L 2 R 366/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 23 R 51/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 366/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 277/19 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Einstufung der in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Versicherungszeiten des Klägers in den Zeiträumen vom 14. November 1980 bis 9. April 1981, vom 10. April 1981 bis 15. September 1983 und vom 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985 sowie die Berücksichtigung des Zeitraums vom 1. September 1963 bis 25. Mai 1974 als Zeit der Berufsausbildung.

Der 1957 in C-Stadt, Kasachstan (ehemalige Sowjetunion), geborene Kläger ist Inhaber des Vertriebenenausweises A und hat seit dem 11. November 1987 seinen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet.

Der Kläger besuchte bis Juni 1974 die Oberschule Nr. 1 in C-Stadt. Am 30. April 1974 erwarb der Kläger laut Eintragung in seinem deutschen Führerschein seinerzeit den Führerschein der Klasse eins, am 29. Mai 1974 den Führerschein der Klasse zwei. Laut Bescheinigung der Staatlichen Einrichtung, Abteilung für Bildungswesen der Stadt C-Stadt, Nr. 107 vom 11. Mai 2012 besuchte der Kläger die Oberschule Nr. 1 vom 1. September 1963 bis zum 25. Mai 1974 und schloss die Berufsausbildung als Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker und Kraftfahrer ab. Nach Beendigung der Schule war der Kläger vom 16. September 1974 bis 9. September 1975 zunächst als Gabelstaplerfahrer in einer Brotfabrik tätig. Ausweislich eines vom Kläger vorgelegten russischen Arbeitsbuches war er vom 10. September 1975 bis 9. Mai 1977 als Kraftfahrer beim Automatisierten Technologischen Komplex (ATK-2) des Trustes "D." tätig. Nach eigenen Angaben wurde er dort zum Fahrer angelernt, den Führerschein habe er bereits gehabt. Ab dem 10. Mai 1977 wurde er wegen Einberufung in den bis zum 30. Mai 1979 andauernden Militärdienst entlassen. Ab dem 31. August 1979 wurde er beim Auto-Reparaturbetrieb C-Stadt als Schlosser der 3. Lohngruppe eingestellt, bevor er am 21. Oktober 1980 auf eigenen Wunsch entlassen wurde. Ab dem 14. November 1980 wurde er als Ingenieur für Sicherheitstechnik beim Kraftverkehrsbetrieb C-Stadt Nr. 1 eingestellt und ab dem 10. April 1981 als Leiter der Autokolonne eingesetzt. Am 5. April 1983 wurde er wegen Versetzung entlassen und am Folgetag, dem 6. April 1983, als Obermechaniker beim Kraftwagendepot des Trustes E. Nr. 4 eingestellt. Am 15. September 1983 wurde er dort auf eigenen Wunsch entlassen, bevor er ab dem 4. Oktober 1983 als Ingenieur für Autodiagnostik eingestellt und am 15. Februar 1986 entlassen wurde.

Parallel zu seiner Arbeitstätigkeit absolvierte der Kläger ab dem 1. Oktober 1979 bis 25. Juni 1985 ein Abend- und Fernstudium als Ingenieur-Mechaniker im Fachgebiet "Autos und Kraftfahrzeugwirtschaft" beim Polytechnischen Institut F. und dem Sibirischen Kraftfahrzeug- und Straßen(bau)-Institut in G-Stadt, welches er am 25. Juni 1985 mit Diplom abschloss.

Nach früheren Vormerkungsbescheiden gemäß § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) vom 29. Oktober 1993, 22. Januar 1997, 27. Februar 1997 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 1997 u.a. folgende Zeiten als nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berücksichtigt fest:
- Pflichtbeitragszeiten nach Qualifikationsgruppe 5, Bereich 10, der Anlage 14 zum SGB VI für den Zeitraum vom 16. September 1974 bis 10. Mai 1977,
- Pflichtbeitragszeiten für die Ableistung des Grundwehrdienstes für den Zeitraum vom 19. Mai 1977 bis 30. Mai 1979,
- Pflichtbeitragszeiten nach Qualifikationsgruppe 5, Bereich 6, der Anlage 14 zum SGB VI für die Zeiträume vom 31. August 1979 bis 21. Oktober 1980 und vom 14. November 1980 bis 15. September 1983,
- Pflichtbeitragszeiten nach Qualifikationsgruppe 5, Bereich 12, der Anlage 14 zum SGB VI für den Zeitraum vom 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985 sowie
- Pflichtbeitragszeiten nach Qualifikationsgruppe 1, Bereich 12, der Anlage 14 zum SGB VI für den Zeitraum vom 26. Juni 1985 bis 12. Oktober 1987.

Im Rahmen eines Vergleichs vom 25. Juni 1997 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Az. S 13/&1040;n-318/95) wurde dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, seine Einwände gegen den Bescheid vom 18. April 1997 bei der Beklagten schriftlich einzureichen. Die Beklagte werde hierzu "ein Widerspruchsverfahren durchführen und ggf. Widerspruchsbescheid erteilen". Der Kläger trug seine Einwände nach Abschluss des Vergleichs zunächst nicht vor.

