S 8 U 46/17

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 46/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 165/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 86/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Anerkennung der Parkinsonerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung und deren Entschädigung umstritten.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 16.10.2014 bei der Beklagten die Anerkennung der Parkinsonerkrankung als Berufskrankheit.

Der Kläger, geboren 1939, erlernte von 04/1954 bis 09/1957 den Beruf des Werkzeugmachers und arbeitete bis 10/2003 bei verschiedenen Mitgliedsfirmen der Beklagten in diesem Beruf. Der Kläger arbeitete ab 09/1994 bis zum Eintritt ins Rentenalter 10/2003 mit Spezialbenzin 40/80, welches m-Hexan enthält. Er reinigte damit Kupferbügel. Ab 12/1994 stellten sich gesundheitliche Beschwerden in Form von Kopfschmerzen, Schwindel, Hautreizungen und Depressionen ein. Das Zittern habe auch schon angefangen.

Die Beklagte ermittelte die arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen unter Beiziehung von ärztlichen Befundberichten, dem klägerischen Vorerkrankungsverzeichnis, der Schwerbehindertenakte sowie Informationen vom Arbeitgeber des Klägers über die ausgeführte Tätigkeit. Beim Kläger liegen unter anderem eine Parkinsonerkrankung und eine Polyneuropathie vor.

Der Präventionsdienst der Beklagten stellte unter dem 11.03.2015 nach einer Arbeitsplatzbesichtigung fest, dass der Kläger Atemwegskontakt zu n-Hexan hatte, der ein Listenstoff im Sinne der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist. Der neurotoxische Schwellenwert entspreche dem Arbeitsplatzgrenzwert für n-Hexan und dieser sei während der Beschäftigungszeit sicher eingehalten worden.

N-Hexan-Konzentrationen von über 200 ppm = 716 mg/m3 führten zu nachweisbaren Veränderungen im peripheren Nervensystem.

Ein Atemwegskontakt zu Trichlorethen habe nicht bestanden.

Mit Bescheid vom 30.03.2015 lehnte die Beklagte das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe nicht. Die festgestellte Erkrankung sei nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.

Ein Atemwegskontakt zu Trichlorethen habe nicht bestanden. Der neurotoxische Schwellenwert für n-Hexan fordere für die Verursachung einer Polyneuropathie als Berufskrankheit eine längerfristige Exposition von mehr als 50 ppm = 180 mg/m3. Dieser sei weder erreicht noch überschritten worden.

Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass n-Hexan in der Lage sei, eine chronische Enzephalopathie zu verursachen. Die beim Kläger festgestellte Parkinsonerkrankung gehöre nicht zu den neurologischen Krankheitsbildern, die durch Intoxikationen verursacht werden können.

Aufgrund des klägerischen Widerspruchs vom 22.04.2015 befragte die Beklagte ihren Beratungsarzt, welcher unter dem 01.03.2017 ausführte, dass sich aus dem aktenkundigen Material kein Hinweis auf einen regelmäßigen Hautkontakt mit dem Spezialbenzin ergebe. Der Arbeitsplatzgrenzwert sei eingehalten worden. Der Morbus Parkinson sei erst im Jahre 2008 diagnostiziert worden. Bei Patienten mit Morbus Parkinson sei eine erhöhte Prävalenz von Polyneuropathien bekannt. Zudem könnten auch degenerative Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich zu Kribbelparästhesien in beiden Beinen führen. Symptome wie bei einem Morbus Parkinson, gehörten nicht zum Krankheitsbild einer Berufskrankheit Nr. 3117 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung. Zwar könne das Krankheitsbild eines Morbus Parkinson toxisch verursacht werden, jedoch sei der Kläger diesen Stoffen gegenüber nicht exponiert gewesen (Kohlenmonoxid, Schwefelkohlenstoff, Methanol, Mangan bzw. Manganverbindungen). Auch sei eine Verursachung der Polyneuropathie durch n-Hexan allein aus zeitlichen Gründen schon äußerst unwahrscheinlich, da das Expositionsende spätestens mit Eintritt ins Rentenalter in 10/2003 vorgelegen habe und die Kribbelparästhesien an den Beinen erst ab 2007 berichtet worden seien. Eine durch organische Lösungsmittel verursachte neurotoxische Polyneuropathie trete in der Regel distal betont meist symmetrisch auf. Das erstmalige Auftreten des Krankheitsbildes etwa vier Jahre nach Expositionsende und dann auch nur rezidivierend entspreche nicht dem Krankheitsbild einer toxischen Polyneuropathie.

Der Morbus Parkinson sei kein Krankheitsbild im Sinne der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung und die Polyneuropathie entspreche nicht dem typischen Befund einer neurotoxischen Polyneuropathie. Auch bestehe ein zu großer zeitlicher Abstand von etwa vier Jahren vom Ende der beruflichen Tätigkeit bis zum Eintritt der Polyneuropathie. Untypisch sei auch die Zunahme einer Polyneuropathie nach Expositionsende.

Die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung lägen nicht. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die oben genannten Krankheitsbilder beruflich verursacht worden sein könnten. Es sei auch keine andere Berufskrankheit wie Nr. 1306, 1105, 1201 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzunehmen.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2017 zurück. Die Verursachung der Polyneuropathie durch n-Hexan sei allein aufgrund des zeitlichen Verlaufs auszuschließen, da die Kribbelparästhesien an den Beinen erstmals im Jahre 2007 aufgetreten seien, also etwa vier Jahre nach dem Ende der beruflichen Tätigkeit in 10/2003. Das rezidivierende Auftreten solcher Kribbelparästhesien spreche eher für eine Verursachung durch die degenerativen Veränderungen im Lumbalbereich. Zudem seien die Kribbelparästhesien nicht distal symmetrisch. Patienten mit Morbus Parkinson wiesen eine erhöhte Prävalenz für eine Polyneuropathie auf. Das Krankheitsbild des Morbus Parkinson werde nicht von der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung erfasst.

Am 08.05.2017 hat der Kläger beim Sozialgericht Fulda Klage erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, dass eine Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vorliegt.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 30.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Parkinsonerkrankung und die Polyneuropathie als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII i.V.m. Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und ihm hieraus die gesetzlichen Leistungen ab dem 17.10.2014 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stützt ihre Rechtsansicht auf die im Rahmen des Verwaltungs- sowie des Klageverfahrens durchgeführten Feststellungen und Begutachtungen. Es fehle ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Polyneuropathie und der toxischen Einwirkung. Zudem seien sowohl die für die toxische Polyneuropathie typischen neurologischen Befunde als auch der nach Beendigung der beruflichen Exposition typische Krankheitsverlauf nicht mehr nachweisbar. Weder die arbeitstechnischen noch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen lägen vor.

