Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 KR 169/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Führt das Ergebnis der MDK-Prüfung einer Krankenhausabrechnung zu einer höheren Vergütung, unterliegt die daraus folgende Korrektur von Datensätzen sowie eine entsprechende Nachforderung des Krankenhauses nicht den Einschränkungen des § 7 Abs. 5 PrüfvV (in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung).
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.939,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin behandelte in dem von ihr betriebenen Krankenhaus die bei der Beklagten krankenversicherte C. C. (im Folgenden nur: Versicherte) in der Zeit vom 8. bis 12. Mai 2007 im Rahmen eines stationären Aufenthalts. Mit Rechnungseingang bei der Beklagten am 1. Juni 2017 machte die Klägerin für diese Behandlung auf der Basis der (Fehler-)DRG 802A einen Gesamtbetrag von 6.219,92 EUR geltend.
Im Rahmen einer von der Beklagten eingeleiteten Prüfung monierte der MDK die Kodierung des Aufenthalts der Versicherten durch die Klägerin: Die Hauptdiagnose sei zu ändern, weitere Nebendiagnosen jedoch hinzuzukodieren. Diese seitens des MDK vorgegebenen Korrekturen führten zur Änderung der für den streitgegenständlichen Behandlungsfall abzurechnenden Fallpauschale – nunmehr X06A –, die eine gegenüber der ursprünglich abgerechneten DRG erhöhte Bewertungsrelation aufweist und damit zu einer Erhöhung des Vergütungsbetrags auf 8.630,96 EUR führte.
Dem folgend erstellte die Klägerin daher zunächst unter dem 28. November 2017 eine "Stornorechnung" über den ursprünglichen Vergütungsbetrag und machte mit Rechnung vom selben Tag die vorbezeichnete (erhöhte) Vergütung gegenüber der Beklagten geltend, die sich aus dem Ergebnis der MDK-Begutachtung ergeben hatte. Auf diese neue, entsprechend dem Prüfergebnis korrigierten Rechnung zahlte die Beklagte lediglich einen Betrag von 3.691,03 EUR.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 29. Juni 2018, der am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Vergütungsbegehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass sie berechtigt gewesen sei, eine Rechnungskorrektur wie erfolgt vorzunehmen. Hierzu stehe ihr ein Zeitraum bis zum Ablauf des auf das ursprüngliche Rechnungsjahr folgende Kalenderjahr zur Verfügung. Im Übrigen könnten mangels gesetzlicher Ermächtigung aus der PrüfvV keine Ausschlussfristen zulasten der Krankenhäuser hergeleitet werden. Jedenfalls könne durch die PrüfvV die Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte nicht eingeschränkt werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.939,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die streitgegenständliche Rechnungskorrektur durch Ergänzung von Nebendiagnosen zur DRG-Bestimmung für unzulässig wegen eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 PrüfvV. Aus diesem Verstoß folge eine materielle Ausschlusswirkung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet; die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachte weitere Vergütung.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S.3 SGB V i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG sowie der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Nach Rechtsprechung des BSG in früheren Jahren entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1, BSGE 90, 1, 2 = SozR 3.2500 § 112 Nr. 3). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i. S. des § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird. Die Höhe der einem Krankenhaus zustehenden Vergütung wird durch die abzurechnende DRG (Fallpauschale) bestimmt, die wiederum von den zu kodierenden Diagnosen abhängig ist (zu den Einzelheiten s. BSG, SozR 4-2500 § 109 Nr. 11, sowie Urteil v. 25.11.2010 B 3 KR 4/10 R – juris Rn. 13).
Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass zwischen den Beteiligten die letztlich korrekte Verschlüsselung des streitgegenständlichen Aufenthalts der Versicherten nicht in Streit steht. Die Beklagte hat selbst die ursprüngliche Rechnung vorprozessual beanstandet und nachfolgend gegen das Ergebnis des MDK keine Einwendungen erhoben. Da die Klägerin nach unwidersprochenem Vorbringen das MDK-Prüfergebnis zur Bestimmung des am 28. November 2017 in Rechnung gestellten neuen Vergütungsbetrags entsprechend umgesetzt hat, legt die Kammer die Fallpauschale X06A als den streitgegenständlichen Aufenthalt zutreffend abbildende DRG zu Grunde.