Mit Vormerkungsbescheid vom 7. November 2003 stellte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten bis 31. Dezember 1996 verbindlich fest. Unter teilweiser Aufhebung der vorangegangenen Vormerkungsbescheide vom 29. Oktober 1993, 22. Januar 1997, 27. Februar 1997 und 18. April 1997 nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI könne die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. Juni 1982 nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil die Ausbildung im Verhältnis zur versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit seine Zeit und Arbeitskraft nicht überwiegend in Anspruch genommen habe. Die Zuordnung der Wirtschaftsbereiche und Qualifikationsgruppen sei dem Bescheid vom 18. April 1997 zu entnehmen.

Am 23. September 2010 erhob der Kläger sodann im Rahmen einer persönlichen Vorsprache "Widerspruch" gegen den Bescheid vom 18. April 1997. Zur Begründung führte er aus, sein Ziel sei insbesondere die Anerkennung seines Studiums als Fachhochschule und nicht lediglich als Fachschule. Er habe sein Studium im Zeitraum vom 1. Oktober 1979 bis 25. Juni 1985 neben seiner normalen Arbeitstätigkeit im Umfang von 40 Stunden pro Woche absolviert. Das Studium sei abends, am Wochenende und im Urlaub absolviert worden. Aufgrund der Fortschritte im Studium habe er höherwertige Arbeiten ausüben können und dementsprechend auch ein höheres Einkommen erzielt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. April 1997 in der Fassung des Bescheides vom 7. November 2003 mit der Begründung zurück, die Einstufung in eine bestimmte Qualifikationsgruppe sei vorzunehmen, wenn der Versicherte eine festgelegte Qualifikation erworben und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt habe. Die festgelegte Qualifikation könne nach Satz 2 der Anlage 13 zum SGB VI durch gleichwertige, aufgrund langjähriger Berufserfahrung erworbene Fähigkeiten ersetzt werden. Der Erwerb der Qualifikation könne sich dann aber immer nur von dem Zeitpunkt auswirken, zu dem eine langjährige Berufserfahrung vorliege, nicht rückwirkend. Eine langjährige Berufserfahrung liege frühestens dann vor, wenn die höherwertige Tätigkeit mindestens für die Dauer verrichtet werde, die der formalen Berufsausbildung für diese Qualifikationsgruppe entspreche (Mindestgrenze). Bei der Auslegung des Begriffes "langjährige Berufserfahrung" seien aber die höchstrichterlich entwickelten Auslegungskriterien zu den Leistungsgruppen nach dem FRG in der bis 31. Dezember 1991 geltenden Fassung zu beachten (Bezugnahme auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Mai 2003, B 4 RA 26/02 R). Nach den Grundsätzen zur Leistungsgruppeneinstufung dauere der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten neben der Arbeit üblicherweise wesentlich länger als eine gezielte Unterweisung während einer geordneten Ausbildung; regelmäßig könne die doppelte Zeit der üblichen Ausbildungsdauer für den Erwerb entsprechender Fähigkeiten angesetzt werden. Eine berufliche Qualifikation habe der Kläger erstmals mit Abschluss der Hochschulausbildung am Polytechnischen Institut F. und mit Erlangung des Diploms als "Ingenieur-Mechaniker" am 25. Juni 1985 erworben. Daher sei ihm zutreffend ab dem 26. Juni 1985 die Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet worden. Eine Facharbeiterqualifikation im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI habe der Kläger mit der Führerscheinprüfung im Mai 1974 nicht erworben; eine Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI beispielsweise ab Mai 1974 sei daher nicht möglich. Die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI könne frühestens nach einer langjährigen Berufserfahrung in entsprechenden Tätigkeiten, d.h. nach 6 Jahren, zugeordnet werden. Nach den Eintragungen in dem am 28. Mai 1979 ausgestellten Arbeitsbuch sei der Kläger ab dem 31. August 1979 als "Schlosser der Lohngruppe 3" beschäftigt gewesen. Wenn man davon ausgehe, dass es sich hierbei um eine "höherwertige" Tätigkeit im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI gehandelt habe, wäre eine Zuordnung der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI frühestens ab dem 1. August 1985 möglich gewesen. Aufgrund der vom Kläger abgeschlossenen Hochschulausbildung und der entsprechend dieser erworbenen beruflichen Qualifikation ausgeübten Beschäftigung als Ingenieur sei jedoch bereits ab dem 26. Juni 1985 die höchstmögliche Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet worden.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 30. Januar 2012 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt und trug vor, er begehre die Zuordnung günstigerer Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum SGB VI. Den Beitragszeiten vor dem 26. Juni 1985 sei lediglich die Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet worden, was einer angelernten oder ungelernten Tätigkeit entspreche. Erst für die Zeit nach Abschluss seines Studiums am Polytechnischen Institut G-Stadt am 25. Juni 1985 mit dem akademischen Grad eines "Ingenieur-Mechanikers" sei der Kläger der Qualifikationsgruppe 1 zugeordnet worden. Die bis zu diesem Zeitpunkt ausgeübten Tätigkeiten würden nicht lediglich der Qualifikationsgruppe 5 entsprechen, vielmehr habe er am 25. Mai 1974 eine Berufsausbildung als Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker und Kraftfahrer erfolgreich abgeschlossen. Dementsprechend sei für ihn mit Aufnahme seiner Berufstätigkeit am 16. September 1974 die Qualifikationsgruppe 4 zugrunde zu legen. Ab dem 14. November 1980 habe er eine Tätigkeit als Sicherheitsingenieur ausgeübt. Die hierfür erforderliche Qualifikation habe er sukzessive durch sein ab dem 1. Oktober 1979 parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit durchgeführtes Hochschulstudium erworben. Für die Zeit ab dem 14. November 1980 sei daher die Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen. Ab dem 10. April 1981 habe er als Fuhrparkleiter gearbeitet, was einer abgeschlossenen Fachschulausbildung entspreche, die zu einer Eingruppierung in die Qualifikationsgruppe 2 führen müsse. Ab dem 4. Oktober 1983 sei er als Fahrzeugdiagnostik-Ingenieur tätig gewesen, was ebenfalls einer abgeschlossenen Fachschulausbildung entspreche und der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen sei.

