Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 8/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 92/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Aufrechnung von Beitragsforderungen der Antragsgegnerin mit ihrer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Die am ... 1959 geborene Antragstellerin wird von der Antragsgegnerin wegen offener Pflichtbeiträge für selbstständige Tätigkeiten vom 11. Februar 1991 bis zum 25. August 1993 gemäß § 10 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) bzw. § 229a Abs. 1 SGB VI (Bescheide vom 7. März und 1. November 1994) sowie vom 1. März bis 22. November 2006 gemäß § 2 Satz 1 Nr. 10 SGB VI (Bescheide vom 19. April und 4. Juni 2008) in Anspruch genommen.
Über das Vermögen der Antragstellerin war am 16. Oktober 2015 das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht G. (IN ...) eröffnet worden. Die Antragsgegnerin hatte dort am 10. Dezember 2015 einen Betrag von 3.471,32 EUR einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschlägen angemeldet. Mit Beschluss des Amtsgerichts G. vom 17. November 2016 wurde das Verfahren gemäß § 200 Insolvenzordnung (InsO) aufgehoben. Mangels einer zu verteilenden Masse wurde keine Schlussverteilung vorgenommen. Die Abtretungsfrist beträgt sechs Jahre, beginnend ab dem 16. Oktober 2015.
Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 26. Juni 2019 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021. Auf die Nachzahlung i.H.v. 5.488,72 EUR erhob das Jobcenter B. einen Erstattungsanspruch i.H.v. 4.385,50 EUR (Leistungen für Januar bis Juli 2019: 626,50 EUR/Monat).
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin unter dem 9. August 2019 zur Aufrechnung ihrer Beitragsansprüche i.H.v. 3.471,32 EUR gemäß § 51 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) an. Beabsichtigt sei die Aufrechnung in Höhe der noch einbehaltenen Rentennachzahlung (1.103,22 EUR) sowie in monatlichen Raten von 182,04 EUR. Dagegen wendete die Antragstellerin ein, während des laufenden Insolvenzverfahrens dürfe sie keine Raten tilgen.
Die Antragsgegnerin rechnete - wie angekündigt - mit Bescheid vom 15. Oktober 2019 ihre Beitragsforderungen mit der Erwerbsminderungsrente auf.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch vom 4. November 2019 wendete sich die Antragstellerin auch gegen die Höhe der Aufrechnung. Sie bat um eine Ratenzahlung i.H.v. 20 EUR/Monat wegen ihrer finanziellen Situation, u.a. wegen einer Erhöhung der Stromkosten sowie Schulden bei der E. und der Agentur für Arbeit R ...
Mit Teilabhilfebescheid vom 22. November 2019 regelte die Antragsgegnerin eine monatliche Aufrechnung i.H.v. 115 EUR ab 1. Januar 2020. Ausgehend vom Rentenzahlbetrag von 808,54 EUR verbliebe eine Rentenleistung von 693,54 EUR. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2019 berechnete sie die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2020 neu; hinsichtlich des Zahlbetrags und des aufgerechneten Teils verblieb es bei der bisherigen Regelung. Dagegen legte die Antragstellerin am 21. Dezember 2019 wiederum Widerspruch ein und verwies nunmehr auf einen vollstreckungsrechtlichen Freibetrag von 1.459 EUR.
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2020 als unbegründet zurück. Die Aufrechnung der geschuldeten Pflichtbeiträge sei nicht zu beanstanden. Bis zum Ende der Wohlverhaltensphase im Restschuldbefreiungsverfahren könne der Rentenversicherungsträger gemäß § 51 Abs. 2 SGB I die Aufrechnung der insolvenz-/abtretungsfreien Leistungsteile prüfen. Da die Antragstellerin keinen Nachweis der Hilfebedürftigkeit vorgelegt habe, seien die Leistungen des Jobcenters B. berücksichtigt worden. Wegen der glaubhaften Kostensteigerung für Strom sei der aufzurechnende Betrag auf 115 EUR reduziert worden. Im Rahmen der Ermessensausübung bestehe keine Möglichkeit, teilweise auf die Aufrechnung zu verzichten. Dagegen hat die Antragstellerin unter dem 19. Mai 2020 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben.
Sie hat bereits am 7. Januar 2020 beim Sozialgericht Magdeburg im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen. Sie besitze außer der Rente kein Vermögen, sodass der existenznotwendige Lebensunterhalt nicht gedeckt sei. Die betroffene Forderung sei auch von dem laufenden Restschuldbefreiungsverfahren erfasst (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2016, L 5 R 2004/14). Die Aufrechnung verstoße daher gegen § 294 InsO. Die Aufrechnungslage hätte aber auch schon vor der Insolvenzeröffnung bestehen müssen (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 5/11 R). Im Übrigen berufe sie sich auf Verjährung der zu vollstreckenden Ansprüche. Die Antragsgegnerin habe den erforderlichen Durchsetzungsbescheid nach § 52 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vorzulegen. Im weiteren Verlauf hat sie ausgeführt, Verwaltungsakte mit zu vollstreckenden Forderungen seien ihr nicht zugegangen.
Das Sozialgericht hat unter dem 3. März 2020 von der Antragstellerin eine Bescheinigung des Sozialamts angefordert. Diese hat ausgeführt, der Nachweis benötige mindestens sechs Wochen und sei im Rahmen der gesetzten Frist nicht möglich. Die Bedürftigkeit sei anhand der Prozesskostenhilfe (PKH)-Nachweise zu bewerten. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 3. März 2020 PKH mit monatlichen Raten von 57 EUR bewilligt.
Die Antragsgegnerin hat ergänzend ausgeführt, das zitierte Urteil des BSG bestätige gerade, dass der Vollstreckungsschutz einer Aufrechnung mit unpfändbaren Teilen der Rentenzahlungsansprüche nicht entgegenstehe.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30. März 2020 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund lägen nicht vor. Die Antragstellerin schulde der Antragsgegnerin Beitragsschulden aus selbständiger Tätigkeit. Die Angabe, die Beitragsbescheide seien ihr nicht bekannt, sei eine Zweckbehauptung. Dies ergebe sich aus einer Vielzahl von dokumentierten Kontakten der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin (u.a. Befreiungsanträge, Stundungsanträge, Pfändungsmaßnahmen, Ratenzahlungsangebote). Es sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin durch die Aufrechnung hilfebedürftig würde. Sie habe auch ein halbes Jahr nach der Aufforderung durch die Antragsgegnerin keine Bedarfsbescheinigung i.S.v. § 51 Abs. 2 SGB I beigebracht. Aus der Bescheinigung des Jobcenters, der Angaben im Widerspruchsverfahren und der PKH-Unterlagen habe das Gericht schließen können, dass keine Hilfebedürftigkeit eingetreten sei. Die Auffassung der Antragstellerin hinsichtlich eines Verbots der Aufrechnung wegen des Insolvenzverfahrens gehe fehl. Das Aufrechnungsverfahren habe erst mit der Anhörung im August 2019 begonnen. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe nach Beendigung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens die Vollstreckungsbeschränkung aus der Gesamtvollstreckung einer Verrechnung nicht entgegen. Die Regelung des § 18 Abs. 2 S. 3 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) werde, soweit mit Beitragsansprüchen verrechnet werde, von § 51 S. 2 SGB I verdrängt (BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, B 13 R 85/09 R).
