L 19 R 440/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 R 287/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 440/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das Verwaltungsverfahren zur Erstattung von Beiträgen ist ein gesondertes Verfahren, das durch den Statusfeststellungsantrag oder den Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid nicht in Gang gesetzt wird.
2. Das Erstattungsverfahren kann auch nicht als bloßer Annex des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des Status angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um zwei getrennte Verwaltungsverfahren, wobei das Verwaltungsverfahren zur Erstattung der Beiträge erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des sozialrechtlichen Status durchgeführt werden kann.
3. Aus einem Verfahren der Statusfeststellung kann nicht automatisch geschlossen werden, der Betroffene werde bei der von der Einzugsstelle getroffenen Feststellung, dass mangels Versicherungspflicht Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien, in jedem Fall automatisch ebenfalls die umfassende Erstattung aller in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung entrichteten Beiträge geltend machen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.01.2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 7.291,10 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Verzinsung eines Erstattungsanspruches.

Der am 1969 geborene Kläger beantragte am 31.08.2005 bei der Beklagten die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der A. GmbH ab dem 01.01.2005. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 10.11.2005 fest, dass der Kläger diese Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen und damit eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Den ohne Begründung eingelegten Widerspruch vom 05.12.2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2006 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 23.06.2006 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (S 10 R 4261/06).

Mit Bescheid und Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 und 02.06.2006 stellte die Beklagte gegenüber der Arbeitgeberin des Klägers, der A. GmbH, fest, dass der Kläger seit dem 01.01.2005 abhängig beschäftigt sei. Hiergegen erhob die A. GmbH am 06.07.2006 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (S 10 R 4278/06, zuvor S 18 4278/06). Mit Beschluss vom 16.11.2006 verband das Sozialgericht diese Streitsache mit dem Klageverfahren S 10 R 4261/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und führte die verbundenen Streitsachen unter dem Az. S 10 R 4261/06 (danach: S 12 R 4261/06) fort.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.11.2008 erkannte die Beklagte die geltend gemachten Klageansprüche an, hob die angefochtenen Bescheide auf und stellte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer ab dem 01.01.2005 nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Mit Bescheiden vom 12.12.2008 führte die Beklagte das Anerkenntnis aus.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 01.03.2010 (Eingang 09.03.2010) von der Beklagten die Erstattung der vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 entrichteten Beiträge zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung. Zu Unrecht seien vom Kläger und der B. GmbH (zuvor A. GmbH) Beiträge insgesamt in Höhe von 49.946,64 EUR (Rentenversicherung) und 12.895,92 EUR (Arbeitslosenversicherung) abgeführt worden. Darüber hinaus sei der entsprechende Zinsausfallschaden mit 5% Zinsen über dem Basiszinssatz zum Ausgleich zu bringen.

Mit Schreiben vom 18.03.2010 und 25.03.2010 verwies die Beklagte hinsichtlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit und leitete den Antrag auf Zinsausfallentschädigung aufgrund zu Unrecht entrichteter Rentenversicherungsbeiträge an die Krankenkasse weiter (AOK Bayern).

Unter dem 26.04.2010 führte der Kläger unter Bezug auf eine fernmündliche Auskunft eines Mitarbeiters der AOK aus, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Zinsansprüche zu befriedigen und/ oder die anderen Sozialversicherungsträger hierzu anzuweisen. Der Kläger bezifferte den Zinsschaden auf 7.291,10 EUR (Arbeitnehmeranteil) und den Zinsschaden der B. GmbH ebenfalls auf 7.291,10 EUR (Arbeitgeberanteil).

Die Beklagte holte eine Auskunft der AOK Bayern (Direktion Mittelfranken) vom 01.07.2010 ein, nach der am 11.02.2009 die Erstattungsbeträge an die B. GmbH in Höhe von insgesamt 62.542,20 EUR überwiesen worden seien (31.271,10 EUR Arbeitgeberanteil, 31.271,10 EUR Arbeitnehmeranteil). Beigefügt war der Antrag einer Steuerberatungsgesellschaft vom 02.02.2009, die zu Unrecht von der B. GmbH und dem Kläger gezahlten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zu erstatten.

