L 5 KR 2798/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 4016/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2798/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.07.2018 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 18.12.2018 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die dem Kläger ausbezahlte Kapitalleistung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.

Der 1953 geborene Kläger ist seit dem 01.04.2017 als Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei den Beklagten kranken- und pflegeversichert.

Der Kläger war langjährig bei der Fa. F. AG versicherungspflichtig beschäftigt. Auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung zwischen der Deutschen F. AG Heilbronn und dem Gesamtbetriebsrat der Deutschen F. AG vom 29.10.1975 "bezüglich Gewährung 1) einer Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und 2) einer Treueprämie" wurde dem Kläger im April 2017 eine "Treueprämie" in Form einer Kapitalleistung in Höhe von 162.016,80 EUR ausbezahlt.

Mit Bescheid vom 01.09.2017 setzte die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) - für die Zeit ab 01.05.2017 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 245,05 EUR fest. Der Berechnung legte sie 1/120 der Kapitalauszahlung sowie einen Beitragssatz zur Krankenversicherung von 14,6 % zzgl. Zusatzbeitrag in Höhe von 1,0 % und zur Pflegeversicherung von 2,55 % zugrunde.

Hiergegen legte der Kläger am 12.09.2017 Widerspruch ein. Bei der ausbezahlten Treueprämie handele es sich nicht um eine Alters-, Invaliden- oder Hinterbliebenenversorgung. Es sei auch keine Direktversicherung, Pensionszusage oder Leistung aus einer Unterstützungskasse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2017 wiesen die Beklagten den Widerspruch zurück. Die dem Kläger ausbezahlte Kapitalleistung stelle eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar.

Am 11.12.2017 hat der Kläger zum Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Voraussetzungen eines Versorgungsbezugs im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seien nicht erfüllt. Die Treueprämie sei gemäß der Betriebsvereinbarung eine Abfindung des Arbeitgebers. Dies ergebe sich auch aus der Berechnung der Treueprämie. Die Abfindung werde auch unabhängig vom Renteneintrittszeitpunkt gewährt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Bescheid vom 22.12.2017 setzte die Beklagte zu 1) – zugleich im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.01.2018 wegen der Senkung des Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung neu fest. Die monatlich zu zahlenden Beiträge betrugen fortan 243,70 EUR.

Das SG hat die Rechts- und Sachlage mit den Beteiligten am 07.06.2018 erörtert.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.07.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 01.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2017 sowie der nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid vom 22.12.2017 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Die dem Kläger ausbezahlte Kapitalleistung stelle eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Im Hinblick auf den objektiv zu bestimmenden Charakter der Leistung habe es keinen Einfluss auf die Bewertung, wie die an der Konzernbetriebsvereinbarung Beteiligten und die frühere Arbeitgeberin des Klägers ihrerseits die Leistung rechtlich eingeordnet hätten; auch die arbeitgeberseitigen Motive für die Einstufung dieser Leistung spielten keine Rolle (unter Verweis auf Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017 – L 11 KR 1149/17). Das SG schließe sich der Entscheidung des LSG, die ebenfalls eine Kapitalleistung auf Grundlage der Betriebsvereinbarung der Fa. F. AG vom 29.10.1975 betroffen habe, nach eigener Prüfung an. Unrichtigkeiten hinsichtlich der Beitragsberechnung seien nicht ersichtlich.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 18.07.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07.08.2018 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es handele sich nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Die Betriebsvereinbarung sehe eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes vor und eine Treue-prämie für langjährige Betriebszugehörigkeit. Unstreitig sei die Auszahlung der Treueprämie an die Vollendung des 65. Lebensjahres oder vorherige Inanspruchnahme des Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Invalidität gekoppelt. Es könne jedoch vom Fälligkeitszeitpunkt nicht automatisch auf den Versorgungscharakter der Treueprämie rückgeschlossen werden. Eine Ermittlung, welchem Zweck die Betriebsvereinbarung von 1975 diente, sei nicht erfolgt. Schließlich verstoße auch die doppelte Beitragspflicht von Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Riesterrente sei beispielsweise beitragsfrei, um eine doppelte Verbeitragung zu vermeiden (unter Verweis auf BT-Drs. 18/11286, S. 12). Die Belastung mit Beiträgen sei ein Eingriff in die allgemeine Handlungs- und Vertragsfreiheit (Art. 2 GG). Die reine Kapitalzahlung ziele auf eine Vermögensbildung mit freier Verfügbarkeit des Kapitals ab. Dies unterscheide sie von einer Rente.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 16.07.2018 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 01.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2017 sowie den Bescheid vom 22.12.2017 und den Bescheid vom 18.12.2018 aufzuheben, soweit die Beklagten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.05.2017 bis 31.12.2019 fordern.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 18.12.2018 abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.

