S 12 KA 823/16, S 12 KA 139/17, S 12 KA 140/17

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 823/16, S 12 KA 139/17, S 12 KA 140/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 10/20, L 4 KA 11/20, L 4 KA 12/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Berücksichtigung der sog. Auszahlungsquote bei Bewilligung einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen durch die KV Hessen ist nicht zu beanstanden. Es ist jedoch auf die Werte des jeweils aktuellen Quartals abzustellen.
1. Unter Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale I bis III/15, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016, wird die Beklagte verpflichtet, die ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft Dres. med. A./C. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihren Honoraranspruch neu zu bescheiden.

2. Der Kläger und die Beklagte tragen die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.

3. Der Streitwert wird für das Verfahren mit Az.: S 12 KA 823/16 auf 4.250,00 EUR, für das Verfahren mit Az.: S 12 KA 139/17 auf 5.250,00 EUR und für das Verfahren mit Az.: S 12 KA 140/17 auf 1.900,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars für die drei Quartale I bis III/15 und hierbei insb. um einen höheren Fallwert für die Berechnung des Regelleistungsvolumens.

Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie seit 1999 zu vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er bildete mit dem beigel. Herrn Dr. med. C. C., ebf. Facharzt für Innere Medizin, aber zur hausärztlichen Versorgungsbereich zugelassen, vom 01.10.2009 bis 30.09.2015 eine Berufsausübungsgemeinschaft. Seit dem Quartal IV/15 führte der Kläger eine Einzelpraxis.

Die Beklagte setzte das Honorar wie folgt fest:
Quartal I/15 II/15 III/15
Honorarbescheid vom 03.07.2015 30.09.2015 06.01.2016
Widerspruch vom 03.09.2015 03.12.2015 20.02.2016
Nettohonorar gesamt in EUR 71.052,46 80.007,85 79.561,32
Bruttohonorar PK + EK in EUR 71.784,40 80.826,95 80.386,47
Fallzahl PK + EK 1.445 1.419 1.378
Honoraranforderung PK + EK in EUR 89.635,83
Honorar Regelleistungsvolumen 41.276,55 42.339,32 45.220,45 Honorar QZV 4.016,80 3.908,43 4.716,67
Honorar quotiertes RLV/QZV in EUR 1.712,27 5.109,07 2.404,81
Freie Leistungen 4.051,43 3.745,81 4.789,50
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) 3.315,31 4.527,86 4.100,99
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV 22.037,04 25.821,46 25.568,05

RLV Praxis
Obergrenze in EUR 43.476,69 44.328,42 48.109,19
Angefordert in EUR 55.417,10 59.128,27 53.365,19
Überschreitung in EUR 11.940,41 14.799,85 5.256,00

QZV Praxis
Alle QZV 1.816,67 1.919,34 1.827,92
Überschreitung 2.316,62 2.140,03 2.990,12

RLV Dr. A.
Fallzahl 652 606 568
Fallwert in EUR 22,7500 30,5000 29,1000
Fallwertabstaffelung 0,6649 0,6576 0.6761
Obergrenze in EUR 10.838,94 13.367,19 12.291,40
Angefordert in EUR 28.677,60 32.358,13 22.632,89
Überschreitung in EUR 17.838,66 18.990,94 10.341,49

RLV Dr. C.
Obergrenze in EUR 32.637,75 30.961,23 35.817,79
Angefordert in EUR 26.739,50 26.770,14 30.732,30
Unterschreitung in EUR - 5.898,25 - 4.191,09 - 5.085,49

Gegen die Honorarbescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die Beklagte habe mit Schreiben vom 03.07.2012 für das Quartal I/12 eine Änderung des Regelleistungsvolumens und der qualifikationsbedingten Zusatzvolumina mitgeteilt. Entsprechend seien das Regelleistungsvolumen und einige qualifikationsbedingte Zusatzvolumina für die Quartale IV/09 bis IV/13 und nach Gerichtsentscheid auch für das Quartal I/09 korrigiert worden. Er erwarte dies auch für die streitbefangenen Quartale. Bei ihm, Dr. A., bestehe eine Praxisbesonderheit, weshalb es zu einer Überschreitung des Regelleistungsvolumens gekommen sei. Auch die qualifikationsbedingten Zusatzvolumina würden von beiden Ärzten überschritten werden.

