L 7 SO 1153/20 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 815/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1153/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. März 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Gegenstand des am 12. März 2020 von dem Antragsteller beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) anhängig gemachten einstweiligen Rechtschutzverfahrens (S 2 SO 815/20 ER) ist sein Begehren auf Übernahme rückständiger sowie laufender Heimentgelte für eine stationäre Pflege.

Der 1957 geborene ledige Antragsteller leidet an einer fortgeschrittenen Parkinsonerkrankung. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 100 sowie den Merkzeichen B, G, aG, H und RF. Bei ihm ist der Pflegegrad 4 festgestellt. Er bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Zahlbetrag von 1.232,89 Euro ab dem 1. Juli 2017 (Bl. 31 jeweils Verwaltungsakte), 1.272,58 Euro ab dem 1. Juli 2018 (Bl. 281) und 1.313,84 Euro ab dem 1. Juli 2019 (Bl. 637). Seit Mai 2017 befindet er sich in vollstationärer Pflege im Pflegeheim Haus H., nachdem er zuvor zuhause von seiner Mutter gepflegt worden war. Am 26. Mai 2017 schloss er mit dem Heimträger einen Heimvertrag (Bl. 171) - dem Antragsgegner am 9. Oktober 2018 vorgelegt -, wonach das Heimentgelt beim derzeitigen Pflegegrad 4 täglich 134,84 Euro beträgt. Hiervon trägt die Pflegekasse monatlich 1.775,00 Euro (Bl. 175).

Mit notarieller Urkunde vom 27. Oktober 2016 (Bl. 197) erteilte er seinem Bruder Günter Stallecker (im Folgenden: G.S.) Generalvollmacht zur Vertretung in allen Vermögens-, Steuer- und sonstigen Rechtsangelegenheiten in jeder denkbaren Richtung sowie eine Vorsorgevollmacht.

Am 1. Februar 2018 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Form von Hilfe zur Pflege. Als Kapitalvermögen gab er hierbei ein Guthaben von "ca." 3.000,00 Euro auf dem Konto 46549005 bei der RBank W. an (Bl. 9). Beigefügt war ein Kontoauszug mit einem Kontostand von 3.231,56 Euro zum 31. Januar 2018 (Kontostand am 30. April 2018: 5.043,73 Euro – Bl. 429). Von diesem Konto erfolgten Zahlungen an das Heim (vgl. Bl. 429 ff.).

Einen vom Antragsgegner am 3. Juli 2018 erlassenen Versagungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2018 hob das SG mit Urteil vom 3. Juni 2019 (S 5 SO 2838/18) auf mit der Begründung, der Antragsgegner habe nicht nachweisen können, dass der Bevollmächtigte des Antragstellers das Aufforderungsschreiben erhalten habe.

In einer weiteren Vermögenserklärung vom 10. Oktober 2018 gab G.S. an, der Antragsteller verfüge über Bargeld in Höhe von ca. 500,00 Euro sowie ein Guthaben auf dem Konto X bei der RBank W. in Höhe von 330,48 Euro. Weitere Konten seien nicht vorhanden.

Am 24. Oktober 2018 legte G.S. einen notariellen Übertragungsvertrag vom 22. August 2006 vor (Bl. 311). Darin übertrugen der Antragsteller seinen Miteigentumsanteil von 3/5 und seine Mutter ihren Miteigentumsanteil von 2/5 an dem Grundstück Flst. Nr. G.str., Gebäude- und Freifläche, Überbau vgl. G.str. X mit 460 m² an G.S. Dieser verpflichtete sich, an den Antragsteller auf Lebenszeit als dauernde Last ab 1. August 2006 eine monatliche Leibrente in Höhe von 540,00 Euro zu zahlen, wobei der jeweilige Rentenbetrag jeweils bis zum Dritten eines jeden Monats auf ein Konto des Berechtigten zu überweisen ist. Weiter wurde eine Wertsicherungsklausel (entsprechende Anpassung bei Änderung des Verbraucherindex für Deutschland um jeweils 10 %) sowie ein Wohnrecht des Antragstellers vereinbart. Am 7. Juni 2019 erklärte G.S., die dauernde Last sei seit Beginn der Verpflichtung durch Überweisung und in bar bis zum heutigen Tage bezahlt worden. (Bl. 619). Hierzu legte G.S. Kontoauszüge seines Girokontos bei der SKasse P. vor, wonach er monatlich 409,03 Euro überweist mit der jeweiligen Angabe "Dauerauftrag S. Bekannt" (Bl. 511 ff.).

