S 2 EG 19/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 EG 19/19
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 EG 3/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Prüfung der Einhaltung des Zeitkorridors des § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG als Voraussetzungen des Partnerschaftsbonus können Zeiten des Krankengeldbezugs nicht als Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung und Erstattung von den Klägern gewährten Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, im Folgenden in der Neufassung vom 27.1.2015, BGBl. I, S. 33) in der Form des Partnerschaftsbonus.

Die Kläger sind Eltern ihrer 2017 geborenen Tochter E. Beide waren vor der Geburt nichtselbständig erwerbstätig, die Klägerin zu 1) als Unternehmensberaterin, der Kläger zu 2) als wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Sie beantragten am 11.4.2017 die Gewährung von Elterngeld beim Beklagten, die Klägerin zu 1) Basiselterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat und der Kläger zu 2) Basiselterngeld für den 13. bis 14. Lebensmonat der Tochter. Darüber hinaus beantragten beide für den 15. bis 18. Lebensmonat (23.4.2018 bis 22.8.2018) den Partnerschaftsbonus.

Die Klägerin zu 1) gab an, während ihrer Elternzeit vom 24.2.2018 bis 23.8.2018 einer Teilzeiterwerbstätigkeit im Umfang von 25 Stunden im Durchschnitt des Monats nachzugehen.

Der Kläger zu 2) gab insoweit an, während seiner Elternzeit vom 23.4.2018 bis 22.8.2018 einer Teilzeiterwerbstätigkeit im Umfang von 65% der tariflichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten (39 Wochenstunden) im Durchschnitt des Monats nachzugehen.

Der Beklagte bewilligte den Klägern jeweils mit Bescheid vom 25.4.2017 zum einen das jeweilige beantragte Basiselterngeld und zum anderen Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus für den 15. bis 18. Lebensmonat in Höhe von monatlich 150,00 EUR. Die Bewilligung erfolgte für die Partnerschaftsbonusmonate unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BEEG vorläufig. Es wurde darauf hingewiesen, dass eventuelle Überzahlungen zurückgefordert würden. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass eine Mitteilungspflicht bestehe, sobald während der Partnerschaftsbonusmonate die Arbeitszeit von 25 Stunden wöchentlich unterschritten bzw. die Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich überschritten wird.

Nach Ablauf des Bezugszeitraums reichten die Kläger die diesbezüglichen Gehaltsnachweise beim Beklagten ein. Ferner teilten sie mit, dass die Klägerin zu 1) ab dem 2.5.2018 zumindest bis 22.8.2018 durchgehend krankgeschrieben gewesen sei. Ab dem 13.6.2018 habe sie zumindest bis 22.8.2018 Krankengeld bezogen.

Mit zwei Bescheiden vom 23.10.2018 "änderte" der Beklagte die Bescheide vom 25.4.2017. Das Elterngeld wurde nunmehr endgültig bewilligt und es wurde ausgeführt, dass kein Anspruch auf die Gewährung des Partnerschaftsbonus bestehe, weil die Klägerin zu 1) ab 13.6.2018 krank ohne Lohnfortzahlung und daher nicht mit mindestens 25 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig gewesen sei. Damit korrespondierend verlangte der Beklagte gestützt auf § 26 Abs. 2 BEEG iVm § 328 Abs. 3 S. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die Erstattung eines Betrags von jeweils 600,00 EUR von den Klägern.

Die dagegen gerichteten Widersprüche der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 4.3.2019 als unbegründet zurück. Der an den Kläger zu 2) gerichtete Widerspruchsbescheid wurde diesem am 7.3.2019 (Donnerstag) zugestellt, der an die Klägerin zu 1) gerichtete Widerspruchsbescheid ihr am 12.3.2019.

Mit ihrer am 11.4.2019 (Donnerstag) erhobenen Klage wenden sich die Kläger gegen die Entscheidungen über die Rückforderung der Partnerschaftsboni. Die Klage des Klägers zu 2) sei zulässig, denn es handele sich bei den den Klägern gegenüber ergangenen Regelungen um eine einheitliche Entscheidung, so dass die Klagefrist erst bei Zugang des zweiten Widerspruchsbescheids zu laufen begonnen habe. Im Übrigen hätten die Voraussetzungen für die Gewährung der Partnerschaftsboni vorgelegen. Denn das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu 1) habe mit den vereinbarten Wochenstunden auch während der Krankheit weiterhin bestanden. Ferner seien nach der Definition der internationalen Arbeitsorganisationen wie des statistischen Bundesamtes auch Kranke erwerbstätig. Zumindest liege ein Fall des § 1 Abs. 5 BEEG vor, so dass die Erkrankung der Klägerin zu 1) unschädlich sein müsse. Letztlich stellten sich angefochtenen Regelungen als "Bestrafung für Krankheit" dar.