Die Beklagte fasste die Verfahren bzgl. der Quartale I bis III/15 zusammen. Sie half den Widersprüchen mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2016 teilweise ab und wies sie im Übrigen als unbegründet zurück. Sie erhöhte die RLV-Fallwerte für Herrn Dr. A. von 22,75 EUR um 7,90 EUR auf 30,65 EUR (Quartal I/15), von 30,50 EUR um 2,60 EUR auf 33,10 EUR (Quartal II/15) und von 29,10 EUR um 3,98 EUR auf 33,08 EUR (Quartal III/15) und das QZV 12 für das Quartal I/15 von 0,29 EUR um 0,05 EUR auf 0,34 EUR. Für Herrn Dr. C. erhöhte sie das QZV 13 (Phlebologie) für das Quartal III/15 von 0,56 EUR um 0,18 EUR auf 0,74 EUR und das QZV 21 von 0,97 EUR um 1,27 EUR auf 2,24 EUR (Quartal I/15), von 1,06 EUR um 1,48 EUR auf 2,54 EUR (Quartal II/15) und von 0,93 EUR um 1,52 EUR auf 2,45 EUR (Quartal III/15). Zur Begründung verwies sie auf die rechtlichen Vorgaben zum RLV und den QZV und erläuterte allgemein die Berechnung des Fallwerts. Sie führte weiter aus, eine Prüfung der Abrechnungsunterlagen habe ergeben, dass bei Herrn Dr. A. der arztindividuelle RLV-Fallwert in den streitgegenständlichen Quartalen bei 40,78 EUR, 39,31 EUR und 41,57 EUR liege, womit er die RLV-Fallwerte der Arztgruppe von 22,75 EUR, 30,50 EUR und 29,10 EUR um 79,25 %, 28,89 % und 42,85 % und damit um mehr als 20 % überschreite. Die Analyse der Honorardaten habe gezeigt, dass die Leistungen nach Nr. 33012, 33022, 33042, 33070, 33072, 33073, 33075 und 33076 EBM mit Fallwerten in Höhe von 26,19 EUR, 24,29 EUR und 26,51 EUR nicht als fachgruppentypische Leistungen anzusehen seien. Nach einem Vorstandsbeschluss vom 28.07.2014 erfolge unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Gleichbehandlung mit den übrigen der RLV-Systematik unterliegenden Leistungen ab dem Quartal II/14 eine Erhöhung des RLV-Fallwerts nur noch unter Berücksichtigung der gültigen Auszahlungsquote des Vergleichsquartals. Diese Auszahlungsquote komme immer dann zur Anwendung, sobald mehr Leistungen angefordert würden, als durch die Krankenkassen Geldmenge für den entsprechenden Bereich - vorliegend die Leistungen innerhalb des RLV - bereitgestellt würden und werde jeweils getrennt nach den Versorgungsbereichen ermittelt. Die Fallwerte seien daher von 22,75 EUR auf 30,65 EUR, von 30,50 EUR auf 33,10 EUR und von 29,10 EUR auf 33,08 EUR zu erhöhen. Ferner stellte sie tabellarisch die Berechnung zur Erhöhung der qualifikationsbedingen Zusatzvolumina dar. Im Übrigen hielt sie an ihren Berechnungen in den Honorarbescheiden fest und wies darauf hin, dass bei Überschreitungen Verrechnungsmöglichkeiten bestünden und eine abgestaffelte Vergütung erfolge.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 19.05.2017 aufgrund der Teilabhilfe für das Quartal I/15 eine Nachvergütung in Höhe von 3.989,44 EUR, für das Quartal II/15 von 1.368,30 EUR und für das Quartal II/15 von 1.976,90 EUR fest.