Mit Bescheid vom 07.07.2010 lehnte die Beklagte die Verzinsung der an den Kläger ausgezahlten Erstattungsbeträge ab. Nach § 27 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) beginne die Verzinsung nach Ablauf des ersten vollen Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrages. Bei Stellung des Erstattungsantrags bei der Einzugsstelle gelte als Zeitpunkt des Eingangs des vollständigen Erstattungsantrages das Datum des Eingangs bei der Einzugsstelle, vorliegend sei der Eingang bei der Einzugsstelle am 03.02.2009 gewesen. Die Verzinsung ende mit Ablauf des Kalendermonats, der dem Kalendermonat vorausgeht, in dem der Berechtigte über den Erstattungsbetrag verfügen konnte. Laut Mitteilung der Einzugsstelle seien die Erstattungsbeträge am 11.02.2009 zur Zahlung angewiesen worden. Da die zu erstattenden Beträge im gleichen Monat zur Auszahlung gekommen seien, komme eine Verzinsung nicht in Betracht.

Zur Begründung des Widerspruches vom 09.08.2010 führte der Kläger unter dem 20.10.2011 aus, dass im Rahmen eines beim Sozialgericht Nürnberg von einem Mitgesellschafter-Geschäftsführer der B. GmbH geführten Klageverfahrens die dortige Kammervorsitzende im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.08.2011 zu Protokoll gegeben habe, dass in einem Widerspruch gegen einen Bescheid, der die Sozialversicherungspflicht im Rahmen einer Statusfeststellung feststelle, gleichzeitig ein Antrag auf Erstattung gesehen werden könne (S 18 R 128/11).

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2012 zurück. Selbst wenn der Widerspruch vom 17.11.2005 gegen den Bescheid zur Statusfeststellung als Erstattungsantrag gesehen werden könne, wäre dies allenfalls ein entsprechender formloser Antrag, nicht jedoch ein für die Zinsprüfung nach § 27 SGB IV maßgebender vollständiger Antrag. Denn ein Erstattungsantrag sei erst dann vollständig, wenn er alle Angaben enthalte, die der Versicherungsträger für die Entscheidung über den Erstattungsanspruch einschließlich deren Auszahlung benötigt. Hierzu gehörten auch die Angaben zur Beitragstragung, zu eventuellen Ausschlussgründen und zur Bankverbindung des Erstattungsberechtigten. Dabei könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Berechtigte die Erstattung auf das zum Beispiel aus einem Abbuchungsverfahren bekannte Konto überwiesen haben möchte.

Der Kläger hat am 07.03.2012 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben (S 20 R 287/12). Auf die Rechtsansicht der Kammervorsitzenden im Verfahren S 18 R 128/11 werde Bezug genommen. Er habe bereits im Statusfeststellungsverfahren alle Angaben gemacht, die auch für den Erstattungsantrag maßgeblich gewesen seien. Von einem formlosen Antrag könne nicht ausgegangen werden, da schon allein der Widerspruch gegen einen offensichtlich und unzutreffenden Statusfeststellungsbescheid einen Erstattungsantrag und eine damit verbundene Zinsverpflichtung für nicht gerechtfertigte eingezogene Sozialversicherungsbeiträge indiziere. Schon das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 24.03.1983 (1 RJ 92/81) und Urteil vom 26.06.1986 (7 RAr 121/84) zutreffend festgestellt, dass bei einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid zugleich ein Erstattungsantrag mit enthalten sei. Zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte im Rahmen des außergerichtlichen Statusfeststellungsverfahrens aufgrund schuldhaft unterlassener Prüfung und Aufklärung fehlerhaft ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu Lasten des Klägers festgestellt habe, aufgrund dieser Feststellung in offensichtlich nicht gerechtfertigter Weise Beiträge zur Sozialversicherung weiter eingezogen habe und bereits mit der Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens und dessen richtiger, umfassender und vollständiger Würdigung, spätestens ab dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.11.2005, ein Erstattungsanspruch verbunden mit einem Erstattungsantrag und der sich daraus ergebenden Zinsverpflichtung der Beklagten entstanden sei. Dies ergebe sich hilfsweise auch unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung.

Mit Beschluss vom 28.01.2016 hat das Sozialgericht denjenigen Verfahrensteil aus dem Klageverfahren S 20 R 287/12 abgetrennt, mit dem der Kläger sein Klagebegehren auf Ansprüche auf Amtshaftung stützt, und das abgetrennte Verfahren unter dem Az. S 20 R 84/16 fortgeführt. Mit Beschluss vom 29.01.2016 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit S 20 R 84/16 an das Landgericht A-Stadt verwiesen (4 O 906/16).

Durch Urteil vom 29.01.2016 hat das Sozialgericht die Klage (im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung) abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend darauf verwiesen, dass der vollständige Erstattungsantrag erst am 03.02.2009 bei der AOK Bayern vorgelegen habe, die Erstattung der zu Unrecht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge des Klägers jedoch seitens der AOK Bayern bereits am 11.02.2009 erfolgt sei. Eine Zinspflicht sei daher nicht entstanden. Zur Vollständigkeit des Erstattungsantrages gehöre auch die Angabe der Bankverbindung. Denn zur Entscheidung des Trägers über die Erstattung zähle nicht nur die Höhe des zu erstattenden Betrages, sondern auch an wen und auf welches Konto die Erstattung zu erfolgen habe. Es könne offenbleiben, ob bereits mit dem Statusfeststellungsantrag auf "Nichtfeststellung einer abhängigen Beschäftigung und Nichtvorliegens von Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung" stillschweigend von einem Erstattungsantrag auszugehen sei oder zumindest bereits ab Erhebung des Widerspruchs gegen einen Statusfeststellungsbescheid.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 10.03.2016 zum Bayer. Landessozialgericht (L 19 R 172/16).

Der Senat hat auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 24.05.2016 das Ruhen des Berufungsverfahrens angeordnet, da die Entscheidung des 7. Senates des Bayer. Landessozialgerichtes in dem Berufungsverfahren der B. GmbH gegen die Beklagte mit dem gleichen Begehren von Arbeitgeberseite aus abzuwarten war (L 7 R 5018/16). Nachdem dieses Berufungsverfahren durch Rücknahme der Berufung seine Erledigung gefunden hat, hat der Senat das Berufungsfahren L 19 R 172/16 unter dem neuen Az. L 19 R 440/17 fortgeführt.

Mit Schriftsatz vom 29.08.2018 hat der Kläger unter Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag daran festgehalten, dass der Zinsanspruch ab dem Zeitpunkt zustehe, zu welchem die Statusfeststellung beantragt worden sei, spätestens aber zu dem Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung mit Schriftsatz vom 15.11.2005 gegen die unzutreffende Entscheidung im außergerichtlichen Verfahren über den sozialversicherungsfreien Status (Bescheid der Beklagten vom 10.11.2005).

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.01.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 7.291,10 EUR an Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.01.2016 zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und auf die rechtliche Einschätzung des 7. Senates im gleichgelagerten Verfahren L 7 R 5018/16 hinsichtlich der Verzinsung des Arbeitgeberanteils (Schreiben des 7. Senats vom 15.06.2016). Danach sei durch die Rechtsprechung des BSG geklärt, dass das Erstattungsverfahren ein eigenes Verfahren sei. Selbst wenn die Zahlung damals tatsächlich unter Vorbehalt erfolgt sein sollte - dies sei aus den Akten nicht nachweisbar - wäre 2005 kein "vollständiger" Antrag gegeben, da ein Zielkonto für die Rückzahlung nicht benannt worden sei.

Zur Ergänzung wird ausdrücklich auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Akten des Sozialgerichts Nürnberg (S 20 R 287/12, S 20 R 84/16, S 18 R 128/11, S 12 R 4261/06, S 12 R 124/12, S 10 R 4278/06, S 9 R 946/13, S 9 R 6/16) und der Akten des Bayer. Landessozialgerichts (L 19 R 440/17, L 19 R 370/18 B, L 7 R 5018/16) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der dem Kläger erteilte Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2012 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zutreffend die Verzinsung des Erstattungsanspruches abgelehnt.

