L 5 R 324/18

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 9 R 213/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 324/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 27/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 12. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Bewertung der vom Kläger in Polen zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten.

Der 1960 in C-Stadt (Polen) geborene Kläger kam am 17. Januar 1989 in die Bundesrepublik Deutschland und ist als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt.

Der Kläger besuchte in Polen von 1975 bis 1978 die Berufsgrundschule, die er laut Zeugnis vom 24. Juni 1978 als Elektromechaniker abschloss. Die Handwerkskammer Kassel erkannte am 24. Oktober 1990 an, dass die in Polen abgelegte Prüfung als gleichwertig mit der Gesellenprüfung im Elektromechaniker-Handwerk anzusehen sei. Der Kläger besuchte dann bis 1981 das Technikum, welches er mit dem Beruf "Techniker/Elektriker" abschloss. Vom 1. Juli 1981 bis zum 2. Dezember 1981 war der Kläger als Monteur/Elektriker in dem Unternehmen für Handel und Technik von Feuerwehr- und Schutzausrüstung "D." beschäftigt. Es folgte der Wehrdienst vom 10. Dezember 1981 bis 4. März 1982 nach Angaben des Klägers. In der Zeit vom 5. März 1982 bis zum 16. Januar 1989 war der Kläger wiederum als Monteur/Elektriker bei der Firma "D." tätig.

Am 11. Juni 2015 beantragte der Kläger eine Kontenklärung und legte unter anderem aus Polen Zeugnisse der Schule und ein Arbeitszeugnis vom 31. Mai 1984 des Unternehmens für Handel und Technik von Feuerwehr- und Schutzausrüstungen "D." vor, auf Veranlassung der Beklagten füllte der Kläger einen Fragebogen aus, indem er sich selbst als Monteur/Elektriker bezeichnete.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2016 stellte die Beklagte die Versicherungszeiten bis 31. Dezember 2009 fest.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte, dass die rentenrechtlichen Zeiten vom 1. Juli 1981 bis zum 16. Januar 1989 in Qualifikationsgruppe 2 statt 4 eingeordnet werden und vertrat die Ansicht, dass sie als ungekürzte Zeiten berücksichtigt werden müssten. Der Kläger legte eine Kopie des am 10. November 1981 ausgestellten Legitimationsbuches vor.

Mit Schreiben vom 23. August 2016 erklärte die Beklagte dem Kläger, dass nur die Zeiten nach Ausstellung des Legitimationsbuches, also ab 10. November 1981, als nachgewiesene Zeiten bewertet werden könnten, die Zeiten davor würden als glaubhaft gemacht gelten. In die Qualifikationsgruppe 2 könnte der Kläger nicht eingestuft werden, da er nicht eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung (Tätigkeit) ausgeübt habe. Er sei als Monteur/Elektriker und damit als Facharbeiter beschäftigt gewesen. Der Kläger legte eine neue Bescheinigung des technischen Handelsunternehmens der elektrischen Branche für Feuerwehr- und Schutzausrüstung "D." vom 2. März 2017 vor, die den Kläger als Wartungsmechaniker für elektrische Anlagen benannte und mitteilte, dass dafür elektrotechnische Kenntnisse und eine entsprechende Ausbildung erforderlich gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 7. Juli 2017 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Kassel und berief sich auf seine Qualifikation am Technikum. Er trug vor, dass die Firma D. sowohl als Handelsfirma als auch im technischen Bereich tätig gewesen sei. Das Legitimationsbuch sei erst nach seiner Probezeit ausgestellt worden, belege jedoch auch die Zeiten davor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 12. Juni 2018 gab der Kläger an, dass die Firma D. nahezu keinen Handel betrieben habe und er in den Wirtschaftsbereich 7 eingeordnet werden wolle. Ferner begehrte der Kläger, dass die Beklagte ihm mitteile, welche Bescheinigung sie benötige, damit er in die Qualifikationsgruppe 2 eingestuft werden könne.

