L 4 SO 51/19

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 28 SO 18/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 51/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Juni 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin – als Rechtsnachfolgerin der Frau H. (im Folgenden: Hilfeempfängerin) – begehrt von der Beklagten die Übernahme ungedeckter Kosten für die stationäre Pflege vom 1. Februar 2012 bis zum 2. März 2013.

Die Klägerin ist Trägerin von Alten- und Pflegeeinrichtungen in H., u.a. auch des Seniorenhauses M., Alten- und Pflegeheim, in dem ab dem 11. Oktober 2010 die 1937 geborene und am xxx 2013 verstorbene Hilfeempfängerin aufgenommen worden war. Diese hatte am 14. Mai 2010 einen Herzinfarkt/Schlaganfall erlitten und war dort nach Krankenhausbehandlung, stationärer Rehabilitation und Kurzzeitpflege mit Pflegestufe I in die vollstationäre Pflege aufgenommen worden. Laut Heimvertrag vom 17. November 2010 betrug der monatliche Kostensatz abzüglich der Leistung der Pflegekasse 1.686,20 Euro. Mit Bescheid der Pflegekasse vom 10. Januar 2011 erfolgte eine rückwirkende Einstufung in die Pflegestufe II und der monatliche Kostensatz betrug 2.034,65 Euro. Auf Antrag ihres Ehemannes und – seit dem 21. Juni 2010 – gesetzlichen Betreuers auf Übernahme der stationären Pflegekosten bewilligte die Beklagte der Hilfeempfängerin mit Heimaufnahme Leistungen der Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung unter Anrechnung eines monatlichen Kostenbeitrags in Höhe von 448,28 Euro, so dass monatlich an die Klägerin 1.400,22 Euro direkt überwiesen wurden, sowie als laufende Hilfe zum Lebensunterhalt den Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von 98,28 Euro monatlich, zuletzt bewilligt für den Monat Januar 2012. Nach den Angaben ihres Ehemannes verfügte die Hilfeempfängerin neben einer jährlichen Rentenzahlung aus einer privaten Rentenversicherung in Höhe von 1.355,80 Euro sowie Barvermögen auf einem Geldmarktkonto bei der C. (Nr. ) in Höhe von 1.622,09 Euro über keine weiteren Einkünfte bzw. Vermögen. Der Ehemann bezog eine Altersrente in Höhe von 1.718,87 (ab 7/2011: 1.735,94 bzw. ab 7/2012: 1.773,84) Euro sowie laufende Einkünften aus einem Minijob (Hausmeistertätigkeit) in Höhe von ca. 270,- Euro monatlich; die monatliche Miete für die gemeinsame Wohnung betrug 526,72 Euro bzw. im Dezember 2012 547,41 Euro.

Anfang 2012 erfuhr die Beklagte über einen Datenabgleich, dass der Hilfeempfängerin Zinseinkünfte in Höhe von 286,- Euro zugeflossen waren. Auf das Anhörungsschreiben vom 24. Januar 2012 teilte der Ehemann im Schreiben vom 4. Februar 2012 mit, dass ihm die Zinseinkünfte bei Antragstellung im Jahr 2010 noch nicht bekannt gewesen seien. Weder er noch seine Ehefrau verfügten über die Angaben im Antrag auf Übernahme der Heimkosten hinaus über Vermögen oder andere Einkünfte. Die Beklagte bat den Ehemann mit Schreiben vom 23. Februar 2012 um Vorlage der Kontoauszüge seit dem 1. Juli 2010 sowie um Verwendungsnachweise eines etwaigen Bankguthabens und leistete ab 1. Februar 2012 keine weiteren Zahlungen. Mit Schreiben seines bevollmächtigten Rechtsanwaltes vom 3. April 2012 beantragte der Ehemann die Weitergewährung der Heimkosten und legte Kontoauszüge des Kontos der Hilfeempfängerin bei der C., ehemals D. Bank, Nr. , vor. Daraus ergab sich, dass dieses am 31. Mai 2010 über ein Guthaben in Höhe von 40.721,17 verfügte und am 2. Juni 2010 ein Betrag in Höhe von 40.000,- Euro in bar zur Auszahlung gelangte. Ausweislich des Schreibens der C. wurde das Geldmarktkonto Nr. am 21. Dezember 2010 mit einem Kontostand von 1,89 Euro geschlossen. Am 16. August 2010 betrug der Kontostand 1.622.09 Euro, dies entsprach den Angaben im Leistungsantrag bei der Beklagten am 15. September 2010. Mit Schreiben vom 20. April 2012 forderte die Beklagte den Ehemann auf, Angaben zu der Verwendung des am 2. Juni 2010 abgehobenen Betrages von 40.000,- Euro zu machen. Dieser ließ über seinen Bevollmächtigten mitteilen, dass nicht die Hilfeempfängerin, sondern er selbst das Geld abgehoben habe.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 mit, dass der Verbrauch des Geldes in Höhe von 40.000,- Euro trotz mehrfacher Aufforderungen nicht nachgewiesen sei, und lehnte die Gewährung von Sozialhilfeleistungen ab dem 1. Februar 2012 mit Bescheid vom 9. November 2012 ab, da im Hinblick auf den ungeklärten Verbleib der 40.000,- Euro ein sozialhilferechtlicher Bedarf nicht nachgewiesen sei.

