufungsverfahrens bereits ausgeführt, hat das angerufene Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche zu entscheiden, ohne an deren Fassung gebunden zu sein (§ 123 SGG). Es hat danach maßgeblich dessen erkennbare Interessen zu berücksichtigen und also bei der Auslegung des Klageantrags den wirklichen Willen des Klägers zugrunde zu legen, sofern er sich aus Umständen ergibt, die für das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar sind; dabei ist auf Grund des Meistbegünstigungsgrundsatzes davon auszugehen, dass der Kläger im Zweifel unabhängig von dessen Wortlaut den Antrag stellen will, der ihm (am Besten) zu seinem erkennbaren Ziel verhilft (BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 9 SB 2/16 R –, SozR 4-1500 § 92 Nr. 4, Rn. 12; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 123 Rn. 3).
Auch unter Berücksichtigung des ebenfalls bereits angeführten Grundsatzes, dass bei einem Kläger, der durch einen Rechtsanwalt oder sonst qualifiziert vertreten ist, regelmäßig davon auszugehen ist, dass der von ihm gestellte Antrag das Gewollte richtig wiedergibt (vgl. hierzu etwa BSG, Beschluss vom 5. Juni 2014 – B 10 ÜG 29/13 B –, juris, Rn. 12), ist der Senat vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass das hiesige Klagebegehren bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auszulegen war. Zwar hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der anwaltlich formulierte Wortlaut des Klageantrags dieses Begehren nicht wiedergab und auch die Klagebegründung den Eindruck erweckte, es handele es sich um die schlichte Anfechtung eines eine Erstattungsverpflichtung aussprechenden Verwaltungsakt, ohne erkennen zu lassen, dass das mit der Klage verfolgte Ziel im konkreten Fall nur vermittelt über ein Überprüfungsbegehren nach § 44 SGB X und also durch eine in diesem Rahmen notwendige Verpflichtungsklage zu erreichen war. Allerdings hatte der Kläger mit der Klage den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid sowie den Bescheid vom 17. August 2015 vorgelegt, so dass die verfahrensrechtlichen Zusammenhänge für das Sozialgericht überschaubar – und namentlich im Widerspruchsbescheid ausdrücklich thematisiert – waren.
Anhand der damit für das Gericht erkennbaren und daher auch für die Auslegung des Klagebegehrens maßgeblichen Gesamtumstände war somit schon bei Klageerhebung das Rechtsschutzziel in ausreichendem Maße deutlich. Der Senat kann offenlassen, was zu gelten hätte, wenn anhand der innerhalb der Klagefrist für das Gericht ersichtlichen Umstände zwar das (wirtschaftliche) Ziel des Klägers, nicht aber die verfahrensrechtliche Situation und damit die zur Realisierung des Klageziels notwendigen Anträge erkennbar gewesen wären. Jedenfalls im konkreten Fall war nach allem auch der Verpflichtungsantrag von Anfang an Gegenstand des Verfahrens.
Da vor diesem Hintergrund von einem zulässigen Verpflichtungsbegehren auszugehen ist, gilt dies auch für die Anfechtungsklage, nachdem die – als solche folgerichtige – Argumentation des Sozialgerichts, nach der für diese das Rechtsschutzinteresse fehle, die Verfristung der Verpflichtungsklage zur Prämisse hatte.
Der Kläger kann sein Begehren im Übrigen in zulässiger Weise unmittelbar auf die Verpflichtung zur Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 richten und ist nicht auf einen Neubescheidungsantrag beschränkt. Dabei kann offenbleiben, ob mit dem Sozialgericht davon auszugehen ist, dass § 44 Abs. 2 SGB X die zutreffende Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers darstellt und dem Beklagten bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen also Ermessen eingeräumt wäre. Für die Statthaftigkeit einer darüber hinaus unmittelbar auf die Verpflichtung zur Aufhebung des Rückzahlungsbescheides gerichteten Klage genügt jedoch, dass es auch als vertretbar und möglich erscheint, für das Begehren des Klägers § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X heranzuziehen, der einen gebundenen Anspruch auf Rücknahme des zu überprüfenden Bescheides vorsieht.
Sonstige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht.
2. Die danach zulässige Klage ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Rahmen seiner Hilfserwägung die Begründetheit der Klage zutreffend verneint. Der Kläger kann die Aufhebung des Rückzahlungsbescheides nicht verlangen.
a) Angesichts von dessen Bestandskraft kann er dies nur im Wege der Überprüfung nach § 44 SGB X erreichen.
Der Senat kann auch in diesem Zusammenhang letztlich offenlassen, ob dem Sozialgericht darin zu folgen ist, dass vorliegend § 44 Abs. 2 SGB X die maßgebliche Rechtsgrundlage für das Überprüfungsbegehren ist oder auf § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückgegriffen werden kann, der dem Kläger günstiger ist, weil er eine gebundene Entscheidung vorsieht. Dieser ist seinem Wortlaut nach anwendbar, wenn wegen des rechtswidrigen Verwaltungsaktes Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht (oder Beiträge zu Unrecht erhoben) wurden. Für seine Anwendung auch auf Darlehensrückzahlungsbescheide wie den vorliegend streitigen lässt sich anführen, dass verbreitet seine analoge Heranziehung befürwortet wird, wenn der zu überprüfende Bescheid die Erbringung von Sozialleistungen einschränkt, er also auf alle Formen von Eingriffsbescheiden, die Sozialleistungen im Ergebnis begrenzen (Erstattungs-, Sanktions- oder Aufrechnungsbescheide), Anwendung finden soll: In diesen Fällen bestehe kein rechtserheblicher Unterschied gegenüber den unmittelbar § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X unterfallenden Bescheiden, auf Grund derer der Leistungsberechtigte von vornherein die beantragte Leistung nicht oder nicht vollständig erhalten habe (vgl. in diesem Sinne etwa Baumeister, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 44 SGB X [Stand: 23. März 2020], Rn. 65). Andererseits steht, wie bereits ausgeführt, bei der Überprüfung eines Rückzahlungsbescheides der Darlehenscharakter der bewilligten Leistungen jedenfalls nicht unmittelbar in Frage, so dass sich der Inhalt des zur Überprüfung stehenden Bescheides nur schwerlich als Begrenzung eines "eigentlich" auf einen entsprechenden Zuschuss gerichteten Bescheides verstehen lässt. Der Rückforderungsbescheid zieht vielmehr nur die Konsequenz aus dem Darlehenscharakter der anderweitig bewilligten Leistungen, was für die vom Sozialgericht befürwortete Anwendung von § 44 Abs. 2 SGB X spricht.
Das kann allerdings letztlich auf sich beruhen: Sowohl § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X als auch § 44 Abs. 2 SGB X setzen voraus, dass beim Erlass des zu überprüfenden Bescheides das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, beziehungsweise – wie es in § 44 Abs. 2 SGB X kürzer formuliert heißt – dass es sich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt. Das aber ist vorliegend nicht der Fall.
b) Zunächst ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon deshalb Erfolg haben kann, weil der Beklagte den Bescheid vom 17. August 2015 auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage, nämlich auf § 328 Abs. 3 SGB III statt auf § 42a Abs. 3 Satz 1 SGB II, gestützt hat. Beide Vorschriften sind auf die Rückzahlung erbrachter Leistungen gerichtet, ohne dem Leistungsträger bei der Entscheidung Ermessen einzuräumen. Ihre Auswechslung lässt damit den Verfügungssatz des Bescheides und, sofern der maßgebliche Sachverhalt im Wesentlichen unverändert bleibt, auch das Prüfprogramm und damit die Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen unbeeinträchtigt und kann daher nicht einmal einem unmittelbar gegen einen entsprechenden Bescheid gerichteten Rechtsbehelf zum Erfolg verhelfen (zur entsprechenden Problematik im Verhältnis von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III einerseits und § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III andererseits vgl. BSG Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 45/09 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R –, SozR 4-1300 § 33 Nr. 2, Rn. 14); umso mehr gilt dies für das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X, in dessen Rahmen rein formelle Fehler nicht zur Aufhebung eines materiell zutreffenden Bescheides führen können (vgl. nur BSG, Urteil vom 3. Mai 2018 – B 11 AL 3/17 R –, SozR 4-1300 § 44 Nr. 37).
bb) Auch in der Sache ist der Bescheid nicht zu beanstanden. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen des Sozialgerichts hierzu Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Berufungsbegründung gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.
