L 3 AL 156/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 199/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 156/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 157 Abs. 1 SGB III ist nur anzuwenden, wenn Arbeitslosigkeit vorliegt, aber noch ein versicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis besteht, aus dem Ansprüche auf Arbeitsentgelt resultieren.
2. Ausbildungsbezüge, die für den gesamten Monat gezahlten werden und trotz des – abhängig vom Prüfungstermin – vor dem Monatsende endenden versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in voller Höhe belassen werden, sind als Arbeitsentgelt allein dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Umfang des tatsächlichen Bestehens zuzurechnen.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. August 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in der Berufungsinstanz zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld nach Beendigung des Referendariats für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 in Höhe von 550,00 EUR bei Belassen der für den gesamten Monat gezahlten Vergütung als Unterhaltsbeihilfe.

Der 1990 geborene Kläger absolvierte vom 1. Mai 2015 bis zum 3. Mai 2017 das Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Y ... im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisses. Dieses endete am 3. Mai 2017 mit dem Bestehen der mündlichen Prüfung des zweiten Staatsexamens nach § 7 Abs. 3 des Sächsischen Justizausbildungsgesetzes (SächsJAG). Für den Monat Mai 2017 erhielt der Kläger – wie von Beginn an – ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.339,87 EUR.

Der Kläger meldete sich am 5. Mai 2017 bei der Beklagten persönlich arbeitssuchend und beantragte zum 9. Mai 2017 die Zahlung von Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 21. Juni 2017 beginnend ab dem 9. Mai 2017 für 360 Kalendertage Arbeitslosengeld vom 1. Juni 2017 bis zum 23. Mai 2018 in Höhe von 25,00 EUR täglich. Für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 wies sie den Leistungsbetrag mit 0,00 EUR unter Hinweis auf das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Arbeitsentgelt nach Maßgabe von § 157 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) aus.

Der Kläger wandte sich mit Widerspruch vom 3. Juli 2017 gegen den Bewilligungsbescheid, soweit dieser für den Mai 2017 keinen Leistungsbetrag gewähre. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit sei nach dem Bestehen der Prüfung die Zahlung schon deswegen nicht geflossen, weil im streitbefangenen Zeitraum die Tätigkeit beendet gewesen sei. Es fehle daher an einem synallagmatischen oder inneren Zusammenhang zwischen der Einnahme und einer Tätigkeit. Entsprechend sei er auch zum 3. Mai 2017 aus der Sozialversicherung abgemeldet worden. Die im Mai 2017 erhaltenen Bezüge würden damit allein aus der Verwertung seiner Arbeitskraft bis zum 3. Mai 2017 stammen. Dies folge auch aus der Arbeitsbescheinigung des Landesamtes für Steuern und Finanzen und des Oberlandesgerichts Y ..., welche ausweise, dass die im Mai gezahlten Bezüge ausschließlich für die Zeit bis zum 3. Mai 2017 gezahlt worden seien. Dies entspreche der Regelung in § 7 Abs. 3 SächsJAG.

Die Beklagte hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Änderungsbescheid vom 6. Juli 2017 wegen der Aufnahme einer Beschäftigung zum 30. Juni 2017 auf. Der Bescheid werde gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2017 den Widerspruch des Klägers gegen das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld zurück. Der ehemalige Arbeitgeber habe trotz des Bestehens der Abschlussprüfung und der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses das Arbeitsentgelt bis einschließlich 31. Mai 2017 weitergewährt und tatsächlich gezahlt, was zum Ruhen des Anspruchs führe. Die Ausbildungsvergütung sei Arbeitsentgelt, auch wenn das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei. § 157 SGB III verlange nicht, dass es sich um versicherungspflichtiges Entgelt, Arbeitsentgelt während einer Freistellungsphase oder für die Dauer eines Arbeitsverhältnisses handele. Allein entscheidend sei, dass der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhalte. Für vergleichbare Fälle habe dies das Sozialgericht Leipzig bereits entschieden. Die Auffassung sei auch vom Sächsischen Landessozialgericht mit Urteil vom 19. Mai 2011 (Az. L 3 AL 168/10) bestätigt worden.