Mit Schriftsatz vom 15. August 2012 erkannte die Beklagte den mit der Klage geltend gemachten Anspruch teilweise an und ordnete den Zeiträumen vom 10. September 1975 bis 10. Mai 1977, vom 31. August 1979 bis 21. Oktober 1980 und vom 14. November 1980 bis 25. Juni 1985 die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zu. Grund für die Abgabe des Teilanerkenntnisses sei die Vorlage der beglaubigten Übersetzung einer Bescheinigung über den Abschluss einer Berufsausbildung zum Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker und Kraftfahrer am 25. Mai 1974. Mit Schriftsatz vom 28. September 2012 nahm der Kläger das Teilanerkenntnis an.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2016 wies das Sozialgericht die Klage ab und führte zur Begründung aus, soweit die Klage ursprünglich darauf abgezielt habe, den in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Versicherungszeiten vom 10. September 1975 bis 10. Mai 1977, vom 31. August 1979 bis 21. Oktober 1980 und vom 14. November 1980 bis 20. Juni 1985 eine höhere Qualifikationsgruppe als die Qualifikationsgruppe 5 zuzuordnen, sei die Klage bereits teilweise durch angenommenes Anerkenntnis erledigt. Soweit die Klage darauf abziele, dem Zeitraum vom 14. November 1980 bis 9. April 1981 die Qualifikationsgruppe 3 und den Zeiträumen vom 10. April 1981 bis 15. September 1983 und vom 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985 die Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen, sei die Klage unbegründet. Die Zeiten seien zu Recht der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet worden. Für die Zuordnung in eine höhere Qualifikationsgruppe habe der Kläger nicht den tatsächlichen Erwerb der hierfür erforderlichen Qualifikation nachgewiesen. Auch hätten in diesen Zeiträumen keine gleichwertigen, aufgrund langjähriger Berufserfahrung erworbenen Fähigkeiten vorgelegen. Insoweit werde nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die Begründung der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2012 Bezug genommen, § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gegen das seinen ehemaligen Prozessbevollmächtigten am 8. November 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Dezember 2016 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt und erneut eine beglaubigte Übersetzung seines Arbeitsbuchs vorgelegt. Danach wurde der Kläger am 14. November 1980 als Sicherheitsingenieur in der C-Stadter ATP-1 eingestellt, am 10. April 1981 versetzt als Leiter der Brigade, am 5. April 1983 entlassen wegen Versetzung in die Kraftwagenzentrale des Trusts "E." Nr. 4, am 6. April 1983 eingestellt als "Erster Mechaniker" in die C-Stadter Brigade und am 15. September 1983 entlassen auf eigenen Wunsch. Am 4. Oktober 1983 wurde der Kläger laut Arbeitsbuch als Fahrzeugdiagnostik-Ingenieur bei der Staatlichen Kommission für Landwirtschaftstechnik der Kasachischen SSR eingestellt, wo er am 15. Februar 1986 entlassen wurde.