Dabei spricht, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, viel dafür, dass mögliche Mängel der Darlehensbescheide, auf die der Kläger sein Vorbringen zentral stützt, für das hiesige Verfahren schon deshalb keine Bedeutung haben, weil diese vorliegend gar nicht zur Überprüfung stehen, sondern gemäß § 77 SGG bindend geworden sind und bleiben (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30. September 2016 – L 6 AS 373/13 –, juris, Rn. 24). Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass die Rückforderung eines Darlehens nur erfolgen darf, wenn die Leistung ihrerseits zu Recht nur als Darlehen bewilligt worden und der Charakter der Bewilligung daher bei einem Streit um die Rückzahlung mittelbar ebenfalls zu prüfen ist, kann der Kläger keinen Erfolg haben.
Das Sozialgericht hat die Maßstäbe für die Leistungserbringung in Form eines Darlehens und die Rechtmäßigkeit der Darlehensgewährung mit Blick auf die im Bewilligungszeitraum anstehende Auszahlung der Lebensversicherung ausführlich und zutreffend dargelegt. Durchgreifende Einwände hat der Kläger demgegenüber nicht formuliert.
Soweit er im Berufungsverfahren im Wesentlichen (weiterhin) geltend macht, die Kapitallebensversicherung sei wegen seines fortgeschrittenen Alters und der Notwendigkeit der Alterssicherung als Schonvermögen zu behandeln, kann er damit keinen Erfolg haben. Zunächst steht dies in einem letztlich nicht lösbaren Spannungsverhältnis zu seinem Vorbringen, er habe erhebliche Teile des Vermögens zur Schuldentilgung und zur Sicherung des Lebensunterhalts verbraucht. Eine Verschonung von Vermögen, weil es für die Tilgung anderer Schulden benötigt wird, ist jedoch dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende wie den anderen steuerfinanzierten und der Existenzsicherung dienenden Sozialleistungssystemen fremd; vielmehr hat der Betroffene entsprechende Mittel vorrangig zur aktuellen Existenzsicherung einzusetzen.
Vor allem aber ist gesetzlich detailliert geregelt, unter welchen Umständen Vermögen wegen der Alterssicherung unberücksichtigt bleiben kann (vgl. namentlich § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 sowie Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II); die Anwendung der allgemeinen Härteklausel aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II kommt daneben nur ausnahmsweise in Betracht: Dieser kommt die Funktion eines Auffangtatbestandes zu, der atypische Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden (vgl. für viele Formann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 – Stand: 22. Juni 2020 –, Rn. 190). Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R –, BSGE 123, 188, Rn. 30).
Einer der gesetzlichen Verschonungstatbestände zunächst liegt, wie das Sozialgericht im Einzelnen dargelegt hat, nicht vor. Der Kläger hat diesbezüglich im Berufungsverfahren neuerlich geltend gemacht, dass "Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfolgen", weil er von der Rentenversicherungspflicht befreit sei und sich damit der Sache nach auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II berufen. Einen entsprechenden Befreiungsbescheid habe er nicht vorzulegen; zudem sei das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 25. August 2018 (GA Bl. 71) in diesem Sinne auszulegen. Dem ist nicht zu folgen: Das Schreiben liefert keinen Hinweis dafür, dass der Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden wäre, wobei die Terminologie des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II erkennbar mit der des § 6 SGB VI korrespondiert. Tatsächlich verweist die Deutsche Rentenversicherung Bund in dem Schreiben jedoch – im Gegensatz zu dem Sinn, den der Kläger ihm beimessen will – darauf, dass er im Hinblick auf seine selbständige Tätigkeit von vornherein nicht versicherungspflichtig sei. In diesem Fall bedurfte er aber einer Befreiung gar nicht; das Schreiben beschäftigt sich insofern mit den Voraussetzungen des § 2 Satz 2 Nr. 9 SGB VI, was, sofern eine Befreiung bindend festgestellt worden wäre, nicht nahegelegen hätte. Weitere Unterlagen, die sein Vorbringen stützten könnten (insbesondere einen Befreiungsbescheid selbst), hat der Kläger trotz des ausdrücklichen Hinweises auf die Problematik im Schreiben des Berichterstatters vom 7. Februar 2020 nicht vorgelegt.
Es kann danach offenbleiben, ob die Anwendung der Verschonungsvorschrift daran scheitert, dass von einer nachvollziehbaren Bestimmung zur Alterssicherung kaum ausgegangen werden kann, nachdem der Kläger die ausgezahlte Summe nach eigenem Vorbringen zu einem erheblichen Teil zur Schuldentilgung und zum Lebensunterhalt verbraucht hat.
Der Kläger macht weiter geltend, die Verwertung der Lebensversicherung führe zu Altersarmut, wobei er hierzu eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. November 2019 (GA Bl. 73) vorgelegt hat, wonach ihm ab 1. November 2020 eine Regelaltersrente von 432,28 Euro monatlich zustehe. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass er trotz intensiver Bemühungen nach der sogenannten Finanzkrise keine Beschäftigung gefunden und daher seine Altersvorsorge vorzeitig habe in Anspruch nehmen müssen.
Auch dieses Vorbringen kann vorliegend nicht zur Verschonung des Vermögens und namentlich nicht zur Anwendung der allgemeinen Härteklausel aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II führen. Eine besondere Härte ist nicht ersichtlich. Deren Vorliegen setzt voraus, dass außergewöhnliche Umstände gegeben sind, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte und die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen erfasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R –, BSGE 115, 148, Rn. 45; Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 – Stand: 22. Juni 2020 –, Rn. 193).
Hiergegen spricht schon die bereits erwähnte Verwendung des Vermögens beziehungsweise eines relevanten Teiles hiervon zur Schuldtilgung, die, wie ausgeführt, nachrangig im Verhältnis zur Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ist. Überdies trifft es zwar sicherlich zu, dass der Kläger – wie von ihm durch die Vorlage der Rentenauskunft belegt – nur eine geringe Rente aus der gesetzlichen Rente zu erwarten hat, die zur dauerhaft vollständigen Existenzsicherung nicht ausreichen wird. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das in Frage stehende Vermögen aus der Auszahlung der Lebensversicherung und vor allem der relativ geringe Teil, den der Beklagte hieraus beansprucht, insoweit zu einer maßgeblichen Veränderung der Situation führen könnte. Unter diesen Umständen kann der Betroffene die Nutzung des Vermögens zur aktuellen Existenzsicherung – hier in Form der Rückzahlung des Darlehens, das der Beklagte mit Blick auf die bei Leistungsbeginn alsbald anstehende Fälligkeit der Lebensversicherung gegeben hatte – nicht unter Hinweis darauf ablehnen, dass er dieses für die spätere Existenzsicherung benötige.
Ein sonstiger, insbesondere materieller Rechtsfehler des Rückzahlungsbescheides als solchem ist nicht ersichtlich. Namentlich bestand entgegen der vom Kläger ohne nähere Begründung vertretenen Auffassung kein Anlass, auf der Grundlage von § 42a Abs. 3 Satz 2 SGB II eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags zu treffen, da der aus der Lebensversicherung erlangte Betrag den Darlehensbetrag – bei weitem – deckte.
Nach allem kann die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg haben.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat keinen Anlass, den Beklagten zu einer auch nur anteiligen Kostenerstattung zu verpflichten, nachdem Klage und Berufung letztlich ohne jeden Erfolg bleiben. Auch Veranlassungsgesichtspunkte, die eine davon abweichende Kostenentscheidung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich.