Allein fraglich ist, ob die Klägerin nach ursprünglich abweichender (unzutreffender) Rechnungsstellung berechtigt war, nach Abschluss des MDK-Prüfverfahrens eine korrigierte Rechnung zu erstellen mit der Folge des Anspruchs auf den sich daraus ergebenden Vergütungsbetrag. Dies ist zu bejahen.
Zunächst beinhaltet die korrigierte Rechnung aufgrund Erhöhung des Vergütungsbetrages eine "Nachforderung", die unter Zugrundelegung der Prämissen der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG nicht verwirkt war. Denn hiernach sind Nachforderungen eines Krankenhauses bis zum Ablauf eines vollen Kalenderjahres nach dem Ende des Jahres der ersten Rechnungsstellung zulässig (s. BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 – B 1 KR 27/16 R – und vom 5.7.2016 – 1 KR 40/15 R – jeweils juris). Vorliegend ging die erste, ursprüngliche Rechnung bei der Beklagten am 1. Juni 2017 ein, die korrigierte Rechnung datiert sodann vom 28 November desselben Jahres. Daraus folgt die grundsätzliche Zulässigkeit der hier streitgegenständlichen Nachforderung.
Der Durchsetzung der Klageforderung steht auch nicht die PrüfvV in der für das Jahr 2017 geltenden Fassung vom 3. Februar 2016 entgegen, insbesondere nicht deren § 7 Abs. 5. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich hieraus keinesfalls ein Anspruchsausschluss zu Lasten der Klägerin.
Ungeachtet der in der Rechtsprechung der Sozialgerichte umstrittenen Frage, ob die Vertragsparteien der PrüfvV berechtigt waren, einen auch in das sozialgerichtliche Verfahren hineinwirkenden Ausschlusstatbestand zu vereinbaren, ist ein solcher für die vorliegende Konstellation – anders in § 7 Abs. 2 S. 6, 9 PrüfvV – in § 7 Abs. 5 gerade nicht kodifiziert. Vielmehr wird hier jedenfalls gerade die einmalige Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen für zulässig erklärt. Wie der weitere Wortlaut von § 7 Abs. 5 PrüfvV dann aber deutlich macht, ist er für die vorliegende Sachverhaltskonstellation insgesamt nicht einschlägig. Die Situation, dass ein Krankenhaus das Ergebnis einer MDK-Prüfung schlicht umsetzt, ist nicht Regelungsgegenstand von § 7 Abs. 5 PrüfvV. Denn diese Vertragsnorm regelt einerseits das Procedere während einer noch laufenden MDK-Prüfung; vor allem aber bezieht sie sich offensichtlich auf eine nachträgliche, durch ein Krankenhaus selbst veranlasste Datenkorrektur (zu seinen Gunsten). Werden die zeitlichen Rahmenbedingungen nach § 7 Abs. 5 S. 2 bis 4 PrüfvV (im vorliegenden Fall: bis zum Ende der Prüfung "vor Ort") nicht eingehalten, führt dies dazu, dass der MDK die geänderten oder ergänzten Datensätze nicht in seiner Prüfung zu berücksichtigen braucht – ohne dass hier allerdings ausdrücklich geregelt würde, welche Folgen sich daraus ergibt, dass der MDK diese Ergänzungen nicht zu prüfen braucht.
Dem braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, denn vorliegend hat die Klägerin selbst gar keine "neuen" oder geänderten Datensätze nachkodiert oder in die Prüfung durch den MDK einführen wollen, sondern das Ergebnis einer MDK-Prüfung schlicht umgesetzt – also gerade das, was der MDK geprüft hat, zur Grundlage einer neuen Rechnungsstellung gemacht. Eine solche Konstellation ist, wie bereits ausgeführt, nicht Regelungsgegenstand von § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV.
Es bestehen für die Kammer zudem erhebliche Zweifel, ob eine solche Situation, wie sie hier vorliegt, dass nämlich ein MDK-Gutachten zu einer höheren Vergütung seitens eines Krankenhauses führt, überhaupt Regelungsgegenstand der PrüfvV sein soll. Es handelt sich dabei um einen völlig atypischen Ausnahmefall. Denn das Procedere der MDK-Prüfung gemäß § 275 Abs.1 c SGB V (a.F.), das durch die PrüfvV gemäß deren § 1 näher geregelt werden soll, ist im vorliegenden Fall beendet gewesen, denn die Prüfung als solche durch den MDK war, ohne dass ein Dissens zwischen ihm und der Klägerin bestanden hätte, abgeschlossen worden. Zur Umsetzung des Ergebnisses eines MDK-Gutachtens findet sich eine Regelung allein und ausdrücklich nur in § 8 PrüfvV. Dessen Wortlaut bestätigt die Auffassung der Kammer, dass Nachforderungen eines Krankenhauses infolge der MDK-Prüfung außerhalb des Regelungsbereichs der PrüfvV liegen. Denn § 8 S. 1 PrüfvV lautet:
"Die Krankenkasse hat dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen."