Hiergegen hat der Kläger am 22.12.2016 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 10.02.2017 die Verfahren bzgl. der Quartale II und III/15 unter den Az.: S 12 KA 139 und 140/17 abgetrennt.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger unter Wiederholung seines Widerspruchvorbringens ergänzend vor, mit der Auszahlungsquote, die jeweils getrennt nach den Versorgungsbereichen ermittelt werde, würden Leistungen innerhalb der Fachgruppe der Nephrologen quotiert werden, die nicht in die Fachgruppe der Nephrologen gehörten. Insofern sei auch diese Begründung nicht richtig, da die Geldmenge der Krankenkassen für diese Sonderbedarfsleistungen aus einem anderen RLV-Topf bezahlt würde als für Nephrologen. Verwunderlich sei auch, dass man sich in dem seinerzeitigen Vergleich auf eine Erhöhung des RLV-Fallwerts geeinigt habe, jetzt aber wieder versuche, dieses Regelleistungsvolumen zu kürzen. Aus diesem Grund sei auch SG Hamburg, Urt. v. 12.08.2015 - S 27 KA 249/12 - nicht von Belang. Es sei fraglich, ob die Auszahlungsquote der gesamten Fachärzte, nicht nur der Nephrologen genommen werden könne. Der Fallwert könne maximal auf den individuellen Fallwert steigen und zu Auszahlung gelangen. Der praxisindividuelle Fallwert sei aber nochmals quotiert worden. Dies lasse sich nicht aus dem Vorstandsbeschluss herauslesen. Bei dieser Art der doppelten Quotierung könne es rechnerisch passieren, dass bei einer Auszahlungsquote von unter 80 % der doppelt quotierte individuelle Fallwert unter das Fachgruppen-RLV falle. Das Fachgruppen-RLV stehe dem Arzt zu 100 % zu. Es sei ein Sicherstellungsbedarf, worauf die Ausnahmeregelung und Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - abstelle, gegeben. Er sei der einzige Arzt, der sowohl angiologische als auch kardiologische Leistungen im Planungsbereich als niedergelassener Arzt ausführen könne. Mit dem seinerzeitigen Vergleich habe die Beklage ihr Ermessen ausgeübt. Von der Erhöhung nunmehr wieder abzurücken, sei unangemessen. SG Marburg (Urt. v. 02.04.2014 - S 12 KA 888/11 u. S 12 KA 889/11 -, aufgehoben durch LSG Hessen, Urt. v. 13.09.2017 - L 4 KA 33/14 u. L 4 KA 34/14) betreffe sog. freie Leistungen, die im vorliegenden Fall nicht streitbefangen seien. Die besonderen Leistungen gehörten zum Bereich der Angiologen und Kardiologen. Auch insofern sei eine Quotierung nach der Auszahlungsquote der Fachgruppe der Nephrologen falsch. Die Kürzung, die oft bei 75 % liege, sei nicht nachzuvollziehen. Nach dem Ausscheiden des Dr. C., der eine Zulassung in C-Stadt angetreten habe, habe er eine hohe Anzahl an Patienten mitversorgen müssen. Eine Fallwertabstaffelung sei deshalb ungerechtfertigt. Die Praxis besitze ein Alleinstellungsmerkmal im Landkreis. Im Vergleich zum Jahr 2014 sei die Beklagte erheblich von der bisherigen Berechnung abgewichen. Die Fallwerterhöhungen seien erheblich niedriger ausgefallen. Es sei anzunehmen, dass die RLV-Fallwerterhöhung doppelt quotiert worden sei, einmal mit der Quote der Fachgruppe und dann noch zusätzlich mit einer Fallwertabstaffelung. Es bleibe nur 55 % des arztindividuellen Fallwerts übrig. Damit sei die Praxis wirtschaftlich nicht zu führen.

Der Kläger beantragt,
die Honorarbescheide für die Quartale I bis III/15, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016, aufzuheben, als dass ihm der arztindividuelle RLV-Fallwert nicht zugewiesen wurde und die Beklagte zu verpflichten, die ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihren Honoraranspruch neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.