V. Die Berufung ist nicht zuzulassen, nachdem keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe hierfür vorliegt.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gegen die Rückzahlung von darlehensweise erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Der 1955 geborene Kläger beantragte am 17. März 2015 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei dem Beklagten. Er sei selbständig tätig und befinde sich wegen fehlender Aufträge aktuell in einer wirtschaftlichen Notsituation. Er verfüge über verschiedene im Minus befindliche Konten und sei darüber hinaus Inhaber eines Bausparvertrags und eines Sparbriefs, die abgetreten beziehungsweise verpfändet seien. Weiter besitze er eine Kapitallebensversicherung bei der HDI-Versicherung mit einem Rückkaufswert von 85.566,68 Euro (abzüglich eines Policendarlehens von 5.000,- Euro und von Beitragsrückständen von 1.458,- Euro). Nach den hierzu vorgelegten Unterlagen sollte die Versicherung am 1. Juli 2015 ablaufen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1 ff. der zum Kläger geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: LA –, hinsichtlich der Vermögenssituation und namentlich der Kapitallebensversicherung insbesondere auf LA Bl. 9 f. und Bl. 80 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 7. April 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 955,- Euro für die Zeit von März bis August 2015. Die Leistungsbewilligung erfolgte als Darlehen auf der Grundlage von § 24 Abs. 5 SGB II. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der Kläger nach erfolgter Verwertung des Vermögens die ihm gewährten Leistungen zu erstatten habe. Auf LA Bl. 92a ff. wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
In der Folgezeit änderte der Beklagte die Höhe der gewährten Leistungen mehrfach ab, und zwar durch Bescheide vom 6. Mai 2015 (Absenkung der Leistung für Mai 2015 auf 706,- Euro wegen Einkommens), vom 11. Mai 2015 (Korrektur des Bescheides vom 6. Mai 2015 und also erneute Bewilligung von 955,- Euro für Mai 2015), vom 8. Juni 2015 (Erhöhung der Leistung auf 964,18 Euro monatlich wegen der Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die Warmwasserbereitung), vom 19. Juni 2015 (Erhöhung der Leistung auf 1.129,12 Euro monatlich für die Zeit von März bis Juni 2015 wegen der vom Kläger aufzubringenden Krankenversicherungsbeträge), (nochmals) vom 19. Juni 2015 (entsprechende Erhöhung der Leistung auch für Juli und August 2015), vom 2. Juli 2015 (Erhöhung der Leistung auf monatlich 1.272,64 Euro für die Zeit von März bis Juli 2015 wegen der Übernahme eines weiteren Anteils der vom Kläger aufzubringenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) und (nochmals) vom 2. Juli 2015 (entsprechende Erhöhung der Leistung auch für August 2015). Alle Bescheide kennzeichneten die bewilligte Leistung als Darlehen. Im Ergebnis erhielt der Kläger in der Zeit von März bis August 2015 durchgängig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 1.272,64 Euro als Darlehen. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 93 ff. (Bescheid vom 8. Juni 2015), LA Bl. 108 ff. (Bescheid vom 6. Mai 2015), LA Bl. 131 ff. (Bescheid vom 11. Mai 2015), LA Bl. 147 ff. (Bescheid vom 19. Juni 2015 für die Zeit von März bis Juni 2015), LA Bl. 151 ff. (Bescheid vom 19. Juni 2015 für Juli und August 2015), LA Bl. 167 ff. (Bescheid vom 2. Juli 2015 für die Zeit von März bis Juli 2015) und LA Bl. 170 ff. (Bescheid vom 2. Juli 2015 für August 2015) Bezug genommen.
Vertragsgemäß lief die Kapitallebensversicherung des Klägers Anfang Juli 2015 ab; die HDI-Versicherung überwies ihm dementsprechend am 9. Juli 2015 einen Betrag von 82.945,21 Euro.
Der Kläger legte sodann (erst) am 14. August 2015 Widerspruch gegen die Bewilligung der Leistungen als Darlehen ein (LA Bl. 92 f.); zuvor hatte er wiederholt (nur) die Höhe der bewilligten Leistung (soweit ersichtlich durchgängig per E-Mail) beanstandet, diese "Widersprüche" allerdings – abgesehen von einer Stellplatzproblematik – am 8. Juli 2015 zurückgenommen.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 (LA Bl. 184 ff.) hob der Beklagte die Leistungsgewährung für den Monat Juni 2015 ganz auf, da der Kläger in diesem Monat bedarfsdeckendes Einkommen erzielt habe. Am gleichen Tag erging für Juni 2015 ein "Einstellungsbescheid" (LA Bl. 190 ff.).
Mit einem weiteren und auf § 328 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung – (SGB III) gestützten Bescheid vom 17. August 2015 machte der Beklagte die Erstattung der darlehnsweise erbrachten Leistungen geltend. Nachdem der Kläger nunmehr von der HDI-Versicherung 82.945,21 Euro erhalten habe, seien die gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.363,20 Euro (je 1.272,64 Euro für die Monate März bis Mai sowie Juli und August 2015) von ihm zu erstatten. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl.197 ff. Bezug genommen. Widerspruch gegen diesen Bescheid legte der Kläger nicht ein.
Der Beklagte verwarf anschließend durch Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2015 (LA Bl. 202 ff.) den Widerspruch des Klägers vom 14. August 2015 gegen die nur darlehensweise Gewährung der Leistungen als unzulässig, da die einmonatige Widerspruchsfrist versäumt sei. Die daraufhin erhobene Klage zum Sozialgericht Darmstadt – S 16 AS 1031/15 – nahm der Kläger im Rahmen eines Erörterungstermins am 12. Januar 2018 zurück.
Unterdessen hatte der Beklagte, nachdem er dem Widerspruch des Klägers gegen die Aufhebung beziehungsweise Einstellung der Leistungen für Juni abgeholfen hatte, am 20. Januar 2016 hinsichtlich der für diesen Monat gewährten Leistungen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erteilt, da der Kläger am 9. Juli 2015 die Auszahlung aus der Lebensversicherung erhalten habe. Die Gesamtüberzahlung betrage 1.272,64 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 216 ff. verwiesen.
Bereits zuvor hatte der Kläger – was nachfolgend zum hiesigen Verfahren führte – durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 ohne nähere Begründung dem Bescheid über die Darlehensrückforderung vom 17. August 2015 widersprochen, hilfsweise dessen Überprüfung beantragt. Auf LA Bl. 223 f. wird Bezug genommen.
Mit weiterem Überprüfungsantrag vom gleichen Tage beantragte er zudem – ebenfalls ohne nähere Begründung – die Überprüfung des (Widerspruchs-)Bescheides vom 7. Oktober 2015, mit dem der Beklagte den Widerspruch gegen die Gewährung der Leistung wegen seiner verspäteten Erhebung als unzulässig verworfen hatte. Insoweit wird auf LA Bl. 227a f. verwiesen. Diesen Überprüfungsantrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 12. Februar 2016 (LA Bl. 243 f.) ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch (LA Bl. 241 f.) durch Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2016 zurück (LA Bl. 239 ff.). Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht Darmstadt – zunächst S 16 AS 242/16, nach zwischenzeitlichem Ruhen S 16 AS 57/18 – nahm der Kläger im Rahmen der zu diesem und zum hiesigen Verfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 29. März 2019 zurück.