Gegen den am 8. April 2020 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am selben Tag Beschwerde eingelegt und PKH für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Der Senat hat sie unter dem 20. Mai 2020 unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 Zivilprozessordnung (ZPO) unter Fristsetzung aufgefordert, u.a. Angaben zum Erwerb von Wertpapieren und zum Besitz eines Kraftfahrzeugs zu machen sowie Kontoauszüge und eine wahrheitsgemäße und vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen. Ferner ist ein Nachweis der Sozialhilfebedürftigkeit angefordert worden.
Auf diese Anforderung hat sie nicht reagiert. Auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit komme es nicht an. Vielmehr hat sie unter dem 10. Juni 2020 zur Begründung ausgeführt, die Aufrechnung sei bereits deshalb zu suspendieren, weil sie sich in einem laufenden Restschuldbefreiungsverfahren befinde. Davon sei die hier betroffene Forderung erfasst. Wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger verbiete sich eine gesonderte Vollstreckung. Die Aufrechnungslage sei auch erst nach der Insolvenzeröffnung entstanden und damit rechtswidrig. Die Aufrechnung sei wegen Verstoßes gegen § 294 InsO rechtswidrig. Sie berufe sich nochmals auf die 4-jährige Verjährung der Ansprüche gemäß § 50 Abs. 4 SGB X. Die erforderlichen Durchsetzungsbescheide nach § 52 SGB X seien von der Antragsgegnerin nicht vorgelegt worden. Sie habe auch lediglich auf Erinnerungen oder Mahnungen reagiert, ohne die zugrundeliegenden Bescheide je erhalten zu haben. Schließlich berufe sie sich auf Verwirkung, da geraume Zeit verstrichen sei. Nach Treu und Glauben habe sie nicht mit einer Vollstreckung zu rechnen brauchen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. März 2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 19. Mai 2020 anzuordnen.
die bisher einbehaltenen Raten im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung an sie auszukehren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für rechtmäßig.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, auch zur Beitragserhebung, haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
1.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
2.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Streitgegenständlich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist die Einstellung der laufenden Aufrechnung seit Januar 2020 i.H.v. 115 EUR/Monat sowie die begehrte Vollzugsfolgenbeseitigung hinsichtlich der bislang einbehaltenen Beträge.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und - nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 - der Klage gegen die Verwaltungsentscheidungen der Antragsgegnerin ist unbegründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage war nicht anzuordnen. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Klage haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG). Diese aufschiebende Wirkung entfällt allerdings bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Bei der hier vorgenommenen Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I handelt es sich um eine Entscheidung zur Anforderung von Beiträgen i.S.v. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (so Beschluss des erkennenden Senats vom 21. März 2016, L 1 R 471/15 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14. Februar 2011, L 5 R 17/11 B ER). In diesen Fällen kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG).
Einen ausdrücklichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung sieht § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung. Je größer die Erfolgsaussichten, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Ist die in der Hauptsache zulässige Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Demgegenüber ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wenn der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Sind die Erfolgsaussichten der Klage nicht derart eindeutig zu beurteilen, sind neben den Erfolgsaussichten weitere Gesichtspunkte in die Abwägungsentscheidung einzustellen, insbesondere auch eine Folgenabwägung sowie die Berücksichtigung des Regel-Ausnahmeverhältnisses des § 86a Abs. 2 SGG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 12. Aufl., § 86b Rn. 12 ff).
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht zudem nach § 86b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Diese Vorschrift erfasst damit als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch auch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen. Bei der Entscheidung, ob eine bereits erfolgte Vollziehung aufzuheben ist und Leistungen für die Vergangenheit auszuzahlen sind, ist aber das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzugs gegen das Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen. Ist die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anzuordnen, kann auch die Aussetzung der Vollziehung angezeigt sein. Im Hinblick auf die Anordnung nach § 86b Abs. 1 S. 1 SGG hat eine gesonderte Abwägung zu erfolgen. Dafür ist ein sachliches Rückabwicklungsinteresse erforderlich, da die rückwirkende Aussetzung der Vollziehung zur Folge hat, dass der Vollzug rückgängig gemacht werden muss (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., 2017, § 86b Rn. 12 ff.).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die laufende Aufrechnung der Forderung der Antragsgegnerin anzuordnen wäre.
Der Anwendungsbereich des § 86b Abs. 1 SGG ist eröffnet, da nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung der Klage, wie oben angeführt, entfällt.
Nach Abwägung aller maßgeblichen Punkte und vor dem Hintergrund der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand davon auszugehen, dass das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt. Denn die Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin zur Aufrechnung ihrer Beitragsforderung ist - nach dem genannten Prüfungsmaßstab - rechtmäßig und verletzten nicht die Rechte der Antragstellerin.
Die Aufrechnungsentscheidung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2019 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. November 2019, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2020, beruht auf § 51 Abs. 2 SGB I. Hiernach durfte die Antragsgegnerin ihre Forderung mit der laufenden Rente der Antragstellerin verrechnen.
Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) oder des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) wird.
a.
Die streitigen Ansprüche auf Zahlung von Pflichtbeiträgen sind Beitragsansprüche i.S.v. § 51 Abs. 2 SGB I. Darunter fallen gemäß § 23 SGB I auch die Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung, für welche die Antragstellerin Pflichtbeiträge zahlen soll.
b.
Die sich gegenüberstehenden Forderungen - die geschuldeten Pflichtbeiträge und der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente - sind Geldleistungsansprüche nach § 51 SGB I und somit gleichartig.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin muss eine Aufrechnungslage dabei nicht bereits vor der Insolvenzeröffnung bestanden haben. Aus dem zitierten Urteil des BSG vom 14. März 2013 (B 13 R 5/11 R, juris (44)) ergibt sich im Gegenteil, dass ein Insolvenzverfahren (dort: 15. August 2002) bei einer Beitragsforderung (aus 1992/1993) eine Aufrechnung der später entstandenen Ansprüche auf Altersrente (ab 1. April 2005) nicht hindert. Eine Auf- oder Verrechnung setzt nur dann eine vor der Insolvenzeröffnung bestehende Verrechnungslage voraus, wenn dies im laufenden Insolvenzverfahren erfolgen soll. Nach dessen Aufhebung können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen wieder unbeschränkt geltend machen (BSG, Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 5/11 R (44)). So liegt der Fall hier, da das Insolvenzverfahren vor der streitigen Aufrechnung abgeschlossen wurde. Maßgeblich ist daher allein, dass im Zeitpunkt der Auf- oder Verrechnung die beiden Forderungen fällig sind.
c.