Unter Wiederholung ihrer Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid trägt sie ergänzend vor, die Auszahlungsquote werde auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Die Höhe der Auszahlungsquote habe folgende Werte betragen:
Quartal Fachärzte (Vorjahresquartal) in %
I/15 75,154
II/15 84,207
III/15 79,586
IV/15 83,225

Es bestünden folglich keine arztindividuellen Werte. Die Höhe der Auszahlungsquote sei von dem Umstand abhängig, inwieweit Leistungen angefordert worden seien, als durch die Krankenkassen Geldmengen für den entsprechenden Bereich bereitgestellt worden seien. Es solle eine Besserstellung im Vergleich zur Fachgruppe aufgrund der Erbringung besonderer Leistungen erbracht werden, allerdings keine bessere Auszahlungsquote erlangt werden, als andere Ärzte dem jeweiligen Versorgungsbereich unterlägen. Ferner erläuterte sie die Fallwertabstaffelung. Für das Quartal I/15 habe die Fallzahl der Fachgruppe des Klägers 208 Fälle betragen. Entsprechend habe sie nach Ziff. 3.2.1 HVM die über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fälle abgestaffelt. Für das Quartal II/15 habe die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe 190 Fälle, für das Quartal III/15 186 Fälle und für das Quartal IV/15 205 Fälle betragen. Hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden Sonderregelung komme ihr ein Ermessensspielraum zu. Die Vorgaben des Vorstandsbeschlusses vom 28.07.2014 seien daher nicht zu beanstanden. Sie könne auch im Rahmen ihres Ermessens die Berechnungsmethode für den Zuschlag zum Regelleistungsvolumen verändern (Hinweis auf SG Hamburg, Urt. v. 12.08.2015 - S 27 KA 249/12 -). Zudem habe SG Marburg (Urt. v. 02.04.2014 - S 12 KA 888/11 u. S 12 KA 889/11 -) ausgeführt, soweit im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabs im streitbefangenen Quartal für die sog. freien Leistungen eine allgemeine Quotierung wie in den Vorläuferquartalen stattgefunden habe, könne diese Quote entsprechend auf das neu festzusetzende Regelleistungsvolumen im Rahmen einer allgemeinen Gleichbehandlung ebf. angewandt werden. Die Rechtskraft des LSG Hessen, Urt. v. 30.11.2016 - L 4 KA 69/14 - umfasse nicht die einzelnen Teile der Begründung. Sie teile auch nicht in der Pauschalität die Auffassung des LSG, dass Praxisbesonderheiten anhand des aktuellen Quartals zu prüfen seien. Auch nach verschiedenen instanzgerichtlichen Entscheidungen werde auf das Vorjahresquartal abgestellt. Auch stehe ihr bei der Entscheidung über eine Sonderregelung ein Ermessensspielraum zu. Im Rahmen ihres Ermessens könne sie auch auf das Vorjahresquartal abstellen. Die Fallwertabstaffelung und die Auszahlungsquote dienten unterschiedlichen Regelungszwecken

Die Kammer hat mit Beschluss vom 15.03.2018 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 11.03.2020 angehört. Die Beteiligten haben zudem ihr Ein Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt.

Die Klagen sind zulässig, denn sie sind insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klagen sind auch begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I bis III/15, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016 sind rechtswidrig und waren daher aufzuheben. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubescheidung der ehemaligen Berufsausübungsgemeinschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihren Honoraranspruch. Den Klagen war stattzugeben.

Die Klagen waren insoweit erfolgreich, als die Beklagte bei Anerkennung einer Sonderregelung zum RLV auf die Werte des jeweils aktuellen Quartals abzustellen hat. Bei einer Neubescheidung kann die Beklagte bei der Berechnung des neuen RLV-Fallwerts aber weiterhin die sog. Auszahlungsquote berücksichtigen, muss jedoch hier ebf. auf die Werte des jeweils aktuellen Quartals abstellen. Sie muss jedoch nicht von der fallzahlabhängigen Abstaffelung absehen.

Rechtsgrundlage für den Honoraranspruch der Klägerin ist § 87b SGB V i. V. m. dem Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten.

