L 2 AS 480/20 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 33 SF 15/20 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 480/20 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 25.02.2020 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung.

Das im Hauptsacheverfahren beklagte Jobcenter hatte gegen den Kläger sowie gegen die mit ihm in einem Haushalt lebende Frau L am 05.06.2014 jeweils einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen, mit welchem in beiden Fällen Bewilligungen in Bezug auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Monate Dezember 2012 bis einschließlich April 2013 in Höhe von 135,71 Euro (Kläger) bzw. 135,76 Euro (Frau L) aufgehoben wurden. In der Begründung wurde jeweils ausgeführt, nach Prüfung der Unterlagen sei festgestellt worden, dass kein Leistungsanspruch bestehe. Der Kläger bzw. Frau L habe gewusst bzw. habe wissen müssen, dass der zuerkannte Leistungsanspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Die von dem Beschwerdeführer sowohl namens und in Vollmacht des Klägers als auch der Frau L erhobenen Widersprüche wurden von dem beklagten Jobcenter jeweils durch Widerspruchsbescheid vom 10.11.2014 als unzulässig verworfen, da der Beschwerdeführer seine Vollmacht trotz Aufforderung nicht schriftlich nachgewiesen habe. Gegen die Bescheide hat der Beschwerdeführer namens und in Vollmacht des Klägers bzw. der Frau L jeweils am 15.12.2014 Klage vor dem SG Köln erhoben (Az. S 33 AS 4767/14 bzw. S 33 AS 4775/14). Die Klage in dem Parallelverfahren S 33 AS 4775/14 begründete der Beschwerdeführer mit einem knapp 2 1/2 Seiten umfassenden Schriftsatz vom 19.01.2015, die Klage im vorliegenden Hauptsacheverfahren mit weitgehend gleichlautendem Schriftsatz nach entsprechender gerichtlicher Erinnerung am 19.02.2015. Mit Beschlüssen des SG vom 04.05.2015 wurde den Klägern in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und jeweils der Beschwerdeführer beigeordnet. Im Parallelverfahren nahm der Kläger noch mit Schriftsatz vom 03.03.2015 zur Klageerwiderung Stellung. Im Parallelverfahren beantragte er zudem am 14.07.2015 Akteneinsicht und führte zur gesundheitlichen Situation der Klägerin aus. Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schriftsätzen vom 29.07.2015 nahm er in beiden Verfahren zur Anwaltsbestellung im Widerspruchsverfahren Stellung und bestritt das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft des Klägers mit Frau L, von welcher das beklagte Jobcenter ausgegangen war. Am 31.07.2015 fand ein 30minütiger Verhandlungstermin vor dem SG statt, in welchem die Verfahren S 33 AS 4767/14 und S 33 AS 4775/14 gemeinsam verhandelt wurden. Beide Verfahren wurden durch Klagerücknahme beendet.

In getrennten Kostenrechnungen vom 20.12.2018 beantragte der Beschwerdeführer für die Verfahren jeweils die Festsetzung folgender Gebühren aus der Staatskasse:

• Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsan-waltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 300,00 Euro;
• Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 280,00 Euro;
• Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro; • Fahrtkosten (2 x 35 km x 0,30 EUR) nach Nr. 7003 VV RVG in Höhe von 21,00 Euro;
• Tagegeld (Termin v. 31.07.2015) nach Nr. 7005 Nr. 1 RVG in Höhe von 25,00 Euro; • Umsatzsteuer nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 122,74 Euro.
Daraus ergab sich jeweils eine Gesamtvergütung von 768,74 Euro.