Der Kläger hat am 6. August 2017 Klage erhoben und die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 in Höhe von 550,00 EUR begehrt.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. August 2018 unter Abänderung der Bescheide vom 21. Juni 2017 und 6. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2017 die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 in Höhe von 550,00 EUR zu zahlen. Es hat die Berufung zugelassen. Die für Mai 2017 gezahlten Bezüge würden sich lediglich auf die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 3. Mai 2017 beziehen. Die sächsischen Vorschriften würden keine Regelung enthalten, wonach Ausbildungsbezüge zu erstatten seien, sofern das öffentlich-rechtliche Beschäftigungsverhältnis vor Ablauf eines Kalendermonats ende. Eine Zuordnung zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt erfolge unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe. Erforderlich aber auch ausreichend sei, dass ein Zusammenhang zwischen der Einnahme und Beschäftigung bestehe, der über eine einfache Kausalverknüpfung hinausgehe. Notwendig sei ein sachlicher Zusammenhang. Die Zuwendung müsse im Hinblick auf hinreichend konkrete Leistungen gerade des Zuwendungsempfängers in seinem Beschäftigungsverhältnis erfolgt und im eigenen Interesse des Zuwendenden gezahlt worden sein. Entsprechend könnten die für Mai 2017 gewährten Bezüge keine Gegenleistung für die Zeit nach dem 3. Mai 2017 sein. Eine rechtliche Bewertung der Bezüge als Arbeitsentgelt für den streitgegenständlichen Zeitraum scheide daher aus.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 16. Oktober 2018 zugestellte Urteil am 12. November 2018 Berufung eingelegt. Zwar habe das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 19. September 2017 (Az.: L 10 AL 239/16) unter Bezugnahme auf die einschlägige Kommentierung entschieden, dass ein Ruhen nicht in Betracht komme, weil vom Ruhenstatbestand des § 157 Abs. 1 SGB III nur Ansprüche erfasst würden, die zwischen der tatsächlichen Beendigung der Beschäftigung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses begründet würden oder die Zeiten der faktischen Beschäftigungslosigkeit am Beginn des Arbeitsverhältnisses liegen würden. Bei der einem Rechtsreferendar belassenen Unterhaltsbeihilfe würden diese Voraussetzungen nicht vorliegen, da das Arbeitsverhältnis mit dem Bestehen der Prüfung ende. Es liege daher nur Arbeitsentgelt vor, das allein dem Zeitraum des Ausbildungsverhältnisses zugerechnet werden könne. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. November 2015 (Az.: B 13 R 17/14 R) ergebe sich nichts anderes. Es sehe in der Leistung lediglich eine der Nachversicherung unterliegende beitragspflichtige Einnahme im Sinne des § 181 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Vorgängernormen des § 157 SGB III folge, dass Grundvoraussetzung für das Eintreten des Ruhenstatbestands das rechtliche Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses sei. Demgegenüber habe jedoch der erkennende 3. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts mit Urteil vom 19. Mai 2011 (Az.: L 3 AL 168/10) zutreffend ausgeführt, dass der Ruhenstatbestand, insbesondere der Vermeidung von Doppelleistungen diene. Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung sei solange nicht gerechtfertigt, wie dem Arbeitslosen noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt zustehen würden. Es werde die Zulassung der Revision beantragt. Ein weiterer Rechtsstreit zur streitigen Thematik sei unter dem Az. L 3 AL 5/19 anhängig. Es handele es sich um keine Einzelfälle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. August 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Unterhaltsbeihilfe stelle lediglich Arbeitseinkommen für die vom 1. Mai 2017 bis 3. Mai 2017 bestehende Dienstpflicht dar. Dass trotz der Beendigung der Dienstpflicht ein Anspruch auf den Bezug der Unterhaltsbeihilfen für den gesamten Monat verbleibe, habe der Gesetzgeber als Ausgleich für die ungewisse Zukunft und das zumeist fehlende unmittelbare Anknüpfen einer Folgebeschäftigung so geregelt. Nach § 60 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) würden die Bezüge im Monat des Ausscheidens auch nur für den Fall belassen, dass der Referendar kein neues Arbeitsverhältnis im unmittelbaren Anschluss an die Prüfung finde. Jedenfalls handele es sich um kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 157 Abs. 1 SGB III, was überwiegend auch von der Kommentarliteratur so gesehen werde. Auch § 33a Abs. 2 Satz 2 der Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung (ThürJAPO) belege diese Auffassung. Der thüringische Gesetzgeber habe ausdrücklich geregelt, dass die Unterhaltsbeihilfe nur für den auf den Vorbereitungsdienst entfallenen Teil des Monats gezahlt werde, wenn der Vorbereitungsdienst im Laufe eines Kalendermonats beginne oder ende.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die aufgrund Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend mit Urteil vom 23. August 2018 die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 21. Juni 2017 und 6. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2017 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 in Höhe von 550,00 EUR zu zahlen. Der Bescheid vom 21. Juni 2017 ist rechtswidrig, soweit er für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 den Leistungsbetrag unter Hinweis auf gezahltes Arbeitsentgelt nach § 157 Abs. 1 SGB III mit 0,00 EUR ausweist und verletzt den Kläger insofern in seinen Rechten.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 zu, da der Anspruch nicht wegen eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt ruht.