Nach dem ab Januar 2012 geltenden Honorarverteilungsmaßstab aufgrund des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 10. März 2012 (HVM 2012), geändert durch Ergänzung des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) gem. § 87b Abs. 1 Satz 2 SGB V mit Wirkung zum 01.10.2012 (Umsetzung der Vorgabe der KBV gemäß § 87b Abs. 4 SGB V, Teil E Stützung der Vergütung konservativ tätiger Fachärzte), der sich als Ergänzung zu 87b SGB V und des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 218 Sitzung am 26. März 2010, zuletzt geändert durch Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 (239. Sitzung, schriftliche Beschlussfassung), vom 24. November 2010 (242. Sitzung), vom 25. Januar 2011 (248. Sitzung) sowie die in der 253. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) bzw. 256. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) und in der 261 Sitzung getroffenen Beschlüsse (nachstehend vereinfachend "Beschluss des Bewertungsausschusses" genannt) definiert (Präambel HVM 2012), erfolgt die Vergütung der Ärzte auf der Basis der gemäß § 87a Abs. 2 Satz 5 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung (Nr. 1.1. Abs. 1 HVM 2012). Es werden Regelleistungsvolumina und qualifikationsgebundene Zusatzvolumina (QZV) gebildet (Nr. 1.1 bis 1.4, 2.5 HVM 2012), was auch für die Fachgruppe des Klägers gilt (Nr. 2.1 Abs. 1 i. V. m. Anl. 1 HVM 2012). Die Zuweisung der Regelleistungsvolumina erfolgt praxisbezogen. Dabei ergibt sich die Höhe des Regelleistungsvolumens einer Arztpraxis aus der Addition der Regelleistungsvolumina je Arzt, die in der Arztpraxis tätig sind (Arztfall) (Nr. 1.3.1. HVM 2012). Dieser HVM wurde im Grundsatz fortgeführt und galt auch in den streitbefangenen Quartalen.

Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Dies gilt insbesondere für folgende Fallgestaltungen: Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund
- urlaubs- und krankheitsbedingter Vertretung eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- urlaubs- und krankheitsbedingter Vertretung eines Arztes einer Arztpraxis in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- eines außergewöhnlichen und durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
- der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einem Planungsbereich, der für diese Arztgruppe von Unterversorgung betroffen bzw. von Unterversorgung bedroht ist und in dem die Sicherstellung der medizinischen Versorgung – auch nach Anwendung der Regelung gemäß Nr. 3.2.1, zweiter Absatz, Satz 3 - nicht in ausreichendem Maße gewährleistet ist.
Darüber hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der KV Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden. Der Vorstand der KV Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Dies gilt insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 20 % vorliegt (RLV und QZV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen entscheidet hierüber im Einzelfall (Nr. 3.5 HVM 2012).

Auf der Grundlage dieser Regelung hat die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2016 wegen der Erbringung atypischer Leistungen eine Sonderregelung gewährt. Die Beteiligten streiten nicht mehr um die Bewilligung einer Sonderregelung, sondern nur noch um die Frage, ob die sog. Auszahlungsquote berücksichtigt werden kann.

Die Berücksichtigung der sog. Auszahlungsquote war von der Kammer im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat aber ihren Ermessensspielraum überschritten, soweit sie weder beim RLV-Fallwert noch bei der Auszahlungsquote auf das aktuelle Quartal abstellt.

Die Berechnungsweise der Beklagten bei Berücksichtigung der sog. Auszahlungsquote verschränkt allerdings die Gesichtspunkte der Anerkennung einer Sonderregelung und der Quotierung.

Bei der sog. Auszahlungsquote handelt es sich um die Quote, mit der im Vorjahresquartal als Vergleichsquartal die RLV-Leistungen vergütet wurden und die veröffentlicht wird. Die Beklagte berechnet zunächst den (Teil)Fallwert der anerkannten Praxisbesonderheit. Sie quotiert sodann bereits diesen (Teil)Fallwert mit der sog. Auszahlungsquote. Die Summe aus RLV-Fallwert der Fachgruppe - also dem ursprünglichen Fallwert zur Berechnung des RLV - und quotiertem (Teil)Fallwert aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit bildet den maximal erreichbaren RLV-Fallwert für den Arzt. Diesem wird der arztindividuelle Fallwert, ebf. quotiert mit der sog. Auszahlungsquote gegenübergestellt. Der so quotierte arztindividuelle Fallwert ist der maßgebliche Wert für die Neuberechnung des RLV (RLV-Fallwert neu), soweit er nicht über dem maximal erreichbaren RLV-Fallwert liegt. Aus dem Produkt der Differenz zwischen dem RLV-Fallwert neu und dem alten Fallwert (RLV-Fallwert der Fachgruppe), also der RLV-Fallwerterhöhung, mit der RLV-Fallzahl folgt unmittelbar die Nachvergütung, die nicht weiter quotiert wird.