Die Kläger beantragen,

die Bescheide vom 23.10.2018 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4.3.2019 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für den 15. bis 18. Lebensmonats ihres 2017 geborenen Kindes E. Elterngeld Plus in der Form des Partnerschaftsbonus zu gewähren und die Erstattungsforderungen aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage des Klägers zu 2) bereits für unzulässig, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist ab Zugang des Widerspruchsbescheids erhoben worden sei. Im Übrigen bezieht sich der Beklagte auf die Gründe der angefochtenen Widerspruchsbescheide. Nach den Richtlinien zum BEEG sei bei einer Erkrankung nur während der Lohnfortzahlung von einer Erwerbstätigkeit auszugehen, indes nicht mehr beim Bezug von Krankengeld.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der Beratung und Entscheidung der Kammer gemachten Prozessakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg, sie ist hinsichtlich des Klägers zu 2) bereits unzulässig (dazu 1.) und bezüglich der Klägerin zu 1) unbegründet (dazu 2.).

1. Die Klage des Klägers zu 2) ist bereits unzulässig, denn die Klagefrist ist nicht eingehalten worden. Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Gemäß § 64 Abs. 2 S. 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt.

Im vorliegenden Fall ist dem Kläger zu 2) der Widerspruchsbescheid vom 4.3.2019 ausweislich der Postzustellungsurkunde am 7.3.2019 zugestellt worden, so dass die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG grundsätzlich mit Ablauf des 7.4.2019 endete; da dieser aber ein Sonntag war, endete die Frist nach § 64 Abs. 3 SGG erst mit Ablauf des nächsten Werktags, mithin mit Ablauf des 8.4.2019. Die erst am 11.4.2019 erhobene Klage ist folglich nicht binnen der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG erhoben worden und somit unzulässig.

Entgegen der Auffassung der Kläger kann für den Kläger zu 2) auch nicht erst auf den Zugang des an die Klägerin zu 1) gerichteten Widerspruchsbescheids abgestellt werden. Auch wenn die Voraussetzungen für den Bezug des Partnerschaftsbonus kumulativ von beiden Elternteilen erfüllt werden müssen, handelt es sich doch um Individualansprüche der einzelnen Elternteile, so dass die jedem einzelnen Elternteil gegenüber erlassenen Regelungen auch für sich genommen wirksam sind und individuelle Rechtsbehelfsfristen auslösen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen im hiesigen Fall nicht vor, denn es ist weder ersichtlich, dass der Kläger zu 2) im Sinne des § 67 SGG "ohne Verschulden" gehindert war, die Klage fristgerecht zu erheben, noch ist Entsprechendes vorgetragen worden.

2. Die zulässige Klage der Klägerin zu 1) ist unbegründet. Der an sie gerichtete Bescheid vom 23.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.3.2019 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf endgültige Bewilligung des Partnerschaftsbonus im 15. bis 18. Lebensmonat ihrer Tochter und hat daher die insoweit vorläufig bewilligten Leistungen in Höhe von 600,00 EUR zu erstatten.

Gegenstand des Verfahrens ist die endgültige Festsetzung des Elterngelds im Bescheid des Beklagten vom 23.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.3.2019 (§ 95 SGG), soweit der Beklagte keine Leistungen des Partnerschaftsbonus bewilligt und vorläufig gewährtes Elterngeld zurückgefordert hat. Die Klägerin zu 1) hat bereits bei Klageerhebung die Klage auf die Leistungen betreffend der Partnerschaftsbonusmonate beschränkt.