Die Kammer hat im Wege der Amtsermittlung Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte angefordert sowie die Schwerbehindertenakte und das Vorerkrankungsverzeichnis beigezogen und zum Gegenstand ihrer Entscheidung gemacht.

Die Kammer hat über das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Berufskrankheiten-Verordnung durch Einholung eines arbeitstechnischen Sachverständigengutachtens nach § 106 SGG Beweis erhoben. Dabei wird durch den Sachverständigen Dr. C. in seinem Gutachten vom 20.08.2017 auf berufskundlichem Gebiet festgestellt, dass der Arbeitsplatzgrenzwert für N-Hexan von 180 mg/m3 (50 ppm) sicher eingehalten war und sich die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung nicht belegen lassen. Die vom Kläger korrigierten Angaben gegenüber denen der Beklagten würden eher zu einer geringeren Exposition führen als zu einer höheren.

Aus den Angaben in der Akte und im Rahmen des mit ihm geführten Ermittlungsgespräches lassen sich für die früheren Arbeitsverhältnisse zwar Abschnitte mit Expositionen gegenüber neurotoxischen Arbeitsstoffen erkennen. Aber eine gefährdende Einwirkung im Sinne des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung sei nicht zu erkennen.

Den Schlussfolgerungen der Beklagten sei zuzustimmen. Im Rahmen der medizinischen Voraussetzungen sei zu klären, ob eine toxische n-Hexan bedingte Enzephalopathie oder Polyneuropathie vorliegt und ob der Borreliose-Verdacht eine Rolle im Krankheitsgeschehen spiele.

Ergänzend befragt führt der Sachverständige unter dem 07.01.2018 aus, dass sich die Arbeitsplatzkonzentration durch die vom Kläger angegebene erhöhte Belastung erhöhe, wenn man vom Raumvolumen des Gefahrstofflagers ausgehe, in dem der Kläger ab 1997 gearbeitet habe. Der Wert erreiche aber nicht den Arbeitsplatzgrenzwert und liege vermutlich – auf den realen früheren Arbeitsplatz bezogen – niedriger als der hier nach den neuen Angaben des Klägers abgeschätzte Wert.

Die Lüftungsverhältnisse (geöffnetes Fenster und/oder geöffnete Tür) haben einen erheblichen Einfluss auf den Luftwechsel und damit auch auf die Arbeitsplatzkonzentration. Bei kurzzeitig geöffnetem Fenster könne sich ein Luftwechsel bis 4 h-1 und bei ständig ganz geöffneten Fester sogar mehr als 9 h-1 ergeben. Bezogen auf das Gefahrstofflager bezogen würde sich im ersten Fall als Maximalwert eine Arbeitsplatzkonzentration von etwa 23 mg/m3 ergeben und zweiten von unter 10, 2 mg/m3.

Die vom Kläger angegebenen Zusatzinformationen seien widersprüchlich, abgesehen davon, dass deren Herkunft unklar sei. Für den Zeitraum bis Ende 01/1997 werde vom Verbrauch von neun Fässern Spezialbenzin ausgegangen, während es dann weiter heiße: "am 13.01.1997 das 10. Fass Spezialbenzin". Es sei daher davon auszugehen, dass für den Zeitraum 10/1994 bis 01/1997 (28 Monate, 2, 3 Jahre) insgesamt zehn Fässer Spezialbenzin verbraucht worden seien. Für den Gesamtzeitraum bis Ende 1997 (39 Monate, 3, 25 Jahre) werden zwölf Fässer genannt.

Dies sei auch der Zeitraum, in dem der Kläger die höchste Belastung vermute und gleichzeitig der Zeitraum, in dem er in einem größeren Raum gearbeitet habe, dessen Abmessungen ihm nicht mehr erinnerlich seien. Für den Gesamtzeitraum von 3, 25 Jahren, in dem er in dem größeren Raum gearbeitet habe, ergebe sich damit ein täglicher Spezialbenzinverbrauch von 3, 08 Litern.

Da die Abmessungen des früheren größeren Arbeitsraumes nicht bekannt seien, werde von einem kleineren Raumvolumen des Gefahrstofflagers ausgegangen. Mit dieser Größe und den anderen Faktoren ergebe sich eine Arbeitsplatzkonzentration von 46 mg/m3. Für n-Hexan gelte ein Arbeitsplatzgrenzwert von 50 mg/m3. Dieser Wert werde nicht erreicht.

Der Kläger habe im zu bewertenden Zeitraum in einem größeren Raum gearbeitet mit anderen Lüftungsbedingungen. Das heißt, bei Annahme einer vollständigen Verteilung des in die Raumluft gelangten Hexans und den vorgegebenen Lüftungsbedingungen müsse die Arbeitsplatzkonzentration kleiner als 46 mg/m3 gewesen sein. Für die rechnerische Abschätzung sei angenommen worden, dass das Spezialbenzin vollständig verbraucht worden sei, als das gesamte Hexan in die Raumluft gelangt sei. Tatsächlich sei dies jedoch nicht der Fall gewesen. Denn der Kläger habe das verbleibende (gebrauchte) Lösungsmittelgemisch nach Abschluss des Reinigungsvorgangs verbrannt. Daher stelle auch diese Annahme eine Abschätzung zu Gunsten des Versicherten dar. Es sei daher von einer niedrigeren Arbeitsplatzkonzentration auszugehen, als sie hier rechnerisch abgeschätzt worden sei.

Die Arbeitsplatzkonzentration werde durch die angegebene erhöhte Belastung des Klägers in den ersten drei Jahren ebenfalls erhöht, wenn man von dem Raumvolumen des Gefahrstofflagers ausgehe, in dem der Kläger ab 1997 gearbeitet habe. Der Wert erreiche aber nicht den Arbeitsplatzgrenzwert und liege vermutlich – auf den realen früheren Arbeitsplatz bezogen – niedriger als der hier nach den neuen Angaben des Klägers abgeschätzte Wert.

Die Lüftungsverhältnisse (geöffnetes Fenster und/oder geöffnete Tür) haben einen erheblichen Einfluss auf den Luftwechsel und damit auch auf die Arbeitsplatzkonzentration. Bei kurzzeitig geöffnetem Fenster könne sich ein Luftwechsel bis 4 h-1 und bei ständig geöffnetem Fenster sogar mehr als 9 h-1 ergeben. Im ersten Fall würde sich auf das Gefahrstofflager bezogen ein Maximalwert von etwa 23 mg/m3 ergeben und im zweiten ein solcher von unter 10, 2 mg/m3. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung liegen daher nicht vor. Das n-Hexan gelte nicht als Auslöser des beim Kläger diagnostizierten Morbus Parkinson.

Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, dass n-Hexan Auslöser für die Parkinsonerkrankung sein könne. Der Stoff führe zu Muskelschwäche und Empfindungslosigkeit der Beine und es könne ein Tremor mit hyperaktiven Reflexen kommen. Bei Überexpositionen könne es zu verstärkenden und potentiellen irreversiblen Schäden am peripheren Nervensystem kommen, die sich teilweise in den Armen und Beinen auswirke. Beim Kläger liege kein gewöhnlicher Parkinson vor. Die Gehirnstörungen beim Kläger seien durch die Dämpfe des Lösungsmittels n-Hexan eingetreten. Das verwendete Spezialbenzin sei so aggressiv gewesen, dass sogar die Kabelenden des Telefonkabels oxidiert gewesen seien. Ferner sei in der Fertigungshalle der Anstrich aufgrund der starken Konzentration der Dämpfe abgefallen. In dem Arbeitsraum, in dem der Kläger gearbeitet habe, habe sich neben einer Tür ein Kippfenster befunden. Diese habe lediglich gekippt werden können. Dies sei an Tagen geschehen, an denen es sehr heiß gewesen sei. Die meiste Zeit sei das Fenster geschlossen gewesen, überwiegend im Herbst und Winter. Die Tür zu dem Raum sei die meiste Zeit geschlossen gewesen. Daher seien die Berechnungen des Sachverständigen nicht korrekt. Der Kläger habe zunächst in dem größeren Raum gearbeitet. Dort seien auch die Fässer mit Spezialbenzin gelagert worden. Später seien diese dann in das Gefahrgutlager verbracht worden. Der Kläger sei beim Hochpumpen des Benzins in die Behältnisse, in denen gewaschen werden sollte, den Dämpfen ausgesetzt gewesen. Das Waschen von kleineren Gegenständen sei nach wie vor in dem kleineren Raum erfolgt. Der Kläger habe einen Hautauschlag mit Grindbildung an den Händen und im Gesicht bekommen, der sich erst durch die Anwendung einer Hautlotion gebessert habe. Seit 1994 habe der Kläger unter Depressionen und Kopfschmerzen gelitten, die sich im Laufe der Zeit verstärkt haben.

Unter dem 05.03.2018 ergänzt der Sachverständige seine Ausführungen dahingehend, dass eine Parkinsonerkrankung zu den neurologischen Krankheitsbildern gehören, die nicht durch Intoxikation verursacht werden. Darüber hinaus werde nur eine Polyneuropathie oder eine Encephalopathie von der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung erfasst.

In den 50er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts seien Hunderte von Arbeitern aus der Schuh- und Lederindustrie mit lösungsmittelinduzierten sensomotorischen Neuropathien in Italien, Japan und den USA gemeldet worden. In den meisten Fällen sei n-Hexan für die Entwicklung der Nervenschädigung verantwortlich gemacht worden. Dabei sei sich zu vergegenwärtigen, dass an den damaligen Arbeitsplätzen der Lederindustrie n-Hexan-Arbeitsplatzkonzentrationen im Bereich von 500 bis 2500 ppm vorgekommen seien und zwar acht Stunden pro Tag. Dies seien umgerechnet 1.800 und 9.000 mg/m3. Ein starkes Schwindelgefühl könne bereits bei einer einmaligen kurzen Exposition (zehn Minuten) bei Expositionen gegen 17.600 mg/m3 auftreten. Bei 7.040 mg/m3 bleibe diese Beeinträchtigung aus. Bei einer kontinuierlichen Exposition gegenüber n-Hexan über Tage bis Wochen oder länger in Höhe von 400 bis 600 ppm (das entspreche 1.440 bis 2.160 mg/m3) werden die klinischen Anzeichen einer toxischen n-Hexan bedingten Polyneuropathie beobachtet. Derzeit sei für n-Hexan ein Arbeitsplatzgrenzwert von 180 mg/m3 (= 50 ppm) mit einem Überschreitungsfaktor von 8(II) festgelegt. Das bedeute, dass der Arbeitsplatzgrenzwert kurzzeitig, also für 15 Minuten um das Achtfache überschritten werden könne.

Für die Berechnung sei der kleinere Arbeitsraum zugrunde gelegt worden. Die vom Kläger angegebenen Raumgrößen könnten nicht verwendet werden, da nur die Flächen, nicht aber das Volumen angegeben seien. Allerdings sei anzunehmen, dass der kleinere Raum (44 m2) der von der Beklagten beschriebene Raum mit 112 m3 ist. Daraus würde sich eine Raumhöhe von 2, 5 m ergeben, was plausibel sei.

Mit dieser Raumhöhe und der angegebenen Fläche für den zweiten Raum (68 m2) ergebe sich für diesen ein Raumvolumen von 173 m3. Der Kläger habe in diesem Raum von 1994 bis 1997 gearbeitet. Aufgrund des größeren Raumvolumens ergebe sich eine deutlich niedrigere Arbeitsplatzkonzentration als die von mir für den kleineren Raum abgeschätzte Arbeitsplatzkonzentration von 46 mg/m3.

Nach den klägerischen Angaben haben sich in dem größeren Raum neben einer Tür drei bis vier Kippfenster befunden. Bei Reinigungsarbeiten sei das Fenster geöffnet gewesen. Zudem sei die Tür nach außen geöffnet gewesen. Es sei von einer Luftwechselzahl von 2, 0 h-1 auszugehen.

Die beschriebenen Erscheinungen (Kabelenden des Telefons oxidiert, Anstrich der Fertigungshalle abgefallen) stünden in keinem Zusammenhang mit einer möglichen n-Hexan-Exposition. n-Hexan sei kein Oxidationsmittel. Auf die Arbeitsplatzkonzentration ließen sich hieraus keinerlei Rückschlüsse ziehen.

n-Hexan sei in dem verwendeten Waschbenzin zu etwas 4% enthalten. Der Arbeitsplatzgrenzwert von 180 mg/m3 gelte jedoch nur für die reine Substanz n Hexan. Die Toxizität von n-Hexan sei stark abhängig von der Anwesenheit anderer, weniger toxischer Kohlenwasserstoffe, wie dies bei dem verwendeten Waschbenzin der Fall sei, die um die Cytochrom-P450-Enzyme konkurrieren. Beispielsweise vermindere die gleichzeitige Exposition gegenüber Toluol und n Hexan die Neurotoxizität von n-Hexan signifikant. Daher seien Gemische von n Hexan mit schwach toxischen Kohlenwasserstoffen anders zu beurteilen als reines n-Hexan.