Die Pflichtbeitragsansprüche waren entstanden und fällig.
Der Senat hat keinen ernsthaften Zweifel an der Wirksamkeit der Beitragsbescheide der Antragsgegnerin gemäß § 39 Abs. 1 SGB X, da diese der Antragstellerin mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekannt gegeben wurden.
Er wertet deren Behauptung, die der Beitragsforderung zugrundeliegenden Beitragsbescheide nie erhalten zu haben, als reine Schutzbehauptung. Insoweit bezieht er sich in vollem Umfang auf die Überlegungen des Sozialgerichts.
Die Beitragsakten belegen zahlreiche Mahnungen und Pfändungsversuche der offenen Beitragsforderungen. Die Antragstellerin hatte auch am 17. März 1994 Ratenzahlung hinsichtlich der ausstehenden Beiträge i.H.v. 50 DM beantragt. Mit Bescheid vom 14. April 1994 war eine Zahlungsvereinbarung mit höheren Beträgen erfolgt, die die Antragstellerin jedoch nicht eingehalten hatte. Zu keinem Zeitpunkt ist ein Schreiben an die Antragstellerin - trotz mehrfacher Umzüge - als unzustellbar zurückgekommen.
Der Antrag der Antragstellerin auf einkommensgerechte Beitragszahlung vom 26. August 1993 für den Zeitraum vom 11. Februar 1991 bis 25. August 1993 sowie auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 229a SGB VI für die seit 11. Februar 1991 ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Gastwirtin setzt denknotwendig voraus, dass die Antragstellerin Kenntnis von der Beitragspflicht hatte.
Die Kenntnis von der Beitragspflicht ergibt sich aber auch aus der von der Antragstellerin abgegebenen Erklärung im Rahmen einer ergebnislosen Pfändung durch die Stadt Ba. am 28. Juni 1999. Dort gab sie selbst an, Schulden bei der "L." zu haben.
Die Antragstellerin kann daher nicht wirksam den Einwand einer 4-jährigen Verjährung der Beitragsforderung geltend machen. Ein solcher ergäbe sich schon deshalb nicht aus dem angeführten § 50 Abs. 4 SGB X, weil diese Vorschrift den Erstattungsanspruch für zu Unrecht erbrachte Leistungen regelt. Einschlägig zur Stützung der Auffassung der Antragstellerin wäre vielmehr § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf - nicht vorsätzlich vorenthaltene - Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Die Verjährung beträgt jedoch hier nach § 52 Abs. 2 SGB X 30 Jahre, da die Beitragsbescheide unanfechtbar geworden sind. Diese Verjährungsfrist läuft ab der Unanfechtbarkeit der Bescheide.
d.
Die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung vor Erlass des belastenden Verwaltungsaktes erfolgte mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 9. August 2019.
e.
Der Aufrechnungsbescheid der Antragsgegnerin ist hinreichend bestimmt gemäß § 33 Abs. 1 SGB X. Der angefochtene Bescheid vom 15. Oktober 2019 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. November 2019, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2020, enthalten eine aufgeschlüsselte Gesamtforderung i.H.v. 3.471,32 EUR unter Benennung des Forderungsgrunds und -zeitraums einschließlich Säumniszuschlägen/Nebenkosten. Auch die Höhe des monatlichen Einbehalts ist eindeutig geregelt.
f.
Die Antragsgegnerin hat nicht ermessensfehlerhaft gehandelt. Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB I erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt, und dabei im Übrigen auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Nur in diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle. Der Bescheid muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde. Er muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 17. Mai 2013, L 5 R 336/12, juris).
Die Antragsgegnerin hat in dem angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2019 und im Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2020 Ermessen ausgeübt. Die Antragstellerin hat bis zum Ende des Vorverfahrens keine Gründe vorgebracht, weshalb von einer Aufrechnung abzusehen gewesen wäre. Die behaupteten finanziellen Belastungen sind durch Reduzierung der Aufrechnungsbeträge berücksichtigt worden
g.
Die Behauptung der Antragstellerin, während des Restschuldbefreiungsverfahrens nach abgeschlossener Insolvenz sei eine Aufrechnung von zuvor zur Insolvenztabelle angemeldeten Beitragsforderungen unzulässig, geht fehl.
Die Antragsgegnerin war vielmehr nicht gehindert, trotz der früheren Anmeldung ihrer Beitragsforderungen zur Insolvenztabelle diese durch Aufrechnung geltend zu machen. Die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle und die Aufrechnungsmöglichkeit nach § 51 Abs. 2 SGB I bestehen unabhängig voneinander und schließen sich nicht gegenseitig aus. Eine Auf- oder Verrechnung mit dem unpfändbaren Teil einer Altersrente ist auch während des laufenden Restschuldbefreiungsverfahrens oder nach erteilter Restschuldbefreiung zulässig. Dies gilt natürlich nicht, soweit die Forderung bereits im Insolvenzverfahren befriedigt wurde. Eine gesetzeswidrige Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gläubigerin der Antragstellerin liegt dabei nicht vor. Sozialleistungsträger sind bei der Durchsetzung von Beitrags- und Erstattungsansprüchen gegenüber anderen Gläubigern privilegiert. Der Sinn des Restschuldbefreiungsverfahrens steht der sich aus § 51 Abs. 2 SGB I ergebenden Aufrechnungsbefugnis nicht entgegen. Denn soweit Rentenzahlungen - wie hier - unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liegen, gehören sie nicht zur Gesamtvollstreckungsmasse (soweit die einhellige Rechtsprechung, u.a. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, B 13 R 85/09 R, Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 5/11 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. Juni 2017, L 3 R 99/16; Hessisches LSG, Beschluss vom 3. August 2016, L 5 R 123/15; Bayerisches LSG, Urteil vom 21. März 2018, L 13 R 25/17, jeweils mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung).
Das von der Antragstellerin zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27. April 2016 (L 5 R 2004/14) enthält keine davon abweichenden Rechtssätze. Das dortige Verfahren betraf die Frage der Zulässigkeit des Erlasses eines (weiteren) Leistungs- bzw. Nachforderungsbescheids über Gesamtsozialversicherungsbeiträge während eines laufenden Insolvenzverfahrens. In vorliegendem Verfahren geht es aber nicht um die Titulierung von (noch) nicht zur Tabelle angemeldeten Insolvenzforderungen durch Erlass eines Zahlungsbescheids gegenüber dem Insolvenzverwalter.
h.