Den Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 lehnte der Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 20. Januar 2016 ab. Den hiergegen gerichteten und wiederum nicht näher begründeten Widerspruch vom 26. Januar 2016 wies er mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 zurück. Zu dessen Begründung führte er insbesondere aus, soweit die Ausgangsbehörde im Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 auf § 328 Abs. 3 SGB III als Rechtsgrundlage abgestellt habe, sei dies unrichtig. Vorliegend sei § 42a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 SGB II die richtige Rechtsgrundlage für die Rückforderung. Die Vorschrift bestimme, dass Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe fällig seien. Nach § 24 Abs. 5 SGB II seien Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Da der Kläger bei Stellung des Erstantrages eine Kontenübersicht mit einem zu erwartenden Kapitalertrag am 1. Juli 2015 von 95.386,67 Euro abgegeben habe, habe die Ausgangsbehörde zu Recht die Leistungen lediglich darlehensweise gewährt. Dem Kläger sei mittlerweile am 9. Juli 2015 seine Kapitalversicherung/Lebensversicherung ausgezahlt worden. Da somit eine Verwertung im Sinne des § 42a Abs.3 Satz 1 Halbs. 1 SGB II erfolgt sei, habe er das gewährte Darlehen zurückzuzahlen. Die von Seiten der Ausgangsbehörde darlehensweise gewährten Leistungen hätten für den Zeitraum vom 1. März 2015 bis zum 31. Mai 2015 und vom 1. Juli 2015 bis zum 31. August 2015 insgesamt (5x1.272,64 Euro) 6.363,20 Euro betragen. Lediglich dieser Betrag werde vom Kläger zurückgefordert. Da der Verwertungserlös die Höhe des gewährten Darlehens überstiegen habe, habe auch keine Vereinbarung über die Rückzahlung nach § 42a Abs. 3 Satz 2 SGB II getroffen werden müssen. Der Verwertungserlös unterliege schließlich auch nicht dem Vermögensschutz. Dem 1955 geborenen Kläger stehe gemäß § 12 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB Il nämlich nur ein Vermögensfreibetrag von 9.150,- Euro (61 Lebensjahre x 150,- Euro/Lebensjahr) und nach Nr. 4 ein Vermögensfreibetrag für notwendige Anschaffungen von 750,- Euro und damit insgesamt ein Vermögensfreibetrag von 9.900,- Euro zu. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 248 ff. Bezug genommen.
Hiergegen hat der anwaltlich vertretene Kläger am 7. April 2016 Klage erhoben und dabei beantragt, den Bescheid vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 aufzuheben; mit Klageerhebung hat er den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid sowie den Bescheid vom 17. August 2015 vorgelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der Leistungen. Ein Verschulden seinerseits sei nicht erkennbar, eine Rücknahme des Verwaltungsaktes komme auch wegen des Vertrauensschutzes nicht in Betracht. Es sei zu berücksichtigen, dass die seinerzeit gewährten Leistungen nicht nur darlehnsweise hätten erbracht werden dürfen. Er sei zur damaligen Zeit bedürftig gewesen, auch habe die Verwertung der Lebensversicherung nicht verlangt werden dürfen. Zudem sei diese als Altersvorsorge zu verschonen gewesen. Gegebenenfalls hätte auch eine Vereinbarung über die Rückzahlung erfolgen müssen. Der Beklagte habe zudem den Zuflusszeitpunkt, der erst nach der Leistungsgewährung gelegen habe, nicht beachtet. Seine zum Zeitpunkt der Antragstellung bei dem Beklagten gegebene Bedürftigkeit könne sich nicht im Nachhinein durch eine Auszahlung der Lebensversicherung ändern. Im Übrigen sei eine Leistung, die er inzwischen verbraucht habe, gewährt worden, obwohl die Rechtswidrigkeit der Gewährung dem Beklagten bekannt gewesen sei. Er, der Kläger, sei insoweit nicht bösgläubig gewesen, weswegen die Bewilligung nicht rückwirkend habe aufgehoben werden dürfen. Von der ausgezahlten Summe habe er zudem zuerst eine große Schuldenlast beglichen. Den restlichen Betrag müsse er dazu aufwenden, seine Altersvorsorge zu sichern. Auch habe er sein Vermögen weiter zur Sicherung seines Lebensunterhaltes aufgewendet und dabei 12.000,- Euro verbraucht.
Das Sozialgericht hat am 29. März 2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In diesem Rahmen hat der Kläger zunächst, wie erwähnt, die Klage – S 16 AS 242/16 beziehungsweise S 16 AS 57/18 – gegen den Bescheid über die Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2015 zurückgenommen, nachdem das Sozialgericht darauf hingewiesen hatte, dass die Frage, ob die darlehnsweise gewährten Leistungen zu erstatten seien oder nicht, Gegenstand des hiesigen Verfahrens sei. Im hiesigen Verfahren hat er sein Klagebegehren nunmehr ergänzend dahin formuliert, der Beklagten sei zu verpflichten, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 aufzuheben. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom gleichen Tage abgewiesen.
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Klage sei wegen der verfristet erhobenen Verpflichtungsklage bereits unzulässig. Streitgegenstand des Verfahrens sei der Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016, mit welchem der Beklagte die Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 abgelehnt habe. Statthafte Klageart in einem Verfahren dieser Art sei eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), mit welcher zunächst die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 sowie sodann die Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 begehrt werden müsse. Die Klageerweiterung im vorliegenden Verfahren durch die Erhebung der Verpflichtungsklage erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei jedoch unzulässig. Beide Klagen – sowohl die Anfechtungs- als auch die Verpflichtungsklage – seien gemäß § 87 SGG fristgebunden. Vor diesem Hintergrund sei die mit der Erhebung der Verpflichtungsklage im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgte Klageerweiterung im Sinne des § 99 SGG, auf welche sich der Beklagte ausdrücklich nicht eingelassen habe, nicht sachgerecht und damit unzulässig. Hinsichtlich der durch den fachanwaltlich vertretenen Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2019 erhobenen Verpflichtungsklage fehle es nämlich an der Einhaltung der einmonatigen Klagefrist. Ihre Erhebung könne nicht schon in der Klageschrift vom 7. April 2016 und/oder dem weiteren Vortrag des fachanwaltlich vertretenen Klägers gesehen werden. Dieser habe mit der Klageschrift vom 7. April 2016 eindeutig nur die Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 beantragt. Die sodann abgegebene Begründung gleiche der Begründung für die Anfechtung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, jedoch nicht eines Überprüfungsbescheides im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Nach Auffassung der Kammer sei von einem Fachanwalt für Sozialrecht wie dem Bevollmächtigten des Klägers zu erwarten, dass er innerhalb der Klagefrist eindeutig zu erkennen gebe, in welchem Umfang ein Klageverfahren betrieben werden solle. Daran mangele es in der Klageschrift vom 7. April 2016 vollumfänglich hinsichtlich der Verpflichtungsklage. Wegen des insoweit unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Klagefrist sei das Gericht auch nicht in die Lage versetzt gewesen, durch sachdienliche Hinweise innerhalb der Klagefrist auf die erforderliche Erhebung der Verpflichtungsklage noch hinzuweisen. Das Verhalten seines Bevollmächtigten sei dem Kläger zuzurechnen (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 85 Zivilprozessordnung – ZPO –). Die Klageänderung sei auch nicht aufgrund von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zulässig. Danach sei als eine Änderung der Klage nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt werde. Ein solcher Fall sei vorliegend nicht gegeben. Mit dem Verpflichtungsantrag sei eine komplett neue Klage neben der Anfechtungsklage erhoben worden. Damit werde der Klageantrag hinsichtlich der Anfechtungsklage nicht erweitert oder beschränkt, sondern im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) eine weitere Klage daneben gestellt. Unabhängig davon würde auch dann die Verfristung der Verpflichtungsklage greifen.