Mit Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI vom 16. März 2018 hat die Beklagte die Zeiten bis 31. Dezember 2011 verbindlich festgestellt und dabei aufgrund des Teilanerkenntnisses vom 15. August 2012 für die Zeiten vom 10. September 1975 bis 10. Mai 1977, vom 31. August 1979 bis 21. Oktober 1980 und vom 14. November 1980 bis 25. Juni 1985 die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 4 berücksichtigt. Für die Zeit vom 14. August 1973 bis 28. Juni 1974 könnten wegen einer Rechtsänderung die bisher vorgemerkten Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung nicht mehr berücksichtigt werden, weil sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden seien. Der Bescheid vom 29. Oktober 1993 über die Feststellung dieser Zeit werde insoweit nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2019 hat der Kläger schließlich noch einen im Internet recherchierten und übersetzten Ausdruck eines Dekrets des Ministerrates der UdSSR vom 13. April 1973 vorgelegt, das u.a. die Anrechnung einer ununterbrochenen Berufserfahrung für den Zeitraum zwischen der Entlassung aus dem Wehrdienst und der Aufnahme einer Beschäftigung oder in einer Bildungseinrichtung betrifft. Die vorgelegte Übersetzung weist das Dekret als "ungültig" aus.

Der Kläger ist im Wesentlichen der Auffassung, der Zeitraum vom 14. November 1980 bis 9. April 1981 sei der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Vom 1. Oktober 1979 bis 25. Juni 1985 habe er ein Studium (Maschinenbau) absolviert und abgeschlossen. Parallel zum Studium sei er mit Wirkung vom 14. November 1980 als Sicherheitsingenieur eingestellt und als solcher bis zum 9. April 1981 tätig gewesen. Die Einstellung als Sicherheitsingenieur sei ohne lngenieurausbildung erfolgt. Als Sicherheitsingenieur habe er aber nur wegen der bereits seit dem 10. September 1975 ausgeübten Tätigkeit (gemäß Arbeitsbuch) sowie wegen des Umstandes, dass er seinerzeit bereits das Studium aufgenommen hatte, arbeiten können. Ein Fern- bzw. Abendstudium sei nicht geringer einzuschätzen als ein normales Studium an einer Universität oder Fachhochschule. Seine Qualifikation ergebe sich daraus, dass er das Studium erfolgreich beendet habe. Die Zeiträume vom 10. April 1981 bis 15. September 1983 und 4. Oktober 1983 bis 25. August 1985 seien der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen. Vom 10. April 1981 bis 4. April 1983 sei er als Leiter der Brigade, konkret als Leiter der Autokolonne, eingesetzt worden. Dort sei er für rund 100 Fahrer, einen Techniker und drei Disponenten zuständig gewesen. Er sei u.a. zuständig gewesen für Einstellung und Entlassung des benötigten Personals sowie die Überwachung der Erfüllung der Vorgaben. Einschlägig sei Ziffer 4 der Qualifikationsgruppe 2. Hierunter zählten zwar nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, doch habe das erfolgreich beendete lngenieurstudium zu einem Fachhochschulabschluss geführt. Dies gelte auch für den Zeitraum vom 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985. Vom 4. Oktober 1983 an sei er als Fahrzeugdiagnostik-Ingenieur eingestellt worden, wobei dieses Arbeitsverhältnis erst am 14. Februar 1986 geendet habe. Während des gesamten Zeitraums habe er dieselben Arbeiten ausgeführt. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass er erst am 25. August 1985 das Diplom erhalten habe und ihm die Qualifikation eines Maschinen-Ingenieurs zuerkannt worden sei. Bei Ausübung derselben Tätigkeit müsse eine einheitliche Entscheidung ergehen. Die Zuordnung davon abhängig zu machen, wann ein Diplom verliehen worden sei, werde dem nicht gerecht und führe zu nicht zu tolerierenden Ungerechtigkeiten. Schließlich sei aufgrund einer übersetzten Bescheinigung der Staatlichen Einrichtung, Abteilung für Bildungswesen der Stadt C-Stadt, Nr. 107 vom 11. Mai 2012 der Zeitraum vom 1. September 1963 bis 25. Mai 1974 als Zeit der Berufsausbildung nach dem FRG zu berücksichtigen. In diesem Zeitraum habe er die staatliche Einrichtung "Oberschule I" der Abteilung für Bildungswesen der Stadt C-Stadt besucht und die Berufsausbildungen zum Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker und Kraftfahrer absolviert. Die Bescheinigung sei ausgestellt am 6. März 2006. Seine eigentliche Berufsausbildung habe drei Jahre gedauert und am 25. Mai 1974 geendet. Gleichzeitig habe er im Rahmen der Ausbildung den Führerschein als Berufskraftfahrer erworben. Ab dem 31. August 1979 habe er als Schlosser im C-Stadter Autoreparaturwerk gearbeitet.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. Oktober 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 1997, in der Fassung des Bescheides vom 7. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2012, in der Fassung des Bescheides vom 16. März 2018, zu verurteilen, ihm
a) im Zeitraum vom 14. November 1980 bis 9. April 1981 die Qualifikationsgruppe 3 sowie
b) in den Zeiträumen vom 10. April 1981 bis 15. September 1983 und 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985 die Qualifikationsgruppe 2 und
c) den Zeitraum vom 1. September 1963 bis 25. Mai 1974 als Zeit der Berufsausbildung
zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte schließt sich der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung an und führt ergänzend aus, den Zeiten ab dem 14. November 1980 könne nicht die Qualifikationsgruppe 3 und den Zeiten ab dem 10. April 1981 könne nicht die Qualifikationsgruppe 2 zugeordnet werden, weil die für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 bzw. 3 erforderliche Qualifikation erst mit Abschluss der Hochschulausbildung am 25. Juni 1985 erworben worden sei; gleichwertige, aufgrund langjähriger Berufserfahrung erworbene Fähigkeiten hätten in diesen Zeiträumen ebenfalls noch nicht vorgelegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 SGG), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. Oktober 2016 ist nicht zu beanstanden. Die angegriffenen Bescheide sind in der Fassung des Bescheides vom 16. März 2018, der das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten vom 15. August 2012 umgesetzt hat, rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Nach § 15 Abs. 1 FRG werden bei dem fremdrentenberechtigten Personenkreis, zu dem der Kläger als anerkannter Spätaussiedler (§ 4 Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - Bundesvertriebenengesetz (BVFG)) gemäß § 1 lit. a) FRG unstreitig gehört, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten so behandelt, als ob es sich um inländische Beitragszeiten handeln würde. Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Nach Maßgabe des § 16 FRG gilt entsprechendes für Beschäftigungszeiten im Vertreibungsgebiet, wozu auch die Sowjetunion zählt.