Im Sinne einer worst case-Betrachtung sei der Kläger einem Wert von 46 mg/m3 ausgesetzt gewesen. Unter Berücksichtigung der zu Gunsten des Klägers vorgenommenen Annahmen sei davon auszugehen, dass der tatsächliche Wert deutlich niedriger liege, ohne dass er genauer benannt werden könnte. Der Wert von 180 mg/m3 sei deutlich unterschritten. Denn der Kläger habe auch nicht mit reinem n-Hexan gearbeitet, sondern mit Kohlenwasserstoffgemischen mit etwa 4% n-Hexan. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung seien nicht gegeben.

Die Kammer hat über das Vorliegen der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Dr. D. hat in seinem neurologischen Gutachten vom 15.05.2018 die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung verneint.

Der Kläger hat angegeben, dass er in 09/1994 mit der Arbeit mit Spezialbenzin angefangen habe. Er habe sich vom ersten Moment an bei dieser Arbeit unwohl gefühlt. Etwa in der Weihnachtszeit 1994 hätten seine Beschwerden angefangen. Es habe mit einem permanenten Druck im gesamten Kopf, der im Verlauf fluktuierte, angefangen. Manchmal sei es ein oder zwei Tage besser gewesen. Der Kopfdruck sei mit einer Geräuschempfindlichkeit und dann auch vermehrter Reizbarkeit verbunden gewesen. Er habe außerdem für ihn bis dahin unbekannte Gefühlsanwandlungen bekommen. Seine Laufleistung habe stetig nachgelassen. Er habe nicht mehr richtig Luft bekommen und habe schließlich mit seinen Lauffreunden auch nicht mehr mithalten können. Außerdem habe er an beiden Händen einen Hautausschlag bekommen. Etwa 1996 habe er seinen Laufsport komplett aufgeben müssen. Die Kopfschmerzen hätten sich nicht mehr verändert, aber seine allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit habe weiter nachgelassen.

Etwa 1997 hätten Kribbelmissempfindungen in Armen und Beinen eingesetzt. Gleichzeitig habe die Muskulatur unter der Haut permanent "geschafft", gezuckt. Zu gröberen Bewegungen hätten die Muskelzuckungen nicht geführt.

Bereits 1994 haben eine imperative Müdigkeit und Schwindelbeschwerden eingesetzt.

Ende 2003, kurz vor seiner Rente, habe er erstmals ein Zittern in der linken Hand bemerkt. Damals habe er noch keinen Arzt aufgesucht. Erst im Jahre 2008 sei Parkinson diagnostiziert worden.

Der Sachverständige führt aus, dass die Diagnose Polyneuropathie ganz sicher nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit gestellt werden könnte. Erstmals werde eine Polyneuropathiediagnose am 18.03.2014 durch den behandelnden Neurologen gestellt, wohl aber versehen mit dem Adjektiv "fraglich". Zu diesem Zeitpunkt werden Kribbelmissempfindungen der Füße und Unterschenkel beklagt. Zum Zeitpunkt der Begutachtung belegen die elektroneurografischen und elektromyografischen Befunde eine deutlich ausgeprägte Polyneuropathie.

Am Vorliegen der neurologischen Erkrankungen, dem Parkinsonsyndrom und der Polyneuropathie, bestünden keine Zweifel. Die Diagnosen seien im Vollbeweis gesichert. Eine eigenständige Depression liege wahrscheinlich nicht vor. Wahrscheinlich sei die Affektinkontinenz das erste Symptom der Parkinsonerkrankung gewesen.

Die Feststellung eines Kausalzusammenhanges zwischen den neurologischen Erkrankungen und der Toxin-Exposition erfordere in der Regel neben der toxikologisch nachweisbaren Exposition einen zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Symptome mit Beginn der Exposition. Einen solchen zeitlichen Zusammenhang gebe der Kläger zwar selbst an, nämlich dass er Symptome bereits wenige Monate nach Antritt der Arbeitsstelle festgestellt habe. Allerdings seien die angegebenen Symptome eines Nachlassens der körperlichen Leistungsfähigkeit unspezifisch und nicht in erster Linie als Ausdruck eines neurologischen Krankheitsbildes einzuordnen.

Beschwerden in den Extremitäten, die man als Polyneuropathie-Symptome einordnen könnte, wie auch Parkinson-Symptome, die man als Ausdruck einer "Enzephalopathie" werten könnte, werden erst Jahre nach der ersten Arbeitsplatzexposition aktenkundig. Schon aufgrund dieses Zeitintervalls lasse sich ein Kausalzusammenhang zwischen den zweifellos erheblich invalidisierenden neurologischen Krankheitsbildern und der Toxin-Exposition am Arbeitsplatz nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen.

Des Weiteren spreche gegen einen Kausalzusammenhang, dass sich das Parkinsonsyndrom trotz Expositionsende im weiteren Verlauf eindeutig verschlechtert habe. Ein weiteres hartes Argument gegen eine toxische Verursachung wäre der für ein idiopathisches Parkinson-Syndrom typische Befund im Dat-Scan, welches der niedergelassene Neurologe in seinem Befundbericht von 2008 erwähnt habe.

Angesichts der erheblichen Muskelatrophien in allen Extremitäten müsse auch von einem weiteren Fortschreiten der Polyneuropathie in den letzten Jahren ausgegangen werden, also lange nach Expositionsende. Die Beschreibung derartig ausgeprägter Muskelatrophien wäre in einem der zahlreichen neurologischen Vorbefunde zu erwarten gewesen, wenn sie schon längere Zeit vorbestanden hätten. Da keine weiteren elektroneurografischen Befunde existierten, könne eine Verbesserung oder Verschlechterung im Verlauf nach Expositionsende nicht quantifiziert werden.

Das Ausmaß der Exposition habe nicht ausgereicht, um eine toxische Polyneuropathie oder Enzephalopathie mit Wahrscheinlichkeit zu begründen.

Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 18.12.2017 und vom 27.08.2018 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, der medizinischen Unterlagen und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (Blatt 1 bis 77). Diese Vorgänge sind auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 30.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit wegen seiner Parkinsonerkrankung und der Polyneuropathie nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung.

Die nach § 7 Abs. 1 SGB VII als Versicherungsfälle definierten Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheit bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden.

Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken.

Im Unfallversicherungsrecht müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen einschließlich Art und Ausmaß sowie die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können. Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Feststellungslast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers.