Eine Verwirkung der Beitragsforderungen ist nicht erkennbar. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt. Die Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen" Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage). Ferner muss er tatsächlich darauf vertraut haben, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand). Infolgedessen muss er sich in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Für die Annahme eines Verwirkungsverhaltens bestehen grundsätzlich strenge Anforderungen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 6/14 R)
Es ist kein konkretes Verhalten der Antragsgegnerin vorgetragen oder ersichtlich, welches bei der Antragstellerin die berechtigte Erwartung hätte erwecken dürfen, dass die Beitragsforderungen nicht mehr geltend gemacht würden.
Insbesondere lässt sich der mit Bescheid vom 1. April 2009 angeordneten befristeten Niederschlagung der Forderung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV kein Verwirkungsverhalten entnehmen. Denn ausdrücklich wurde dort auf die Forderung im Interesse der Versichertengemeinschaft nicht verzichtet, sondern lediglich zum damaligen Zeitpunkt von der Einziehung des Betrags abgesehen. Mit weiterem Bescheid vom 29. Juli 2011 führte die Antragsgegnerin dann auch aus, von einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation auszugehen. Sie mahnte die Zahlung des ausstehenden Betrags i.H.v. 3471,33 EUR an, bot eine monatliche Ratenzahlung an und kündigte eine Einziehung im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens an.
Das bloße Unterlassen weiterer Vollstreckungsbemühungen der geschuldeten Pflichtbeiträge nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens erfüllt die Anforderungen an ein Vertrauen begründendes Verwirkungsverhalten ebenfalls nicht (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 6/14 R).
i.
Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sich bei ihr ab dem Eingang des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beim Sozialgericht Magdeburg am 7. Januar 2020 durch die von der Antragsgegnerin ab 1. Januar 2020 vorgenommene Aufrechnung Hilfebedürftigkeit ergeben hat.
Der von § 51 Abs. 2 SGB I geforderte Nachweis der Hilfebedürftigkeit ist durch den Leistungsberechtigten zu erbringen. Eine schlichte Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse - etwa wie im Widerspruch vom 4. November 2019 behauptet - ist dabei für die Beweisführung grundsätzlich nicht ausreichend (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 12. Mai 2020, L 1 R 444/16 B ER; ebenso: Hessisches LSG, Urteil vom 27. Januar 2012, L 5 R 40/11).
Die Antragstellerin hat trotz Aufforderungen der Antragsgegnerin sowie mehrfacher richterlicher Hinweise keine Bedarfsberechnungen des Sozialamts zu den Akten gereicht. Selbst unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin, wonach eine solche Anforderung mindestens sechs Wochen dauern solle, ist der verstrichene Zeitrahmen nicht mehr zu entschuldigen.
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die vom Jobcenter B. zur Erstattung gestellten monatlichen Zahlungen von 626,50 EUR bis Juli 2019 zugrunde gelegt hat. Unberücksichtigt geblieben ist allerdings, dass die Regelleistung für Alleinstehende sich ab Januar 2020 auf 432 EUR erhöht hat.
Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus wegen der behaupteten Stromkosten den zunächst aufgerechneten Betrag um 67,04 auf monatlich 115 EUR reduziert hat, hat dafür keine gesetzliche Grundlage vorgelegen. Denn nach § 27a Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt u.a. die Haushaltsenergie und ergibt den monatlichen Regelbedarf. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Strom zur Erzeugung von Heizenergie genutzt würde und damit ein Teil des Anspruchs auf Kosten der Unterkunft und Heizung wäre (BSG, Urteil vom 24. November 2011, B 14 AS 121/10 R). Die Erhöhung des sozialhilferechtlichen Bedarfs um die Stromkosten ist aber unschädlich, da die sich daraus ergebende Reduzierung des Aufrechnungsbetrags sich zugunsten der Antragstellerin auswirkt.
Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr über die Lebenshaltungskosten in Höhe des Regelbedarfs nach § 27a Abs. 1 SGB XII hinaus weitere Kosten entstanden sind, die eine abweichende Regelsatzfestlegung gemäß § 27a Abs. 4 SGB XII erlauben würden. Hinsichtlich der im Widerspruch vom 4. November 2019 genannten Schulden bei der Agentur für Arbeit R. und für Stromnachzahlung ist nicht erkennbar, ob die Antragstellerin darauf monatliche Zahlungen tätigt.
Im Übrigen hat der Senat aber auch nach den Angaben der Antragstellerin im Verfahren über die Bewilligung von PKH Zweifel an der behaupteten Hilfebedürftigkeit. Nach den dem Sozialgericht vorgelegten - wenigen - Kontoauszügen unterhält die Antragstellerin ein Depotkonto sowie ein Bonusrentenkonto bei der DekaBank und erwirbt offensichtlich Wertpapiere. Die am 7. Januar 2020 vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthält jedoch die Angabe, dass lediglich das Girokonto bei der S. existiere. Außerdem hat die Antragstellerin dort angegeben, kein Kraftfahrzeug zu besitzen, obwohl sich aus den Kontoauszügen Abbuchungen für KfZ-Versicherungsbeiträge ergeben. Die Zweifel an den wirtschaftlichen Verhältnissen hat sie auch auf Anforderung des Senats vom 20. Mai 2020 in der ihr gesetzten Frist nicht beseitigt.
Als sozialrechtlicher Hilfebedarf ist somit im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung nur ein monatlicher Betrag von 634,50 EUR festzustellen (Regelleistung 432 EUR für Alleinstehende, Miete laut Kontoauszug 202,50 EUR). Da dieser Betrag die Hälfte des monatlichen Rentenbetrags i.H.v. 808,54 EUR überschreitet, durfte die Antragsgegnerin den monatlichen Verrechnungsbetrag mit 115 EUR feststellen. Ob mit dem der Antragstellerin verbleibenden monatlichen Betrag i.H.v. 693,54 EUR auch höhere Beträge einbehalten werden dürften, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Prüfung.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG liegen damit nicht vor. Für den Senat überwiegt nach summarischer Prüfung das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse.
3.
Da die von der Antragstellerin dargelegten Gründe nicht geeignet sind, das Aussetzungsinteresse im Sinne von § 86b Abs. 1 S. 1 SGG zu begründen, rechtfertigen sie auch nicht die begehrte Rückabwicklung der bereits vollzogenen Entscheidung.
4.
Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf die beantragte PKH für das Beschwerdeverfahren.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Zu diesem Zweck sind nach § 117 Abs. 2 ZPO dem Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den entsprechenden Belegen beizufügen.