Mit Urteil vom 12. Juni 2018 wies das Sozialgericht die Klage ab und führte in den Entscheidungsgründen aus, dass der Kläger zu Recht in die Qualifikationsgruppe 4 eingestuft worden sei, denn der Kläger erfülle zwar durch seinen förmlichen Abschluss die Qualifikationsmerkmale der Qualifikationsstufe 2, habe jedoch nur eine Tätigkeit als Facharbeiter, und zwar als Monteur/Elektriker, ausgeübt, das heißt, es fehle eine Voraussetzung zur Eingruppierung in die Qualifikationsstufe 2. Auch die Bewertung der Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1981 bis 30. November 1981 als gekürzte Beitragszeit sei rechtmäßig, da diese Zeit nur als glaubhaft gemacht anzusehen sei. Zu Recht habe die Beklagte erst durch Vorlage des polnischen Arbeitsbuches (Legitimationsbuch), und zwar ab dessen Ausstellungsdatum vom 10. November 1981, die kommende Zeit als nachgewiesen bewertet. Schließlich habe die Beklagte die streitgegenständliche Beschäftigungszeit auch zutreffend dem Wirtschaftsbereich 17 zugeordnet. Dem Wirtschaftsbereich 17 "Handel" würden die Teilbereiche Außenhandel, Bürohandel, Kühl- und Lagerhäuser zugeordnet. Hierbei würden dem Teilbereich Außenhandel sämtliche Im- und Exportbetriebe zugeordnet. Der Wirtschaftsbereich 7 umfasse die Teilbereiche Datenverarbeitung und Büromaschinenindustrie, elektrische industrieferne Mechanik und optische Industrie. Maßgebend für die Zuordnung sei der Hauptzweck des Beschäftigungsbetriebes. Nach den vorliegenden Unterlagen handele es sich bei der Firma D. im Schwerpunkt um ein Handelsunternehmen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals behauptet habe, der Schwerpunkt sei ein anderer, fehlten hierfür die entsprechenden Nachweise. Das Unternehmen sei ein Handelsunternehmen, und zwar der technischen Sparte.

Gegen das am 14. August 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger beim Hessischen Landessozialgericht am 10. September 2018 Berufung eingelegt.

Der Kläger vertieft sein Vorbringen und legt diverse polnische Unterlagen vor. Er behauptet, dass sein Arbeitsanfang am 1. Juli 1981 gewesen sei; dies könne dem Laufzettel und der betrieblichen Unterweisung vom 16. Juni 1988 entnommen werden. Bezüglich des Militärdienstes trägt der Kläger vor, dass die Angaben nicht korrekt seien. Hinsichtlich der Zuordnung der Qualifikationsgruppe 2 ist der Kläger der Ansicht, dass in der Bescheinigung vom 2. März 2017 sehr genau beschrieben werde, welche Tätigkeit er ausgeübt habe. Er habe diese Stelle nur bekommen, da er die Qualifikation als Diplomtechniker erfüllt habe. Er legt ferner eine weitere Bescheinigung vom 6. Dezember 2019 vor, in der es heißt "zur Vorlage beim Gericht in Darmstadt (Hessisches Landessozialgericht) ausgestellt."

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 12. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2017 zu verpflichten, die von ihm in Polen vom 1. Juli 1981 bis 16. Januar 1989 zurückgelegten Beitragszeiten in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen und dem Wirtschaftsbereich 7 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen sowie die Zeiten vom 1. Juli 1981 bis 9. November 1981 als nachgewiesene Beitragszeiten zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und ist der Ansicht, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte ergeben würden. Die Arbeitgeberbescheinigung vom 2. März 2017 sei bereits Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen.

Der Senat hat die vom Kläger vorgelegten Unterlagen im Original (Arbeitsvertrag, Lehrgangsabschlussbescheinigung, Umlaufkarte der Änderung im Arbeitsverhältnis – die Entlassung aus dem Wehrdienst – vom 1. Dezember 1981, 10. März 1982, 16. Juni 1981 und 31. Mai 1989, Karte der Beschäftigungsdauer, Antrag auf Beschäftigung des Arbeitnehmers, dienstliche Beurteilung, Qualifikationsbescheinigung sowie die Bescheinigungen vom 2. Mai 2017 und 6. Dezember 2019) von einem amtlich bestellten Dolmetscher übersetzen lassen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden, sowie statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 und § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung des Klägers ist jedoch sachlich unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 12. Juni 2018 die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2017 ist rechtmäßig. Der Kläger hat zu Recht eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG erhoben. Die endgültige Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten wird gemäß § 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI erst im Leistungsfall erfolgen. Nach der Rechtsprechung sind in Vormerkungsbescheiden festgestellte Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten rechtserheblich und bindend, solange und soweit sie nicht durch Verwaltungsakt aufgehoben werden. Folge der verbindlichen Feststellung rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid ist, dass diese Zeiten im Leistungsfall grundsätzlich zu berücksichtigen sind (vgl. Bay. LSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – L 6 R 421/11 mit weiteren Nachweisen).