Unter dem 10.01.2019 bzw. 14.01.2019 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) die Vergütungen jeweils auf 455,77 Euro fest und führte aus, die Angelegenheit sei grundsätzlich als durchschnittlich einzustufen. Zu berücksichtigen seien jedoch diverse Synergien zwischen den Verfahren. Nach Prüfung sei festzustellen, dass die anwaltlichen Schriftsätze sich teils nur anhand des Aktenzeichens und verschiedener Personalpronomen unterscheiden ließen. Der Ansatz der Verfahrensgebühr als Mittelgebühr sei daher nicht zu rechtfertigen. Als angemessen und im Billigkeitsrahmen sei diese Gebühr mit 2/3 der Mittelgebühr in Höhe von 200,00 Euro einzustufen. Die Terminsgebühr sei ebenfalls aufgrund des Synergieeffekts um die Hälfte zu kürzen, wobei zu berücksichtigen sei, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer vor dem Sozialgericht mit 30 Minuten veranschlagt werde und der Termin für beide Verfahren 30 Minuten gedauert habe. Aufwändige anwaltliche Tätigkeiten wie Zeugenvernehmungen und Beweiserhebungen seien nicht erfolgt. Ebenso seien die Auslagentatbestände für den Termin hälftig aufzuteilen. Daraus ergebe sich folgende Festsetzung:

• Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsan-waltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 200,00 Euro;
• Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 140,00 Euro;
• Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro;
• Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG in Höhe von 10,50 Euro;
• Abwesenheitsgeld Termin nach Nr. 7005 Nr. 1 RVG in Höhe von 12,50 Euro;
• Umsatzsteuer nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 72,77 Euro;
insgesamt 455,77 Euro.

Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer am 10.01.2020 Erinnerung eingelegt und die Kürzung der Verfahrens- und der Terminsgebühr gerügt. Es handele sich um eine durchschnittliche Angelegenheit, wobei auch die schwierige Persönlichkeitsstruktur der "Klägerin" erschwerend zu berücksichtigen sei. Überdies setze die angenommene Arbeitserleichterung wegen gleich gelagerter Fälle Personenidentität voraus. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des LSG München (Beschluss vom 29.04.2016, Az. L 15 SF 15/14 E) hat der Beschwerdeführer weiter ausgeführt, dass bei zwei gleich gelagerten Fällen zudem zunächst ein führendes Verfahren zu ermitteln und dann die Gebühr im führenden Verfahren so zu bemessen sei, als ob der Rechtsanwalt nur dieses eine Verfahren betrieben habe. Nur bei dem anderen Verfahren sei anschließend eine Kürzung vorzunehmen, soweit eine wesentliche Arbeitserleichterung eingetreten sei. Die vorgenommene doppelte Kürzung widerspreche dieser Rechtsprechung.

Der Beschwerdegegner hat die Festsetzung des UdG für zutreffend gehalten und u.a. darauf verwiesen, dass sowohl die Bescheide und Widerspruchsbescheide als auch die Streitakten fast identisch seien. Für beide Kläger hätten Erstattungsforderungen für denselben Zeitraum wegen desselben Sachverhalts vorgelegen, so dass der Beschwerdeführer mit nur einer gedanklichen Auseinandersetzung beide Verfahren habe führen können.

Nachdem der UdG der Erinnerung nicht abgeholfen hat, ist die Erinnerung am 25.02.2020 vom SG aus den zutreffenden Gründen des Festsetzungsbeschlusses zurückgewiesen worden. Ergänzend hat das SG darauf verwiesen, dass der Synergieeffekt bei sämtlichen Verfahren berücksichtigt werde, wenn diese - wie hier - annähernd zeitlich parallel betrieben würden. Nur wenn ein Verfahren deutlich zeitlich vorausgegangen sei, könne der Synergieeffekt erst bei der Bearbeitung des zeitlich nachfolgenden Verfahrens anfallen. Trotz der Behauptung einer schwierigen Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei die Angelegenheit als durchschnittlich anzusehen, da keines der sonstigen Kriterien für eine überdurchschnittliche Schwierigkeit spreche. Das Haftungsrisiko sei angesichts des Streitwerts gering gewesen, die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers im Hinblick auf den SGB II-Bezug ebenfalls.