Hinsichtlich der fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage fehle es dem Kläger am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis sei Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage; dadurch sollten zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 AS 42/15 R –, juris). Das Rechtsschutzinteresse sei grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden könne. Es fehle auch, wenn die Klägerseite im gerichtlichen Verfahren ein grundsätzlich rechtsschutzwürdiges Interesse, welches sie mit dem von ihr angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren verfolge, nicht (mehr) anstreben könne. Dies sei beim Kläger hinsichtlich der fristgerecht anhängig gemachten Anfechtungsklage bezüglich des Bescheides des Beklagten von 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 der Fall. Allein die Aufhebung dieses Überprüfungsbescheides führe bei ihm zu keinerlei Rechtsveränderung, geschweige denn Rechtsverbesserung. Dadurch wäre allein die ablehnende Entscheidung des Beklagten eliminiert, ohne dass dem Kläger die Möglichkeit zur Verfügung stünde, aufgrund dieser Aufhebung etwas zu erreichen, was er ohne die Aufhebung – nämlich durch einen erneuten Antrag nach § 44 SGB X – nicht auch erreichen könnte.
Unabhängig davon sei die Klage auch unbegründet. Mit dem Bescheid vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. März 2016 sei der Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides des Beklagten vom 17. August 2015 zu Recht abgelehnt worden. Dieser erweise sich zunächst als formell rechtmäßig, er sei insbesondere hinreichend bestimmt. Soweit in dem Bescheid zur Begründung auf Vorschriften aus dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch zurückgegriffen worden sei, sei dies erkennbar fehlerhaft, ändere jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Dieser Begründungsfehler wirke sich nicht durchgreifend auf den Verfügungssatz aus, vgl. § 42 SGB X. Es könne somit dahinstehen, ob ein einfacher Begründungsfehler im Überprüfungsverfahren überhaupt zur Korrektur eines bestandskräftigen Bescheides führen könne. Der Rückforderungsbescheid sei im Ergebnis auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte sei daher nicht aufgrund von § 44 SGB X verpflichtet, diesen Bescheid aufzuheben. Da sich der Kläger mit seinem Überprüfungsantrag gegen den Bescheid vom 17. August 2015 wende, mit welchem die Rückzahlung von darlehensweise erbrachten Leistung gefordert werde, jedoch keine Regelung über Sozialleistungen getroffen worden sei, sei ein Fall des § 44 Abs. 2 SGB X gegeben; die Rücknahme stehe daher im Ermessen des Beklagten. Es lägen jedoch schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht vor, da sich der Bescheid vom 17. August 2015 im Ergebnis als rechtmäßig erweise.
Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten sei § 42a Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach seien Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe fällig. Mit der Verwertung der Versicherung bei der HDI, konkret mit der Auszahlung des Kapitalvermögens aus der Kapitallebensversicherung am 9. Juli 2015, sei daher die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der bis dahin darlehensweise gewährten Leistungen eingetreten. Soweit der Kläger vortrage, schon die darlehnsweise Bewilligung der Leistungen sei rechtsfehlerhaft gewesen, so dass das Darlehen von ihm nicht zurückgefordert werden könne, schließe sich die Kammer dem nicht an. Zunächst seien die entsprechenden Darlehensbewilligungsbescheide des Beklagten in Bestandskraft (vgl. § 77 SGG) erwachsen, womit auch die Art der Leistungsgewährung verbindlich für die Beteiligten geregelt worden sei. Nach Auffassung der Kammer müsse dies bei der Überprüfung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 als Tatsache zugrunde gelegt werden. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, erweise sich die Gewährung der Leistungen für den Bewilligungszeitraum von März bis einschließlich August 2015 als Darlehen als rechtmäßig. Dies ergebe sich aus § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Der Kläger habe über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II in Gestalt des Guthabens aus seiner Kapitallebensversicherung bei der HDI-Versicherung verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 46/06 R –, juris), der sich die Kammer anschließe, gelte, dass Vermögen verwertbar sei, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden könnten. Vermögen sei nicht verwertbar, soweit sein Inhaber in der Verfügung beschränkt sei und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen könne. Darüber hinaus enthalte der Begriff der Verwertbarkeit auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung müsse für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Tatsächlich nicht verwertbar seien Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein werde, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet seien. Darüber hinaus wohne der Verwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II eine gewisse zeitliche Komponente inne. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der damals gültigen Fassung hätten die Leistungen der Grundsicherung jeweils für sechs Monate bewilligt werden sollen. Es liege daher nahe, das Kriterium der Absehbarkeit einer Vermögensverwertung auf diesen Sechs-Monats-Zeitraum zu beziehen.
All diese Voraussetzungen seien im Fall des Klägers erfüllt gewesen. Er habe ab dem 1. Juli 2015 – und damit im laufenden Bewilligungsabschnitt – über das Guthaben aus der Kapitallebensversicherung frei verfügen können. Da die Auszahlung auf sein Girokonto erfolgt sei, hätten der Verwendung dieses Geldbetrages auch keine tatsächlichen und juristischen Hindernisse entgegengestanden. Bei dem Guthaben handele es sich auch nicht um geschütztes beziehungsweise geschontes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II. Der Betrag von über 82.000,- Euro übersteige zunächst evident die Summe aus dem Grundfreibetrag des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II und dem sogenannten Anschaffungsfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Weiter handele es sich auch nicht um ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II) oder um geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienten, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten könne (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Für Letzteres fehle es schon an einem sogenannten Verwertungsausschluss, für Ersteres an der ausdrücklichen Förderung als Altersvorsorge nach Bundesrecht für Kapitallebensversicherungen. Auch § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II komme im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Danach seien von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenen Umfang nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Im Fall des Klägers fehle es an einem Nachweis zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Sinne des § 6 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Einen entsprechenden Befreiungsbescheid habe er weder im vorliegenden Verfahren noch im Verfahren S 16 AS 57/18 vorgelegt. Das von ihm in diesem Verfahren vorgelegte Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 25. Januar 2018 stelle einen solchen Befreiungsbescheid nicht dar, lasse auch nicht auf einen solchen schließen. Dort werde ihm bescheinigt, dass er aufgrund des Bescheides vom 22. Oktober 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit unterliege, da er regelmäßig und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig sei. Insoweit habe er in der mündlichen Verhandlung von einem Verfahren durch die Krankenversicherung berichtet, um das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Nach Auffassung der Kammer ergebe sich hieraus in Verbindung mit dem genannten Schreiben und dem Umstand, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren vorgetragen habe, seit 1988 befreit zu sein, dass der von ihm vorgetragene Bescheid vom 20. Oktober 1999 das Ergebnis eines Statusfeststellungsverfahrens sei, jedoch keinen Befreiungsbescheid nach § 6 SGB VI darstelle. Weitere Tatsachen, die eine Nichtberücksichtigung der Lebensversicherung als verwertbares Vermögen begründen könnten, insbesondere Umstände für eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6, 2. Alt. SGB II, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Hier greife insbesondere nicht der Umstand, dass der Kläger zur Verwertung von Vermögen verpflichtet sei, welches nach seiner Planung der Altersvorsorge dienen solle. Einmal abgesehen davon, dass er zum Zeitpunkt der Verwertung bereits das 60. Lebensjahr vollendet gehabt habe und mithin auf seiner Altersvorsorge zurückgreifen könne, belaste die Erstattungsforderung des Beklagten in Höhe von etwas über 6.300, Euro das vorhandene Vermögen von über 80.000,- Euro nur unwesentlich und führe den Kläger nicht in die Altersarmut.
Soweit er vortrage, der Beklagte habe den Zuflusszeitpunkt verkannt, verkenne der Kläger, dass es sich bei der Auszahlung der Lebensversicherung nicht um einen Einkommenszufluss handele, sondern lediglich um eine Veränderung bereits vorhandenen Vermögens. Auf einen Zuflusszeitpunkt komme es damit nicht an. Entgegen der Auffassung des Klägers gehe es auch nicht um eine rückwirkende Beseitigung vorhandener Bedürftigkeit. Nach der gesetzlichen Konzeption sei er schon nur deshalb bedürftig, weil er nicht sofort habe auf sein Vermögen zugreifen können. Nur dies werde nachträglich korrigiert.