Mit Bescheid vom 18.12.2018 setzte die Beklagte zu 1) – zugleich im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2019 neu fest. Grundlage der Berechnung war ein um 0,5 Prozentpunkte gestiegener Beitrag zur Pflegeversicherung und ein um 0,2 Prozentpunkte gesenkter Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung. Die monatlichen Beiträge setzte sie auf insgesamt 247,75 EUR fest.

Die Beteiligten haben vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung zum 01.01.2020 übereinstimmend den streitgegenständlichen Zeitraum auf die Zeit bis 31.12.2019 beschränkt.

Die Beteiligten haben sich außerdem mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG sowie die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Sie bedurfte nicht der Zulassung, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht von Erfolg.

1. Gegenstand des Verfahrens sind der Beitragsbescheid der Beklagten zu 1) vom 01.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2017 sowie die Bescheide vom 22.12.2017 und vom 18.12.2018, mit denen die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), aus der dem Kläger zugeflossenen Kapitalleistung Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.05.2017 bis 31.12.2019 festgesetzt hat. Hinsichtlich des Zeitraums hat der Kläger sein Begehren auf die Zeit bis 31.12.2019 beschränkt. Gegenstand des Rechtsstreits ist auch der während des Klageverfahrens ergangene Beitragsbescheid vom 22.12.2017. Er ist als abändernder Verwaltungsakt gemäß § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Entsprechendes gilt gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG für den während des Verfahrens vor dem Senat ergangenen Beitragsbescheid vom 18.12.2018, der insoweit nicht auf Berufung, sondern auf Klage zu entscheiden hat (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26.05.2011 - B 10 EG 12/10 R -, in juris, Rn. 17; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 96 Rn. 7 m.w.N.).

2. Die Klagen sind als Anfechtungsklagen zulässig, jedoch unbegründet. Die Bescheide vom 01.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2017, vom 22.12.2017 und vom 18.12.2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

a) Die Beklagte zu 1) war berechtigt, im Namen der Beklagten zu 2) auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung festzusetzen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der ab dem 01.07.2008 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 31 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung [Pflege-WEG] vom 28.05.2008, BGBl. I, S. 874) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die – wie vorliegend – ihre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Den erforderlichen Hinweis auf den gemeinsamen Bescheid hat die Beklagte zu 1) in den streitgegenständlichen Bescheiden gegeben.

b) Der Umfang der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist seit dem 01.04.2017 in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V). Für die soziale Pflegeversicherung gilt seither § 20 Abs. 1 Nr. 11 SGB XI.

c) Nach § 226 Abs. 1 Nr. 3 SGB V gehören zu den in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen des versicherungspflichtigen Beschäftigten nicht nur das Arbeitsentgelt, sondern auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen, sog. Versorgungsbezüge (§ 229 SGB V). Gleiches gilt nach § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V für gesetzlich versicherte Rentner. Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung bei Mitgliedern der Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung) die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V entsprechend. Die Beitragsbemessung folgt für die Zeit bis 31.12.2019 daher den gleichen Regeln wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.

d) Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auch die "Renten der betrieblichen Altersversorgung" soweit sie - entsprechend der Formulierung in der Einleitung des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V – "wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden". Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate.