Der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da die vom ihm in Polen zurückgelegten Beitragszeiten von der Beklagten zutreffend bewertet worden sind. Diese von dem Kläger in Polen zurückgelegten Beitragszeiten sind gemäß Art. 4 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten und Unfallversicherung (DPRA) vom 9. Oktober 1975 (BGBl. 1976 II. S. 396) in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung zu übernehmen. Dieses ist auf den Kläger trotz des inzwischen in Kraft getretenen DPSVA vom 8. Dezember 1990 nach dessen Art 27. Abs. 2 weiterhin anwendbar, weil der Kläger seit 1989 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland seinen Wohnsitz hat und die in Polen vor dem 1. Januar 1991 erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das neue Abkommen nicht berührt werden. Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte wohnt, Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staat so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 12. März 1976 zum DPRA (BGBl. 1976 II, S. 393) in der Fassung des Gesetzes vom 18. Juni 1991 zu dem deutsch-polnischen Sozialversicherungs-Abkommen vom 8. Dezember 1990 (BGBl. 1990 II, S 741) in der Fassung durch Art. 20 Nr. 2 und 3 des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 1992 - vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261) in der Fassung durch Art. 20 des RRG 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 3035) sind dabei die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigenden Zeiten bei der Feststellung einer Rente bzw. von rentenrechtlichen Zeiten in der deutschen Rentenversicherung in Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte – wie der Kläger – im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2. Oktober 1990 wohnt.

Durch das Fremdrentengesetz werden bestimmte außerhalb des alten Bundesgebietes einschließlich Berlin (West) zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten den nach Reichsrecht oder Bundesrecht zugebilligten Beitragszeiten mit dem Ziel gleichgestellt, die durch Krieg und nach Kriegseinwirkung außerhalb des Bundesgebietes einschließlich Berlin (West) ihrer sozialen Sicherheit betroffenen Personen so zu stellen, als ob sie ihr Arbeitsleben und damit auch ihr Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht hätten. Dementsprechend bestimmt § 15 Abs. 1 FRG, dass die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten bei dem fremdrentenberechtigten Personenkreis so behandelt werden, als ob es sich um inländische Beitragszeiten handeln würde. Die Angehörigen des von dieser Vorschrift erfassten Personenkreises sollen nach Willen des Gesetzgebers in der Rentenversicherung so behandelt werden, wie ein nach Ausbildung und ausgeübtem Beruf vergleichbarer Versicherter stehen würde, der tatsächlich die Beitragszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt hat (sogenanntes Eingliederungsprinzip; vgl. dazu BSG Großer Senat, Beschluss vom 4. Juli 1986, GS 1/ 85 = SozR 5050 § 15 Nr. 32; und BSG; Beschluss vom 25. November 1987, GS 2/85 = BSGE 62, 255).

Beitragszeiten, die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, stehen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer Tätigkeit entrichtet, steht die ihnen zugrundeliegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 FRG). Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG, wenn sie glaubhaft gemacht sind.

Wie sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG ergibt, ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Für die Glaubhaftmachung ist es demgemäß ausreichend, wenn bei Würdigung der Gesamtumstände die gute Möglichkeit besteht, dass sich der Vorgang so, wie es behauptet wird, zugetragen hat, und wenn für das Vorliegen dieser Möglichkeit trotz verbleibender begründeter Zweifel letztlich mehr spricht als dagegen. Der vollständige Beweis (Nachweis) ist demgegenüber regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel aus Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben (BSG, Urteil vom 28. November 1957, 4 RJ 186/56 = BSGE 6, 144).