Das Urteil des Sozialgerichts ist aus den zutreffenden Gründen seiner Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und führt lediglich ergänzend aus:

1. Der Kläger erfüllt unstreitig die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen. Die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Beamten sind im sozialversicherungsrechtlichen Sinne Beschäftigte (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juli 2009 – B 12 KR 1/09 RBSGE 104, 71 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 10 = juris Rdnr. 18; speziell zum Beamtenverhältnis auf Widerruf [Rechtsreferendariat]: BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 R 1/13 R – SozR 4-2400 § 14 Nr. 19 = juris Rdnr. 16). Der Kläger meldete sich rechtzeitig am 5. Mai 2017 mit Wirkung zum 9. Mai 2017 bei der Beklagten persönlich arbeitslos (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i. V. m. § 141 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB III). Er erhielt erst am 3. Mai 2017 mit dem Bestehen der mündlichen Prüfung Kenntnis vom Ende des Beschäftigungsverhältnisses, so dass eine frühere Meldung nicht möglich war. Er war beschäftigungslos, bemühte sich, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden und stellte sich der Vermittlung sowohl subjektiv als auch objektiv zur Verfügung, war mithin arbeitslos im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 138 Abs. 1 SGB III). Zudem ist die Anwartschaftszeit erfüllt. Denn der Kläger stand innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren beginnend mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III i. V. m. § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 143 Abs. 1 SGB III [in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung]).

2. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ruht für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 nicht.

a) Nach § 157 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat.

Die Ruhensregelung beruht auf der Erwägung, dass der Arbeitslose nicht der Leistungen der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Damit wird dem gesetzlichen Zweck der vorrangigen Existenzsicherung durch den Arbeitslosen mittels Durchsetzung ihm noch zustehender Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis Rechnung getragen (so zu den Vorgängerregelungen: BSG, Urteil vom 20. Juni 2002 – B 7 AL 108/01 RSozR 3-4300 § 143 Nr. 4 = juris Rdnr. 24 m. w. N.; Düe, in: Brand/Düe/Hassel/Karmanski/Kühl, SGB III [8. Aufl., 2018], § 157 Rdnr. 2; Schmitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2. Aufl., Stand: 15. Januar 2019] § 157 SGB III Rdnr. 6; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 6/16], § 157 Rdnr. 4). Dies hat aber zur Folge, dass § 157 Abs. 1 SGB III nur anzuwenden ist, wenn Arbeitslosigkeit vorliegt, aber noch ein versicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis besteht, aus dem Ansprüche auf Arbeitsentgelt resultieren (vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2008 – B 12 KR 22/07 RSozR 4-2400 § 7 Nr. 9 = juris Rdnr. 18; Düe, a. a. O., Rdnr. 2). Es handelt sich somit um die Situation einer bestehenden Beschäftigungslosigkeit bei fortbestehendem sozialversicherungsrechtlichem Beschäftigungsverhältnis (vgl. Schmitz, in: Schlegel/Voelzke, a. a. O., Rdnr. 8).