Gegen den ihm am 29.02.2020 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am Montag, den 16.03.2020 Beschwerde eingelegt. Unstreitig handele es sich um eine durchschnittliche Angelegenheit, die Kürzung wegen Synergieeffekten sei vor dem Hintergrund der bereits zitierten Rechtsprechung des LSG München nicht zutreffend erfolgt. Es sei kein führendes Verfahren bestimmt, sondern einfach eine doppelte Kürzung vorgenommen worden, obgleich kein Verfahren einen Synergieeffekt mit sich selber haben könne. Eine Arbeitserleichterung könne nur bei einer thematischen Vorbefassung eines anderen vergleichbaren Verfahrens vorliegen, setze also zwingend einen zeitlichen Ablauf der Verfahren voraus. Hier habe folgerichtig das Verfahren S 33 AS 4775/14 zum führenden Verfahren erklärt werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Im Übrigen widerspreche es der Lebenswirklichkeit anzunehmen, dass zwei getrennte Verfahren gleichzeitig bearbeitet würden. Auch thematisch ähnliche Verfahren würden selbstverständlich nacheinander bearbeitet. Aus den Erfahrungen der Bearbeitung des ersten Falls könnten für die Bearbeitung des zweiten Falls durchaus Arbeitserleichterungen entstehen, niemals aber vorab, denn erst nach Bearbeitung des ersten Falls könne es zu einem Erkenntnisgewinn für den folgenden Fall kommen. Vorliegend seien beide Fälle nicht vereint, sondern getrennt von zwei unterschiedlichen Mandanten geführt worden. Der Gesetzgeber berücksichtige Arbeitserleichterungen durch die Vorbefassung des Rechtsanwalts mit einem Sachverhalt abschließend im RVG (z.B. nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG, Nr. 2401 VV RVG a.F.). Allerdings setze dies nach der Systematik des RVG stets einen personellen Zusammenhang voraus, was vorliegend nicht der Fall sei.

Der Beschwerdeführer hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

Der Beschwerdegegner hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat seine Auffassung bekräftigt und ergänzend ausgeführt, es liege unstreitig eine Bedarfsgemeinschaft vor. Da beide Verfahren parallel betrieben worden seien, sei es nicht geboten, bezüglich der Synergieeffekte eine Unterscheidung zu treffen. Eine andere Beurteilung könne sich nur dann ergeben, wenn das zweite Verfahren deutlich später angestrengt und auf Sachverhalte des zuerst betriebenen Verfahrens verwiesen werde.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Zusammensetzung der drei Berufs-richter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG, nachdem die Berichter-statterin das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

Die Beschwerde ist gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR und die Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist gewahrt.

Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf höhere als die bereits zuerkannte Vergütung.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nach § 56 Abs. 2 RVG ist die gesamte Kostenfestsetzung, nicht nur die einzelne Gebühr, gegen deren Versagung bzw. Bemessung sich die Beschwerde richtet (LSG NRW, Beschl. vom 30.09.2015, Az. L 19 AS 1453/15 B - juris Rn. 24 m.w.N.; LSG Thüringen, Beschlüsse vom 09.12.2015, Az. L 6 SF 1286/15 B - juris Rn. 13, und vom 15.04.2015 Az. L 6 SF 331/15 B - juris Rn. 21 m.w.N.; siehe auch BSG, Urteile vom 02.04.2014, Az. B 4 AS 27/13 R - juris Rn. 18, wonach die Gebühren nur Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung sind; a.A. LSG Bayern, Beschl. vom 21.06.2016 - L 15 SF 39/14 E - juris Rn. 52, wonach bei einer nur teilweisen Anfechtung nur eine partielle Überprüfung der vorangegangenen Entscheidung des Urkundsbeamten, nicht aber eine vollumfängliche Prüfung im Rahmen der Beschwerde nach § 56 Abs. 2 RVG erfolgt). Die Überprüfung wird allerdings gegebenenfalls durch den Antrag des Rechtsanwalts und das Verbot der "reformatio in peius" begrenzt (LSG NRW, Beschluss vom 16.05.2012, Az. L 19 AS 250/10 B - juris Rn. 62, und vom 05.10.2016, Az. L 19 AS 1104/16 B - juris Rn. 38 m.w.N., Thüringer LSG, Beschluss vom 05.05.2020, Az. L 1 SF 1394/19 B - juris Rn. 4).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind die §§ 45 ff. RVG. Gemäß § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor den Gerichten eines Landes die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, entstehen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG Betragsrahmengebühren. Da der Kläger des Ausgangsverfahrens kostenprivilegierter Beteiligter im Sinne des § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) war, scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).