Die Antragstellerin hat innerhalb der ihr bis zum 24. Juni 2020 gesetzten Frist trotz Hinweises auf § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und auch die Anfrage vom 20. Mai 2020 nicht beantwortet. Insoweit war gemäß § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO der Antrag auf Bewilligung von PKH abzulehnen.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Aufrechnung von Beitragsforderungen der Antragsgegnerin mit ihrer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Die am ... 1959 geborene Antragstellerin wird von der Antragsgegnerin wegen offener Pflichtbeiträge für selbstständige Tätigkeiten vom 11. Februar 1991 bis zum 25. August 1993 gemäß § 10 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) bzw. § 229a Abs. 1 SGB VI (Bescheide vom 7. März und 1. November 1994) sowie vom 1. März bis 22. November 2006 gemäß § 2 Satz 1 Nr. 10 SGB VI (Bescheide vom 19. April und 4. Juni 2008) in Anspruch genommen.
Über das Vermögen der Antragstellerin war am 16. Oktober 2015 das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht G. (IN ...) eröffnet worden. Die Antragsgegnerin hatte dort am 10. Dezember 2015 einen Betrag von 3.471,32 EUR einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschlägen angemeldet. Mit Beschluss des Amtsgerichts G. vom 17. November 2016 wurde das Verfahren gemäß § 200 Insolvenzordnung (InsO) aufgehoben. Mangels einer zu verteilenden Masse wurde keine Schlussverteilung vorgenommen. Die Abtretungsfrist beträgt sechs Jahre, beginnend ab dem 16. Oktober 2015.
Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 26. Juni 2019 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021. Auf die Nachzahlung i.H.v. 5.488,72 EUR erhob das Jobcenter B. einen Erstattungsanspruch i.H.v. 4.385,50 EUR (Leistungen für Januar bis Juli 2019: 626,50 EUR/Monat).
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin unter dem 9. August 2019 zur Aufrechnung ihrer Beitragsansprüche i.H.v. 3.471,32 EUR gemäß § 51 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) an. Beabsichtigt sei die Aufrechnung in Höhe der noch einbehaltenen Rentennachzahlung (1.103,22 EUR) sowie in monatlichen Raten von 182,04 EUR. Dagegen wendete die Antragstellerin ein, während des laufenden Insolvenzverfahrens dürfe sie keine Raten tilgen.
Die Antragsgegnerin rechnete - wie angekündigt - mit Bescheid vom 15. Oktober 2019 ihre Beitragsforderungen mit der Erwerbsminderungsrente auf.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch vom 4. November 2019 wendete sich die Antragstellerin auch gegen die Höhe der Aufrechnung. Sie bat um eine Ratenzahlung i.H.v. 20 EUR/Monat wegen ihrer finanziellen Situation, u.a. wegen einer Erhöhung der Stromkosten sowie Schulden bei der E. und der Agentur für Arbeit R ...
Mit Teilabhilfebescheid vom 22. November 2019 regelte die Antragsgegnerin eine monatliche Aufrechnung i.H.v. 115 EUR ab 1. Januar 2020. Ausgehend vom Rentenzahlbetrag von 808,54 EUR verbliebe eine Rentenleistung von 693,54 EUR. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2019 berechnete sie die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2020 neu; hinsichtlich des Zahlbetrags und des aufgerechneten Teils verblieb es bei der bisherigen Regelung. Dagegen legte die Antragstellerin am 21. Dezember 2019 wiederum Widerspruch ein und verwies nunmehr auf einen vollstreckungsrechtlichen Freibetrag von 1.459 EUR.
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2020 als unbegründet zurück. Die Aufrechnung der geschuldeten Pflichtbeiträge sei nicht zu beanstanden. Bis zum Ende der Wohlverhaltensphase im Restschuldbefreiungsverfahren könne der Rentenversicherungsträger gemäß § 51 Abs. 2 SGB I die Aufrechnung der insolvenz-/abtretungsfreien Leistungsteile prüfen. Da die Antragstellerin keinen Nachweis der Hilfebedürftigkeit vorgelegt habe, seien die Leistungen des Jobcenters B. berücksichtigt worden. Wegen der glaubhaften Kostensteigerung für Strom sei der aufzurechnende Betrag auf 115 EUR reduziert worden. Im Rahmen der Ermessensausübung bestehe keine Möglichkeit, teilweise auf die Aufrechnung zu verzichten. Dagegen hat die Antragstellerin unter dem 19. Mai 2020 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben.
Sie hat bereits am 7. Januar 2020 beim Sozialgericht Magdeburg im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen. Sie besitze außer der Rente kein Vermögen, sodass der existenznotwendige Lebensunterhalt nicht gedeckt sei. Die betroffene Forderung sei auch von dem laufenden Restschuldbefreiungsverfahren erfasst (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2016, L 5 R 2004/14). Die Aufrechnung verstoße daher gegen § 294 InsO. Die Aufrechnungslage hätte aber auch schon vor der Insolvenzeröffnung bestehen müssen (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 5/11 R). Im Übrigen berufe sie sich auf Verjährung der zu vollstreckenden Ansprüche. Die Antragsgegnerin habe den erforderlichen Durchsetzungsbescheid nach § 52 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vorzulegen. Im weiteren Verlauf hat sie ausgeführt, Verwaltungsakte mit zu vollstreckenden Forderungen seien ihr nicht zugegangen.
Das Sozialgericht hat unter dem 3. März 2020 von der Antragstellerin eine Bescheinigung des Sozialamts angefordert. Diese hat ausgeführt, der Nachweis benötige mindestens sechs Wochen und sei im Rahmen der gesetzten Frist nicht möglich. Die Bedürftigkeit sei anhand der Prozesskostenhilfe (PKH)-Nachweise zu bewerten. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 3. März 2020 PKH mit monatlichen Raten von 57 EUR bewilligt.
Die Antragsgegnerin hat ergänzend ausgeführt, das zitierte Urteil des BSG bestätige gerade, dass der Vollstreckungsschutz einer Aufrechnung mit unpfändbaren Teilen der Rentenzahlungsansprüche nicht entgegenstehe.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30. März 2020 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund lägen nicht vor. Die Antragstellerin schulde der Antragsgegnerin Beitragsschulden aus selbständiger Tätigkeit. Die Angabe, die Beitragsbescheide seien ihr nicht bekannt, sei eine Zweckbehauptung. Dies ergebe sich aus einer Vielzahl von dokumentierten Kontakten der Antragstellerin mit der Antragsgegnerin (u.a. Befreiungsanträge, Stundungsanträge, Pfändungsmaßnahmen, Ratenzahlungsangebote). Es sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin durch die Aufrechnung hilfebedürftig würde. Sie habe auch ein halbes Jahr nach der Aufforderung durch die Antragsgegnerin keine Bedarfsbescheinigung i.S.v. § 51 Abs. 2 SGB I beigebracht. Aus der Bescheinigung des Jobcenters, der Angaben im Widerspruchsverfahren und der PKH-Unterlagen habe das Gericht schließen können, dass keine Hilfebedürftigkeit eingetreten sei. Die Auffassung der Antragstellerin hinsichtlich eines Verbots der Aufrechnung wegen des Insolvenzverfahrens gehe fehl. Das Aufrechnungsverfahren habe erst mit der Anhörung im August 2019 begonnen. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe nach Beendigung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens die Vollstreckungsbeschränkung aus der Gesamtvollstreckung einer Verrechnung nicht entgegen. Die Regelung des § 18 Abs. 2 S. 3 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) werde, soweit mit Beitragsansprüchen verrechnet werde, von § 51 S. 2 SGB I verdrängt (BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, B 13 R 85/09 R).