Die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung umfasst eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel. Zu den gesichert neurotoxischen Lösungsmitteln gehört auch das vom Kläger benannte n-Hexan, welches in dem Reinigungsbenzin 40/80 enthalten ist. Das Merkblatt zu dieser Berufskrankheit führt zu den Krankheitsbildern Folgendes aus: "Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie sind symmetrisch-distale, arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- bzw. handschuhförmiger Verteilung. Anamnestisch ist wichtig, dass die Sensibilitätsstörungen von distal nach proximal aufsteigen und dass die Parästhesien häufig nachts zunehmen. Objektiv lassen sich je nach Krankheitsausprägung distal symmetrische Sensibilitätsstörungen für Vibrationsempfinden, Lageempfinden, Ästhesie, Algesie und Zweipunktdiskrimination erkennen. Im weiteren Verlauf werden Reflexabschwächungen oder Areflexie, Störungen der autonomen Nervenversorgung, Verminderung der sensiblen und motorischen Nervenleitgeschwindigkeiten und distalen Latenzen sowie neurogene Schädigungsmuster im EMG nachweisbar. Die motorischen Veränderungen können sich darstellen als leichte motorische Schwäche bis hin zur völligen muskulären Lähmung mit Muskelatrophie. Betroffen ist überwiegend die Muskulatur im Bereich der Hände und Füße. In schweren Fällen kann es jedoch zu vollständiger Tetraplegie und Befall der Atemmuskulatur kommen (1, 5, 12). Dagegen ist die Polyneuropathie durch Trichlorethen gekennzeichnet durch Sensibilitäts- und Reflexverlust oder sensomotorische Ausfälle im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus im Gesicht. Ein Befall des Nervus oculomotorius und des Nervus abducens kommt ebenfalls vor. Auch nach Trichlorethen-Einwirkung wurde eine periphere Polyneuropathie beschrieben (6, 7). Die lösungsmittelbedingte Polyneuropathie entwickelt sich i.d.R. in engem zeitlichem Zusammenhang mit der beruflichen Lösungsmittelexposition. Allerdings wurden vereinzelt Krankheitsverläufe berichtet, bei denen es 2-3 Monate nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zu einer Verschlechterung der Bewegungsfähigkeit kommt (4), so dass die klinische Diagnose der Polyneuropathie auch 2-3 Monate nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit erstmals gestellt werden kann. Lösungsmittelbedingte Polyneuropathien verbessern sich nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit häufig, nicht selten bleibt die lösungsmittelbedingte Polyneuropathie jedoch klinisch nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit konstant oder verschlechtert sich (1, 4, 5, 11, 12, 14). Eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit schließt eine Verursachung durch Lösungsmittel nicht aus.

Differentialdiagnostisch ist in erster Linie an alkoholische oder diabetische Polyneuropathien zu denken. Asymmetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schließen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus.

Toxische Enzephalopathie
Eine toxische Enzephalopathie äußert sich durch diffuse Störungen der Hirnfunktion, Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Persönlichkeitsveränderungen oft mit Antriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstörungen stehen im Vordergrund. Im klinischen Verlauf unterscheidet man folgende Schweregrade (15):

Schweregrad I: Erschöpfung, Ermüdbarkeit, Konzentrationsschwäche, Merkschwäche, allgemeine Antriebsminderung.

Schweregrad II A: Ausgeprägte und dauerhafte Persönlichkeitsveränderungen, zunehmende Merk- und Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag, Affektlabilität. Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen.

Schweregrad II B: Zusätzlich zu den unter II A aufgeführten psychischen Störungen lassen sich leichte neurologische Befunde wie Tremor, Ataxie und andere Koordinationsstörungen nachweisen.

Schweregrad III: Demenz mit ausgeprägten Intelligenz- und Gedächtnisstörungen, Nachweis hirnatrophischer Veränderungen bei kranialer Computertomographie oder Kernspintomographie. Schweregrad III wird bei schweren exogenen (Alkohole) und endogenen Intoxikationen beobachtet. Auch nach chronischer Lösungsmitteleinwirkung wurden Enzephalopathien mit Hirnatrophie beschrieben (2, 9).

Toxische Enzephalopathien treten in der Regel noch während des Expositionszeitraumes auf. Mehrere Studien zeigen jedoch auch Jahre nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit eine Zunahme der subjektiven Beschwerden sowie eine Verschlechterung der Ergebnisse psychologischer Testverfahren und der neurologischen Untersuchungsergebnisse (2, 7, 10, 11). Hieraus folgt, dass die klinische Diagnose der lösungsmittelbedingten Enzephalopathie auch mehrere Jahre nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit erstmals gestellt werden kann. Die lösungsmittelbedingte Enzephalopathie kann sich nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit bessern, konstant bleiben oder verschlechtern (2, 3, 7, 10, 11). Eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit schließt eine Verursachung durch Lösungsmittel nicht aus. Die Diagnose stützt sich auf die anamnestischen Angaben und den psychopathologischen Befund. Wichtige anamnestische Hinweise sind Alkoholintoleranz und häufige pränarkotische Symptome im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lösungsmittelexposition (Benommenheit, Trunkenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Brechreiz, aber auch Zustände von Euphorie). Der psychopathologische Befund muss durch psychologische Testverfahren objektiviert werden, die das Alter des Patienten berücksichtigen. Bei diesen Testverfahren sollen untersucht werden: die prämorbide Intelligenz, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen, Psychomotorik, Wesensveränderungen und Befindlichkeitsstörungen. Neurophysiologische Untersuchungen (EEG, evozierte Potentiale, Nervenleitgeschwindigkeit) sowie bildgebende Verfahren (Computertomogramm, Kernspintomogramm) ergeben bei den lösungsmittelverursachten Enzephalopathien in der Regel Normalbefunde. Sie sind jedoch für die Differentialdiagnostik von Bedeutung. Erhöhte Werte im Biomonitoring (Lösungsmittel oder deren Metabolite im Blut oder Urin) können die Diagnose stützen.

Differentialdiagnostisch sind in erster Linie eine Multiinfarkt-Demenz, ein Morbus Alzheimer und eine alkoholtoxische Enzephalopathie auszuschließen. Darüber hinaus ist die gesamte Differentialdiagnostik exogener und endogener toxischer Enzephalopathien, traumatischer Psychosyndrome, Affektpsychosen und neurotischer Fehlentwicklungen zu berücksichtigen."

Zwischen den Beteiligten ist unumstritten, dass der Kläger als Werkzeugmacher langjährig eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, jedoch fehlen die arbeitstechnischen und die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Berufskrankheiten-Verordnung.

Die Kammer schließt sich dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. C. nach § 106 SGG an und macht sich dessen Ausführungen zu Eigen. Dr. C. stellt in seinem berufskundlichen Gutachten vom 20.08.2017 auf Gebiet fest, dass der Arbeitsplatzgrenzwert für N-Hexan von 180 mg/m3 (50 ppm) sicher eingehalten war und sich die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung nicht belegen lassen. Die vom Kläger korrigierten Angaben gegenüber denen der Beklagten würden eher zu einer geringeren Exposition führen als zu einer höheren.