Stelle sich damit die Gewährung von Leistungen für die Zeit von März bis August 2015 als Darlehen als rechtmäßig dar, gelte Gleiches auch für die Erstattungsforderung nach § 42a Abs. 3 Satz 1 SGB II.
Der Kläger hat – nach Zustellung des Urteils bei seinem Prozessbevollmächtigten am 6. Juni 2019 – durch diesen am 5. Juli 2019 Berufung eingelegt, wobei er seinen Antrag neben der Aufhebung des Urteils – wiederum nur – darauf gerichtet hat, den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 aufzuheben. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend macht er insbesondere geltend, die Verpflichtungsklage sei nicht unzulässig. Ein entsprechendes Klagebegehren habe bereits in der Klageschrift vom 7. April 2016 gesehen werden können. Im Übrigen habe es sich auch bei der Reaktion auf den erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgten Hinweis des Sozialgerichts um eine zulässige Klageänderung gehandelt, da es sich nicht um einen anderen Klagegrund gehandelt habe. Auch in der Sache sei die Klage begründet. Der Erstattungsbescheid sei schon wegen des Verweises auf die Vorschriften des Sozialgesetzbuches Drittes Buch rechtswidrig. Auch habe das Gericht rechtsfehlerhaft nicht geprüft, inwieweit die Kapitallebensversicherung wegen seines fortgeschrittenen Alters zum Schonvermögen gehört habe. Dementsprechend sei schon die darlehensweise Bewilligung rechtfehlerhaft erfolgt. Er habe zudem im Termin vorgetragen, dass "Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfolgen". Einen entsprechenden Befreiungsbescheid habe er nicht vorlegen müssen; zudem sei das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 25. August 2018 (wegen dessen Inhalt wird auf GA Bl. 71 Bezug genommen) in diesem Sinne auszulegen. Die Verwertung der Lebensversicherung würde zu Altersarmut führen, wobei er hierzu eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vorgelegt hat, wonach ihm ab 1. November 2020 eine Regelaltersrente von 432,28 Euro monatlich zustehe. Zudem sei zu beachten, dass er trotz intensiver Bemühungen nach der sogenannten Finanzkrise keine Beschäftigung gefunden und daher seine Altersvorsorge vorzeitig habe in Anspruch nehmen müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. März 2019 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 zu verpflichten, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 zurückzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Bescheide.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren, zu den Verfahren S 16 AS 1031/15 und S 16 AS 57/18 beziehungsweise S 16 AS 242/16 sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem beide Beteiligte ihr Einverständnis hiermit erklärt haben, der Kläger durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30. April 2020, der Beklagte durch Schriftsatz vom 27. April 2020.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber im Ergebnis unbegründet. Das angegriffene Urteil ist – mit der Maßgabe, dass die Klage nicht bereits unzulässig, sondern unbegründet ist – aufrecht zu erhalten. Der Kläger kann nicht verlangen, dass der Beklagte unter Aufhebung seines Überprüfungsbescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 verpflichtet wird, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 zurückzunehmen.
I. Gegenstand des Verfahrens ist – neben dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. März 2019 – das Anfechtungsbegehren des Klägers hinsichtlich des Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016, daneben aber auch ein auf die Verpflichtung des Beklagten gerichteter Antrag, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 zurückzunehmen. Zwar beschränkt sich der vom anwaltlich vertretenen Kläger formulierte Berufungsantrag im Berufungsschreiben vom 5. Juli 2019 trotz der intensiven Diskussion dieser Frage und der gerade auf die unzureichende Antragstellung gestützten Entscheidung des Sozialgerichts (wiederum) auf die Anfechtung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016. Auch wenn dies auf den ersten Blick so wirkt, als beharre der Kläger geradezu mit Nachdruck auf der Beschränkung auf einen Anfechtungsantrag, ist der Senat der Auffassung, dass auch das Verpflichtungsbegehren Gegenstand des Berufungsverfahrens ist: Der Kläger bedarf – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – der Kombination zweier Klagebegehren, um sein erkennbares Rechtsschutzziel, die Beseitigung des Rückzahlungsbescheides, zu erreichen. Nachdem das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an deren Fassung gebunden zu sein (§ 123 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG), genügen nach Auffassung des Senats diese gesetzliche Vorgabe und der daran anknüpfende und für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebliche Meistbegünstigungsgrundsatz (vgl. zu diesem für viele BSG, Urteil vom 10. März 1994 – 7 RAr 38/93 –, BSGE 74, 77; BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 9 SB 2/16 R –, SozR 4-1500 § 92 Nr. 4), um das Klagebegehren und dessen Umfang anhand der erkennbaren Interessen des Klägers und dementsprechend weit auszulegen. Hinzu kommt, dass der Kläger sein Begehren im Berufungsrechtszug ausdrücklich "vollumfänglich" weiterverfolgt und sich im Rahmen der Berufungsbegründung kritisch mit der Annahme des Sozialgerichts, über den Verpflichtungsantrag sei eine Sachentscheidung nicht möglich, auseinandergesetzt hat. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei einem Kläger, der durch einen Rechtsanwalt oder sonst rechtlich qualifiziert vertreten ist, regelmäßig anzunehmen ist, dass der von ihm gestellte Antrag das Gewollte richtig wiedergibt, ist somit hinreichend deutlich, dass sein Berufungsbegehren über die Anfechtung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 hinaus auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtet ist, den Rückzahlungsbescheid vom 17. August 2015 aufzuheben.
Nicht, jedenfalls nicht unmittelbar Gegenstand des hiesigen Verfahrens sind dagegen die vom Beklagten erteilten Bewilligungsbescheide und damit der Darlehenscharakter der bewilligten Leistungen. Diese Bescheide waren nicht Gegenstand des Überprüfungsbegehrens, das der Beklagte mit dem hier streitigen Bescheid vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 beschieden hat. Vielmehr hat der Kläger den Darlehenscharakter – verspätet – mit seinem Widerspruch vom 14. August 2015 angegriffen und ist damit im Widerspruchsverfahren sowie mit einem eigenständigen, auf den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid bezogenen Überprüfungsantrag und dem daran anschließenden Widerspruchsverfahren erfolglos geblieben; die daraufhin erhobene Klage – S 16 AS 242/16 beziehungsweise S 16 AS 57/18 – hat er zurückgenommen.
Vor diesem Hintergrund besteht kein Raum dafür, das anwaltlich formulierte Überprüfungsbegehren, das zum hiesigen Rechtsstreit geführt hat, auch auf die Darlehensbewilligungsbescheide selbst zu beziehen, so dass sich auch der hier streitige Überprüfungsbescheid vom 20. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 – zu Recht – nicht unmittelbar mit diesen befasst hat. Eine andere, noch nicht im hiesigen Zusammenhang zu beantwortende Frage ist, ob ein Darlehensrückzahlungsbescheid nur Bestand haben kann, wenn die Darlehensbescheide ihrerseits rechtmäßig sind.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere auf der Grundlage von § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von Gesetzes wegen und damit ohne Zulassung statthaft und den Vorgaben aus § 151 Abs. 1 SGG entsprechend form- und fristgerecht eingelegt.
III. Sie ist jedoch im Ergebnis nicht begründet.
1. Allerdings war die Klage nach Auffassung des Senats zulässig.
Das Verpflichtungsbegehren war nach Auffassung des Senats nicht verfristet, sondern von Anfang an Gegenstand der daher insgesamt rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist aus § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhobenen Klage (zur grundsätzl. Anwendbarkeit von § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG auf Verpflichtungsklagen, wenn ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes durch Bescheid abgelehnt worden ist, vgl. für viele Jaritz, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 87 Rn. 19; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 87 Rn. 1a f.). Wie zum Gegenstand des Berufungsverfahrens bereits ausgeführt, hat das angerufene Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche zu entscheiden, ohne an deren Fassung gebunden zu sein (§ 123 SGG). Es hat danach maßgeblich dessen erkennbare Interessen zu berücksichtigen und also bei der Auslegung des Klageantrags den wirklichen Willen des Klägers zugrunde zu legen, sofern er sich aus Umständen ergibt, die für das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar sind; dabei ist auf Grund des Meistbegünstigungsgrundsatzes davon auszugehen, dass der Kläger im Zweifel unabhängig von dessen Wortlaut den Antrag stellen will, der ihm (am Besten) zu seinem erkennbaren Ziel verhilft (BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 9 SB 2/16 R –, SozR 4-1500 § 92 Nr. 4, Rn. 12; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 123 Rn. 3).