Der Anwendungsbereich des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ist nicht auf die im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) genannten Durchführungswege beschränkt. Das BSG hat den Begriff der betrieblichen Altersversorgung stets eigenständig nach Sinn und Zweck der krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften angewandt (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 20.07.2017 - B 12 KR 12/15 R -, in juris, Rn.13; BSG, Urteil vom 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R -, in juris). Zur betrieblichen Altersversorgung gehören Bezüge vom (früheren) Arbeitgeber, von bestimmten Institutionen oder Einrichtungen (z.B. Pensionskassen, Unterstützungskassen, Versicherungen), bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer solchen Sicherungsform und einer Erwerbstätigkeit besteht (sog. institutionelle Abgrenzung). Dabei ist es ausreichend, dass bei der jeweiligen Sicherungsinstitution typisierend von einem solchen Zusammenhang auszugehen ist. Auch Modalitäten der individuellen Beitragsgestaltung (z.B. teilweise oder volle Beitragstragung durch den Arbeitnehmer) in der betrieblichen Altersversorgung und des Leistungsrechts bleiben unberücksichtigt (Peters in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 229 SGB V, Rn. 13, Stand: Mai 2020 mit Verweisen auf die Rspr. des BSG). Wird der Bezug einer Leistung - wie hier - nicht schon institutionell (Versicherungseinrichtung, Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst, sind wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts der GKV ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Einkommens-(Lohn- bzw. Entgelt-)Ersatzfunktion (BSG, Urteil vom 20.07.2017 - B 12 KR 12/15 R -, in juris, Rn.13 m.w.N.). Leistungen sind u.a. dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen (BSG, Urteil vom 20.07.2017 - B 12 KR 12/15 R -, in juris, Rn.13 m.w.N.). Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa solchen zur Überbrückung erwarteter Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (BSG, Urteil vom 20.07.2017 - B 12 KR 12/15 R -, in juris, Rn.13; BSG, Urteil vom 29.07.2015 - B 12 KR 4/14 R -, in juris).

Das BSG (Urteil vom 20.07.2017 - B 12 KR 12/15 R -, in juris, Rn.14; Urteil vom 29.07.2015 - B 12 KR 4/14 R -, in juris) hat sich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) angeschlossen und ausgeführt: "Für die Abgrenzung betrieblicher Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentenrechts von (bloßen) Überbrückungsgeldern, Überbrückungshilfen, Übergangsleistungen usw. misst das BAG in ständiger Rechtsprechung vor allem dem vereinbarten Leistungsbeginn große Bedeutung zu (vgl zuletzt BAGE 128, 199 RdNr 24, unter Hinweis auf BAG DB 2004, 1624, BAGE 90, 120, 123 f und BAG AP Nr 17 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, jeweils m.w.N.). Das BAG führt in diesem Kontext zunächst grundlegend aus, dass durch die vereinbarte Leistung ein im BetrAVG angesprochenes Risiko, bei der Altersversorgung das Langlebigkeitsrisiko "Alter" (teilweise) übernommen werden und die Risikoübernahme gerade in einer "Versorgung" bestehen müsse, andernfalls die Leistung aus dem Schutzbereich des BetrAVG ausgenommen sei. Sodann führt es aus, dass sich zwar kein fester Zeitpunkt ermitteln lasse, von dem an eine betriebliche Altersversorgung überhaupt nur in Betracht komme, es auch bei der Wahl eines früheren Leistungsbeginns aber bei dem Zweck bleiben müsse, dass die Leistung dazu dienen soll, einem aus dem aktiven Arbeitsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei der Sicherung des Lebensstandards im Alter zu helfen (BAGE 90, 120, 123). Das BAG sieht dies bei der Festlegung eines Lebensalters gewährleistet, das nach der Verkehrsanschauung als Beginn des Ruhestandes gilt, bei dem also typischerweise mit einem Ausscheiden aus dem Erwerbs- oder Berufsleben gerechnet werden muss mit der Folge, dass die Wahl einer niedrigeren Altersgrenze auf sachlichen, nicht außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegenden Gründen beruht (BAGE 128, 199 RdNr 25; BAGE 90, 120, 123). Eine typisierende Betrachtung sei bei Versorgungssystemen nicht zu beanstanden, sondern sachgerecht; auf die Verhältnisse des Einzelfalls müsse nicht abgestellt werden. Das BAG legt des Weiteren dar, dass es für die Beantwortung der Frage, ob die vereinbarte Leistung auf das Alter "zugeschnitten" sei oder einem anderen Zweck diene, etwa Abfindung ohne Versorgungscharakter sei, entscheidend auf den objektiven Inhalt der Leistung ankomme, die - in den vertraglichen Abreden dokumentierten - Vorstellungen der Arbeitsvertragsparteien zu den Beweggründen für die und zur Einordnung der in Aussicht gestellten Leistungen demgegenüber nicht maßgebend seien (BAGE 128, 199 RdNr 30 ff; BAGE 90, 120, 122). Anschließend weist das BAG darauf hin, dass es nicht gegen einen Versorgungszweck spreche, wenn die vorgesehene Leistung nur zeitlich befristet sei (BAGE 128, 199 RdNr 27), eine Leistung allerdings nicht schon dann (zwingend) als eine solche der betrieblichen Altersversorgung behandelt werden müsse, wenn sie sich der Höhe nach an einer in Aussicht gestellten Betriebsrente orientiere (BAGE 90, 120, 124). Auch könne das Versprechen von Zahlungen für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch arbeitgeberseitige Kündigung oder Aufhebungsvertrag vor Eintritt in den Ruhestand darauf hinweisen, dass mit der Zahlung die Zeit bis zum Ruhestand überbrückt und nicht der Ruhestand selbst wirtschaftlich abgesichert werden solle (BAGE 90, 120, 124). Der Senat schließt sich - soweit er das in der Vergangenheit nicht bereits getan hat - dieser Auffassung des BAG zur Abgrenzung betrieblicher Altersversorgung von Arbeitgeberleistungen, die auf das Arbeitslosigkeitsrisiko "zugeschnitten" sind, dh für den Verlust eines Arbeitsplatzes "übergangsweise" bis zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder bis zum Eintritt in den Ruhestand gezahlt werden, für das Beitragsrecht der GKV an." Das BSG hat diese Rechtsprechung mit Urteil vom 20.07.2017 (- B 12 KR 12/15 R -, in juris, Rn. 15) fortentwickelt und geht nunmehr davon aus, dass auch unbefristete Leistungen, die ein Arbeitgeber an Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anfänglich mit Überbrückungsfunktion auch über den Renteneintritt hinaus zahlt, zunächst keine Versorgungbezüge sind. Jedoch sind sie ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts, spätestens ab Erreichen der Regelaltersgrenze als beitragspflichtige Versorgungsbezüge anzusehen.