Dagegen erhob der Ehemann am 11. Dezember 2012 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass er sich angesichts der schweren Erkrankung seiner Ehefrau im Mai 2010 und der damaligen Prognose, dass diese bald versterben werde, in einem psychischen Ausnahmezustand mit Alkohol- und Drogenmissbrauch befunden habe. Er habe die für die gemeinsame Altersvorsorge gedachte Festgeldanlage nach Auflösung und Abhebung am 2. Juni 2010 für seine persönlichen Zwecke für Zechtouren und Bordellbesuche verprasst. Es sei damals für ihn gar nicht voraussehbar gewesen, dass er später für die Hilfeempfängerin Sozialhilfeleistungen beantragen müsse, so dass bei Antragstellung bei der Beklagten das Geld bereits verbraucht gewesen sei. Die Minderung des Vermögens sei nicht in der Absicht erfolgt, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Sozialhilfe herbeizuführen. Er legte zum Nachweis einer psychischen Ausnahmesituation eine ärztliche Bescheinigung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. M. vom 9. November 2012 vor.

Während des Widerspruchsverfahrens verstarb die Hilfeempfängerin am xxx 2013. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Februar 2014 mit, dass sie das Widerspruchsverfahren als Rechtsnachfolgerin gemäß § 19 Abs. 6 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) fortsetzen werde. Sie trug ergänzend vor, dass im Hinblick auf die Tatsache, dass die Festgeldanlage im Herbst 2010 bereits vollständig verbraucht gewesen sei, bei der Hilfeempfängerin Hilfebedürftigkeit vorgelegen habe. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Ehemann für dessen Verbrauch allein verantwortlich sei, und auch unter Berücksichtigung eventueller Regressansprüche gegen diesen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2014 zurück. In der Begründung führte sie aus, dass der Anspruch der Klägerin scheitere, da auch die Hilfeempfängerin keinen Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten habe. Es sei ihre Sozialhilfebedürftigkeit im Hinblick auf den fehlenden Nachweis für die Verwendung bzw. den Verbleib des Betrages von 40.000,- Euro weiter völlig ungeklärt. Die Ausführungen des Ehemannes vermöchten unter keinem Gesichtspunkt zu überzeugen und würden als bloße Schutzbehauptung gewertet. Dieser habe bei Antragstellung zunächst das in Rede stehende Konto bei der C. verschwiegen und erklärt, er habe damit Spielschulden beglichen und er habe erst nach anwaltlicher Beratung auf Vorhalt erklärt, dass er damit seine Alkohol- und Drogensucht sowie Bordellbesuche finanziert habe. Unabhängig davon, dass damit ein Nachweis über Art und Höhe des Geldes in keiner Weise geführt sei, deckten sich die behaupteten Verwendungszwecke nicht. Auch der zeitliche Ablauf wirke überzogen und konstruiert. Die Auflösung der Konten sei bereits kurz nach der Erkrankung zielgerichtet erfolgt, so dass die vom Ehemann behauptete Verzweiflung und Perspektivlosigkeit trotz behaupteter tiefer Depressionen nicht nachvollziehbar sei. Die Unaufklärbarkeit des Verbrauchs des Barbetrages führe dazu, dass nicht zu Lasten des Sozialhilfeträgers der Schluss auf einen Verbrauch des Betrages gezogen werden könne, denn die Hilfebedürftigkeit sei eine anspruchsbegründende Tatsache. Soweit diese auch nach Ausschöpfung aller denkbaren Erkenntnisquellen, die hier allein beim Ehemann und Betreuer liegen dürften, nicht hinreichend wahrscheinlich sei, gehe dies zu Lasten des Hilfesuchenden, denn die sozialhilferechtliche Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen.