Auch unter Berücksichtigung des ebenfalls bereits angeführten Grundsatzes, dass bei einem Kläger, der durch einen Rechtsanwalt oder sonst qualifiziert vertreten ist, regelmäßig davon auszugehen ist, dass der von ihm gestellte Antrag das Gewollte richtig wiedergibt (vgl. hierzu etwa BSG, Beschluss vom 5. Juni 2014 – B 10 ÜG 29/13 B –, juris, Rn. 12), ist der Senat vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass das hiesige Klagebegehren bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auszulegen war. Zwar hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der anwaltlich formulierte Wortlaut des Klageantrags dieses Begehren nicht wiedergab und auch die Klagebegründung den Eindruck erweckte, es handele es sich um die schlichte Anfechtung eines eine Erstattungsverpflichtung aussprechenden Verwaltungsakt, ohne erkennen zu lassen, dass das mit der Klage verfolgte Ziel im konkreten Fall nur vermittelt über ein Überprüfungsbegehren nach § 44 SGB X und also durch eine in diesem Rahmen notwendige Verpflichtungsklage zu erreichen war. Allerdings hatte der Kläger mit der Klage den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid sowie den Bescheid vom 17. August 2015 vorgelegt, so dass die verfahrensrechtlichen Zusammenhänge für das Sozialgericht überschaubar – und namentlich im Widerspruchsbescheid ausdrücklich thematisiert – waren.
Anhand der damit für das Gericht erkennbaren und daher auch für die Auslegung des Klagebegehrens maßgeblichen Gesamtumstände war somit schon bei Klageerhebung das Rechtsschutzziel in ausreichendem Maße deutlich. Der Senat kann offenlassen, was zu gelten hätte, wenn anhand der innerhalb der Klagefrist für das Gericht ersichtlichen Umstände zwar das (wirtschaftliche) Ziel des Klägers, nicht aber die verfahrensrechtliche Situation und damit die zur Realisierung des Klageziels notwendigen Anträge erkennbar gewesen wären. Jedenfalls im konkreten Fall war nach allem auch der Verpflichtungsantrag von Anfang an Gegenstand des Verfahrens.
Da vor diesem Hintergrund von einem zulässigen Verpflichtungsbegehren auszugehen ist, gilt dies auch für die Anfechtungsklage, nachdem die – als solche folgerichtige – Argumentation des Sozialgerichts, nach der für diese das Rechtsschutzinteresse fehle, die Verfristung der Verpflichtungsklage zur Prämisse hatte.
Der Kläger kann sein Begehren im Übrigen in zulässiger Weise unmittelbar auf die Verpflichtung zur Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 richten und ist nicht auf einen Neubescheidungsantrag beschränkt. Dabei kann offenbleiben, ob mit dem Sozialgericht davon auszugehen ist, dass § 44 Abs. 2 SGB X die zutreffende Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers darstellt und dem Beklagten bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen also Ermessen eingeräumt wäre. Für die Statthaftigkeit einer darüber hinaus unmittelbar auf die Verpflichtung zur Aufhebung des Rückzahlungsbescheides gerichteten Klage genügt jedoch, dass es auch als vertretbar und möglich erscheint, für das Begehren des Klägers § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X heranzuziehen, der einen gebundenen Anspruch auf Rücknahme des zu überprüfenden Bescheides vorsieht.
Sonstige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht.
2. Die danach zulässige Klage ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Rahmen seiner Hilfserwägung die Begründetheit der Klage zutreffend verneint. Der Kläger kann die Aufhebung des Rückzahlungsbescheides nicht verlangen.
a) Angesichts von dessen Bestandskraft kann er dies nur im Wege der Überprüfung nach § 44 SGB X erreichen.
Der Senat kann auch in diesem Zusammenhang letztlich offenlassen, ob dem Sozialgericht darin zu folgen ist, dass vorliegend § 44 Abs. 2 SGB X die maßgebliche Rechtsgrundlage für das Überprüfungsbegehren ist oder auf § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückgegriffen werden kann, der dem Kläger günstiger ist, weil er eine gebundene Entscheidung vorsieht. Dieser ist seinem Wortlaut nach anwendbar, wenn wegen des rechtswidrigen Verwaltungsaktes Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht (oder Beiträge zu Unrecht erhoben) wurden. Für seine Anwendung auch auf Darlehensrückzahlungsbescheide wie den vorliegend streitigen lässt sich anführen, dass verbreitet seine analoge Heranziehung befürwortet wird, wenn der zu überprüfende Bescheid die Erbringung von Sozialleistungen einschränkt, er also auf alle Formen von Eingriffsbescheiden, die Sozialleistungen im Ergebnis begrenzen (Erstattungs-, Sanktions- oder Aufrechnungsbescheide), Anwendung finden soll: In diesen Fällen bestehe kein rechtserheblicher Unterschied gegenüber den unmittelbar § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X unterfallenden Bescheiden, auf Grund derer der Leistungsberechtigte von vornherein die beantragte Leistung nicht oder nicht vollständig erhalten habe (vgl. in diesem Sinne etwa Baumeister, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 44 SGB X [Stand: 23. März 2020], Rn. 65). Andererseits steht, wie bereits ausgeführt, bei der Überprüfung eines Rückzahlungsbescheides der Darlehenscharakter der bewilligten Leistungen jedenfalls nicht unmittelbar in Frage, so dass sich der Inhalt des zur Überprüfung stehenden Bescheides nur schwerlich als Begrenzung eines "eigentlich" auf einen entsprechenden Zuschuss gerichteten Bescheides verstehen lässt. Der Rückforderungsbescheid zieht vielmehr nur die Konsequenz aus dem Darlehenscharakter der anderweitig bewilligten Leistungen, was für die vom Sozialgericht befürwortete Anwendung von § 44 Abs. 2 SGB X spricht.
Das kann allerdings letztlich auf sich beruhen: Sowohl § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X als auch § 44 Abs. 2 SGB X setzen voraus, dass beim Erlass des zu überprüfenden Bescheides das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, beziehungsweise – wie es in § 44 Abs. 2 SGB X kürzer formuliert heißt – dass es sich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt. Das aber ist vorliegend nicht der Fall.
b) Zunächst ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon deshalb Erfolg haben kann, weil der Beklagte den Bescheid vom 17. August 2015 auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage, nämlich auf § 328 Abs. 3 SGB III statt auf § 42a Abs. 3 Satz 1 SGB II, gestützt hat. Beide Vorschriften sind auf die Rückzahlung erbrachter Leistungen gerichtet, ohne dem Leistungsträger bei der Entscheidung Ermessen einzuräumen. Ihre Auswechslung lässt damit den Verfügungssatz des Bescheides und, sofern der maßgebliche Sachverhalt im Wesentlichen unverändert bleibt, auch das Prüfprogramm und damit die Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen unbeeinträchtigt und kann daher nicht einmal einem unmittelbar gegen einen entsprechenden Bescheid gerichteten Rechtsbehelf zum Erfolg verhelfen (zur entsprechenden Problematik im Verhältnis von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III einerseits und § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III andererseits vgl. BSG Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 45/09 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R –, SozR 4-1300 § 33 Nr. 2, Rn. 14); umso mehr gilt dies für das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X, in dessen Rahmen rein formelle Fehler nicht zur Aufhebung eines materiell zutreffenden Bescheides führen können (vgl. nur BSG, Urteil vom 3. Mai 2018 – B 11 AL 3/17 R –, SozR 4-1300 § 44 Nr. 37).
bb) Auch in der Sache ist der Bescheid nicht zu beanstanden. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen des Sozialgerichts hierzu Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Berufungsbegründung gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.