Die Rechtsgrundlage zu einer vom Bescheid vom 25.4.2017 abweichenden Regelung ergibt sich aus dem gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BEEG zulässigen Vorbehalt der Vorläufigkeit der mit diesem Bescheid erfolgten vormaligen Bewilligung. Nach dieser Vorschrift wird Elterngeld vorläufig unter Berücksichtigung der glaubhaft gemachten Angaben gezahlt, wenn weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus nach § 4 Abs. 4 S. 3 BEEG (Partnerschaftsbonus) beantragt werden. Diese Voraussetzungen lagen vor. Selbst wenn sie nicht vorgelegen hätten, so wäre die Regelung des Vorläufigkeitsvorbehalts in dem Bescheid vom 25.4.2017 in Bestandskraft erwachsen; bei Bestandskraft einer vorläufigen Leistungsbewilligung ist im Klageverfahren gegen die endgültige Entscheidung die vorläufige Entscheidung nicht mehr zu überprüfen (vgl. etwa BSG v. 10.5.2011 – B 4 AS 139/10 R, 3. Orientierungssatz und RdNr. 15; BSG v. 6.4.2011 – B 4 AS 119/10 R, RdNr. 20; juris). Der Beklagte war folglich nach § 26 Abs. 2 BEEG iVm § 328 Abs. 3 SGB III berechtigt, eine abschließende Leistungsfestsetzung vorzunehmen und die im Rahmen der vorläufigen Bewilligung darüber hinaus gewährten Leistungen erstattet zu verlangen. Denn nach diesen Regelungen gilt, dass auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen und, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, die auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen zu erstatten sind.

Die Klägerin zu 1) hat keinen Anspruch auf die Gewährung des Partnerschaftsbonus im 15. bis 18. Lebensmonat ihrer Tochter.

Nach § 4 Abs. 4 BEEG haben Eltern gemeinsam Anspruch auf zwölf Monatsbeträge Elterngeld im Sinne des § 4 Abs. 2 S. 2 BEEG (Basiselterngeld). Erfolgt für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit, können sie für zwei weitere Monate Elterngeld im Sinne des § 4 Abs. 2 S. 2 BEEG beanspruchen (Partnermonate). Diese Leistungen des Basiselterngelds wurden den Klägern mit den Bescheiden vom 23.10.2018 gewährt; sie stehen vorliegend nicht im Streit.

Wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig (1.) nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und (2.) die Voraussetzungen des § 1 BEEG erfüllen, hat nach § 4 Abs. 4 S. 3 BEEG darüber hinaus jeder Elternteil für diese Monate Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus, den sogenannten Partnerschaftsbonus. Die Voraussetzungen für den begehrten Partnerschaftsbonus hat die Klägerin zu 1) indes nicht erfüllt, weil sie nicht die erforderliche Mindesterwerbstätigkeit ausgeübt hat.

Es kommt nach § 4 Abs. 4 S. 3 BEEG insoweit allein auf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Monat an, wobei auf den Lebensmonat abzustellen ist (vgl. Senger in Tillmann/Mutschler, MuSchG und BEEG, 2. Aufl. 2018 § 4 BEEG RdNr. 31 iVm § 1 BEEG RdNr. 110ff.; Lenz in Rancke, Mutterschutz-Elterngeld-Elternzeit-Betreuungsgeld, § 4 BEEG RdNr. 20; Gräf in Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar Sozialrechtsberatung, 2. Aufl. 2018, § 4 BEEG RdNr. 185; vgl. zur ähnlichen Vorschrift der sich an der maximalen Wochenstunden im Durchschnitt des Monats orientierenden vollen Erwerbstätigkeit in § 1 Abs. 6 BEEG so bereits Bayerisches LSG, v. 18.8.2010 – L 12 EG 50/09; LS und RdNr. 25). In jedem der vier Lebensmonate muss mithin jeder der beiden Elternteile durchschnittlich nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden erwerbstätig sein; erreicht nur einer der beiden Elternteile in einem der vier Lebensmonate diese durchschnittliche Wochenstundenzahl nicht, sind die vorläufig gewährten Bonusbeträge – ohne Vertrauensschutz – zurückzufordern (vgl. Lenz, aaO, RdNr. 22; Wiegand in Wiegand, BEEG, Stand 12/17, § 4 BEEG RdNr. 36; Birk in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2017, § 4 BEEG RdNr. 17).

Die Voraussetzungen für die Gewährung des Partnerschaftsbonus erfüllte die Klägerin zu 1) zur Überzeugung der Kammer nicht. Sie war nicht im 15. bis 18. Lebensmonat zumindest 25 Wochenstunden im Durchschnitt eines jeden dieser Monate erwerbstätig. Denn erwerbstätig im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 BEEG ist zur Überzeugung der Kammer zumindest nicht derjenige, der bloße Entgeltersatzleistungen bezieht. Daher konnte für die Zeit ab Beginn des Krankengeldbezugs keine Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 1) mehr angenommen werden.