Der Beschwerdeführer kann dem Grunde nach eine Vergütung aus der Staatskasse für das Klageverfahren S 33 AS 4767/14 verlangen. Bei den Verfahren S 33 AS 4767/14 und S 33 AS 4775/14 handelt es sich gebührenrechtlich nicht um "dieselbe Angelegenheit" i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG (in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung). Denn die beiden Klageverfahren verkörpern nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 RVG mit der Folge, dass nur einmal Kosten nach dem RVG entstanden wären. Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 02.04.2014 (Az. B 4 AS 27/13 R) entschieden, dass bei mehreren Auftraggebern einer Bedarfsgemeinschaft "dieselbe" Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände auch dann vorliegen kann, wenn die Aufhebung und Erstattung der individuellen Ansprüche in getrennten Bescheiden geregelt wird und jeweils mit gesonderten Vollmachten selbständige Widersprüche eingelegt werden (BSG, Urteil vom 02.04.2014, Az. B 4 AS 27/13 R - juris Rn. 17; dem folgend Thüringer LSG, Beschluss vom 06.11.2014, Az. L 6 SF 1022/14 B - juris Rn. 19; kritisch Hinne in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017, § 15 RVG Rn. 23). Vorliegend kann jedoch ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine Bedarfsgemeinschaft der Kläger vorliegt, jedenfalls nicht bejaht werden, da die Aufhebung der Leistungsbewilligung vorliegend auf 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gestützt wurde. Eine Aufhebung nach dieser Vorschrift setzt eine individuelle Prüfung der verfahrensrechtlichen (z.B. Anhörung) und subjektiven Voraussetzungen (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) der einzelnen Kläger voraus (vgl. auch Thüringer LSG, Beschluss vom 30.07.2019, Az. L 1 SF 155/19 B - juris Rn. 10; Beschluss vom 14.03.2017, Az. L 6 SF 1185/15 B - juris Rn. 21 ff.), weshalb vorliegend nicht von einem einheitlichen Rahmen ausgegangen werden kann.

Der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers aus § 45 Abs. 1 RVG beläuft sich auf 336,77 Euro.

1. Die Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG, ist nach Auffassung des Senats auf 100,00 Euro festzusetzen.

Der sich aus Nr. 3102 VV RVG ergebende Rahmen der Verfahrensgebühr beträgt 50,00 Euro bis 550,00 Euro. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Beschwerdeführer als beigeordneter Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers und seines besonderen Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 S. 1 und 3 RVG). Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Deshalb sind der Urkundsbeamte bzw. das Gericht verpflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung zu prüfen. Bei Angemessenheit der angesetzten Gebühr haben der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz zu übernehmen, bei Unbilligkeit die Höhe der Betragsrahmengebühr festzusetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit der angesetzten Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu, wenn es sich nicht um einen Durchschnitts-/Normalfall handelt (BSG, Urteil vom 01.07.2009, Az. B 4 AS 21/09 R - juris Rn. 19).