Alternativ besteht die Möglichkeit, zunächst unabhängig von Quotierungsgesichtspunkten den Umfang der Sonderregelung und den hieraus rechnerisch resultierenden Nachvergütungsanspruch zu ermitteln, der sodann der Quotierung unterworfen wird. Dies führt zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dies wird an folgender Vergleichsberechnung für das Quartal I/15 gezeigt.

Die Summe aus RLV-Fallwert der Fachgruppe (22,75 EUR) und (Teil)Fallwert aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit (26,19 EUR) bildet den maximal erreichbaren RLV-Fallwert für den Arzt in Höhe von 48,94 EUR. Diesem wird der arztindividuelle Fallwert in Höhe von 40,78 EUR gegenübergestellt. Der arztindividuelle Fallwert ist hier der maßgebliche Wert für die Neuberechnung des RLV (RLV-Fallwert neu), da er nicht über dem maximal erreichbaren RLV-Fallwert liegt. Dieser RLV-Fallwert neu geht in die Berechnung des RLV ein und ist mit Fallwertabstaffelung (0,6649), Altersstrukturquote (0,9991) und Aufschlag für BAG (1,1) zu multiplizieren. Dies ergibt einen maßgeblichen Fallwert in Höhe von 29,7992 EUR, multipliziert mit der RLV-Fallzahl 652 ergibt dies ein RLV in Höhe von 19.429,10 EUR. Die Differenz zum vorherigen RLV (10.838,94 EUR) beträgt 8.590,16 EUR. Diese Erhöhung ist nunmehr mit der sog. Auszahlungsquote von 75,1540 % zu quotieren. Die tatsächliche Erhöhung beträgt daher nur 6.455,85 EUR. Hiervon abzuziehen ist die bereits erhaltene Vergütung zum unteren Punktwert (Quote 12,010), das sind 8.590,16 EUR x 12,010 bzw. 1.031,68 EUR. Bei dieser Berechnungsweise beträgt daher die Nachvergütung 5.424,17 EUR (6.455,85 EUR - 1.031,68 EUR). Demgegenüber beträgt die von der Beklagten festgesetzte Nachvergütung für das Quartal I/15 nur 3.989,44 EUR, wobei bei Betrachtung der Differenz Abzüge für Verwaltungskosten und Sonstiges vernachlässigt werden können.

Die Differenz zwischen beiden Berechnungsarten beruht darauf, dass die Beklagte im Ergebnis die sog. Auszahlungsquote auf das gesamte neu zu berechnende RLV-Volumen jedenfalls dann anwendet, wenn der arztindividuelle Fallwert unterhalb des maximal erreichbaren RLV-Fallwerts liegt. Liegt er darüber, wird die sog. Auszahlungsquote nur auf den (Teil)Fallwert der anerkannten Praxisbesonderheit angewandt. Die Kammer hält diese Vorgehensweise aber noch für ermessensgerecht.

Die Beklagte behandelt die RLV-Leistungen nach Anerkennung der weiteren Leistungen damit weitgehend wie die sog. freien Leistungen. Die Kammer hat bereits in einem obiter dictum darauf hingewiesen, dass die Beklagte bei der Ausübung des Ermessens nach Nr. 3.5 HVM 2012 berücksichtigen muss, in welchem Umfang die strittigen Leistungen bereits im RLV enthalten sind und in welchem Umfang der Arzt Mehrleistungen erbringt. Der Umfang dieser Mehrleistungen ist Grundlage der Sonderregelung. Insoweit werden diese Leistungen faktisch den sog. freien Leistungen gleichgestellt. Soweit im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabs im streitbefangenen Quartal für die sog. freien Leistungen eine allgemeine Quotierung stattfindet, kann diese Quote entsprechend auf das neu festzusetzende Regelleistungsvolumen im Rahmen einer allgemeinen Gleichbehandlung ebf. angewandt werden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 02. April 2014 - S 12 KA 888/11 - juris Rdnr. 57).

Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen ist allerding Bezugszeitraum für eine Sonderregelung zum RLV nicht das Aufsatzquartal, sondern das Quartal, für das die Sonderregelung gefordert wird. Das folgt aus dem Sinn und Zweck der Norm. Denn die Sonderregelung wird wegen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung eingeräumt. Ihre vorrangige Aufgabe ist es daher gerade nicht, einen Arzt unter Berücksichtigung von dessen wirtschaftlichen Interessen individuell zu begünstigen, sondern es geht maßgeblich darum, eine ausreichende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Dass der Arzt seine Leistungserbringung über das ihm zuerkannte Regelleistungsvolumen hinaus ausgeweitet hat, wird insofern ausdrücklich gebilligt. Angesichts dieser Sachlage gibt es keine nachvollziehbaren Gründe, das RLV nicht sofort, sondern erst mit einjähriger Verzögerung anzupassen, indem die Werte statt dem aktuellen dem jeweiligen Aufsatzquartal entnommen werden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 20.02.2019 - L 4 KA 31/15 - Umdruck S. 14 f.; LSG Hessen, Urt. v. 30.11.2016 - L 4 KA 69/14 -, juris Rdnr. 85).

Von daher wird die Beklagte bei einer Neubescheidung auf die aktuellen RLV-Werte abzustellen haben. Dies gilt auch für die Auszahlungsquote, worauf die Kammer in ihrem genannten Urteil bereits abgestellt hat.

Ein Anspruch auf Absehen von der fallzahlabhängigen Abstaffelung besteht nicht.

Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergibt sich für die in Anlage 1 zum vorliegenden HVM benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FWAG) gemäß Anlage 7 zum Beschluss des Bewertungsausschusses und der RLV-Fallzahl des Arztes gemäß Nr. 2.5 im Vorjahresquartal (FZArzt). Der für einen Arzt zutreffende arztgruppenspezifische Fallwert nach Satz 2 wird für jeden über 150 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe gemäß Nr. 2.5 hinausgehenden RLV-Fall wie folgt gemindert:
• um 25 % für RLV-Fälle über 150 % bis 170 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe,
• um 50 % für RLV-Fälle über 170 % bis 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe,
• um 75 % für RLV-Fälle über 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe.
Aus Sicherstellungsgründen kann der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall auf Antrag von der Minderung des Fallwertes abweichen. Für Ärzte, die ihre vertragsärztliche Tätigkeit in Planungsbereichen ausüben, in denen gemäß der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) für die jeweilige Arztgruppe Unterversorgung festgestellt worden ist bzw. die von Unterversorgung bedroht sind, findet die Fallzahlabstaffelung gemäß Absatz 1 keine Anwendung (Nr. 3.2.1 HVM 2012).

Fehler bei der Anwendung dieser Vorgaben sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger nicht vorgetragen.

Diese auf den Vorgaben des Bewertungsausschusses beruhende Regelung ist nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Beschl. v. 21.03.2018 - B 6 KA 73/17 B - juris Rdnr. 9 ff.; BSG, Beschl. v. 21.03.2018 - B 6 KA 74/17 B - juris Rdnr. 9 ff.; BSG, Urt. v. 17.07.2013 B 6 KA 44/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 2, juris Rdnr. 14; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 05.10.2016 - L 5 KA 1918/14 - juris Rdnr. 58 ff.; LSG Hessen, Urt. v. 29.07.2015 – L 4 KA 31/13 - Urteilsumdruck S. 13; LSG Hessen, Beschl. v. 17.11.2011 L 4 KA 74/10 - juris Rdnr. 27; LSG Sachsen, Urt. v. 19.03.2014 - L 8 KA 49/11 - juris Rdnr. 21).