Die Vertragspartner gingen daher offensichtlich davon aus, dass das Ergebnis einer MDK-Prüfung (regelmäßig) nur eine "Korrektur" mit einem "daraus folgenden Erstattungsanspruch" sein kann, nicht aber eine Korrektur mit der Folge eines Nachforderungsanspruchs seitens eines Krankenhauses. Aber auch hierauf kommt es letztlich nicht entscheidend an, denn jedenfalls enthält die PrüfvV keinerlei Vorschriften dahingehend, dass es in den Fällen, in denen die MDK-Prüfung zu einer noch höheren Vergütung führt, als sie zunächst der Prüfung durch den MDK zu Grunde lag, einem Krankenhausträger verwehrt wäre, dieses MDK-Prüfungsergebnis umzusetzen und eine entsprechende Nachforderung zu erheben. Hierfür findet sich in der gesamten PrüfvV schlicht keine Grundlage.
Keiner Erörterung bedarf es in diesem Zusammenhang, ob insoweit eine Bindungswirkung des Ergebnisses der MDK-Prüfung für die jeweilige Krankenkasse besteht oder diese unter Zurückweisung des MDK-Ergebnisses eine andere Auffassung über die Berechtigung der sich daraus ergebende Nachforderung eines Krankenhauses vertreten kann; gegen eine solche Bindungswirkung spricht, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus "ihre" abschließende Entscheidung mitzuteilen hat. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Beklagte keinerlei Einwendungen in der Sache gegen die Feststellungen des MDK und die Richtigkeit der Umsetzung des Prüfungsergebnisses erhoben, was nach dem Vorbringen der Klägerin zur Fallpauschale X06A mit dem Rechnungsbetrag vom 28. November 2017 führt.
Nach alledem hat die Klägerin Anspruch auf 8.630,95 EUR Gesamtvergütung für den streitgegenständlichen Aufenthalt der Versicherten und damit auf die geltend gemachte Klageforderung.
Der Zinsanspruch folgt aus § 10 Abs. 5 des Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 197a SGG.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin behandelte in dem von ihr betriebenen Krankenhaus die bei der Beklagten krankenversicherte C. C. (im Folgenden nur: Versicherte) in der Zeit vom 8. bis 12. Mai 2007 im Rahmen eines stationären Aufenthalts. Mit Rechnungseingang bei der Beklagten am 1. Juni 2017 machte die Klägerin für diese Behandlung auf der Basis der (Fehler-)DRG 802A einen Gesamtbetrag von 6.219,92 EUR geltend.
Im Rahmen einer von der Beklagten eingeleiteten Prüfung monierte der MDK die Kodierung des Aufenthalts der Versicherten durch die Klägerin: Die Hauptdiagnose sei zu ändern, weitere Nebendiagnosen jedoch hinzuzukodieren. Diese seitens des MDK vorgegebenen Korrekturen führten zur Änderung der für den streitgegenständlichen Behandlungsfall abzurechnenden Fallpauschale – nunmehr X06A –, die eine gegenüber der ursprünglich abgerechneten DRG erhöhte Bewertungsrelation aufweist und damit zu einer Erhöhung des Vergütungsbetrags auf 8.630,96 EUR führte.