Der Ansatz der Verfahrensgebühr durch den Beschwerdeführer i.H.v. 300,00 Euro (Mittelgebühr) entspricht vorliegend nicht billigem Ermessen.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit kann im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren vorliegend nicht mehr als durchschnittlich gewertet werden. Zu berücksichtigen ist hier der Arbeits- und Zeitaufwand, den ein Rechtsanwalt in der Sache betrieben hat und den er objektiv auf die Sache verwenden musste. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens, jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.). Mit der Verfahrensgebühr in Klageverfahren vor dem Sozialgericht wird der Aufwand für Besprechung und Beratung des Mandanten, das Anfordern und die Sichtung von beigezogenen und eingeholten Unterlagen, die Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, den Schriftverkehr mit dem Mandanten und dem Gericht sowie alle Tätigkeiten, für die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht eine besondere Gebühr angesetzt werden kann, vergütet. Durchschnittlich umfangreich ist eine anwaltliche Tätigkeit, bei der die Klage erhoben, Akteneinsicht genommen, die Klage begründet und zu den Ermittlungen des Gerichts Stellung genommen wird (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 02.02.2018, Az. L 19 AS 1472/17 B - juris Rn. 51; LSG Thüringen, Beschluss vom 09.02.2015, Az. L 6 SF 25/15 B - juris Rn. 16). Die Dauer des gerichtlichen Verfahrens - ca. 8 Monate - stellt kein geeignetes Kriterium dar, um den vom Rechtsanwalt betriebenen Aufwand in die Bewertungsskala - unterdurchschnittlich, durchschnittlich und überdurchschnittlich - einzuordnen (vgl. zum Widerspruchsverfahren BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., Rn. 29; LSG NRW, Beschluss vom 02.02.2018, Az. L 19 AS 1472/17 - juris Rn 51. m.w.N.; LSG Thüringen, Beschluss vom 25.03.2015, Az. L 6 SF 163/15 B - juris Rn. 13). Die Zahl der gefertigten Schriftsätze einschließlich ihres Inhalts kann ein Indiz für den zeitlichen Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit darstellen (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., Rn. 31).

Der Beschwerdeführer hat eine halbseitige Klageschrift mit Anträgen in der Hauptsache und einen Prozesskostenhilfeantrag, eine knapp 2 ½-seitige Klagebegründung mit rechtlicher Würdigung des Sachverhalts und nach Akteneinsicht eine 1 1/2-seitige Replik auf die Klageerwiderung des Beklagten gefertigt. Neben der Vorbereitung auf einen Erörterungstermin sind keine weiteren zeitintensiven Tätigkeiten - wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung - , die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, angefallen bzw. belegt. Zu berücksichtigen ist bei der Akteneinsicht, den gefertigten Schriftsätzen und der Terminsvorbereitung jedoch als erheblich arbeitserleichternder Umstand die Vertretung der mit dem Kläger jedenfalls in einem Haushalt lebenden Frau L in einem zeitlich parallel geführten Verfahren - S 33 AS 4775/14 - mit gleichgelagerter Sach- und Rechtslage. Das Betreiben von Parallelverfahren von verschiedenen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft - selbst wenn das Vorliegen einer solchen umstritten ist - und dem gleichen Streitstoff beinhaltet Arbeitserleichterungen, die bei der Bemessung der billigen Gebühr zu berücksichtigen sind. Eine gleichmäßige Aufteilung des Synergieeffekts mit der Folge gleichmäßiger Gebührenreduktionen - wie der UdG und das SG sie vorgenommen haben - ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Verfahren zeitlich parallel betrieben worden sind und nicht festgestellt werden kann, welches das "führende" Verfahren ist. Ist hingegen ein Verfahren den übrigen zeitlich deutlich vorausgegangen, können in diesem ersten Verfahren keine Synergieeffekte aus dem Betreiben mehrerer Verfahren entstehen (vgl. hierzu LSG Bayern, Beschluss vom 29.04.2016, Az. L 15 SF 15/14 E - juris Rn. 30 ff. m.w.N.; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.10.2016, Az. L 5 SF 24/15 E - juris Rn. 12, LSG NRW, Beschluss vom 06.10.2016 Az. L 19 AS 646/16 B - juris Rn. 66). Im Hinblick darauf, dass die Klagen zwar zeitgleich erhoben worden sind, jedoch die Klagebegründung im vorliegenden Hauptsacheverfahren mit nahezu identischem Wortlaut mit einmonatiger Verzögerung sowie der weitere Schriftsatz ebenfalls mit nahezu identischem Wortlaut nach Akteneinsicht und einem entsprechenden Schriftsatz gleichen Datums im Parallelverfahren gefertigt wurde, ist ein Abschlag wegen eines Synergieeffekts bei der Bemessung der Gebühr vorzunehmen.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Routinefall die durchschnittliche Schwierigkeit begründet (zu diesem Maßstab BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., Rn. 35), allenfalls durchschnittlich. Als Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zu werten (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., Rn. 35). Ausgehend von diesem Maßstab bestand im vorliegenden Fall eine durchschnittliche Schwierigkeit. Denn es war zu beurteilen, ob der Widerspruch zulässig erhoben war und ob die Voraussetzungen für den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vorlagen.

Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger ist als knapp durchschnittlich zu bewerten. Bei deren Beurteilung ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen. Dabei wird Streitigkeiten über Leistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum sichern, wie die Streitigkeiten über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, in der Regel überdurchschnittliche Bedeutung beigemessen, unabhängig davon, ob die Leistung dem Grunde nach oder die Höhe der Leistung umstritten ist (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., Rn. 37, wonach monatliche Euro-Beträge im einstelligen Bereich und für einen nur kurzen streitigen Zeitraum von längstens sechs Monaten eine durchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber haben kann). Streitgegenstand des Verfahrens waren die Aufhebung von Leistungen für Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.12.2012 bis zum 30.04.2013 i.H.v. insgesamt 135,71 Euro.

Die Einkommensverhältnisse des Klägers, dem Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, stellen sich unterdurchschnittlich dar.

Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar.

Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere der Tatsache, dass hier in einem erheblichen Umfang aufgrund der thematischen Vorbefassung in dem Verfahren S 33 AS 4775/14 auf die dort gewonnenen Erkenntnisse und gefertigten Schriftsätze zurückgegriffen werden konnte, handelt es sich vorliegend um einen unterdurchschnittlichen Fall, der die Zuerkennung der doppelten Mindestgebühr, also 100,00 Euro, rechtfertigt. Der Ansatz der Mittelgebühr i.H.v. 300,00 Euro durch den Beschwerdeführer ist demgegenüber unbillig.

2. Unter Zugrundelegung des vorgegebenen Gebührenrahmens der Nr. 3106 VV RVG von 50,00 Euro bis 510,00 Euro ist die vom Beschwerdeführer nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmte Terminsgebühr von 280,00 Euro ebenfalls unbillig. Nach wertender Gesamtbetrachtung handelt es sich vorliegend nicht um einen Normal-/Durchschnittsfall, sondern um einen unterdurchschnittlichen Fall, der den Ansatz einer Terminsgebühr von 140,00 Euro rechtfertigt.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist auf den tatsächlichen Arbeits- und Zeitaufwand für die Terminsteilnahme, der wesentlich durch die Anzahl und die Dauer der anberaumten Termine bestimmt wird, abzustellen. Der Arbeits- und Zeitaufwand für die Vorbereitung eines anberaumten gerichtlichen Termins ist nicht zu berücksichtigen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 05.10.2016, Az. L 19 AS 1104/16 B - juris Rn. 51 m.w.N.), da mit der Terminsgebühr nur die Tätigkeit des Rechtsanwalts während eines gerichtlichen Termins - Vertretung des Mandanten im Termin - abgegolten wird. Ein Termin beginnt mit dem Aufruf der Sache (§ 112 Abs. 1 S. 2 SGG). Die übrigen prozessualen Tätigkeiten werden, abgesehen von dem besonderen Mitwirken i.S.v. Nr. 1006 VV RVG, durch die Verfahrensgebühr abgegolten. In dem Verfahren fand am 31.07.2015 ein Verhandlungstermin statt. Dieser Termin, in dem zwei Streitsachen verhandelt wurden, dauerte von 9:15 Uhr bis 9:45 Uhr. Damit betrug die Dauer des Termins 30 Minuten. Wartezeiten sind nicht angefallen. Der Termin begann zu der in der Ladung bestimmten Zeit. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass in diesem Termin zwei nicht miteinander verbundene Streitsachen erörtert worden sind. Werden ohne förmlichen Verbindungsbeschluss mehrere Verfahren zur Verhandlung bzw. Erörterung aufgerufen und verhandelt, fallen in jeder Streitsache gesonderte Terminsgebühren an, vorliegend also zwei Terminsgebühren. Für die Bestimmung der Höhe der Terminsgebühren ist der jeweils auf das einzelne Verfahren entfallende - insbesondere zeitliche - Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit im Termin maßgeblich. Ergibt sich aus der Niederschrift über den Termin keine andere Zuordnung, ist die Gesamtdauer des Termins gleichmäßig auf die aufgerufenen Verfahren aufzuteilen und die Gesamtdauer des Termins durch die Anzahl der verhandelten Streitsachen und den errechneten Zeitaufwand an einer durchschnittlichen Terminsdauer vor den Sozialgerichten von 30 bis 50 Minuten zu messen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 16.12.2015, Az. L 19 AS 1475/15 B - juris Rn. 43 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.04.2020, L 10 SF 4170/18 - juris Rn. 31; LSG Sachsen, Beschluss vom 14.07.2016, Az. L 8 AS 644/14 B KO - juris Rn. 16; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.01.2017, Az. L 2 AS 441/15 B - juris Rn. 32). Ohne konkrete Anhaltspunkte in der Sitzungsniederschrift sind die verschiedenen rechtlichen Angelegenheiten im Sinne des § 17 RVG, selbst als Rechnungsposten, grundsätzlich gleich zu behandeln. Die anderen, in der Rechtsprechung vertretenen Ansätze zur Bemessung der Terminsgebühren in dieser Fallgestaltung - Bestimmung der Terminsgebühren mit je nach Einzelfall zu bemessenem Abschlag von der Mittelgebühr oder Bestimmung der Terminsgebühr für ein einzelnes Verfahren anhand der gesamten Terminsdauer und Ansatz der Mindestgebühr für die weiteren Verfahren (vgl. hierzu LSG Hessen, Beschluss vom 28.04.2014, Az. L 2 AS 708/13 B - juris Rn. 37 ff. mit Darstellung des Meinungsstandes) hält der Senat, insbesondere unter Berücksichtigung von Praktikabilitätserwägungen und dem Gesichtspunkt der Transparenz der Ermittlung einer Betragsrahmengebühr, für nicht sachgerecht (ebenso bereits LSG NRW, Beschluss vom 06.10.2016, Az. L 19 AS 646/16 B - juris Rn. 43). Eine andere Aufteilung der Dauer des Termins ist vorliegend nicht geboten. Weder kann der Niederschrift über den Termin ein konkreter Zeitaufwand für jedes einzelne Verfahren oder sonstige Besonderheiten entnommen werden noch hat der Beschwerdeführer Umstände vorgetragen, die eine abweichende Bemessung zu seinen Gunsten rechtfertigen könnten. Im Vergleich zu einer durchschnittlichen Terminsdauer von 30 bis 50 Minuten im sozialgerichtlichen Verfahren (s.o.) ist die auf das Verfahren S 33 AS 4767/14 entfallende Terminsdauer von 15 Minuten (30 Minuten für zwei Verfahren) unterdurchschnittlich.

3. Soweit der Beschwerdeführer Reisekosten von 21,00 Euro nach Nr. 7003 VV RVG sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG von 25,00 Euro geltend macht, sind diese Auslagen nur zur Hälfte zu übernehmen. Denn diese Auslagen sind entsprechend der Vorbem. 7 Abs. 3 VV RVG prozentual auf die in dem Termin verhandelten zwei Streitsachen umzulegen (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 02.02.2018, Az. L 19 AS 1472/17 B -, juris Rn. 64 m.w.N.).

Damit errechnen sich die Gebühren des Beschwerdeführers wie folgt:

• Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsan-waltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 100,00 Euro;
• Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 140,00 Euro;
• Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro;
• Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG in Höhe von 10,50 Euro;
• Abwesenheitsgeld Termin nach Nr. 7005 Nr. 1 RVG in Höhe von 12,50 Euro;
• Umsatzsteuer nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 53,77 Euro;
insgesamt 336,77 Euro.

Da die Staatskasse schon im Erinnerungsverfahren keine weitere Herabsetzung der vom UdG festgesetzten Vergütung beantragt hat, steht einer Kürzung der Vergütung auf diesen Betrag allerdings der Grundsatz der "reformatio in peius" entgegen.

Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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