Bei der Übernahme von Fremdrentenzeiten in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung ist die Höhe des erzielten Lohnes oder Gehaltes grundsätzlich unbeachtlich, weil bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage des Versicherten, auf den das FRG anzuwenden ist, nicht auf den wirklichen Arbeitsverdienst im Herkunftsland, sondern auf den Durchschnittsverdienst der gleichen Berufsgruppe im Reichs- oder Bundesgebiet abgestellt wird. Vom tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt wollte und konnte der Gesetzgeber nicht ausgehen, weil dessen Umrechnung in Reichsmark bzw. Deutsche Mark oder Euro wegen der vielfachen Unterschiede in den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten in den Herkunftsländern gegenüber dem Reichs- bzw. Bundesgebiet (Währungs- und Lohnsituation, Verhältnis des Lohnes zur Kaufkraft) unverhältnismäßige Schwierigkeiten ausgelöst und außerdem zu unbilligen Ergebnis geführt hätte.

Die jeweilige Festlegung der für den einzelnen Versicherten im Rahmen der Rentenberechnung maßgebenden Beitragswerte bzw. Entgeltpunkte erfolgt gemäß § 22 FRG im Rahmen von Verdienstgruppen (Leistungsgruppen bzw. Qualifikationsgruppen), deren Gliederung an Durchschnittswerten orientiert aus der amtlichen Verdienststatistik des Statistischen Bundesamts übernommen worden ist. Hinsichtlich der Fremdrentenzeit bis zum 31. Dezember 1949 findet dabei die Anlage 1 zum FRG Anwendung, die zur Einstufung verschiedene Leistungsgruppen aufführt. Für die hier allein streitigen Fremdrentenzeiten ab 1. Januar 1950 wurde anlässlich der Schaffung eines einheitlichen Rentenrechts in Deutschland hingegen die für glaubhaft gemachte DDR-Beitragszeiten konzipierte Bewertung auf das Fremdrentengesetz übertragen. Die Situation der Spätaussiedler hat die Wiedervereinigung Deutschlands zwar nicht geändert, aus Gründen der Gleichbehandlung hielt es der Gesetzgeber jedoch für geboten, das Integrationsprinzip im Fremdrentenrecht "fortzuentwickeln" (vgl. die Gesetzesbegründung zum Rentenüberleitungsgesetz - RÜG – in der Bundesrats-Drucksache 197/91, S. 114 und 115). Um die Fremdrentenberechtigten nicht anders (besser) zu behandeln als die Bevölkerung in den neuen Bundesländern wurde festgelegt, die Fremdrentenzeiten – wie DDR-Zeiten – nach dem neuen Tabellenwerk des SGB VI zu bewerten. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 FRG weist insoweit auf § 256 b SGB VI. Danach erfolgt die Ermittlung der maßgeblichen Entgeltpunkte anhand von Tabellen, die sich nach der Einstufung in eine Qualifikationsgruppe der Anlage 13 zum SGB VI und nach Zuordnung zu einem Wirtschaftsbereich der Anlage 14 zum SGB VI ergeben.

Nach Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der darin im Einzelnen beschriebenen insgesamt 5 Qualifikationsgruppen einzuordnen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (S. 1). Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, so sind sie in diese (höhere) Qualifikationsgruppe einzustufen (S. 2).

Die Qualifikationsgruppe 2 ist dabei vorgesehen für Fachschulabsolventen, d.h. für

1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern die Fachschulausbildung entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist.

2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist.

3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen.

4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten.

Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.

Zur Qualifikationsgruppe 3 gehören Meister, also

Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde.

Hierzu zählen nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder dem Begriff "Meister" als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z.B. Platzmeister, Wagenmeister).

Die Qualifikationsgruppe 4 ist demgegenüber vorgesehen für Facharbeiter und damit für

Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist.

Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten einen Ausbildungsberuf entsprechend der Systematik der Ausbildungsberuf im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.

In die Qualifikationsgruppe 5 sind schließlich angelernte und ungelernte Tätigkeiten einzustufen, d.h.

1. Personen, die in der Berufsausbildung im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind.

2. Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind.

3. Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2003, B 4 RA 26/02 R und Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03 = SozR 4-5050 § 22 Nr. 3) ist im Rahmen der Bestimmung der maßgeblichen Qualifikationsgruppe von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildungsqualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems auszugehen. Sodann ist zu fragen, welcher Qualifikationsgruppe – übertragen auf die Verhältnisse der ehemaligen DDR – nach den Kriterien der Lohngruppenstatistik der DDR diese berufliche Ausbildungsqualifikation materiell entspricht. Dabei kann es – wie das Bundessozialgericht herausgearbeitet hat – "dienlich" sein, die Merkmale der jeweiligen Qualifikationsgruppe in dem Sinn zu lesen, dass anstelle der ehemaligen DDR das jeweilige Herkunftsland eingesetzt wird. Sofern nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Qualifikationsgruppen in Betracht kommen oder die Zuordnung zu einer oder mehrerer Qualifikationsgruppen nicht möglich ist, ist nach der Zuordnungsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 7 in Verbindung mit Satz 5 und 6 FRG im Zweifel die Qualifikationsgruppe mit den niedrigen Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich.

Ausgehend hiervon kann eine Einstufung der strittigen Zeit in die Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zu SGB VI nicht in Betracht kommen. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass der Kläger nur in der Qualifikationsgruppe 4 eingeordnet werden kann. Denn entscheidend ist, dass kumulativ die Voraussetzungen vorliegen müssen, dass der Kläger eine entsprechende qualifizierte Ausbildung erworben hat und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger für die zurückgelegten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten vom 1. Juli 1981 bis 2. Dezember 1981 und 5. März 1982 bis 16. Januar 1989 die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppe 2 durch den förmlichen Abschluss eines Technikers, Elektrikers am Technikum erworben hat, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht entsprechend tätig. Sowohl nach den eigenen Angaben gegenüber der Beklagten im Kontenklärungsverfahren als auch laut Arbeitszeugnis der Firma D. vom 31. März 1989 und der Arbeitgeberbescheinigung vom 2. März 2017 war der Kläger immer als Monteur-Elektriker tätig. Dies entsprach auch seiner 1978 erworbenen Qualifikation als Elektromechaniker. Auch die im Berufungsverfahren nunmehr vorgelegten neuen Unterlagen, wie z.B. der Arbeitsvertrag, die Lehrgangsabschlussbescheinigung oder die Umlaufkarten, belegen keine andere Tätigkeit. In all diesen Unterlagen ist der Kläger immer als Elektromonteur bzw. Monteur-Elektriker bezeichnet, woraus zu folgern ist, dass er auch als solcher immer gearbeitet hat. Die Bescheinigung vom 2. März 2017, die der Kläger im Berufungsverfahren vorgelegt hat, war bereits Gegenstand des Vorverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens. Diese Bescheinigung macht für den Senat nicht glaubhaft, dass der Kläger tatsächlich eine Tätigkeit entsprechend der Qualifikationsgruppe 2 ausgeübt hat. Letztlich führt die Bescheinigung vom 6. Dezember 2019, die der Kläger zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung übersandte, zu keinem anderen Ergebnis, da sie nur eine von vielen Bescheinigungen ist und die Gesamtschau entscheiden ist. Diese Bescheinigung spricht nun nicht mehr von Elektriker bzw. Monteur, sondern von Techniker. Damit hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass er entsprechend der Qualifikationsgruppe 2 beschäftigt war. Die zeitlich frühsten Bescheinigungen, die unbeeinflusst von außen sind, kommt ein besonderer Beweiswert zu (vgl. BSG, Urteil 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R). Die Bescheinigung vom 6. Dezember 2019 hingegen wurde als Korrektur speziell zur Vorlage beim Hessischen Landesozialgericht erstellt und ist damit praktisch wertlos, da sie zweckorientiert auf Wunsch des Klägers, der ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreites hat, erstellt wurde.

Auch hinsichtlich der Eingruppierung in einen Wirtschaftsbereich hat die Beklagte zu Recht den Kläger in den Wirtschaftsbereich 17 eingeordnet. Dem Wirtschaftsbereich 17 wird insbesondere Handel zugeordnet. Der Firma D. umfasst den Teilbereich Datenverarbeitung und Büromaschinen, elektrische Industrie, Feinmechanik, optische Industrie und den Bereich der Industrie der Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Der Kläger hat insoweit keine neuen Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergeben könnte, dass die Firma D. zum Wirtschaftsbereich 7 gehören könnte; vielmehr hat das Sozialgericht zu Recht ausgeführt, dass maßgebend für die Zuordnung der Hauptzweck des Beschäftigungsbetriebes im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 4 FRG liege (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 3. Mai 2013, L 5 R 43/10, in: juris RN 45). Nach dem Legitimationsbuch und der Bescheinigung vom 2. März 2017 handelt es sich bei der Firma D. im Schwerpunkt um ein Handelsunternehmen. Unerheblich ist dabei, dass Kläger selbst bei der Firma D. als Elektriker, Monteur bzw. Techniker gearbeitet hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat vollinhaltlich auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und macht sich diese zu Eigen (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).