Gemäß § 22 Abs. 1 FRG werden Entgeltpunkte für Zeiten der in §§ 15 und 16 FRG genannten Art in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt. Nach § 256 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGB VI werden für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten nach dem 31. Dezember 1949 zur Ermittlung von Entgeltpunkten als Beitragsbemessungsgrundlage für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittsverdienste berücksichtigt, die sich
1. nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und
2. nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche
für dieses Kalenderjahr ergeben, höchstens jedoch fünf Sechstel der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze.

Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß §§ 16, 22 Abs. 1 FRG i. V. m. § 256b SGB VI auf Zuordnung seiner Tätigkeiten in eine höhere als die Qualifikationsgruppe 4 nach der Anlage 13 zum SGB VI in den Zeiten vom 14. November 1980 bis 9. April 1981 sowie vom 10. April 1981 bis 15. September 1983 und vom 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985. Die Beklagte hat diese Zeiten zu Recht der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet.

Die Anlage 13 zum SGB VI ordnet einleitend an, dass Versicherte in eine der darin im Einzelnen beschriebenen insgesamt fünf Qualifikationsgruppen einzustufen sind, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (Satz 1). Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, so sind sie in diese (höhere) Qualifikationsgruppe einzustufen (Satz 2).

Die Qualifikationsgruppe 4 ist nur für Facharbeiter und damit für Personen vorgesehen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufs entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.

Die vom Kläger für den Zeitraum vom 14. November 1980 bis 9. April 1981 begehrte Qualifikationsgruppe 3 (Meister) umfasst Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde. Hierzu zählen nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder den Begriff "Meister" als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z.B. Platzmeister, Wagenmeister).

Daneben umfasst die vom Kläger für die Zeiträume 10. April 1981 bis 15. September 1983 und 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985 begehrte Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen)
1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist.
2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist.
3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen.
4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten.
Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.

Vor diesem Hintergrund wurde der Tätigkeit des Klägers ab dem 26. Juni 1985 bereits die höchst mögliche Qualifikationsgruppe 1 (Hochschulabsolventen) zugeordnet. Dagegen sind die vom Kläger geltend gemachten Zeiten der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen, weil die Voraussetzungen für die beitragsrechtliche Zuordnung der in diesem Zeitraum ausgeübten Beschäftigungen in höhere Qualifikationsgruppen weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht wurden.

Im Zeitraum vom 14. November 1980 bis 9. April 1981 war der Kläger als Ingenieur für Sicherheitstechnik beim Kraftverkehrsbetrieb C-Stadt Nr. 1 beschäftigt. In den Zeiträumen vom 10. April 1981 bis 4. April 1983 war er als Leiter der Autokolonne beim Kraftverkehrsbetrieb C-Stadt Nr. 1 und vom 4. Oktober 1983 bis 25. Juni 1985 als Ingenieur für Autodiagnostik tätig. Unterbrochen wurden diese Zeiträume durch eine zwischenzeitliche Tätigkeit als Obermechaniker in einem Kraftwagendepot im Zeitraum vom 6. April 1983 bis 15. September 1983. Sein formaler Ausbildungsabschluss während der genannten Zeiträume bestand (höchstens) in Form einer am 25. Mai 1974 abgeschlossenen Berufsausbildung als Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker und Kraftfahrer, d.h. einem der Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) entsprechenden Ausbildungsstand. Mit dieser Berufsausbildung verfügte der Kläger aber weder über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder eine entsprechende Qualifikation (Qualifikationsgruppe 3) noch über einen Fachschulabschluss (Qualifikationsgruppe 2). Selbst wenn die von ihm ausgeübten Tätigkeiten des Ingenieurs für Sicherheitstechnik, des Leiters der Autokolonne, des Obermechanikers in einem Kraftwagendepot und des Ingenieurs für Autodiagnostik inhaltlich der Tätigkeit auf Meisterniveau bzw. eines Fachschulabsolventen entsprochen hätten, so fehlte es in den streitigen Zeiträumen an der erforderlichen Ausbildungsqualifikation des Klägers. Für die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe bedarf es jedoch grundsätzlich zeitgleich der Erfüllung der Qualifikationsmerkmale und der Ausübung der entsprechenden Tätigkeit.