Nach dem Wortlaut der Regelung kommt es darauf an, dass beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind. Was in diesem Sinne "erwerbstätig" bedeutet, ist gesetzlich nicht geregelt; auch gerichtliche Entscheidungen oder aber Kommentierung dazu findet sich bisher – soweit ersichtlich – nicht.

Zwar ist in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 iVm Abs. 6 BEEG definiert, wann eine Person keine volle Erwerbstätigkeit ausübt bzw. wann sie nicht voll erwerbstätig ist, nämlich unter anderem dann, wenn ihre Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteigt. Zu dieser Regelung ist höchstrichterlich entschieden worden, dass Erholungsurlaub im Vollzeitarbeitsverhältnis die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht unterbricht (vgl. BSG v. 15.12.2015 – B 10 EG 3/14 R, LS und RdNr. 15, juris), jedoch keine Erwerbstätigkeit bei einer Freistellung von der Arbeitsleistung bei voller Lohnzahlung vorliegt (vgl. BSG v. 29.8.2012 – B 10 EG 7/11 R, LS und RdNr. 26ff.; juris). In der Literatur wird zu § 1 BEEG überwiegend vertreten, dass bei Krankheit mit Lohnfortzahlung die Erwerbstätigkeit besteht (so etwa Birk, aaO, § 1 BEEG RdNr. 16; Gräf, aaO, § 1 BEEG RdNr. 61), hingegen Bezieher von Entgeltersatzleistungen nicht erwerbstätig sind (Birk, aaO, § 1 BEEG RdNr. 17; Lenz, aaO, § 1 BEEG RdNr. 21). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Regelung in § 1 BEEG in eine andere Richtung zielt. Dort geht es darum, dass als Voraussetzung für den Elterngeldanspruch die volle Erwerbstätigkeit gerade nicht erreicht werden darf, so dass es für die Leistungsberechtigten vorteilhaft ist, wenn keine Erwerbstätigkeit angenommen wird. Anders ist die Situation indes im vorliegenden Fall, indem nur die Annahme der Erwerbstätigkeit trotz Krankheit bei der Klägerin zu 1) zu einem Leistungsanspruch führen kann, weil ansonsten die Mindestgrenze der Erwerbstätigkeit von durchschnittlich 25 Wochenstunden nach unten gerissen werden würde.

Nach den – die Kammer nicht bindenden – Richtlinien BMFSFJ/211 07/2019 sollen Zeiten der Krankheit bzw. der Pflege eines erkrankten Kindes jeweils mit Lohnfortzahlung als Arbeitszeiten im Umfang der vereinbarten (Teilzeit-)Arbeitszeit anzusetzen sein, nicht indes Zeiten des Krankengeldbezugs (kritisch zu dieser so bereits für § 1 BEEG geltenden Richtlinie Dau in juris/PR-SozR 22/2016 Anm. 3).

Die Kammer lässt dahingestellt, ob Zeiten der Krankheit mit Lohnfortzahlung als Erwerbstätigkeit – wie vom Beklagten auf der Grundlage der Richtlinien – anzusehen sind. Denn zur Überzeugung der Kammer kann zumindest bei bloßem Krankengeldbezug kein "erwerbstätig sein" im Sinne des § 4 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 BEEG mehr angenommen werden, weshalb die Klägerin zu 1), die im 17. und 18. Lebensmonat ausschließlich Krankengeld bezog, die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des Partnerschaftsbonus nicht erfüllte.