Mit Beschluss des Amtsgerichts Maulbronn vom 14. Mai 2019 (Az. XVII 571/18) wurde Rechtsanwalt Odenthal für den Antragsteller zum Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt. Diesen Beschluss hob das Landgericht Karlsruhe auf die Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 10. Oktober 2019 (Az. 11 T 265/19) auf mit der Begründung, die Bestellung eines Betreuers sei nicht erforderlich, die umfassende Bevollmächtigung des Bruders sei ausreichend.

Am 27. September 2019 wurde der Auszug eines Sparbuchs des Antragstellers bei der SKasse P. Kontonummer Y bzgl. der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. Dezember 2018 vorgelegt (Bl. 683 ff.). Danach erfolgten bis zum 1. Juni 2017 monatliche Einzahlungen von 409,03 Euro. Der Kontostand am 4. Oktober 2016 betrug 29.345,76 Euro. Am 20. Oktober 2016 wurden 29.000,00 Euro ausgezahlt. Der Kontostand am 30. Dezember 2018 betrug 3.620,03 Euro.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2019 (Bl. 761) lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Hilfe zur Pflege ab. Der Antragsteller verfüge zum 31. Mai 2018 über Bankvermögen in Höhe von mindestens 5.613,76 Euro. Darüber hinaus verfüge er über Vermögen in Form einer Forderung lt. Übertragungsvertrag vom 7. August 2006 in Form einer Leibrente von monatlich 540,00 Euro. Gemäß der vereinbarten Anpassungsklausel belaufe sich der Leibrentenanspruch seit April 2012 auf monatlich 596,54 Euro und ab Juli 2019 auf monatlich 649,35 Euro. Es sei nicht nachgewiesen, dass es sich bei den bis Juni 2017 geleisteten Zahlungen auf ein bisher nicht nachgewiesenes Sparkonto bei der SKasse P. um die Zahlung der vertraglich geschuldeten Leibrente handle. Die Forderung der geschuldeten Leibrente stelle Vermögen im Sinne des SGB XII dar und sei gem. § 2 SGB XII vor der Inanspruchnahme von Sozialleistungen geltend zu machen und für die nicht gedeckten Heimkosten einzusetzen. Das vorhandene Vermögen und der Forderungsanspruch übersteige den maßgeblichen Vermögensfreibetrag nach § 90 SGB XII in Höhe von 5.000,00 Euro erheblich. Bei einer erneuten Antragstellung seien u.a. Nachweise zu erbringen über die Verwendung des am 20. Oktober 2016 ausgezahlten Betrages von 29.000,00 Euro (Vertrag, Beleg, Kontennachweise) sowie schriftliche Stellungnahme und Vorlage von Nachweisen, weshalb die Zahlungen von 409,03 Euro ab Juni 2017, dem Zeitpunkt der Heimaufnahme, eingestellt worden seien.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 13. Dezember 2019 Widerspruch (Bl. 765), den er am 10. März 2020 damit begründete, er habe kein einsetzbares Vermögen. Die angebliche Forderung gegen seinen Bruder sei kein bereites Mittel, da dieser die Nichterfüllung der Leibrente bestreite, so dass der Anspruch nur in einem zivilgerichtlichen Verfahren durchgesetzt werden könnte. Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 (Bl. 819) kündigte der Heimträger den Heimvertrag des Antragstellers fristlos wegen Zahlungsverzugs gem. § 14 Abs. 2 des Vertrags i.V. m. § 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4b Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) wegen Zahlungsverzugs und § 12 Abs. 1 Nr. 3 WBVG, da die vertraglichen Pflichten des Antragstellers durch die Tätigkeit des G.S. als dessen Bevollmächtigten so gröblich verletzt worden seien, dass dem Heimträger eine Fortsetzung des Heimvertrags nicht zumutbar sei. Unter Zugrundelegung des Gesamtheimentgelts und unter Abzug der Leistungen der Pflegekasse schulde der Antragsteller monatlich 2.652,00 Euro. Seit Januar 2018 sei das zu entrichtende Heimentgelt nicht vollständig gezahlt worden, so dass nunmehr ein Außenstand in Höhe von 7.554,13 Euro bestehe. Damit sei der Antragsteller mit der Entrichtung des Entgelts in Höhe eines Betrages in Verzug, der das zu entrichtende monatliche Gesamtentgelt für zwei Monate erreiche. Trotz mehrmaliger Mahnungen sei keine vollständige Zahlung erfolgt. Am 21. Januar 2020 erhob der Heimträger Räumungs- und Leistungsklage beim Landgericht Karlsruhe (Az. 10 O 18/20).