Gegen den am 8. April 2020 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am selben Tag Beschwerde eingelegt und PKH für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Der Senat hat sie unter dem 20. Mai 2020 unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 Zivilprozessordnung (ZPO) unter Fristsetzung aufgefordert, u.a. Angaben zum Erwerb von Wertpapieren und zum Besitz eines Kraftfahrzeugs zu machen sowie Kontoauszüge und eine wahrheitsgemäße und vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen. Ferner ist ein Nachweis der Sozialhilfebedürftigkeit angefordert worden.
Auf diese Anforderung hat sie nicht reagiert. Auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit komme es nicht an. Vielmehr hat sie unter dem 10. Juni 2020 zur Begründung ausgeführt, die Aufrechnung sei bereits deshalb zu suspendieren, weil sie sich in einem laufenden Restschuldbefreiungsverfahren befinde. Davon sei die hier betroffene Forderung erfasst. Wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger verbiete sich eine gesonderte Vollstreckung. Die Aufrechnungslage sei auch erst nach der Insolvenzeröffnung entstanden und damit rechtswidrig. Die Aufrechnung sei wegen Verstoßes gegen § 294 InsO rechtswidrig. Sie berufe sich nochmals auf die 4-jährige Verjährung der Ansprüche gemäß § 50 Abs. 4 SGB X. Die erforderlichen Durchsetzungsbescheide nach § 52 SGB X seien von der Antragsgegnerin nicht vorgelegt worden. Sie habe auch lediglich auf Erinnerungen oder Mahnungen reagiert, ohne die zugrundeliegenden Bescheide je erhalten zu haben. Schließlich berufe sie sich auf Verwirkung, da geraume Zeit verstrichen sei. Nach Treu und Glauben habe sie nicht mit einer Vollstreckung zu rechnen brauchen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. März 2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 19. Mai 2020 anzuordnen.
die bisher einbehaltenen Raten im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung an sie auszukehren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für rechtmäßig.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, auch zur Beitragserhebung, haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
1.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
2.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Streitgegenständlich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist die Einstellung der laufenden Aufrechnung seit Januar 2020 i.H.v. 115 EUR/Monat sowie die begehrte Vollzugsfolgenbeseitigung hinsichtlich der bislang einbehaltenen Beträge.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und - nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 - der Klage gegen die Verwaltungsentscheidungen der Antragsgegnerin ist unbegründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage war nicht anzuordnen. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Klage haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG). Diese aufschiebende Wirkung entfällt allerdings bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Bei der hier vorgenommenen Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I handelt es sich um eine Entscheidung zur Anforderung von Beiträgen i.S.v. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (so Beschluss des erkennenden Senats vom 21. März 2016, L 1 R 471/15 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14. Februar 2011, L 5 R 17/11 B ER). In diesen Fällen kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG).
Einen ausdrücklichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung sieht § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung. Je größer die Erfolgsaussichten, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Ist die in der Hauptsache zulässige Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Demgegenüber ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wenn der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Sind die Erfolgsaussichten der Klage nicht derart eindeutig zu beurteilen, sind neben den Erfolgsaussichten weitere Gesichtspunkte in die Abwägungsentscheidung einzustellen, insbesondere auch eine Folgenabwägung sowie die Berücksichtigung des Regel-Ausnahmeverhältnisses des § 86a Abs. 2 SGG (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 12. Aufl., § 86b Rn. 12 ff).
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht zudem nach § 86b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Diese Vorschrift erfasst damit als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch auch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen. Bei der Entscheidung, ob eine bereits erfolgte Vollziehung aufzuheben ist und Leistungen für die Vergangenheit auszuzahlen sind, ist aber das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzugs gegen das Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen. Ist die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anzuordnen, kann auch die Aussetzung der Vollziehung angezeigt sein. Im Hinblick auf die Anordnung nach § 86b Abs. 1 S. 1 SGG hat eine gesonderte Abwägung zu erfolgen. Dafür ist ein sachliches Rückabwicklungsinteresse erforderlich, da die rückwirkende Aussetzung der Vollziehung zur Folge hat, dass der Vollzug rückgängig gemacht werden muss (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., 2017, § 86b Rn. 12 ff.).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die laufende Aufrechnung der Forderung der Antragsgegnerin anzuordnen wäre.
Der Anwendungsbereich des § 86b Abs. 1 SGG ist eröffnet, da nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung der Klage, wie oben angeführt, entfällt.
Nach Abwägung aller maßgeblichen Punkte und vor dem Hintergrund der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand davon auszugehen, dass das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt. Denn die Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin zur Aufrechnung ihrer Beitragsforderung ist - nach dem genannten Prüfungsmaßstab - rechtmäßig und verletzten nicht die Rechte der Antragstellerin.
Die Aufrechnungsentscheidung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2019 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. November 2019, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2020, beruht auf § 51 Abs. 2 SGB I. Hiernach durfte die Antragsgegnerin ihre Forderung mit der laufenden Rente der Antragstellerin verrechnen.
Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) oder des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) wird.
a.
Die streitigen Ansprüche auf Zahlung von Pflichtbeiträgen sind Beitragsansprüche i.S.v. § 51 Abs. 2 SGB I. Darunter fallen gemäß § 23 SGB I auch die Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung, für welche die Antragstellerin Pflichtbeiträge zahlen soll.
b.
Die sich gegenüberstehenden Forderungen - die geschuldeten Pflichtbeiträge und der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente - sind Geldleistungsansprüche nach § 51 SGB I und somit gleichartig.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin muss eine Aufrechnungslage dabei nicht bereits vor der Insolvenzeröffnung bestanden haben. Aus dem zitierten Urteil des BSG vom 14. März 2013 (B 13 R 5/11 R, juris (44)) ergibt sich im Gegenteil, dass ein Insolvenzverfahren (dort: 15. August 2002) bei einer Beitragsforderung (aus 1992/1993) eine Aufrechnung der später entstandenen Ansprüche auf Altersrente (ab 1. April 2005) nicht hindert. Eine Auf- oder Verrechnung setzt nur dann eine vor der Insolvenzeröffnung bestehende Verrechnungslage voraus, wenn dies im laufenden Insolvenzverfahren erfolgen soll. Nach dessen Aufhebung können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen wieder unbeschränkt geltend machen (BSG, Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 5/11 R (44)). So liegt der Fall hier, da das Insolvenzverfahren vor der streitigen Aufrechnung abgeschlossen wurde. Maßgeblich ist daher allein, dass im Zeitpunkt der Auf- oder Verrechnung die beiden Forderungen fällig sind.
c.