e) Nach diesen Vorgaben ist die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung ein Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Die Leistungen in der Betriebsvereinbarung vom 29.10.1975 zur Auszahlung einer Treueprämie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge des 65. Lebensjahres stellen Einnahmen dar, die im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V "zur Altersversorgung erzielt" werden; sie verfolgen nicht lediglich einen Überbrückungszweck, weil sie nicht den Übergang in ein neues Arbeitsverhältnis oder in den Ruhestand erleichtern sollen, sondern einen Versorgungszweck, da die Zusage dieser Einnahmen nach ihrem objektiven Inhalt die Versorgung der Berechtigten - und ihrer Familien - sicherstellen soll. Die Treueprämie wird ausweislich Ziff. II 1a "infolge Vollendung des 65. Lebensjahres oder vorheriger Inanspruchnahme des Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Invalidität" gezahlt oder nach Ziff. II 1b beim Tod des Betriebsangehörigen; in diesem Fall sind - in dieser Reihenfolge - der überlebende Ehegatte, die ehelichen Abkömmlinge oder Adoptivkinder, die Eltern, die Geschwister bezugsberechtigt (Ziff. II.5. der Betriebsvereinbarung). Damit steht die Zahlung gleichsam als zweite Säule neben der gesetzlichen Altersrente zur Altersversorgung zur Verfügung (so schon LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017 - L 11 KR 1149/17 -, n.v.).

f) Die Beklagte zu 1) hat auch die – vom Kläger nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V alleine zu tragenden – Beiträge in zutreffender Höhe festgesetzt.