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht daher im Falle des § 157 Abs. 1 SGB III vom Ende des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses und damit – zumindest nach dieser Vorschrift – weder vor noch nach diesem Zeitraum.

b) Zutreffend ist zunächst, dass die Ausbildungsbezüge der Rechtsreferendare Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) sind, da sie für eine zu erbringende Arbeitsleistung im Rahmen eines öffentlich rechtlichen Beschäftigungsverhältnis, hier zum Freistaat Sachsen, gezahlt werden und nach § 34 a Abs. 4 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaates Sachsen (SächsJAPO) der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung unterliegen.

Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass es sich bei der Besoldung eines Beamten um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV handelt, weil zu einer Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift auch ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zählt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1991 – 12 RK 43/90SozR 3-2200 § 180 Nr. 7 = juris Rdnr. 12; Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV [Stand: Erg.-Lfg. Stand 2/16], § 14 Rdnr. 24). Gleiches gilt für Anwärterbezüge, die für die Zeit der Ausübung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf im Vorbereitungsdienst gewährt werden (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 1989 – 1 RA 21/88SozR 2200 § 1402 Nr. 11 = juris Rdnr. 14).

c) Die Anwendung des § 157 Abs. 1 SGB III scheidet vorliegend jedoch schon deshalb aus, weil es um ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Mai 2017 bis zum 31. Mai 2017 und damit nach der Beendigung des versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses geht. Denn unstreitig endete das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit Ablauf des Tages, an welchem ihm eröffnet wurde, dass er die zweite juristische Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt hat (vgl. § 7 Abs. 3 SächsJAG), was vorliegend am 3. Mai 2017 der Fall war. Damit entfällt die Anwendung des § 157 Abs. 1 SGB III der (wie unter a ausgeführt) das Bestehen eines versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses voraussetzt.

d) Dass die für den gesamten Monat gezahlten Ausbildungsbezüge im Freistaat Sachsen trotz der – abhängig vom Prüfungstermin – früheren Beendigung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in voller Höhe belassen werden, führt trotz des Umstandes, dass es sich auch insofern um Arbeitsentgelt handelt und auch dieses Entgelt der Existenzsicherung im Monat des Ausscheidens dient, nicht zum Ruhen des Anspruchs nach § 157 Abs. 1 SGB III. Denn die für den gesamten Monat gezahlten Ausbildungsbezüge sind als Arbeitsentgelt allein dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, im Umfang des tatsächlichen Bestehens zuzurechnen (hierzu unter [1]). Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht (hierzu unter [2].

(1) Für den angebrochenen Monat wird trotz Ausscheidens aus dem Dienst des Freistaates Sachsen nach § 34a SächsJAPO die volle Ausbildungsvergütung gezahlt. Es besteht – anders als im Freistaates Thüringen (vgl. § 33a Abs. 2 Satz 2 ThürJAPO) – gerade kein Vergütungsanspruch nur bis zum Ende des öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisses. Eine Zuordnung als Arbeitsentgelt zu der Zeit nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses scheitert bereits an den zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehenden arbeitsvertraglichen (hier: dienstvertraglichen) Hauptleistungspflichten sowohl des Dienstherren als auch des Anwärters. Der trotz dieses Umstandes gesetzlich eingeräumte Besoldungsanspruch der Anwärter hat jedoch einen zureichenden Rechtsgrund in dem Beamtenverhältnis auf Widerruf, der es rechtfertigt, die nach dessen Beendigung bis zum Monatsende weitergewährten Bezüge dem (bisherigen) Anwärterbeamtenverhältnis zuzuordnen. Ihre Rechtsgrundlage finden die Anwärterbezüge in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 2 B 43/09 – juris Rdnr. 6; BVerwG, Beschluss vom 17. März 2014 – 2 B 45/13 – juris Rdnr. 16). Denn der Anwärter soll in der Prüfungszeit auch bis zum Abschluss des Monats seiner Laufbahnprüfung nicht auf die bisherige Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts verzichten müssen, soweit der Lebensunterhalt nicht durch ein anderes Dienstverhältnis gedeckt ist. Der Gesetzgeber geht bei Anwärtern – wie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung auch anhand ihrer Einbeziehung in die Versicherungsfreiheit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) deutlich wird – typisierend davon aus, dass die Stellung als Anwärter mit Wahrscheinlichkeit in ein (wiederum versicherungsfreies) Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übergehen wird (vgl BT-Drs. 11/4124 S 150 - zu § 5 SGB VI). Im Unterschied zur Abfindung soll mit der Weitergewährung der Anwärterbezüge bis zum Monatsende kein Verlust künftiger Verdienstmöglichkeiten kompensiert werden, sondern die Weitergewährung der Bezüge dient (auch) als Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Anwärters in der Interimsphase bis zur Berufung in ein neues Beamtenverhältnis, zu dem der erfolgreiche Abschluss der Laufbahnprüfung befähigt, sodass auch insoweit ein hinreichender sachlicher Zusammenhang zum (bisherigen) Beamtenverhältnis auf Widerruf besteht. Die Vergütung ist daher dem Beschäftigungsverhältnis, welches mit dem Bestehen der Prüfung endete, aufgrund des sachlichen und zeitlichen Zusammenhanges zuzuordnen und unterliegt der Nachversicherung (so ausdrücklich: BSG, Urteil vom 2. November 2015 – B 13 R 17/14 R – SozR 4-2600 § 181 Nr. 2 = juris Rdnr. 34ff.).

Das gezahlte Arbeitsentgelt ist daher, wie durch das Landesamt für Steuern und Finanzen in der Arbeitsbescheinigung auch mitgeteilt, aufgrund der geltenden landesrechtlichen Regelung vorliegend allein der Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 3. Mai 2017 als Arbeitsentgelt zuzuordnen, so dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ende des laufenden Monats nicht gemäß § 157 Abs. 1 SGB III ruht, da der Kläger während dieser Zeit kein Arbeitsentgelt im Sinne der Vorschrift erhalten oder zu beanspruchen hatte, da ein versicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis nicht mehr bestand (so auch: Bay. LSG, Urteil vom 19. September 2017 – L 10 AL 239/16 – Rdnr. 15 mit umfassenden Nachweisen zur damit übereinstimmenden Kommentarliteratur, wonach es sich bei den über das Ende des Beamtenverhältnisses hinaus gezahlten Bezügen um kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 157 Abs. 1 SGB III handelt).

(2) Bei dem vorliegend für den vollen Monat gezahlten Arbeitsentgelt handelt es sich weder um eine Urlaubsabgeltung noch um eine Abfindung. Der Gesetzgeber hat jedoch allein für die Urlaubsabgeltung (vgl. § 157 Abs. 2 SGB III) und für die Entlassungsentschädigung (vgl. § 158 Abs. 1 SGB III) besondere Regelungen geschaffen. Es fehlt daher an der notwendigen gesetzlichen Regelung, so dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht ruht. Eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung des § 157 Abs. 1 SGB III zulasten der Versicherungsnehmer kommt nicht in Betracht. Für ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses greift allein die Ruhensregelung des § 158 SGB III (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23. Juni 1981 – 7 RAr 29/80 – SozR 4100 § 117 Nr. 7 = juris Rdnr. 47 – zu den Vorgängerregelungen der §§ 157, 158 SGB III).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.

III. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Klärung der Rechtsfrage liegen vor. Soweit der Senat mit Urteil vom 19. Mai 2011 (Az. L 3 AL 168/10 – n. v.), einer Einzelrichterentscheidung eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, hält er an dieser nicht fest.
Rechtskraft
Aus
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