Dem folgend erstellte die Klägerin daher zunächst unter dem 28. November 2017 eine "Stornorechnung" über den ursprünglichen Vergütungsbetrag und machte mit Rechnung vom selben Tag die vorbezeichnete (erhöhte) Vergütung gegenüber der Beklagten geltend, die sich aus dem Ergebnis der MDK-Begutachtung ergeben hatte. Auf diese neue, entsprechend dem Prüfergebnis korrigierten Rechnung zahlte die Beklagte lediglich einen Betrag von 3.691,03 EUR.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 29. Juni 2018, der am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Vergütungsbegehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass sie berechtigt gewesen sei, eine Rechnungskorrektur wie erfolgt vorzunehmen. Hierzu stehe ihr ein Zeitraum bis zum Ablauf des auf das ursprüngliche Rechnungsjahr folgende Kalenderjahr zur Verfügung. Im Übrigen könnten mangels gesetzlicher Ermächtigung aus der PrüfvV keine Ausschlussfristen zulasten der Krankenhäuser hergeleitet werden. Jedenfalls könne durch die PrüfvV die Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte nicht eingeschränkt werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.939,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die streitgegenständliche Rechnungskorrektur durch Ergänzung von Nebendiagnosen zur DRG-Bestimmung für unzulässig wegen eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 PrüfvV. Aus diesem Verstoß folge eine materielle Ausschlusswirkung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet; die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachte weitere Vergütung.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S.3 SGB V i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG sowie der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Nach Rechtsprechung des BSG in früheren Jahren entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1, BSGE 90, 1, 2 = SozR 3.2500 § 112 Nr. 3). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i. S. des § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird. Die Höhe der einem Krankenhaus zustehenden Vergütung wird durch die abzurechnende DRG (Fallpauschale) bestimmt, die wiederum von den zu kodierenden Diagnosen abhängig ist (zu den Einzelheiten s. BSG, SozR 4-2500 § 109 Nr. 11, sowie Urteil v. 25.11.2010 B 3 KR 4/10 R – juris Rn. 13).
Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass zwischen den Beteiligten die letztlich korrekte Verschlüsselung des streitgegenständlichen Aufenthalts der Versicherten nicht in Streit steht. Die Beklagte hat selbst die ursprüngliche Rechnung vorprozessual beanstandet und nachfolgend gegen das Ergebnis des MDK keine Einwendungen erhoben. Da die Klägerin nach unwidersprochenem Vorbringen das MDK-Prüfergebnis zur Bestimmung des am 28. November 2017 in Rechnung gestellten neuen Vergütungsbetrags entsprechend umgesetzt hat, legt die Kammer die Fallpauschale X06A als den streitgegenständlichen Aufenthalt zutreffend abbildende DRG zu Grunde.
Allein fraglich ist, ob die Klägerin nach ursprünglich abweichender (unzutreffender) Rechnungsstellung berechtigt war, nach Abschluss des MDK-Prüfverfahrens eine korrigierte Rechnung zu erstellen mit der Folge des Anspruchs auf den sich daraus ergebenden Vergütungsbetrag. Dies ist zu bejahen.
Zunächst beinhaltet die korrigierte Rechnung aufgrund Erhöhung des Vergütungsbetrages eine "Nachforderung", die unter Zugrundelegung der Prämissen der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG nicht verwirkt war. Denn hiernach sind Nachforderungen eines Krankenhauses bis zum Ablauf eines vollen Kalenderjahres nach dem Ende des Jahres der ersten Rechnungsstellung zulässig (s. BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 – B 1 KR 27/16 R – und vom 5.7.2016 – 1 KR 40/15 R – jeweils juris). Vorliegend ging die erste, ursprüngliche Rechnung bei der Beklagten am 1. Juni 2017 ein, die korrigierte Rechnung datiert sodann vom 28 November desselben Jahres. Daraus folgt die grundsätzliche Zulässigkeit der hier streitgegenständlichen Nachforderung.
Der Durchsetzung der Klageforderung steht auch nicht die PrüfvV in der für das Jahr 2017 geltenden Fassung vom 3. Februar 2016 entgegen, insbesondere nicht deren § 7 Abs. 5. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich hieraus keinesfalls ein Anspruchsausschluss zu Lasten der Klägerin.
Ungeachtet der in der Rechtsprechung der Sozialgerichte umstrittenen Frage, ob die Vertragsparteien der PrüfvV berechtigt waren, einen auch in das sozialgerichtliche Verfahren hineinwirkenden Ausschlusstatbestand zu vereinbaren, ist ein solcher für die vorliegende Konstellation – anders in § 7 Abs. 2 S. 6, 9 PrüfvV – in § 7 Abs. 5 gerade nicht kodifiziert. Vielmehr wird hier jedenfalls gerade die einmalige Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen für zulässig erklärt. Wie der weitere Wortlaut von § 7 Abs. 5 PrüfvV dann aber deutlich macht, ist er für die vorliegende Sachverhaltskonstellation insgesamt nicht einschlägig. Die Situation, dass ein Krankenhaus das Ergebnis einer MDK-Prüfung schlicht umsetzt, ist nicht Regelungsgegenstand von § 7 Abs. 5 PrüfvV. Denn diese Vertragsnorm regelt einerseits das Procedere während einer noch laufenden MDK-Prüfung; vor allem aber bezieht sie sich offensichtlich auf eine nachträgliche, durch ein Krankenhaus selbst veranlasste Datenkorrektur (zu seinen Gunsten). Werden die zeitlichen Rahmenbedingungen nach § 7 Abs. 5 S. 2 bis 4 PrüfvV (im vorliegenden Fall: bis zum Ende der Prüfung "vor Ort") nicht eingehalten, führt dies dazu, dass der MDK die geänderten oder ergänzten Datensätze nicht in seiner Prüfung zu berücksichtigen braucht – ohne dass hier allerdings ausdrücklich geregelt würde, welche Folgen sich daraus ergibt, dass der MDK diese Ergänzungen nicht zu prüfen braucht.