Aus den Angaben in der Akte und im Rahmen des mit ihm geführten Ermittlungsgespräches lassen sich für die früheren Arbeitsverhältnisse zwar Abschnitte mit Expositionen gegenüber neurotoxischen Arbeitsstoffen erkennen. Aber eine gefährdende Einwirkung im Sinne des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung kann der Sachverständige nicht erkennen. Den Schlussfolgerungen der Beklagten stimmt der Sachverständige zu.

Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass sich die Arbeitsplatzkonzentration durch die vom Kläger angegebene erhöhte Belastung erhöhe, wenn man vom Raumvolumen des Gefahrstofflagers ausgehe, in dem der Kläger ab 1997 gearbeitet hat. Der Wert erreicht nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen aber dennoch nicht den Arbeitsplatzgrenzwert und liegt vermutlich – auf den realen früheren Arbeitsplatz bezogen – niedriger als der vom Sachverständigen nach den neuen Angaben des Klägers abgeschätzte Wert.

Die Lüftungsverhältnisse (geöffnetes Fenster und/oder geöffnete Tür) haben einen erheblichen Einfluss auf den Luftwechsel und damit auch auf die Arbeitsplatzkonzentration. Bei kurzzeitig geöffnetem Fenster kann sich ein Luftwechsel bis 4 h-1 und bei ständig ganz geöffneten Fester sogar mehr als 9 h-1 ergeben. Bezogen auf das Gefahrstofflager bezogen würde sich im ersten Fall als Maximalwert eine Arbeitsplatzkonzentration von etwa 23 mg/m3 ergeben und zweiten von unter 10, 2 mg/m3.

Die vom Kläger angegebenen Zusatzinformationen sind nach den Darlegungen des Sachverständigen widersprüchlich, abgesehen davon, dass deren Herkunft unklar sei. Für den Zeitraum bis Ende 01/1997 wird vom Verbrauch von neun Fässern Spezialbenzin ausgegangen, während es dann weiter heißt: "am 13.01.1997 das 10. Fass Spezialbenzin". Der Sachverständige geht daher davon aus, dass für den Zeitraum 10/1994 bis 01/1997 (28 Monate, 2, 3 Jahre) insgesamt zehn Fässer Spezialbenzin verbraucht worden sind. Für den Gesamtzeitraum bis Ende 1997 (39 Monate, 3, 25 Jahre) werden zwölf Fässer genannt.

Dies ist auch der Zeitraum, in dem der Kläger die höchste Belastung vermutet und gleichzeitig der Zeitraum, in dem er in einem größeren Raum gearbeitet hat, dessen Abmessungen ihm nicht mehr erinnerlich sind. Für den Gesamtzeitraum von 3, 25 Jahren, in dem er in dem größeren Raum gearbeitet hat, ergibt sich damit ein täglicher Spezialbenzinverbrauch von 3, 08 Litern, wie der Sachverständige darlegt.

Da die Abmessungen des früheren größeren Arbeitsraumes nicht bekannt sind, geht der Sachverständige von einem kleineren Raumvolumen des Gefahrstofflagers aus. Mit dieser Größe und den anderen Faktoren ergibt sich eine Arbeitsplatzkonzentration von 46 mg/m3. Für n-Hexan gilt ein Arbeitsplatzgrenzwert von 50 mg/m3. Dieser Wert wird nicht erreicht, wie der Sachverständige schlüssig darlegt.

Der Kläger hat im zu bewertenden Zeitraum in einem größeren Raum gearbeitet mit anderen Lüftungsbedingungen. Das heißt, bei Annahme einer vollständigen Verteilung des in die Raumluft gelangten Hexans und den vorgegebenen Lüftungsbedingungen muss die Arbeitsplatzkonzentration kleiner als 46 mg/m3 gewesen sein. Für die rechnerische Abschätzung hat der Sachverständige angenommen, dass das Spezialbenzin vollständig verbraucht worden ist, als das gesamte Hexan in die Raumluft gelangt ist. Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall gewesen. Denn der Kläger hat das verbleibende (gebrauchte) Lösungsmittelgemisch nach Abschluss des Reinigungsvorgangs verbrannt. Daher stellt auch diese Annahme des Sachverständigen eine Abschätzung zu Gunsten des Klägers dar. Der Sachverständige geht daher von einer niedrigeren Arbeitsplatzkonzentration aus, als sie hier rechnerisch abgeschätzt worden ist.

Die Arbeitsplatzkonzentration wird nach den Darlegungen des Sachverständigen durch die angegebene erhöhte Belastung des Klägers in den ersten drei Jahren ebenfalls erhöht, wenn der Sachverständige bei den Berechnungen von dem Raumvolumen des Gefahrstofflagers ausgeht, in dem der Kläger ab 1997 gearbeitet hat. Der Wert erreicht aber dennoch nicht den Arbeitsplatzgrenzwert und liegt nach den Vermutungen des Sachverständigen – auf den realen früheren Arbeitsplatz bezogen – niedriger als der hier nach den neuen Angaben des Klägers abgeschätzte Wert.

Die Lüftungsverhältnisse (geöffnetes Fenster und/oder geöffnete Tür) haben einen erheblichen Einfluss auf den Luftwechsel und damit auch auf die Arbeitsplatzkonzentration, wie der Sachverständige ausführt. Bei kurzzeitig geöffnetem Fenster kann sich ein Luftwechsel bis 4 h-1 und bei ständig geöffnetem Fenster sogar mehr als 9 h-1 ergeben. Im ersten Fall würde sich auf das Gefahrstofflager bezogen ein Maximalwert von etwa 23 mg/m3 ergeben und im zweiten ein solcher von unter 10, 2 mg/m3. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung liegen daher nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht vor. Das n-Hexan gilt nicht als Auslöser des beim Kläger diagnostizierten Morbus Parkinson, wie der Sachverständige darlegt. Eine Parkinsonerkrankung gehört zu den neurologischen Krankheitsbildern, die nicht durch Intoxikation verursacht werden. Darüber hinaus werden nur eine Polyneuropathie oder eine Encephalopathie von der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung erfasst.

Derzeit ist für n-Hexan ein Arbeitsplatzgrenzwert von 180 mg/m3 (= 50 ppm) mit einem Überschreitungsfaktor von 8(II) festgelegt, wie der Sachverständige ausführt. Das bedeutet, dass der Arbeitsplatzgrenzwert kurzzeitig, also für 15 Minuten um das Achtfache überschritten werden kann.

Für die Berechnung hat der Sachverständige zu Gunsten des Klägers den kleineren Arbeitsraum zugrunde gelegt. Die vom Kläger angegebenen Raumgrößen könnten nicht verwendet werden, da nur die Flächen, nicht aber das Volumen angegeben sind. Allerdings nimmt der Sachverständige an, dass der kleinere Raum (44 m2) der von der Beklagten beschriebene Raum mit 112 m3 ist. Daraus würde sich eine Raumhöhe von 2, 5 m ergeben, was plausibel ist.