Die Pflichtbeitragsansprüche waren entstanden und fällig.
Der Senat hat keinen ernsthaften Zweifel an der Wirksamkeit der Beitragsbescheide der Antragsgegnerin gemäß § 39 Abs. 1 SGB X, da diese der Antragstellerin mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekannt gegeben wurden.
Er wertet deren Behauptung, die der Beitragsforderung zugrundeliegenden Beitragsbescheide nie erhalten zu haben, als reine Schutzbehauptung. Insoweit bezieht er sich in vollem Umfang auf die Überlegungen des Sozialgerichts.
Die Beitragsakten belegen zahlreiche Mahnungen und Pfändungsversuche der offenen Beitragsforderungen. Die Antragstellerin hatte auch am 17. März 1994 Ratenzahlung hinsichtlich der ausstehenden Beiträge i.H.v. 50 DM beantragt. Mit Bescheid vom 14. April 1994 war eine Zahlungsvereinbarung mit höheren Beträgen erfolgt, die die Antragstellerin jedoch nicht eingehalten hatte. Zu keinem Zeitpunkt ist ein Schreiben an die Antragstellerin - trotz mehrfacher Umzüge - als unzustellbar zurückgekommen.
Der Antrag der Antragstellerin auf einkommensgerechte Beitragszahlung vom 26. August 1993 für den Zeitraum vom 11. Februar 1991 bis 25. August 1993 sowie auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 229a SGB VI für die seit 11. Februar 1991 ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Gastwirtin setzt denknotwendig voraus, dass die Antragstellerin Kenntnis von der Beitragspflicht hatte.
Die Kenntnis von der Beitragspflicht ergibt sich aber auch aus der von der Antragstellerin abgegebenen Erklärung im Rahmen einer ergebnislosen Pfändung durch die Stadt Ba. am 28. Juni 1999. Dort gab sie selbst an, Schulden bei der "L." zu haben.
Die Antragstellerin kann daher nicht wirksam den Einwand einer 4-jährigen Verjährung der Beitragsforderung geltend machen. Ein solcher ergäbe sich schon deshalb nicht aus dem angeführten § 50 Abs. 4 SGB X, weil diese Vorschrift den Erstattungsanspruch für zu Unrecht erbrachte Leistungen regelt. Einschlägig zur Stützung der Auffassung der Antragstellerin wäre vielmehr § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf - nicht vorsätzlich vorenthaltene - Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Die Verjährung beträgt jedoch hier nach § 52 Abs. 2 SGB X 30 Jahre, da die Beitragsbescheide unanfechtbar geworden sind. Diese Verjährungsfrist läuft ab der Unanfechtbarkeit der Bescheide.
d.
Die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung vor Erlass des belastenden Verwaltungsaktes erfolgte mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 9. August 2019.
e.
Der Aufrechnungsbescheid der Antragsgegnerin ist hinreichend bestimmt gemäß § 33 Abs. 1 SGB X. Der angefochtene Bescheid vom 15. Oktober 2019 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. November 2019, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2020, enthalten eine aufgeschlüsselte Gesamtforderung i.H.v. 3.471,32 EUR unter Benennung des Forderungsgrunds und -zeitraums einschließlich Säumniszuschlägen/Nebenkosten. Auch die Höhe des monatlichen Einbehalts ist eindeutig geregelt.
f.
Die Antragsgegnerin hat nicht ermessensfehlerhaft gehandelt. Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB I erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt, und dabei im Übrigen auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Nur in diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle. Der Bescheid muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde. Er muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 17. Mai 2013, L 5 R 336/12, juris).
Die Antragsgegnerin hat in dem angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2019 und im Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2020 Ermessen ausgeübt. Die Antragstellerin hat bis zum Ende des Vorverfahrens keine Gründe vorgebracht, weshalb von einer Aufrechnung abzusehen gewesen wäre. Die behaupteten finanziellen Belastungen sind durch Reduzierung der Aufrechnungsbeträge berücksichtigt worden
g.
Die Behauptung der Antragstellerin, während des Restschuldbefreiungsverfahrens nach abgeschlossener Insolvenz sei eine Aufrechnung von zuvor zur Insolvenztabelle angemeldeten Beitragsforderungen unzulässig, geht fehl.
Die Antragsgegnerin war vielmehr nicht gehindert, trotz der früheren Anmeldung ihrer Beitragsforderungen zur Insolvenztabelle diese durch Aufrechnung geltend zu machen. Die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle und die Aufrechnungsmöglichkeit nach § 51 Abs. 2 SGB I bestehen unabhängig voneinander und schließen sich nicht gegenseitig aus. Eine Auf- oder Verrechnung mit dem unpfändbaren Teil einer Altersrente ist auch während des laufenden Restschuldbefreiungsverfahrens oder nach erteilter Restschuldbefreiung zulässig. Dies gilt natürlich nicht, soweit die Forderung bereits im Insolvenzverfahren befriedigt wurde. Eine gesetzeswidrige Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gläubigerin der Antragstellerin liegt dabei nicht vor. Sozialleistungsträger sind bei der Durchsetzung von Beitrags- und Erstattungsansprüchen gegenüber anderen Gläubigern privilegiert. Der Sinn des Restschuldbefreiungsverfahrens steht der sich aus § 51 Abs. 2 SGB I ergebenden Aufrechnungsbefugnis nicht entgegen. Denn soweit Rentenzahlungen - wie hier - unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liegen, gehören sie nicht zur Gesamtvollstreckungsmasse (soweit die einhellige Rechtsprechung, u.a. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, B 13 R 85/09 R, Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 5/11 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. Juni 2017, L 3 R 99/16; Hessisches LSG, Beschluss vom 3. August 2016, L 5 R 123/15; Bayerisches LSG, Urteil vom 21. März 2018, L 13 R 25/17, jeweils mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung).
Das von der Antragstellerin zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27. April 2016 (L 5 R 2004/14) enthält keine davon abweichenden Rechtssätze. Das dortige Verfahren betraf die Frage der Zulässigkeit des Erlasses eines (weiteren) Leistungs- bzw. Nachforderungsbescheids über Gesamtsozialversicherungsbeiträge während eines laufenden Insolvenzverfahrens. In vorliegendem Verfahren geht es aber nicht um die Titulierung von (noch) nicht zur Tabelle angemeldeten Insolvenzforderungen durch Erlass eines Zahlungsbescheids gegenüber dem Insolvenzverwalter.
h.