Dem braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, denn vorliegend hat die Klägerin selbst gar keine "neuen" oder geänderten Datensätze nachkodiert oder in die Prüfung durch den MDK einführen wollen, sondern das Ergebnis einer MDK-Prüfung schlicht umgesetzt – also gerade das, was der MDK geprüft hat, zur Grundlage einer neuen Rechnungsstellung gemacht. Eine solche Konstellation ist, wie bereits ausgeführt, nicht Regelungsgegenstand von § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV.
Es bestehen für die Kammer zudem erhebliche Zweifel, ob eine solche Situation, wie sie hier vorliegt, dass nämlich ein MDK-Gutachten zu einer höheren Vergütung seitens eines Krankenhauses führt, überhaupt Regelungsgegenstand der PrüfvV sein soll. Es handelt sich dabei um einen völlig atypischen Ausnahmefall. Denn das Procedere der MDK-Prüfung gemäß § 275 Abs.1 c SGB V (a.F.), das durch die PrüfvV gemäß deren § 1 näher geregelt werden soll, ist im vorliegenden Fall beendet gewesen, denn die Prüfung als solche durch den MDK war, ohne dass ein Dissens zwischen ihm und der Klägerin bestanden hätte, abgeschlossen worden. Zur Umsetzung des Ergebnisses eines MDK-Gutachtens findet sich eine Regelung allein und ausdrücklich nur in § 8 PrüfvV. Dessen Wortlaut bestätigt die Auffassung der Kammer, dass Nachforderungen eines Krankenhauses infolge der MDK-Prüfung außerhalb des Regelungsbereichs der PrüfvV liegen. Denn § 8 S. 1 PrüfvV lautet:
"Die Krankenkasse hat dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen."
Die Vertragspartner gingen daher offensichtlich davon aus, dass das Ergebnis einer MDK-Prüfung (regelmäßig) nur eine "Korrektur" mit einem "daraus folgenden Erstattungsanspruch" sein kann, nicht aber eine Korrektur mit der Folge eines Nachforderungsanspruchs seitens eines Krankenhauses. Aber auch hierauf kommt es letztlich nicht entscheidend an, denn jedenfalls enthält die PrüfvV keinerlei Vorschriften dahingehend, dass es in den Fällen, in denen die MDK-Prüfung zu einer noch höheren Vergütung führt, als sie zunächst der Prüfung durch den MDK zu Grunde lag, einem Krankenhausträger verwehrt wäre, dieses MDK-Prüfungsergebnis umzusetzen und eine entsprechende Nachforderung zu erheben. Hierfür findet sich in der gesamten PrüfvV schlicht keine Grundlage.
Keiner Erörterung bedarf es in diesem Zusammenhang, ob insoweit eine Bindungswirkung des Ergebnisses der MDK-Prüfung für die jeweilige Krankenkasse besteht oder diese unter Zurückweisung des MDK-Ergebnisses eine andere Auffassung über die Berechtigung der sich daraus ergebende Nachforderung eines Krankenhauses vertreten kann; gegen eine solche Bindungswirkung spricht, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus "ihre" abschließende Entscheidung mitzuteilen hat. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Beklagte keinerlei Einwendungen in der Sache gegen die Feststellungen des MDK und die Richtigkeit der Umsetzung des Prüfungsergebnisses erhoben, was nach dem Vorbringen der Klägerin zur Fallpauschale X06A mit dem Rechnungsbetrag vom 28. November 2017 führt.
Nach alledem hat die Klägerin Anspruch auf 8.630,95 EUR Gesamtvergütung für den streitgegenständlichen Aufenthalt der Versicherten und damit auf die geltend gemachte Klageforderung.
Der Zinsanspruch folgt aus § 10 Abs. 5 des Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 197a SGG.
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