Gegen den ihr am 15. Dezember 2014 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 15. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie hat ergänzend vorgetragen, der hier geltend gemachte Anspruch auf Sozialhilfeleistungen der Hilfeempfängerin begründe sich aus § 19 Abs. 6 SGB XII. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme – insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 22. Januar 2019 verwiesen – habe sich der Ehemann und Betreuer das gemeinsam angesparte Vermögen von 40.000,- Euro angeeignet und dem Zugriff der verstorbenen Hilfeempfängerin entzogen, da es ihr tatsächlich nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Dies begründe den geltend gemachten Anspruch auf "unechte" Sozialhilfe. Die rückständigen Heimbeiträge bis zum Tode der Hilfeempfängerin betrügen 10.197,92 Euro.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Ein Anspruch gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII scheide aus, weil davon auszugehen sei, dass das gemeinsame Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung im August 2010 noch vorhanden gewesen sei. Der Ehemann habe als gesetzlicher Betreuer der Hilfeempfängerin gehandelt, so dass sich diese das Handeln ihres Ehemannes zurechnen lassen müsse. Auch dass das Geld noch bis kurz vor dem Tode der Hilfeempfängerin vorhanden gewesen sei, vermöge die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu widerlegen. Ein Fall des § 19 Abs. 5 SGB XII liege nicht vor, denn die Beklagte habe seinerzeit keine Kenntnis vom Vermögen der Eheleute gehabt. Die Kenntnis des zumutbaren Einsatzes von Einkommen und Vermögen in einer gegenwärtigen Notlage sei aber zwingende Tatbestandsvoraussetzung für die Erbringung von unechten Sozialhilfeleistungen. Auch eine Notlage habe nicht vorgelegen, da die Hilfeempfängerin trotz Einstellung der Leistungen durchgehend bei der Klägerin gepflegt worden sei. Darüber hinaus könne unechte Sozialhilfe nur im Einverständnis der Hilfeempfängerin gewährt werden, welches nicht erteilt worden sei und auch nicht mehr nachträglich nachgeholt werden könne. Schließlich könne ein Anspruch auf unechte Sozialhilfe gemäß § 19 Abs. 5 SGB XII nur übergehen, wenn bereits vor dem Tod des Hilfeempfängers die Ermessensentscheidung zur Erbringung unechter Sozialhilfe getroffen worden sei. Dies sei hier nicht erfolgt. Letztlich sei unechte Sozialhilfe nur gegen Aufwendungsersatz zu gewähren, weshalb sie mit ihrem Anspruch gegenüber der Klägerin die Aufrechnung erkläre.

Mit Urteil vom 26. Juni 2019, zugestellt am 1. August 2019, hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin den Betrag von 10.197,92 Euro zu zahlen. Der Klägerin stehe aufgrund der Regelung des § 19 Abs. 6 SGB XII der Anspruch der Hilfeempfängerin auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld gemäß §§ 19 Abs. 1, 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII werde Hilfe zur Pflege nur geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften der §§ 82 ff. SGB XII nicht zuzumuten sei. Maßgeblich für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Hilfeempfängerin und ihres Ehemannes sei hier nicht mehr der Zeitpunkt der ersten Antragstellung im August 2010, sondern vielmehr der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Weiterbewilligung mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. November 2012. Zu diesem Zeitpunkt verfügten aber weder die Hilfeempfängerin noch ihr Ehemann über Vermögen. Das Geldmarktkonto bei der C. Nr. sei zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst worden. Der gemeinsam angesparte Betrag in Höhe von 40.000,- Euro sei nach den glaubhaften Bekundungen des Ehemannes als Zeuge nicht mehr vorhanden gewesen. Dass der Ehemann gemäß § 103 Abs. 1 SGB XII danach ggfs. zum Kostenersatz verpflichtet sei, müsse in einem eigenständigen Verfahren geltend gemacht werden.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 30. August 2019 Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Ausführungen des Sozialgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt und macht geltend, dass nach der Aussage des Ehemannes als Zeuge noch Vermögen vorhanden gewesen sei bis kurz vor dem Tod der Hilfeempfängerin. Letztlich sei die Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Juni 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Vermögen der Klägerin sei bereits mit dem Abheben durch den Ehemann nicht mehr vorhanden gewesen, zudem habe der Ehemann es sich durch den Verbrauch angeeignet. Als bereites Mittel jedenfalls habe es nicht zur Verfügung gestanden.

Der Senat hat in der öffentlichen Sitzung vom 27. August 2020 den Ehemann der Hilfeempfängerin als Zeugen vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beklagten zur Zahlung der offenen Heimkosten verpflichtet. Die Klägerin hat keinen (übergegangenen) Anspruch gegen den Beklagten nach § 19 Abs. 6 SGB XII, weil die Hilfeempfängerin keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach § 61 SGB XII bzw. auf unechte Sozialhilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII besaß.