Die Kammer geht dabei zunächst vom Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 BEEG aus, wonach beide Elternteile erwerbstätig sein müssen. Maßgeblich sind dabei die tatsächlich gearbeiteten Stunden im jeweiligen Lebensmonat (vgl. Senger, aaO, § 4 BEEG). Erwerbstätig ist man zumindest dann nicht mehr, wenn man ausschließlich Krankengeld bezieht. Es werden dann gerade keine Leistungen mehr im Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer erbracht, sondern von letzterem vielmehr nur Entgeltersatzleistungen bezogen. Ferner spricht die Koppelung der Voraussetzung des "Erwerbstätigseins" mit einer konkreten Wochenstundenzahl dafür, dass die Erwerbstätigkeit auch tatsächlich im Sinne der Erbringung der Arbeitsleistung im benannten Umfang ausgeübt werden muss. Dieses Ergebnis wird durch gestützt, dass der Wortlaut der Regelung auch keine Ausnahmetatbestände im Sinne einer Fiktion der Erwerbstätigkeit vorsieht. Insoweit spricht auch die Systematik des Gesetzes für die von der Kammer vertretene Auslegung. Denn in anderen Konstellationen hat der Gesetzgeber entsprechende Ausnahmevorschriften explizit vorgesehen. So kann etwa nach § 1 Abs. 5 BEEG die Anspruchsvoraussetzung der Betreuung und Erziehung des Kindes fingiert werden, wenn diese aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder unterbrochen werden muss. Nach § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG haben bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums Monate mit verringertem Einkommen etwa aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung unberücksichtigt zu bleiben. Auf diese Regelungen kann sich die Klägerin zu 1) aber nicht mit Erfolg berufen, weil deren Rechtsfolgen nicht den erforderlichen Umfang der Erwerbstätigkeit fingieren. Die Regelungen zeigen aber, dass der Gesetzgeber durchaus erkannt hat, dass aus wichtigen Gründen oder aber aufgrund von Erkrankungen Probleme bei der Ausschöpfung des Elterngeldanspruchs entstehen können. Indes hat der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung hinsichtlich des für die Gewährung des Partnerschaftsbonus erforderlichen Arbeitszeitkorridors nicht getroffen, obwohl ihm auch dortige Probleme bewusst waren. Dies zeigt die explizite Benennung des vollständigen Wegfalls des Anspruchs für beide Elternteile bei einer Trennung der Eltern mit Verlassen des gemeinsamen Haushalts während der Partnerschaftsbonusmonate (BR-Drs. 355/14, S. 26). Dieses Resultat ist ausgehend vom Gesetzeszweck auch nachvollziehbar. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung sollten die Teilzeiterwerbstätigkeiten attraktiver gemacht werden, um den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben zu erleichtern und die partnerschaftliche Arbeitsteilung unterstützt werden (BR-Drs. 355/14, S. 26). Ist ein Elternteil aber längerfristig – über die Lohnfortzahlung hinausgehend und den Zeitraum des Krankengeldbezugs umfassend – erkrankt, kann regelmäßig weder das Ziel der Arbeitsteilung bei der Betreuung und Erziehung der Kinder erreicht werden, wie auch der Wiedereinstieg ins Arbeitsleben nicht erleichtert werden kann. Vor diesem Hintergrund kann die Kammer auch keine planwidrige Regelungslücke erkennen, die gegebenenfalls Raum für eine analoge Anwendung etwa des § 1 Abs. 5 BEEG gelassen hätte.

Können mithin Zeiten des Krankengeldbezugs nicht als Erwerbstätigkeit angesehen werden, so erfüllt die Klägerin zu 1) zumindest im 17. und 18. Lebensmonat die Voraussetzung, nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig zu sein, nicht, so dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des Partnerschaftsbonus nicht vorlagen.

Die Regelung des § 4 Abs. 4 S. 3 BEEG ist schließlich auch verfassungsgemäß. Beim Elterngeld handelt es sich um den Bereich der gewährenden Staatstätigkeit, in dem der Gesetzgeber insoweit einen weiten Gestaltungsspielraum hat. Insbesondere aus verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten konnte der Gesetzgeber eine generalisierende Regelung treffen, die die Leistungsgewährung nur in engen Grenzen vorsieht.

Hat die Klägerin zu 1) mithin keinen Anspruch auf die Gewährung des Partnerschaftsbonus, so ist auch die Erstattungsforderung in Höhe der ihr gegenüber vorläufig gewährten Leistungen von 600,00 EUR nicht zu beanstanden. Der Beklagte kann diese auf der Grundlage des § 26 Abs. 2 BEEG iVm § 328 Abs. 3 SGB III erstattet zu verlangen.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.

Die Kammer brauchte über die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG (die aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache auszusprechen gewesen wäre) nicht zu entscheiden. Denn die Berufung der Kläger ist bereits gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulässig, weil der Beschwerdewert ausgehend von dem begehrten Partnerschaftsbonus bzw. den angegriffenen Erstattungsbeträgen (2 x 600,00 EUR) den Betrag von 750,00 EUR übersteigen würde, denn bei subjektiver Klagehäufung sind die geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen (BSG v. 13.7.2004 – B 1 KR 33/02 R, RdNr. 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SG, 12. Aufl. 2017, § 144 RdNr. 16).
Rechtskraft
Aus
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