Auch auf der Grundlage des einleitenden Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI scheidet eine Zuordnung der streitigen Zeiten zu einer höheren als der Qualifikationsgruppe 4 aufgrund langjähriger Berufserfahrung aus. Satz 2 begründet die Einstufung in eine "höhere" Qualifikationsgruppe auch dann, wenn die in der jeweiligen Gruppe umschriebenen formalen Kriterien nicht erfüllt sind. Er ersetzt damit das Qualifikationsmerkmal der Absolvierung eines formalen Ausbildungsganges mit formalem Abschluss durch das Qualifikationsmerkmal der Fähigkeiten, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, falls diese auf Grund "langjähriger Berufserfahrung" erworben worden sind. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen sollte, dass er als Ingenieur für Sicherheitstechnik und den Folgebeschäftigungen als Leiter der Autokolonne, als Obermechaniker und als Ingenieur für Autodiagnostik ab dem 14. November 1980 tatsächlich ununterbrochen und "in voller Breite" die einem Meister bzw. einem Fachschulabsolventen entsprechenden Tätigkeiten ausgeübt hat, kann er nicht schon ab diesen früheren Zeitpunkten die Zuordnung zu einer höheren Qualifikationsgruppe beanspruchen. Denn Satz 2 der Anlage 13 zum SGB VI bezieht sich nicht auf die Tätigkeiten, sondern auf die Fähigkeiten, die "üblicherweise" denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03 R). Damit ist klargestellt, dass nicht die Tätigkeiten an sich, sondern die Fähigkeiten, diese Tätigkeiten zu verrichten, zu einer höheren Einstufung in die Qualifikationsgruppe führen. Dabei ist zu fordern, dass eine qualifizierte Tätigkeit mindestens für eine Dauer verrichtet worden sein muss, die der formalen Berufsausbildung entsprach (Mindestdauer), um die für eine vollwertige Berufsausbildung erforderlichen qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben zu können (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 1985, 5a RKn 15/84). Da der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten neben der Arbeit - hier in Form eines Abend- und Fernstudiums - üblicherweise wesentlich länger als eine gezielte Unterweisung während einer geordneten mehrjährigen Ausbildung dauert, ist regelmäßig die doppelte Zeit der üblichen Ausbildung anzusetzen, wobei während dieses Zeitraums die qualifizierte Tätigkeit vollwertig ausgeübt worden sein muss; ein automatisches Hineinwachsen in höhere Qualifikationsgruppen ist nicht möglich. Diese Grundsätze gelten nicht nur bei direkter Anwendung des Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI auf Sachverhalte in der ehemaligen DDR, sondern auch bei dessen sinngemäßer Anwendung im Rahmen des § 22 FRG (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2003, B 4 RA 26/02 R).

Hiervon ausgehend ist bereits für eine höhere Zuordnung wegen langjähriger Berufserfahrung in die Qualifikationsgruppen 2 oder 3 bei einer durchschnittlichen formalen Ausbildungsdauer von Meistern und Fachschulabsolventen von mindestens drei Jahren regelmäßig ein Zeitraum von mindestens sechs Jahren anzusetzen. Mit Beginn am 14. November 1980 ist dies frühestens am 13. November 1986 anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger jedoch sein Hochschulstudium bereits abgeschlossen und ihm wird bereits ab dem 25. Juni 1985 die höherwertige Qualifikationsgruppe 1 zuerkannt. Anhaltspunkte dafür, dass nach den individuellen Verhältnissen des Klägers eine Verkürzung des oben genannten Zeitraums geboten ist, sind nicht erkennbar. Insbesondere führt die bloße Aufnahme eines Abend- und Fernstudiums mit dem Ziel einer Hochschulausbildung wegen in der Regel unterschiedlicher Lerninhalte nicht bereits vor erfolgreichem Abschluss des Studiums dazu, dass die Anforderungen an einen Qualifikationsaufstieg wegen langjähriger Berufserfahrung, gleichsam im Vorgriff auf die später eintretende höhere Qualifikation, zu verkürzen wären. Die Grundsätze der Höhergruppierung wegen langjähriger Berufserfahrung vermögen damit für den streitigen Zeitraum eine höhere Qualifikationsgruppe nicht zu rechtfertigen.