Am 12. März 2020 hat der Antragsteller beim SG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das ab Antragstellung neu entstehende offene Heimentgelt im Haus H., Sstr ..., H., ab sofort zumindest darlehensweise zu übernehmen (zukünftige Heimentgeltschulden) sowie das bis zum 12. März 2020 aufgelaufene offene Heimentgelt i.H.v. 13.608,78 Euro zumindest darlehensweise zu übernehmen (aufgelaufene Heimentgeltschulden). Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten mit der Begründung, nach der Forderungsaufstellung des Pflegeheims seien die Heimkosten bis einschließlich Oktober 2019 abgedeckt. Wenn die sonstigen Voraussetzungen vorlägen, könnten durch das Sozialamt für November und Dezember 2019 je 803,29 Euro und für Januar bis März 2020 je 807,58 Euro übernommen werden. Sofern das sonstige Vermögen des Antragstellers verbraucht wäre, könnten somit lediglich Rückstände in Höhe von 4.029,32 Euro übernommen werden. Dies reiche nicht aus, um die Kündigung abzuwenden. Auch die Voraussetzungen für eine darlehensweise Leistungsgewährung lägen nicht vor. Zudem bestehe kein Anordnungsgrund. Über die Kündigung des Heimplatzes und die Erhebung der Räumungsklage sei er - der Anordnungsgegner - erst im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens informiert worden.

Mit Beschluss vom 30. März 2020 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben, weil das Pflegeheim das Vertragsverhältnis mit dem Antragsteller nicht nur gekündigt, sondern in der Räumungsklage auch die Zerrüttung des Vertragsverhältnisses dargelegt habe. Insoweit sei die Kammer davon überzeugt, dass das Pflegeheim an der Räumungsklage auch für den Fall der Ausgleichung von Rückständen festhalten werde. Die Zahlung rückständiger und laufender Verbindlichkeiten sei deshalb nicht geeignet, den Heimplatz des Antragstellers zu erhalten.

Hiergegen hat der Antragsteller am 6. April 2020 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Kündigung des Heimvertrages sei wegen Zahlungsverzugs und nicht aufgrund eines Verhaltens des Antragstellers erfolgt. Daher sehe § 12 Abs. 3 Satz 3 WBVG vor, dass die Kündigung rückwirkend unwirksam werde, falls das Heim vom Bewohner oder von einer öffentlichen Stelle innerhalb von zwei Monaten nach Kündigung das offene Heimentgelt erhalte. Ob eine Zerrüttung der Parteien des Heimvertrages vorliege, sei vom SG nicht geprüft worden. Es hätte deshalb den Heimträger gem. § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beiladen müssen. Schließlich habe das SG verkannt, dass ein Anordnungsgrund vorliege, da bereits Räumungsklage erhoben worden sei. Mit Schreiben vom 16. April 2020 hat der Antragsteller weiter vorgetragen, im Verfahren vor dem LG Karlsruhe sei der Räumungsanspruch anerkannt worden, da die Kündigung rechtmäßig erfolgt und damit die Durchführung des Klageverfahrens ohne Erfolgsaussicht gewesen sei. Ein Anerkenntnisurteil liege noch nicht vor. Beigefügt waren Kontoauszüge des Kontos bei der RBank W. für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. März 2020.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

II.

1. Die nach §§ 172, 173 SGG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1, für Vornahmesachen in Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

Hinsichtlich der geltend gemachten Begehren kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

3. Die Anordnungsvoraussetzungen für das einstweilige Rechtsschutzgesuch sind auch im Beschwerdeverfahren nicht gegeben.

a. Der Antragsteller hat schon einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch bilden § 19 Abs. 3 SGB XII und § 61 Satz 1 SGB XII. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII wird u.a. Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII nicht zuzumuten ist. Nach § 61 Satz 1 SGB XII haben Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a SGB XII sind, Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII aufbringen. Gemäß dem damit als Regelung des Elften Kapitels in Bezug genommenen § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen mit Ausnahme der in § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII aufgeführten Vermögensgegenstände. Vorliegend kommt danach allein ein Vermögensfreibetrag gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 5.000,00 Euro in Betracht.