Mit dieser Raumhöhe und der angegebenen Fläche für den zweiten Raum (68 m2) ergibt sich nach den Berechnungen des Sachverständigen für diesen ein Raumvolumen von 173 m3. Der Kläger hat in diesem Raum von 1994 bis 1997 gearbeitet. Aufgrund des größeren Raumvolumens ergibt sich eine deutlich niedrigere Arbeitsplatzkonzentration als die von dem Sachverständigen für den kleineren Raum abgeschätzte Arbeitsplatzkonzentration von 46 mg/m3.

Nach den klägerischen Angaben haben sich in dem größeren Raum neben einer Tür drei bis vier Kippfenster befunden. Bei Reinigungsarbeiten ist das Fenster geöffnet gewesen. Zudem ist die Tür nach außen geöffnet gewesen. Der Sachverständige geht daher von einer Luftwechselzahl von 2, 0 h-1 aus.

Die beschriebenen Erscheinungen (Kabelenden des Telefons oxidiert, Anstrich der Fertigungshalle abgefallen) stehen nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen in keinem Zusammenhang mit einer möglichen n-Hexan-Exposition. n-Hexan ist kein Oxidationsmittel. Auf die Arbeitsplatzkonzentration lassen sich hieraus keinerlei Rückschlüsse ziehen.

n-Hexan ist in dem verwendeten Waschbenzin zu etwa 4% enthalten. Der Arbeitsplatzgrenzwert von 180 mg/m3 gilt jedoch nur für die reine Substanz n Hexan, wie der Sachverständige erklärend darlegt. Die Toxizität von n-Hexan ist stark abhängig von der Anwesenheit anderer, weniger toxischer Kohlenwasserstoffe, wie dies bei dem verwendeten Waschbenzin der Fall ist, die um die Cytochrom-P450-Enzyme konkurrieren. Beispielsweise vermindert die gleichzeitige Exposition gegenüber Toluol und n-Hexan die Neurotoxizität von n Hexan signifikant. Daher sind nach den Ausführungen des Sachverständigen Gemische von n-Hexan mit schwach toxischen Kohlenwasserstoffen anders zu beurteilen als reines n-Hexan.

Im Sinne einer worst case-Betrachtung ist der Kläger nach den nachvollziehbaren Berechnungen des Sachverständigen einem Wert von 46 mg/m3 ausgesetzt gewesen. Unter Berücksichtigung der zu Gunsten des Klägers vorgenommenen Annahmen geht der Sachverständige davon aus, dass der tatsächliche Wert deutlich niedriger liegt, ohne dass er genauer benannt werden kann. Der Wert von 180 mg/m3 ist nach den schlüssigen Darlegungen des Sachverständigen jedenfalls deutlich unterschritten worden. Denn der Kläger hat auch nicht mit reinem n-Hexan gearbeitet, sondern mit Kohlenwasserstoffgemischen mit etwa 4% n-Hexan. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung sind nicht gegeben.

Die Einschätzung des Sachverständigen entspricht den Ausführungen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 11.03.2015, wonach der Kläger Atemwegskontakt zu n-Hexan hatte, der ein Listenstoff im Sinne der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist. Der neurotoxische Schwellenwert entspreche dem Arbeitsplatzgrenzwert für n-Hexan und dieser sei während der Beschäftigungszeit sicher eingehalten worden. N Hexan-Konzentrationen von über 200 ppm = 716 mg/m3 führten zu nachweisbaren Veränderungen im peripheren Nervensystem. Ein Atemwegskontakt zu Trichlorethen habe beim Kläger nicht bestanden.

Darüber hinaus fehlt es an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen an und macht sich dessen Ausführungen zu Eigen.

Dr. D. hat in seinem neurologischen Gutachten vom 15.05.2018 die Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung verneint.

Der Kläger hat beim Sachverständigen angegeben, dass er in 09/1994 mit der Arbeit mit Spezialbenzin angefangen habe. Er habe sich vom ersten Moment an bei dieser Arbeit unwohl gefühlt. Etwa in der Weihnachtszeit 1994 hätten seine Beschwerden angefangen. Es habe mit einem permanenten Druck im gesamten Kopf, der im Verlauf fluktuierte, angefangen. Manchmal sei es ein oder zwei Tage besser gewesen. Der Kopfdruck sei mit einer Geräuschempfindlichkeit und dann auch vermehrter Reizbarkeit verbunden gewesen. Er habe außerdem für ihn bis dahin unbekannte Gefühlsanwandlungen bekommen. Seine Laufleistung habe stetig nachgelassen. Er habe nicht mehr richtig Luft bekommen und habe schließlich mit seinen Lauffreunden auch nicht mehr mithalten können. Außerdem habe er an beiden Händen einen Hautausschlag bekommen. Etwa 1996 habe er seinen Laufsport komplett aufgeben müssen. Die Kopfschmerzen hätten sich nicht mehr verändert, aber seine allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit habe weiter nachgelassen.

Etwa 1997 hätten Kribbelmissempfindungen in Armen und Beinen eingesetzt. Gleichzeitig habe die Muskulatur unter der Haut permanent "geschafft", gezuckt. Zu gröberen Bewegungen hätten die Muskelzuckungen nicht geführt.

Bereits 1994 haben eine imperative Müdigkeit und Schwindelbeschwerden eingesetzt.

Ende 2003, kurz vor seiner Rente, habe er erstmals ein Zittern in der linken Hand bemerkt. Damals habe er noch keinen Arzt aufgesucht. Erst im Jahre 2008 sei Parkinson diagnostiziert worden.

Der Sachverständige führt aus, dass die Diagnose Polyneuropathie ganz sicher nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit gestellt werden könnte. Erstmals wird eine Polyneuropathiediagnose am 18.03.2014 durch den behandelnden Neurologen gestellt, wohl aber versehen mit dem Adjektiv "fraglich". Zu diesem Zeitpunkt werden Kribbelmissempfindungen der Füße und Unterschenkel vom Kläger beklagt. Zum Zeitpunkt der Begutachtung belegen die elektroneurografischen und elektromyografischen Befunde eine deutlich ausgeprägte Polyneuropathie.

Am Vorliegen der neurologischen Erkrankungen, dem Parkinsonsyndrom und der Polyneuropathie, bestehen nach den Feststellungen des Sachverständigen keine Zweifel. Die Diagnosen sind im Vollbeweis gesichert. Eine eigenständige Depression liegt wahrscheinlich nicht vor, wie der Kläger ausführt. Wahrscheinlich ist die Affektinkontinenz das erste Symptom der Parkinsonerkrankung gewesen, wie der Sachverständige darlegt.