Eine anderweitige Möglichkeit der Zuordnung einer höheren Qualifikationsstufe ohne Vorliegen des entsprechenden Abschlusses ist in der Anlage 13 zum SGB VI gesetzlich nicht vorgesehen. Soweit der Kläger sinngemäß einwendet, seine bereits während des Studiums angehobene Entlohnung könne zur Begründung einer höheren Qualifikationsgruppe herangezogen werden, geht auch diese Argumentation fehl. Denn die Lohngruppe stellte in der ehemaligen Sowjetunion lediglich ein Indiz für eine bestimmte Qualifikationsstufe dar, nicht jedoch das alleinige oder wesentliche Merkmal. Hierfür spricht auch, dass für die Eingruppierung neben der Qualifikation im engeren Sinne auch andere Faktoren, wie der Grad der Verantwortung oder konkrete Arbeitsbedingungen, berücksichtigt werden konnten, ohne dass insoweit eine einheitliche Praxis bestanden hatte (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 6. September 2006, L 13 KN 19/03). Zudem vermag eine höherwertige Bezahlung als Indiz für die Qualität der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit herangezogen werden, das Fehlen einer entsprechenden Qualifikation vermag sie aber nicht zu beseitigen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Berücksichtigung des Zeitraums vom 1. September 1963 bis 25. Mai 1974 als Zeiten der Berufsausbildung im Sinne des § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI.

Gemäß § 54 Abs. 1 SGB VI sind rentenrechtliche Zeiten
1. Beitragszeiten
a) als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen,
b) als beitragsgeminderte Zeiten,
2. beitragsfreie Zeiten und
3. Berücksichtigungszeiten.
Zeiten mit vollwertigen Beiträgen sind Kalendermonate, die mit Beiträgen belegt und nicht beitragsgeminderte Zeiten sind (§ 54 Abs. 2 SGB VI). Beitragsgeminderte Zeiten sind nach § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeit (Fünftes Kapitel) belegt sind. Als beitragsgeminderte Zeiten gelten gemäß § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung). Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§ 54 Abs. 4 SGB VI). Dabei sind Anrechnungszeiten unter anderem Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI).

Diese gesetzlichen Vorgaben gelten generell auch für die vom Kläger im Herkunftsgebiet zurückgelegten Zeiten. Das ergibt sich aus § 14 FRG, wonach sich die Rechte und Pflichten der nach diesem Abschnitt Berechtigten nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden allgemeinen Vorschriften richten, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften (§§ 15 ff. FRG) nichts anderes ergibt.

Der Begriff der Berufsausbildung bestimmt sich grundsätzlich nach der Definition des § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Berufsausbildung die Beschäftigung zum Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung. Eine Berufsausbildung im Sinne des § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI erfordert in Abgrenzung zur (fach)schulischen Ausbildung die Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen in einem Berufsausbildungsverhältnis. Berufsausbildung liegt vor, wenn es sich dem Wesen nach um eine Ausbildung handelt und diese dazu dient, Fähigkeiten zu erlangen, die die Ausübung des zukünftigen Berufes ermöglichen (BSG, Urteil vom 21. März 1996, 11 Rar 95/95). Voraussetzung ist ein echtes Ausbildungsverhältnis, das nach Inhalt und zeitlicher Gestaltung sowie Leistungskontrolle einem von vornherein festgelegten Plan entspricht und sich an einem bestimmten Ausbildungsziel orientiert (Gürtner, in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2019, SGB VI, § 54, Rn. 17). Ausbildung ist dabei stets nur die erste zu einem Abschluss führende Bildungsmaßnahme, alle späteren Schritte zur weiteren beruflichen Bildung sind als Weiterbildung zu werten (BSG, Urteil vom 21. Juli 1977, 7 Rar 135/75, juris Rn. 26).