Dabei spricht, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, viel dafür, dass mögliche Mängel der Darlehensbescheide, auf die der Kläger sein Vorbringen zentral stützt, für das hiesige Verfahren schon deshalb keine Bedeutung haben, weil diese vorliegend gar nicht zur Überprüfung stehen, sondern gemäß § 77 SGG bindend geworden sind und bleiben (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 30. September 2016 – L 6 AS 373/13 –, juris, Rn. 24). Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass die Rückforderung eines Darlehens nur erfolgen darf, wenn die Leistung ihrerseits zu Recht nur als Darlehen bewilligt worden und der Charakter der Bewilligung daher bei einem Streit um die Rückzahlung mittelbar ebenfalls zu prüfen ist, kann der Kläger keinen Erfolg haben.
Das Sozialgericht hat die Maßstäbe für die Leistungserbringung in Form eines Darlehens und die Rechtmäßigkeit der Darlehensgewährung mit Blick auf die im Bewilligungszeitraum anstehende Auszahlung der Lebensversicherung ausführlich und zutreffend dargelegt. Durchgreifende Einwände hat der Kläger demgegenüber nicht formuliert.
Soweit er im Berufungsverfahren im Wesentlichen (weiterhin) geltend macht, die Kapitallebensversicherung sei wegen seines fortgeschrittenen Alters und der Notwendigkeit der Alterssicherung als Schonvermögen zu behandeln, kann er damit keinen Erfolg haben. Zunächst steht dies in einem letztlich nicht lösbaren Spannungsverhältnis zu seinem Vorbringen, er habe erhebliche Teile des Vermögens zur Schuldentilgung und zur Sicherung des Lebensunterhalts verbraucht. Eine Verschonung von Vermögen, weil es für die Tilgung anderer Schulden benötigt wird, ist jedoch dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende wie den anderen steuerfinanzierten und der Existenzsicherung dienenden Sozialleistungssystemen fremd; vielmehr hat der Betroffene entsprechende Mittel vorrangig zur aktuellen Existenzsicherung einzusetzen.
Vor allem aber ist gesetzlich detailliert geregelt, unter welchen Umständen Vermögen wegen der Alterssicherung unberücksichtigt bleiben kann (vgl. namentlich § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 sowie Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II); die Anwendung der allgemeinen Härteklausel aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II kommt daneben nur ausnahmsweise in Betracht: Dieser kommt die Funktion eines Auffangtatbestandes zu, der atypische Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden (vgl. für viele Formann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 – Stand: 22. Juni 2020 –, Rn. 190). Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R –, BSGE 123, 188, Rn. 30).
Einer der gesetzlichen Verschonungstatbestände zunächst liegt, wie das Sozialgericht im Einzelnen dargelegt hat, nicht vor. Der Kläger hat diesbezüglich im Berufungsverfahren neuerlich geltend gemacht, dass "Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfolgen", weil er von der Rentenversicherungspflicht befreit sei und sich damit der Sache nach auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II berufen. Einen entsprechenden Befreiungsbescheid habe er nicht vorzulegen; zudem sei das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 25. August 2018 (GA Bl. 71) in diesem Sinne auszulegen. Dem ist nicht zu folgen: Das Schreiben liefert keinen Hinweis dafür, dass der Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden wäre, wobei die Terminologie des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II erkennbar mit der des § 6 SGB VI korrespondiert. Tatsächlich verweist die Deutsche Rentenversicherung Bund in dem Schreiben jedoch – im Gegensatz zu dem Sinn, den der Kläger ihm beimessen will – darauf, dass er im Hinblick auf seine selbständige Tätigkeit von vornherein nicht versicherungspflichtig sei. In diesem Fall bedurfte er aber einer Befreiung gar nicht; das Schreiben beschäftigt sich insofern mit den Voraussetzungen des § 2 Satz 2 Nr. 9 SGB VI, was, sofern eine Befreiung bindend festgestellt worden wäre, nicht nahegelegen hätte. Weitere Unterlagen, die sein Vorbringen stützten könnten (insbesondere einen Befreiungsbescheid selbst), hat der Kläger trotz des ausdrücklichen Hinweises auf die Problematik im Schreiben des Berichterstatters vom 7. Februar 2020 nicht vorgelegt.
Es kann danach offenbleiben, ob die Anwendung der Verschonungsvorschrift daran scheitert, dass von einer nachvollziehbaren Bestimmung zur Alterssicherung kaum ausgegangen werden kann, nachdem der Kläger die ausgezahlte Summe nach eigenem Vorbringen zu einem erheblichen Teil zur Schuldentilgung und zum Lebensunterhalt verbraucht hat.
Der Kläger macht weiter geltend, die Verwertung der Lebensversicherung führe zu Altersarmut, wobei er hierzu eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. November 2019 (GA Bl. 73) vorgelegt hat, wonach ihm ab 1. November 2020 eine Regelaltersrente von 432,28 Euro monatlich zustehe. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass er trotz intensiver Bemühungen nach der sogenannten Finanzkrise keine Beschäftigung gefunden und daher seine Altersvorsorge vorzeitig habe in Anspruch nehmen müssen.
Auch dieses Vorbringen kann vorliegend nicht zur Verschonung des Vermögens und namentlich nicht zur Anwendung der allgemeinen Härteklausel aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II führen. Eine besondere Härte ist nicht ersichtlich. Deren Vorliegen setzt voraus, dass außergewöhnliche Umstände gegeben sind, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte und die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen erfasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R –, BSGE 115, 148, Rn. 45; Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 – Stand: 22. Juni 2020 –, Rn. 193).
Hiergegen spricht schon die bereits erwähnte Verwendung des Vermögens beziehungsweise eines relevanten Teiles hiervon zur Schuldtilgung, die, wie ausgeführt, nachrangig im Verhältnis zur Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ist. Überdies trifft es zwar sicherlich zu, dass der Kläger – wie von ihm durch die Vorlage der Rentenauskunft belegt – nur eine geringe Rente aus der gesetzlichen Rente zu erwarten hat, die zur dauerhaft vollständigen Existenzsicherung nicht ausreichen wird. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das in Frage stehende Vermögen aus der Auszahlung der Lebensversicherung und vor allem der relativ geringe Teil, den der Beklagte hieraus beansprucht, insoweit zu einer maßgeblichen Veränderung der Situation führen könnte. Unter diesen Umständen kann der Betroffene die Nutzung des Vermögens zur aktuellen Existenzsicherung – hier in Form der Rückzahlung des Darlehens, das der Beklagte mit Blick auf die bei Leistungsbeginn alsbald anstehende Fälligkeit der Lebensversicherung gegeben hatte – nicht unter Hinweis darauf ablehnen, dass er dieses für die spätere Existenzsicherung benötige.
Ein sonstiger, insbesondere materieller Rechtsfehler des Rückzahlungsbescheides als solchem ist nicht ersichtlich. Namentlich bestand entgegen der vom Kläger ohne nähere Begründung vertretenen Auffassung kein Anlass, auf der Grundlage von § 42a Abs. 3 Satz 2 SGB II eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags zu treffen, da der aus der Lebensversicherung erlangte Betrag den Darlehensbetrag – bei weitem – deckte.
Nach allem kann die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg haben.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat keinen Anlass, den Beklagten zu einer auch nur anteiligen Kostenerstattung zu verpflichten, nachdem Klage und Berufung letztlich ohne jeden Erfolg bleiben. Auch Veranlassungsgesichtspunkte, die eine davon abweichende Kostenentscheidung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich.
V. Die Berufung ist nicht zuzulassen, nachdem keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe hierfür vorliegt.
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