Eine Verwirkung der Beitragsforderungen ist nicht erkennbar. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt. Die Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen" Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage). Ferner muss er tatsächlich darauf vertraut haben, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand). Infolgedessen muss er sich in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Für die Annahme eines Verwirkungsverhaltens bestehen grundsätzlich strenge Anforderungen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 6/14 R)
Es ist kein konkretes Verhalten der Antragsgegnerin vorgetragen oder ersichtlich, welches bei der Antragstellerin die berechtigte Erwartung hätte erwecken dürfen, dass die Beitragsforderungen nicht mehr geltend gemacht würden.
Insbesondere lässt sich der mit Bescheid vom 1. April 2009 angeordneten befristeten Niederschlagung der Forderung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV kein Verwirkungsverhalten entnehmen. Denn ausdrücklich wurde dort auf die Forderung im Interesse der Versichertengemeinschaft nicht verzichtet, sondern lediglich zum damaligen Zeitpunkt von der Einziehung des Betrags abgesehen. Mit weiterem Bescheid vom 29. Juli 2011 führte die Antragsgegnerin dann auch aus, von einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation auszugehen. Sie mahnte die Zahlung des ausstehenden Betrags i.H.v. 3471,33 EUR an, bot eine monatliche Ratenzahlung an und kündigte eine Einziehung im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens an.
Das bloße Unterlassen weiterer Vollstreckungsbemühungen der geschuldeten Pflichtbeiträge nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens erfüllt die Anforderungen an ein Vertrauen begründendes Verwirkungsverhalten ebenfalls nicht (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 6/14 R).
i.
Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sich bei ihr ab dem Eingang des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beim Sozialgericht Magdeburg am 7. Januar 2020 durch die von der Antragsgegnerin ab 1. Januar 2020 vorgenommene Aufrechnung Hilfebedürftigkeit ergeben hat.
Der von § 51 Abs. 2 SGB I geforderte Nachweis der Hilfebedürftigkeit ist durch den Leistungsberechtigten zu erbringen. Eine schlichte Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse - etwa wie im Widerspruch vom 4. November 2019 behauptet - ist dabei für die Beweisführung grundsätzlich nicht ausreichend (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 12. Mai 2020, L 1 R 444/16 B ER; ebenso: Hessisches LSG, Urteil vom 27. Januar 2012, L 5 R 40/11).
Die Antragstellerin hat trotz Aufforderungen der Antragsgegnerin sowie mehrfacher richterlicher Hinweise keine Bedarfsberechnungen des Sozialamts zu den Akten gereicht. Selbst unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin, wonach eine solche Anforderung mindestens sechs Wochen dauern solle, ist der verstrichene Zeitrahmen nicht mehr zu entschuldigen.
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die vom Jobcenter B. zur Erstattung gestellten monatlichen Zahlungen von 626,50 EUR bis Juli 2019 zugrunde gelegt hat. Unberücksichtigt geblieben ist allerdings, dass die Regelleistung für Alleinstehende sich ab Januar 2020 auf 432 EUR erhöht hat.
Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus wegen der behaupteten Stromkosten den zunächst aufgerechneten Betrag um 67,04 auf monatlich 115 EUR reduziert hat, hat dafür keine gesetzliche Grundlage vorgelegen. Denn nach § 27a Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt u.a. die Haushaltsenergie und ergibt den monatlichen Regelbedarf. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Strom zur Erzeugung von Heizenergie genutzt würde und damit ein Teil des Anspruchs auf Kosten der Unterkunft und Heizung wäre (BSG, Urteil vom 24. November 2011, B 14 AS 121/10 R). Die Erhöhung des sozialhilferechtlichen Bedarfs um die Stromkosten ist aber unschädlich, da die sich daraus ergebende Reduzierung des Aufrechnungsbetrags sich zugunsten der Antragstellerin auswirkt.
Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr über die Lebenshaltungskosten in Höhe des Regelbedarfs nach § 27a Abs. 1 SGB XII hinaus weitere Kosten entstanden sind, die eine abweichende Regelsatzfestlegung gemäß § 27a Abs. 4 SGB XII erlauben würden. Hinsichtlich der im Widerspruch vom 4. November 2019 genannten Schulden bei der Agentur für Arbeit R. und für Stromnachzahlung ist nicht erkennbar, ob die Antragstellerin darauf monatliche Zahlungen tätigt.
Im Übrigen hat der Senat aber auch nach den Angaben der Antragstellerin im Verfahren über die Bewilligung von PKH Zweifel an der behaupteten Hilfebedürftigkeit. Nach den dem Sozialgericht vorgelegten - wenigen - Kontoauszügen unterhält die Antragstellerin ein Depotkonto sowie ein Bonusrentenkonto bei der DekaBank und erwirbt offensichtlich Wertpapiere. Die am 7. Januar 2020 vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthält jedoch die Angabe, dass lediglich das Girokonto bei der S. existiere. Außerdem hat die Antragstellerin dort angegeben, kein Kraftfahrzeug zu besitzen, obwohl sich aus den Kontoauszügen Abbuchungen für KfZ-Versicherungsbeiträge ergeben. Die Zweifel an den wirtschaftlichen Verhältnissen hat sie auch auf Anforderung des Senats vom 20. Mai 2020 in der ihr gesetzten Frist nicht beseitigt.
Als sozialrechtlicher Hilfebedarf ist somit im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung nur ein monatlicher Betrag von 634,50 EUR festzustellen (Regelleistung 432 EUR für Alleinstehende, Miete laut Kontoauszug 202,50 EUR). Da dieser Betrag die Hälfte des monatlichen Rentenbetrags i.H.v. 808,54 EUR überschreitet, durfte die Antragsgegnerin den monatlichen Verrechnungsbetrag mit 115 EUR feststellen. Ob mit dem der Antragstellerin verbleibenden monatlichen Betrag i.H.v. 693,54 EUR auch höhere Beträge einbehalten werden dürften, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Prüfung.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG liegen damit nicht vor. Für den Senat überwiegt nach summarischer Prüfung das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse.
3.
Da die von der Antragstellerin dargelegten Gründe nicht geeignet sind, das Aussetzungsinteresse im Sinne von § 86b Abs. 1 S. 1 SGG zu begründen, rechtfertigen sie auch nicht die begehrte Rückabwicklung der bereits vollzogenen Entscheidung.
4.
Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf die beantragte PKH für das Beschwerdeverfahren.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Zu diesem Zweck sind nach § 117 Abs. 2 ZPO dem Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den entsprechenden Belegen beizufügen.
Die Antragstellerin hat innerhalb der ihr bis zum 24. Juni 2020 gesetzten Frist trotz Hinweises auf § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und auch die Anfrage vom 20. Mai 2020 nicht beantwortet. Insoweit war gemäß § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO der Antrag auf Bewilligung von PKH abzulehnen.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
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