Vorliegend stand der Kläger in der streitigen Zeit schon nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 2 SGB IV, sondern besuchte die Oberschule Nr. 1 in C-Stadt. Eine Beschäftigung nahm der Kläger erstmals zum 16. September 1974 auf, als er die Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer aufnahm. Bereits nach der formalen Art der Ausbildung handelte es sich beim Besuch der Oberschule Nr. 1 um eine schulische und keine berufliche Ausbildung. Der Kläger erlangte - entgegen seinem Vortrag - mit Abschluss der Schulzeit insbesondere nicht die berufliche Qualifikation zum Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker oder zum Kraftfahrer. Anhaltspunkte hierfür lassen sich insbesondere dem zeitnah erstellten Abschlusszeugnis der Oberschule Nr. 1 vom 28. Juni 1974 nicht entnehmen, welches den Abschluss entsprechender Berufsqualifikationen nicht ausweist. Dem Zeugnis entnommen werden kann lediglich, dass der Kläger das Fach "Berufsausbildung" als eines von insgesamt 18 Fächern durchlaufen und mit der Note "sehr gut" absolviert hat. Für den Senat ergeben sich aus dem Abschlusszeugnis keine Indizien dafür, dass es sich bei dem Besuch des Faches "Berufsausbildung" um mehr als eine schulische Ausbildung mit berufsvorbereitendem Charakter, insbesondere eine abgeschlossene Berufsqualifikation, gehandelt hat. Hinsichtlich der Tätigkeit als Kraftfahrer hat der Kläger selbst im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgetragen, erst anlässlich der Tätigkeit beim Automatisierten Technologischen Komplex (ATK-2) des Trustes "D." ab dem 10. September 1975 über den bestehenden Führerschein hinaus als Kraftfahrer angelernt worden zu sein. Der Senat ist vor diesem Hintergrund nicht überzeugt, dass der Kläger bereits zum 25. Mai 1974 eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Kraftfahrer bei erstmaligem Erwerb des Führerscheins im Alter von 16 Jahren am xx. xxx 1974 vorweisen kann. Der Senat vermag sich dem Inhalt der am 11. Mai 2012 ausgestellten und insoweit widersprüchlichen Bescheinigung Nr. 107 der Staatlichen Einrichtung, Abteilung für Bildungswesen der Stadt C-Stadt, Staatliche Einrichtung Oberschule Nr. 1, nicht anzuschließen, ausweislich derer der Kläger die Oberschule Nr. 1 vom 1. September 1963 bis 25. Mai 1974 besucht und die Berufsausbildung als Kraftfahrzeugschlosser-Mechaniker und Kraftfahrer erlangt habe. Für den Senat ist es wenig nachvollziehbar, dass der Kläger während seiner zehnjährigen Schulzeit vom 6. bis zum 16. Lebensjahr durchgehend die Oberschule Nr. 1 besucht hat. Nach dem damaligen Schulsystem der Sowjetunion dürfte es sich bei der Oberschule Nr. 1 bei einem Abschluss nach der 10. Klasse mit Erwerb der Hochschulreife vielmehr um eine "vollständige" Mittelschule gehandelt haben. Hierauf aufbauend wäre eine abgeschlossene mittlere Berufsbildung erst nach weitergehendem Besuch einer Berufs- oder Fachschule oder einer betrieblichen Ausbildung erlangt worden (vgl. Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 1995, 354, 361 f.). Die Berufsausbildung an Fach- und Berufsschulen schloss mit einer Prüfung ab, deren Bestehen durch ein entsprechendes Diplom dokumentiert wurde. Ein solches Diplom hat der Kläger nicht vorlegen können. Daneben weist das Arbeitsbuch des Klägers eine Tätigkeit als Fahrer erstmals ab dem 10. September 1975 sowie als Schlosser erstmals nach Beendigung der Wehrdienstzeit ab dem 31. August 1979 aus. Diese Tätigkeiten hat der Kläger selbst auch in seinem ersten Kontenklärungsverfahren im Jahre 1989 bereits in dieser Form angegeben, ohne auf vorangegangene abgeschlossene Berufsausbildungen hinzuweisen. Schließlich spricht gegen eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung als Schlosser hinsichtlich seiner Tätigkeit ab dem 31. August 1979 beim Auto-Reparaturbetrieb C-Stadt auch, dass er seinerzeit wie ein "qualifizierter Arbeiter" in die Lohngruppe 3 eingeordnet wurde, während gehobenes Fachpersonal mit einem entsprechenden Berufsausbildungsabschluss als "hochqualifizierte Arbeiter" in die Lohngruppen fünf oder sechs eingruppiert worden wäre (vgl. Müller, a.a.O., S. 361).

Vor diesem Hintergrund hat der Kläger zur Überzeugung des Senats den Zeitraum vom 1. September 1963 bis 25. Mai 1974 nicht als Zeit der Berufsausbildung glaubhaft gemacht.

Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI hat die Beklagte schließlich zu Recht die Zeit vom 14. August 1973 bis 28. Juni 1974 nicht mehr als vorgemerkte Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung des am 14. August 1957 geborenen Klägers berücksichtigt, weil sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurde. Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit ist § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI, wobei gemäß § 149 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI eine Anhörung der Beteiligten nach § 24 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) nicht erforderlich ist und die Vertrauensschutzregelung des § 48 SGB X keine Anwendung findet.

Die im Versicherungsverlauf des Klägers bestehenden Lücken vom 30. Mai 1979 bis 31. August 1979 (Anschluss an die Wehrdienstzeit) sowie vom 16. Februar 1986 bis 31. März 1986 sind nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens. Insofern vermochte auch die Vorlage des Ausdrucks eines Dekrets des Ministerrates der UdSSR vom 13. April 1973 von vornherein keine andere Entscheidung zu begründen.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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