Der Antragsteller ist pflegebedürftig, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Eine Bedürftigkeit des Antragstellers ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. Als Einkommen des Antragstellers ist dessen Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Zahlbetrag von zuletzt monatlich 1.313,84 Euro sowie die Leibrente zu berücksichtigen. Dahingestellt bleiben kann im vorliegenden Verfahren, ob sich dieser Anspruch auf den zunächst vereinbarten Betrag von 540,00 Euro oder - unter Zugrundelegung der vereinbarten Wertsicherungsklausel nach der Berechnung des Antragsgegners - auf zwischenzeitlich 649,35 Euro monatlich beläuft. Allein aufgrund seines Einkommens ist der Antragsteller nicht in der Lage, seinen Hilfebedarf zu decken, der sich nach Abzug der Leistungen der Pflegeversicherung auf monatlich 2.652,00 Euro beläuft.

Der Antragsteller hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass er die für die Hilfe zur Pflege benötigten weiteren Mittel nicht aus seinem Vermögen aufbringen kann. Bei der Antragstellung hat der Antragsteller lediglich sein Konto bei der V.bank W. angegeben. Er verfügt jedoch über mindestens noch ein weiteres Konto bei der SKasse P. (Sparbuch XY). Dieses ist erst im September 2019 und damit mehr als anderthalb Jahre nach Antragstellung von dem damaligen Betreuer des Antragstellers dem Antragsgegner vorgelegt worden. Das Guthaben auf diesem Konto hat sich zum 30. Dezember 2018 zwar nur noch auf 3.620,03 Euro belaufen. Allerdings ist weiter zu berücksichtigen, dass das Guthaben am 4. Oktober 2016 noch 29.345,76 Euro betragen hat und dass am 20. Oktober 2016 eine Auszahlung in Höhe von 29.000,00 Euro erfolgt ist. Da der Antragsteller alleiniger Inhaber des Kontos ist, konnte eine Auszahlung nur an ihn oder einen Bevollmächtigten erfolgen. Der Verbleib oder der Verbrauch dieses Betrages ist bisher nicht nachgewiesen. Soweit das SG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, denkbar sei, dass dieser Betrag mit oder ohne Wissen des Antragstellers von einem Dritten abgehoben und verbraucht oder sonst verschenkt worden sei, fehlen hierzu weitere Anhaltspunkte. Jedenfalls lässt sich allein aus dem Umstand, dass der abgehobene Betrag nicht als Vermögen des Antragstellers angegeben worden ist, nicht schließen, dieser verfüge über diesen Betrag nicht mehr, zumal der Antragsteller auch weitere Vermögensbestandteile wie das Sparbuch nicht angegeben hat. Auch hat der Antragsteller bisher keinerlei Angaben zu dem Verbleib der 29.000,00 Euro gemacht, obwohl der Antragsgegner ihn im Ablehnungsbescheid vom 5. Dezember 2019 zur Vorlage eines Verwendungsnachweises der Auszahlung von 29.000,00 Euro am 20. Oktober 2016 aufgefordert und im Verfahren vor dem SG mit Schreiben vom 16. März 2020 vorgetragen hat, bis heute sei die Frage offen, ob die 29.000,00 Euro, die vom Sparbuch des Antragstellers kurz vor dessen Umzug in das Pflegeheim abgehoben worden seien, noch vorhanden seien bzw. wofür diese verwendet worden seien. Dem Vortrag des Antragstellers kann auch nicht mittelbar entnommen werden, dass dieser Betrag zwischenzeitlich verbraucht worden ist. Vorgetragen ist vielmehr, die Zahlungen des G.S. seien aus dessen Vermögen erfolgt, somit gerade nicht mit dem von dem Sparbuch abgehobenen Betrag. Damit ist die Bedürftigkeit des Antragstellers nicht glaubhaft gemacht.