Nach der Rechtsprechung des LSG können nach den Kriterien zu Ausnahmen von der Abstaffelung über das arzt-/praxisbezogene RLV hinaus Leistungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Es handelt sich bei dem Begriff des "außergewöhnlichen Grundes" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Der Auffassung, nach Sinn und Zweck der Regelung könne es nur ein dem aufgeführten Beispiel der Krankheit gleichwertiger Grund sein, aus dem heraus die ärztliche Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum nicht ausgeübt wurde, der eine Mindestzeit von zwei Wochen erreichen müsse, weil ansonsten eine merkliche Fallzahlminderung im Aufsatzquartal nicht verursacht werden könne, kann nicht gefolgt werden; eine solche Auslegung erweist sich als zu restriktiv. Denkbar sind auch Fälle einer länger andauernden Erkrankung mit intensivem regelmäßigem Behandlungsbedarf (z.B. Dialyse-Behandlungen, Chemotherapie), die aufgrund ihrer Schwere dazu führen, dass über einen längeren Zeitraum eine Praxisführung nur unter eingeschränkten (zeitlichen) Bedingungen möglich ist, ohne dass es dabei zu einer Praxisschließung kommen muss. Andere Fallgestaltungen können daher zu berücksichtigen sein, wenn sie eine vergleichbare - außergewöhnliche - Qualität haben, wobei es ausdrücklich auf ein Verschulden nicht ankommt. Wie an dem Beispiel Krankheit ersichtlich, müssen solche Gründe jedoch nicht so außergewöhnlich sein, dass sie praktisch nie vorkommen oder völlig unvorhersehbar sind (vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 21.12.2009 - L 4 KA 77/09 B ER - juris Rdnr. 47; siehe auch SG Marburg, Urt. v. 08.05.2013 - S 12 KA 464/11 - juris Rdnr. 37).

Aus dem Umstand, dass eine Erhöhung des Fallwerts aufgrund einer Sonderregelung erfolgt, folgt nicht, dass auch eine Erhöhung der Fallzahl erfolgen muss. Eine Unterversorgung ist für den Planungsbereich des Klägers in dem streitbefangenen Zeitraum nicht festgestellt worden. Nr. 3.2.1 HVM 2012 sieht bis zum 1,5-fachen der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe von einer Abstaffelung ab. Es handelt sich um eine Honorarverteilungsmaßnahme zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes (§ 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es ist grundsätzlich zulässig, dass übergroße Praxen entsprechend den Vorgaben eines HVM nur noch abgestaffelt vergütet werden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 08.09.2010 - S 12 KA 172/10 - juris Rdnr. 52; 08.10.2008 - S 12 KA 84/08 - juris Rdnr. 56). Auch dienen Instrumente der Honorarverteilung nicht der Beseitigung oder Abwendung einer Unterversorgung. Honorarverteilungsrechtliche Sicherstellungstatbestände haben im Unterschied zu statusrechtlichen (Sonder-)Bedarfstatbeständen konkret arzt- bzw. praxisbezogene Bedarfslagen und nicht abstrakt-strukturelle Versorgungsdefizite im Planungsbereich zum Gegenstand; die Behebung solcher Defizite ist Aufgabe der Zulassungsgremien und nicht der KV (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 25.10.2017 L 5 KA 1744/15 - juris Rdnr 59). Aus den in 3.5 HVM 2012 genannten Gründen für eine außergewöhnlich starke Erhöhung der Zahl der Behandlungsfälle wird der konkret-individuelle Arzt- bzw. Praxisbezug und der darin hervortretende besondere Versorgungsbedarf (starke Erhöhung der behandelten Versicherten) offensichtlich. Von daher kommt es nicht darauf an, ob der Kläger der einzige Arzt ist, der sowohl angiologische als auch kardiologische Leistungen im Planungsbereich als niedergelassener Arzt ausführen kann.

Nach allem war den Klagen stattzugeben, wenn sie auch in der Sache nur teilweise Erfolg hatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Der Kläger hat in der Sache nur teilweise Erfolg gehabt, was zu berücksichtigen war.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Die Streitwertfestsetzung beruht auf den Angaben des Klägers. Er hat den maximalen Streitwert angegeben. Im Hinblick auf einen Bescheidungsantrag war hiervon - gerundet - die Hälfte als Streitwert festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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