Rechtsgrundlage für die Verzinsung des Erstattungsanspruches ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Für die Verzinsung des Erstattungsanspruches ist der beklagte Rentenversicherungsträger zuständig (§§ 126 ff. SGB VI; eine andere Vereinbarung iSd. § 211 Satz 1 SGB VI wurde nicht getroffen). § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV bestimmt, dass der Erstattungsanspruch nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier von Hundert zu verzinsen ist. Vorliegend ist der Erstattungsantrag am 03.02.2009 bei der zuständigen Einzugsstelle eingegangen. Die Verzinsung endet mit Ablauf des Kalendermonats, der dem Kalendermonat vorausgeht, in dem der Berechtigte über den Erstattungsbetrag verfügen konnte. Da die Einzugsstelle den Erstattungsbetrag am 11.02.2009 zur Zahlung angewiesen hat und damit dieser im gleichen Monat zur Auszahlung gekommen ist, kann die Verzinsung des Erstattungsanspruches nicht beansprucht werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist hinsichtlich des Einganges des Erstattungsantrages nicht auf das Eingangsdatum des Statusfeststellungsantrages vom 31.08.2005 oder des Widerspruches vom 05.12.2005 gegen den Bescheid vom 10.11.2005 abzustellen. In diesem Zusammenhang kann es dahinstehen, ob oder zu welchem Zeitpunkt ein vollständiger Erstattungsantrag vorlag. Denn das Erstattungsverfahren ist ein gesondertes Verfahren, das durch den Statusfeststellungsantrag oder den Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid nicht in Gang gesetzt wird. Das Verwaltungsverfahren zur Erstattung von Beiträgen kann auch nicht als bloßer Annex des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des Status angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um zwei getrennte Verwaltungsverfahren, wobei das Verwaltungsverfahren zur Erstattung der Beiträge erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des sozialrechtlichen Status durchgeführt werden kann (BSG, Urteil vom 05.03.2014 - B 12 R 1/12 R, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2011 - L 4 R 4672/10, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 07.12.2011 - L 2 R 335/11, juris; LSG Bayern, Urteil vom 27.04.2016 - L 10 AL 201/15, juris; LSG NRW, Urteil vom 31.01.2017- L 14 R 512/15, juris). Auch ein "stilschweigender" Antrag auf Beitragserstattung kann nicht angenommen werden. Das BSG führt hierzu in der Entscheidung vom 05.03.2014 aus, aus einem Verfahren der Statusfeststellung könne nicht automatisch geschlossen werden, der Betroffene werde bei der von der Einzugsstelle getroffenen Feststellung, dass mangels Versicherungspflicht Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien - in jedem Fall automatisch ebenfalls die umfassende Erstattung aller in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung entrichteten Beiträge geltend machen. Vielmehr habe der Betroffene gerade in Bezug auf die Rentenversicherungsbeiträge Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. kein Verzicht auf Beanstandungsschutz mit der Rechtsfolge des § 26 Abs. 1 S 2 SGB IV, Umwandlung in freiwillige Beiträge gemäß § 202 SGB VI), die im wohlverstandenen Eigeninteresse zuvor entsprechende Überlegungen erfordern.

Zwar kann im Einzelfall bei entsprechender Auslegung auch in einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid oder in einer unter Vorbehalt erfolgten, unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung zugleich ein Erstattungsantrag gesehen werden, selbst wenn die Beiträge zu dieser Zeit noch nicht entrichtet waren (vgl. BSG, Urteil vom 16.04.1985 - 12 RK 19/83, juris; BSG, Urteil vom 26.06.1986 - 7 Rar 121/84; BSG, Urteil vom 26.06.1986 - 2 RU 25/85; BSG, Urteil vom 07.09.2017 - B 10 LW 1/16 R). Bei dem Bescheid der Beklagten vom 10.11.2005 handelte es sich aber gerade nicht um einen Beitragsbescheid. Vielmehr stellte die Beklagte damit im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens des Klägers fest, dieser habe in der Zeit ab 01.01.2005 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden und damit u.a. auch der Rentenversicherungspflicht unterlegen. Wie oben ausgeführt, ist das Verwaltungsverfahren zur Erstattung von Beiträgen außerdem nicht als bloßer Annex des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des Status anzusehen; es handelt sich vielmehr um zwei getrennte Verwaltungsverfahren. Dass die Beiträge unter Vorbehalt erfolgten und darin ein Erstattungsantrag gesehen werden könnte, hat der Kläger weder dargetan noch nachgewiesen.

Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Zinsanspruch auch nicht auf andere Vorschriften oder Rechtsinstitute gestützt werden kann (BSG, Urteil vom 16.04.1985 - 12 RK 19/83, juris). Die Verzinsung eines Anspruchs auf Erstattung von Beiträgen ist in § 27 SGB IV abschließend geregelt.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, §§ 154, 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger gehört nicht zum privilegierten Personenkreis des § 183 SGG. Gemäß § 154 Abs. 1, 2 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

Der Streitwert wird auf 7.291,10 EUR festgesetzt (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz).
Rechtskraft
Aus
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