b. Auch ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht. Zwar kann der drohende Verlust des Pflegeheimplatzes grundsätzlich die Eilbedürftigkeit begründen und damit einen Anordnungsgrund darstellen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht schematisch darauf abzustellen, ob bereits eine Räumungsklage erhoben worden ist. Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen (BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 - 1 BvR 1910/12 - juris Rdnr. 18). Dabei ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für den Betroffenen hätte (BVerfG, a.a.O. juris Rdnr. 16). Hierzu hat der Antragsteller vorgetragen (Schriftsatz vom 16. April 2020), seit Erhebung der Räumungsklage habe es keine Veränderungen in seinen Lebensbedingungen gegeben. Trotz der fehlenden Heimentgelte werde er nicht schlechter behandelt als andere Bewohner, er fühle sich weiter wohl in dem Heim. Schon dies dürfte der Eilbedürftigkeit entgegenstehen. Darüber hinaus ist jedoch maßgeblich, dass durch die Zahlung des Heimentgelts nunmehr eine Unwirksamkeit der Kündigung nicht mehr eintreten kann. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 4b WBVG kann der Unternehmer den Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Verbraucher in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des Entgelts in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der das Entgelt für zwei Monate erreicht. Diese Voraussetzungen haben bei Ausspruch der Kündigung am 12. Dezember 2019 vorgelegen. Zu diesem Zeitpunkt bestand ausweislich des Kündigungsschreibens ein Zahlungsrückstand von 7.554,13 Euro. Zwar wird gem. § 12 Abs. 3 Satz 3 WBVG die Kündigung unwirksam, wenn der Unternehmer bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich des fälligen Entgelts befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet. Zwischenzeitlich hat der Heimträger am 21. Januar 2020 auch Räumungsklage erhoben, deren Rechtshängigkeit mit Zustellung an den Antragsteller (§ 253 Abs. 1 ZPO) ausweislich des Eingangsstempels am 27. Februar 2020 eingetreten ist. Damit ist zwischenzeitlich die Frist des § 12 Abs. 3 Satz 3 WBVG von zwei Monaten abgelaufen, so dass auch eine nunmehr erfolgende Zahlung des rückständigen Heimentgelts nicht mehr zur Unwirksamkeit der Kündigung führen kann. Zudem hat der Antragsteller ausweislich seines Schreibens vom 16. April 2020 den Räumungsanspruch zwischenzeitlich anerkannt, so dass auch aus diesem Grund die Kündigung nicht mehr unwirksam werden kann.

Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Heimbetreiber nach Zahlung der rückständigen Heimentgelte einer Fortsetzung oder Neubegründung des Heimvertrages zustimmen wird. Entgegen dem Vortrag in der Beschwerdeschrift hat der Heimträger den Heimvertrag des Antragstellers nämlich nicht nur wegen Zahlungsverzugs, sondern auch gestützt auf § 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 WBVG gekündigt, weil G.S. durch seine Tätigkeit als Bevollmächtigter des Antragstellers die vertraglichen Pflichten so gröblich verletzt habe, dass eine Fortsetzung des Heimvertrags nicht zuzumuten sei. G.S. sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass eine pünktliche Zahlung unverzichtbar sei. Es seien konstruktive Vorschläge unterbreitet worden, hier eine Lösung zu schaffen, stattdessen seien weiterhin am Monatsende nur Teilzahlungen erfolgt. Der Bevollmächtigte sei mehrfach eindringlich darauf hingewiesen worden, das Verfahren mit dem Sozialamt stringent durchzuführen und den Heimträger über den Stand des Verfahrens zu informieren. Dies sei nur unzureichend geschehen. Nach Mitteilung des mittlerweile abgelösten Kontrollbetreuers seien erst im September 2019 dem Sozialamt Unterlagen vorgelegt worden. Nach Ablösung des Kontrollbetreuers seien die Außenstände kontinuierlich weiter angestiegen, Informationen zum Stand des Verfahrens mit dem Sozialamt seien nicht erfolgt. Damit sei das Vertragsverhältnis nicht nur wegen der unpünktlichen Zahlung, sondern im Kern wegen fehlenden Vertrauens zerrüttet. Hieraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats ohne Weiteres, dass der Heimträger wegen des Verhaltens des Bevollmächtigten des Antragstellers einer Fortsetzung des Heimvertrages nicht zustimmen wird.

c. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers war auch der Heimträger nicht gem. § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bedarf es nicht der Beiladung des Leistungserbringers, der im Hauptsacheverfahren wegen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses beizuladen wäre, wenn das Gericht lediglich über die vorläufige Leistungsgewährung an den Hilfebedürftigen zu entscheiden hat; ein solcher Beschluss hat mangels Verpflichtung zum Schuldbeitritt keine unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung im Verhältnis zum Leistungserbringer (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2019 - L 7 SO 2356/19 ER-B - juris Rdnr. 14; Burkiczak in jurisPK-SGG, Stand 14. April 2020, § 86b Rdnr. 323.1).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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