Die Hilfeempfängerin hätte nämlich nach § 19 Abs. 3 i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB XII ihr Vermögen einsetzen müssen, das deutlich über dem Schonbetrag lag und für den geltend gemachten Hilfebedarf ausreichte. Das gemeinsame Festgeld in Höhe von 40.000 Euro stand nach Überzeugung des Gerichts beiden Eheleuten zu; der Hilfeempfängerin zur Hälfte. Mit dem Abheben dieses Betrages hat der Ehemann der Hilfeempfängerin den ihr zustehenden Vermögensanteil nicht etwa vereinnahmt und seinem Vermögen zugeführt. Das erschiene in der liebevollen ehelichen Gemeinschaft, die offenbar zwischen der Hilfeempfängerin und ihrem Ehemann vorlag, wenig lebensnah; das ergibt sich auch deutlich aus seiner Aussage, dass er das Vermögen lediglich vor dem Zugriff dritter Stellen sichern wollte; es ging ihm erkennbar darum, den Zugriff des Sozialamts oder des Pflegeheims zu verhindern und das gemeinsame Vermögen als solches zu erhalten. Dem entsprechend wollte er es seiner Ehefrau erkennbar nicht entziehen, sondern ihr vielmehr – wie er bekundet hat – damit Erleichterungen verschaffen und das Kraftfahrzeug für sie umbauen lassen. Dass er später das Vermögen nach seinen Bekundungen verbraucht haben will – dazu noch sogleich – stellt dies nicht in Frage. Vielmehr zeigt die Aussage des Ehemannes der Hilfeempfängerin, er habe ihr mit Rücksicht auf ihren gesundheitlichen Zustand nichts von seiner Verstrickung in verbotenes Glücksspiel erzählt, nicht etwa die Einstellung, dies hätte sie mangels Vermögensinhaberschaft gar nichts angegangen, sondern vielmehr, dass er ihr eigentlich – weil es auch um ihr Vermögen ging – darüber hätte berichten müssen. Dazu passt auch, dass er nach seiner Aussage einen Betrag stehen ließ, aus dem die Beerdigungskosten getragen werden konnte.

Das Vermögen der Hilfeempfängerin stand nach Überzeugung des Senats auch bis zu ihrem Tod zur Verfügung, um davon die Heimkosten begleichen zu können. Es kann dahinstehen, ob der vorgetragene Vermögensverbrauch durch Glücksspiel überhaupt glaubhaft ist. Daran sind durchaus Zweifel angezeigt, weil sich das Vorbringen des Ehemannes der Klägerin seit der ersten Anhörung durch wechselhaften Vortrag auszeichnet: Nach Spielschulden, Zech- und Bordelltouren ist zuletzt nur noch von Glücksspiel die Rede, in das der Ehemann der Hilfebedürftigen nach ihrem Schlaganfall geschlittert sein will. Nachdem das Vermögen zunächst sogleich verbraucht gewesen sein sollte, reichte es nach späterem Vortrag bis Ende 2012 und soll zuletzt ein Betrag von 8.000 Euro noch beim Ableben der Hilfeempfängerin vorhanden gewesen sein. Weiter ist das Vorbringen durch auffällige Detailarmut geprägt: "Schlechte Berater", "dunkle Salons", "umgebaute Garagen". Auf Nachfrage konnte der Ehemann der Hilfebedürftigen kaum angeben, was im Einzelnen gespielt wurde: Nur stockend kam er auf "17 und 4" und versuchte dann der Frage zu entgehen. Jedenfalls aber ergibt sich aus seiner Aussage ein Vermögensverbrauch von 2010 bis Ende 2012, wobei ein Restbetrag in Höhe von 8.000 Euro stehen blieb, den er beim Ableben der Hilfeempfängerin noch zur Verfügung gehabt haben will. Bei hälftiger Zuordnung bedeutet das ein durchgehendes Vermögen der Hilfeempfängerin deutlich oberhalb des Schonvermögens, bis zu ihrem Tode.

Ob die Hilfeempfängerin wegen des Verheimlichens des Vermögens einen Anspruch auf "unechte" Sozialhilfe gemäß § 19 Abs. 5 SGB XII (vgl. Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 19 Rn. 40 ff) besaß, der nach § 19 Abs. 6 SGB XII auf die Klägerin übergegangen wäre (dazu BSG, Urteil vom 6.12.2019 – B 8 SO 2/17 R), kann offenbleiben. Denn jedenfalls wäre ein solcher Anspruch für die Klägerin nicht realisierbar, weil die Hilfeempfängerin zum Einsatz eigenen Vermögens verpflichtet gewesen wäre (siehe oben) und daher mit dem Anspruch nach § 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz mit überginge. Dem Anspruch stünde damit die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (vgl. BSG, a.a.O., juris Rn. 22).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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