Die Feststellung eines Kausalzusammenhanges zwischen den neurologischen Erkrankungen und der Toxin-Exposition erfordert nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen in der Regel neben der toxikologisch nachweisbaren Exposition einen zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Symptome mit Beginn der Exposition. Einen solchen zeitlichen Zusammenhang gibt der Kläger zwar selbst an, nämlich dass er Symptome bereits wenige Monate nach Antritt der Arbeitsstelle festgestellt hat. Allerdings sind die angegebenen Symptome eines Nachlassens der körperlichen Leistungsfähigkeit unspezifisch und nicht in erster Linie als Ausdruck eines neurologischen Krankheitsbildes einzuordnen.

Beschwerden in den Extremitäten, die man als Polyneuropathie-Symptome einordnen könnte, wie auch Parkinson-Symptome, die man als Ausdruck einer "Enzephalopathie" werten könnte, werden erst Jahre nach der ersten Arbeitsplatzexposition aktenkundig, wie der Sachverständige den Krankheitsverlauf beim Kläger aufzeigt. Schon aufgrund dieses Zeitintervalls lässt sich ein Kausalzusammenhang zwischen den zweifellos erheblich invalidisierenden neurologischen Krankheitsbildern und der Toxin-Exposition am Arbeitsplatz nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen.

Des Weiteren spricht nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen gegen einen Kausalzusammenhang, dass sich das Parkinsonsyndrom trotz Expositionsende im weiteren Verlauf eindeutig verschlechtert hat. Ein weiteres hartes Argument gegen eine toxische Verursachung wäre der für ein idiopathisches Parkinson-Syndrom typische Befund im Dat-Scan, welches der niedergelassene Neurologe in seinem Befundbericht von 2008 erwähnt hat.

Angesichts der erheblichen Muskelatrophien in allen Extremitäten geht der Sachverständige auch von einem weiteren Fortschreiten der Polyneuropathie in den letzten Jahren aus, also lange nach Expositionsende. Die Beschreibung derartig ausgeprägter Muskelatrophien wäre in einem der zahlreichen neurologischen Vorbefunde zu erwarten gewesen, wenn sie schon längere Zeit vorbestanden hätten. Da keine weiteren elektroneurografischen Befunde existierten, kann der Sachverständige eine Verbesserung oder Verschlechterung im Verlauf nach Expositionsende nicht quantifizieren.

Das Ausmaß der Exposition hat nach der schlüssigen und nachvollziehbaren Ansicht des Sachverständigen nicht ausgereicht, um eine toxische Polyneuropathie oder Enzephalopathie mit Wahrscheinlichkeit zu begründen.

Aus arbeitsmedizinischer Sicht verweist die Kammer auf die Stellungnahme vom 01.03.2017 im Verwaltungsverfahren. Aus dem aktenkundigen Material ergebe sich kein Hinweis auf einen regelmäßigen Hautkontakt mit dem Spezialbenzin. Der Arbeitsplatzgrenzwert sei eingehalten worden. Der Morbus Parkinson sei erst im Jahre 2008 diagnostiziert worden. Bei Patienten mit Morbus Parkinson sei eine erhöhte Prävalenz von Polyneuropathien bekannt. Zudem könnten auch degenerative Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich zu Kribbelparästhesien in beiden Beinen führen. Symptome wie bei einem Morbus Parkinson, gehörten nicht zum Krankheitsbild einer Berufskrankheit Nr. 3117 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung. Zwar könne das Krankheitsbild eines Morbus Parkinson toxisch verursacht werden, jedoch sei der Kläger diesen Stoffen gegenüber nicht exponiert gewesen (Kohlenmonoxid, Schwefelkohlenstoff, Methanol, Mangan bzw. Manganverbindungen). Auch sei eine Verursachung der Polyneuropathie durch n-Hexan allein aus zeitlichen Gründen schon äußerst unwahrscheinlich, da das Expositionsende spätestens mit Eintritt ins Rentenalter in 10/2003 vorgelegen habe und die Kribbelparästhesien an den Beinen erst ab 2007 berichtet worden seien. Eine durch organische Lösungsmittel verursachte neurotoxische Polyneuropathie trete in der Regel distal betont meist symmetrisch auf. Das erstmalige Auftreten des Krankheitsbildes etwa vier Jahre nach Expositionsende und dann auch nur rezidivierend entspreche nicht dem Krankheitsbild einer toxischen Polyneuropathie.

Der Morbus Parkinson sei kein Krankheitsbild im Sinne der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung und die Polyneuropathie entspreche nicht dem typischen Befund einer neurotoxischen Polyneuropathie. Auch bestehe ein zu großer zeitlicher Abstand von etwa vier Jahren vom Ende der beruflichen Tätigkeit bis zum Eintritt der Polyneuropathie. Untypisch sei auch die Zunahme einer Polyneuropathie nach Expositionsende.

Die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung lägen nicht. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die oben genannten Krankheitsbilder beruflich verursacht worden sein könnten. Es sei auch keine andere Berufskrankheit wie Nr. 1306, 1105, 1201 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzunehmen.

Die Kammer weist des Weiteren darauf hin, dass ihre Aufgabe nicht darin besteht die Ursache der klägerischen Erkrankung zu finden. Vielmehr ist es einzig und allein Aufgabe, einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und den neurologischen Beschwerden zu klären. Die Frage, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis und einem Gesundheitsschaden besteht, ist in erster Linie nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Im Rahmen seiner richterlichen Überzeugungsbildung hat die Kammer alles Erforderliche im Sinne der §§ 103, 128 SGG zu tun, um diese Frage zu klären, wobei es sich des Urteils fachkundiger Sachverständiger zu bedienen hat, um mit deren Hilfe festzustellen, ob nach den einschlägigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen das angeschuldigte Ereignis die wahrscheinliche Ursache des bestehenden Gesundheitsschadens ist. Maßgebend ist hierfür grundsätzlich die herrschende medizinische Lehrmeinung, soweit sie sich auf gesicherte Erkenntnisse stützen kann. Andererseits ist es nicht Aufgabe der Kammer, sich mit voneinander abweichenden medizinischen Lehrmeinungen im Einzelnen auseinanderzusetzen und darüber zu entscheiden, welche von ihnen richtig ist.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen, da die weder arbeitstechnischen noch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit Nr. 1317 der Berufskrankheiten-Verordnung vorliegen. Die klägerischen Einwände haben nicht rechtserheblich durchgegriffen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Das Verfahren ist für den Kläger gemäß § 183 S. 1 SGG gerichtskostenfrei. Die Statthaftigkeit der Berufung folgt aus § 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
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