Letztlich kann die Zeit vom 1. Juli 1981 bis 9. November 1981 nicht als nachgewiesene Beitragszeit anerkannt werden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung dieser Zeit als nachgewiesene Beitragszeit. Wie sich bereits aus § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG ergibt, ist im Regelfall die Glaubhaftmachung ausreichend. Beitragszeiten im Sinne des § 15 FRG können nur als bewiesen angesehen werden, soweit feststeht, dass für einen bestimmten Zeitraum tatsächlich Beiträge entrichtet worden sind. Ausreichend ist dabei jedes insoweit geartete Beitragsaufkommen, das auf die betreffenden Zeiten zu beziehen ist (BSG, Urteil vom 31. August 1977, 1 RA 155/75 = BSGE 14, 221). Nachgewiesen sind Beitragszeiten in diesem Sinne allerdings nicht bereits dann, wenn lediglich Anfang und Ende des jeweiligen Zeitraums bekannt sind. Vielmehr muss darüberhinausgehend auch feststehen, dass während dessen keine Ausfalltatbestände (krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeiten, Arbeitslosigkeiten usw.) eingetreten sind, die zu einer – wenn auch nur vorübergehenden Unterbrechung der Beitragsentrichtung geführt haben (BSG, Urteil vom 24. Juli 1985, 5 RJ 38/79). Wenn Anfang und Ende einer Beschäftigungszeit genau bekannt sind, besteht zwar keine Vermutung dafür, dass zwischen beiden Zeiträumen Ausfallzeit bzw. anrechnungsfreien Zeiten liegen müssen. Das Fremdrentengesetz macht jedoch den Unterschied zwischen glaubhaft gemachten und nachgewiesenen Zeiten deshalb, weil es von der Erfahrung ausgeht, dass die Beschäftigungszeiten der Versicherten im Bundesgebiet im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Die Einführung des zweiten Halbsatzes in § 19 Abs. 2 Satz 1 FRG a.F. zum 1. Juli 1965, wonach die Zeit eines ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses von mindestens 10-jähriger Dauer bei demselben Arbeitgeber in vollem Umfang angerechnet wird, hat bestätigt, dass allein durch den Nachweis des Anfangs- und Endtermins einer Beschäftigungszeit eine ununterbrochene Beitragsentrichtung zwischen beiden Zeitpunkten grundsätzlich nicht als bewiesen angesehen werden kann. Nachgewiesen können Beitragszeiten angesichts dessen nur dann sein, wenn das Gericht aufgrund konkreter und glaubhafter Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Ausfallzeiten davon erzeugt ist, dass im Einzelfall ein den Anteil von 5/6 übersteigende höhere Beitragsdichte erreicht worden ist. Es müssen den vorgelegten Unterlagen im Einzelnen die jeweiligen Unterbrechungszeiträume genau zu entnehmen sein bzw. muss es eindeutig feststehen, dass eine bestimmte Beschäftigungszeit tatsächlich nicht unterbrochen worden ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann beim Kläger die streitige Zeit nicht als nachgewiesene Zeit angesehen werden. Als Nachweis dient hier das polnische Legitimationsbuch mit vollständigen Eintragungen ab dem Ausstellungsdatum am 10. November 1981. Erst ab diesem Zeitpunkt hat der polnische Versicherungsträger die Beschäftigungszeiten des Klägers mit entsprechenden Beitragsleistungen unmittelbar dokumentiert. Die Zeiten ab diesem Tag sind somit als nachgewiesene Beitragszeiten anzuerkennen. Die Zeit davor wurde offenbar erst nach Ausstellung des Legitimationsbuchs eingetragen. Andere Unterlagen liegen nicht vor und können auch die Eintragungen im Legitimationsbuch nicht entkräften. Diese Zeit kann nur als glaubhaft gemachte Beitragszeit bewertet werden (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 22. Juli 2014, L 2 R 43/13, in: juris RN 69).

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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