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V gilt bei einer als Einmalbezug gewährten Versorgungsleistung, dass 1/120 dieser Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge anzusehen ist und dementsprechend für längstens 120 Monate Beiträge zu entrichten sind. Der Beitragspflicht unterliegt grundsätzlich der gesamte Auszahlungsbetrag. Dies folgt aus dem im Sozialrecht grundsätzlich geltenden Bruttoprinzip (BSG, Urteil vom 04.09.2018 - B 12 KR 20/17 R -, in juris, Rn. 21).Von der Beitragspflicht ausgenommen sind nur Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (BVerfG, Beschlüsse vom 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08 -, in juris, Rn. 13 ff. sowie vom 14.04.2011 - 1 BvR 2123/08 -, in juris, Rn. 6 f.; BSG, Urteile vom 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R -, in juris, Rn. 29, - B 12 KR 24/09 R -, in juris, Rn. 25). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der zum 15.12.2018 erfolgten Einfügung in § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V durch Art. 1 Nr. 5a GKV-VEG nachvollzogen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, Bundestags- Drucksache 19/5112, Seite 44 f.). Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen, das neben den Versorgungsbezügen erzielt wird, sind gemäß § 226 Abs. 2 SGB V (in der bis 31.12.2019 geltende Fassung) nur zu entrichten, wenn die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) übersteigen.

Die Beklagte zu 1) hat diesen Vorgaben entsprochen und aus dem von der Fa. F. AG gemeldeten Betrag in Höhe von 162.016,80 EUR beitragspflichtige monatliche Bezüge in Höhe von 1.350,14 EUR errechnet. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der von der Fa. F. AG gemeldete Betrag unzutreffend berechnet wurde. Der Kläger behauptet dies auch nicht. Dass die Beklagte bei der konkreten Festsetzung der Beiträge fehlerhafte Beitragssätze zu Grunde gelegt hat oder sonstige Berechnungsfehler vorliegen, ist weder vorgetragen noch dem Senat anderweitig ersichtlich. Durch die Heranziehung der Versorgungsbezüge zur Beitragserhebung wird auch die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten. Der Kläger selbst behauptet nichts Anderes. Auch der Akteninhalt bietet keine Anhaltspunkte hierfür.

g) Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht. Der Senat schließt sich der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R -, - B 12 KR 9/08 R - und - B 12 KR 10/08 R -; Urteile vom 30.03.2011 - B 12 KR 24/09 R - und - 16/10 R -, und vom 25.04.2012 - B 12 KR 26/10 R -, sowie Urteile vom 26.02.2019 - B 12 KR 13/18 R - und - B 12 KR 17/18 R -; alle in juris), und den Entscheidungen des BVerfG (BVerfG, Beschluss vom 09.07.2018 - 1 BvL 2/18 -, in juris, Rn. 19; Beschlüsse vom 04.04.2008 - 1 BvR 1924/07 - und vom 06.09.2010 - 1 BvR 739/08 -, beide in juris) an.

Der Umstand, dass von den Lohnanteilen, aus denen die Versicherungsbeiträge gezahlt wurden, bereits Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt wurden, führt ebenfalls nicht zur Verfassungswidrigkeit. Ein Verbot der Doppelverbeitragung existiert nicht. Nach dem BVerfG ergibt sich kein Verstoß gegen Grundrechte, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG, Beschluss vom 06.09.2010 - 1 BvR 739/08 -, in juris).

Gegen die Heranziehung von Versorgungsbezügen in der Form nicht wiederkehrender Leistung bestehen verfassungsrechtliche Bedenken auch dann nicht, wenn das entsprechende Rechtsverhältnis – wie hier – bereits vor dem 01.01.2004 abgeschlossen wurde. Dabei durfte der Gesetzgeber im Wege einer sog. unechten Rückwirkung auch an in der Vergangenheit begründete Rechtsverhältnisse anknüpfen. Die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar (BSG, Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R -, in juris m.w.N.).

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch durch die Teiländerung des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V durch Art. 4 des BRSG, wonach Leistungen aus dem Altersvorsorgevermögen i.S.d. § 92 Einkommensteuergesetz (sog. Riesterrenten) bei der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen außer Betracht bleiben, nicht bedingt; die Änderung hat unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Auswirkungen auf die Beitragspflicht einer betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung) bei einem versicherungspflichtigen Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteile vom 26.02.2019 - B 12 KR 13/18 R - und - B 12 KR 17/18 R -, beide in juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved