L 7 R 992/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 3923/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 992/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2016 streitig.

Der 1961 geborene Kläger ist ausgebildeter Dachdecker. Wegen der Folgen eines Motorradunfalls im Jahr 1979 konnte er - nachdem er die Ausbildung abgeschlossen hatte - diesen Beruf nicht ausüben. Nach einer Umschulung zum CNC-Techniker arbeitete er als Schlosser. Im Jahr 1992 erlitt er einen Arbeitsunfall, bei dem ihm eine ca. 800 Kilogramm schwere Palette auf das rechte Sprunggelenk fiel und er sich einen offenen Luxationsbruch mit ausgeprägtem Weichteilschaden zuzog. Der Kläger bezieht aufgrund dieses Arbeitsunfalls eine Verletztenrente mit einer MdE von 35 v.H. Zuletzt war er bis April 2016 als Hausmeister in einer Einrichtung der Diakonie in Mannheim mit einer Arbeitszeit von fünf Stunden arbeitstäglich versicherungspflichtig beschäftigt. Beim Kläger besteht ein GdB von 40 seit dem 21. Oktober 2015.

Vom 21. Dezember 2015 bis 8. Januar 2016 absolvierte der Kläger eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der A. Klinik in B. S., aus der er arbeitsfähig und mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen entlassen wurde (Entlassungsbericht des Leitenden Arztes Dr. S. vom 11. Januar 2016).

Am 29. Dezember 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 20. Januar 2017 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen, insbesondere des für die Berufsgenossenschaft (BG) Holz und Metall am 4. August 2016 erstatteten Gutachtens des Prof. Dr. L. , und nach Einholung eines Gutachtens durch die Ärztin für Chirurgie und Visceralchirurgie Dr. B.-K. vom 23. August 2017, mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2017, am 13. Oktober 2017 zur Post gegeben, zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16. November 2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen – Facharzt für Innere Medizin/Gastroenterologie Dr. F. (Auskunft vom 27. Februar 2018), Facharzt für Innere Medizin Dr. H. (Auskunft vom 13. April 2018), Arzt für Neurologie Dr. H. (Auskunft vom 18. April 2018) und Chirurg/Unfallchirurg Dr. S. (Auskunft vom 30. April 2018) –, auf deren Aussagen Bezug genommen wird. Hierzu hat der Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie/Sozialmedizin Dr. B.-K. vom 22. Juni 2018 vorgelegt.

Das SG hat weiter das im Klageverfahren S 17 U 1585/17 vor dem SG von dem Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. am 28. Mai 2018 erstattete neurologisch-psychiatrische Gutachten beigezogen. Das SG hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage durch Dr. S ... Im Gutachten vom 17. Juli 2018 hat dieser die Diagnosen eines leichten hirnorganischen Psychosyndroms nach Motorradunfall 1979, eines Zustands nach kompliziertem Sprunggelenkstrauma rechts 1992 ohne Anhalt für eine Folgeerkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sowie weiterer Beschwerden des Bewegungs- und Haltungsapparates ohne relevantes neurologisches Defizit gestellt. Der Kläger könne noch zumindest leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten. Er sei auch noch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 Meter in jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und ein Kraftfahrzeug zu führen.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens durch den Facharzt für Orthopädie Dr. J. Im Gutachten vom 29. August 2018 hat dieser folgende Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet genannt: - geringe Wirbelsäulenfehlstatik ohne relevante Funktionseinschränkung; degenerative Lendenwirbelsäulenveränderungen, aktuell ohne neurologische Ausfälle oder Zeichen einer Nervenwurzelreizung. - Leichter Reizzustand Langfingergrundgelenk 2 und 3 rechts. - Diskreter Reizzustand in Form einer Kapselschwellung des rechten Kniegelenks ohne Funktionseinschränkung bei nachgewiesenen Knorpelschädigungen im innenseitigen Kniegelenkskompartiment sowie retropatellar und eines Innenmeniskushinterhornschrägrisses. - Verschmächtigung der Beinmuskulatur rechts gegenüber links; erhebliche Schwellneigung rechte Knöchelkontur und rechter Rückfuß: erhebliche Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes rechts, Wackelsteife des unteren Sprunggelenkes rechts bei schwerster Arthrose des oberen und unteren Sprunggelenkes mit Zystenbildung um Bereich des Sprungbeines. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte und kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Wegefähigkeit des Klägers sei auch unter Benutzung orthopädischer Schuhe relevant eingeschränkt. Mit Unterarm-Gehstützen oder einem Rollator könne der Kläger jedoch noch viermal täglich einen Fußweg von 500 Meter jeweils unter 20 Minuten zurücklegen. Er sei auch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Auf die Nutzung eines PKW sollte bei Einnahme höherer Mengen des Opiates Tilidin verzichtet werden, da es hierbei nach Angaben des Klägers zu erheblichen Konzentrationsstörungen komme. Nachdem der Kläger hiergegen Einwendungen erhoben hat, ist Dr. J in der ergänzenden Stellungnahme vom 30. Oktober 2018 bei seiner auf einer Schätzung beruhenden Beurteilung der Wegefähigkeit geblieben.

Mit Urteil vom 25. Januar 2019 hat das SG, gestützt auf die Gutachten des Dr. S. und des Dr. J sowie dessen ergänzende Stellungnahme, die Klage abgewiesen.

Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 20. Februar 2019 zugestellte Urteil hat dieser am 20. März 2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, nach den gutachterlichen Stellungnahmen könne der Kläger nur 500 Meter, aber nicht mehr als 500 Meter in weniger als 20 Minuten zurücklegen. Auch sei die Wegefähigkeit nur geschätzt, aber nicht konkret ermittelt worden. Zudem habe sich das SG nicht mit der abweichenden Beurteilung des sachverständigen Zeugen Dr. S. auseinandergesetzt, der ein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen sowie eine aufgehobene Wegefähigkeit attestiert habe. Schließlich habe das SG nicht berücksichtigt, dass der Kläger wegen der Einnahme von Opiaten kein Kraftfahrzeug mehr führen könne, zumal auch Dr. J von der Nutzung eines Kraftfahrzeugs bei Einnahme höherer Mengen des Opiates abgeraten habe. Der Kläger hat weiter ein Schreiben des Dr. H. vom 23. August 2019 vorgelegt, auf das Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Januar 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2017 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2016 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens durch den Leiter der Gutachtenambulanz und Schmerztherapie am Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie am Universitätsklinikum ..., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Rheumatologie, Schmerztherapie, Psychotherapie, Chirotherapie, Handchirurgie und Sportmedizin Prof. Dr. S ... Im Gutachten vom 20. April 2020 hat dieser die Diagnosen eines fortgeschrittenen Aufbrauchs des rechten oberen und unteren Sprunggelenks mit Verformung der rechten Knöchelregion mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung des oberen und hochgradiger Einschränkung des unteren Sprunggelenks, untere Rückenschmerzen bei Aufbrauch des Segmentes L5/S1 (Osteochondrose) ohne wesentliche Entfaltungsstörung, ohne neurologische Ausfalls- oder Reizzeichen, Knieschmerzen rechts bei Knorpelschaden ohne Bewegungseinschränkung oder Reizzeichen, einer Sehnenscheidenentzündung des langen Daumenabspreizers rechts, einer Hemiparese mit geringer Minderung der Oberflächenwahrnehmung rechts und ohne wesentliche motorische Störung sowie Adipositas genannt. Prof. Dr. S. hat weiter ausgeführt, zu bewerten seien erheblich widersprüchliche Angaben und Hinweise des Klägers. Im Selbstvortrag/Schmerzfragebogen habe dieser angegeben, er könne nicht weiter als 100 Meter gehen und nicht länger als zehn Minuten stehen. Allerdings habe er auch darüber berichtet, dass er sich im Garten oft und dann meist barfuß aufhalte, was die erheblichen Schwielen mit Schmutzeinsprengungen im Bereich beider Fußsohlen (in seitengleicher Ausprägung) erkläre. Diese Schwielen interpretiere er – Prof. Dr. S. – als Anpassungsreaktion der Fußsohlenhaut an erhebliche mechanische Belastungen durch Stehen und Gehen. Die Fußrücken zeigten ein markantes Bräunungsmuster, das nach den Angaben des Klägers von im Garten getragenen Sandalen herrühre. Gleichermaßen hätten im Bereich der Hohlhände keine wesentlichen Schwielen vorgelegen, sondern nur Schwielen im Bereich der Fingerbeeren von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger, die wiederum von manuellen Beanspruchungen herrührten, nicht aber vom Gebrauch der Unterarmgehstützen stammen könnten, da hier Schwielen im Bereich der Hohlhände über den Mittelhand-Köpfchen zu fordern wären. Zusammengefasst gehe er davon aus, dass der Kläger deutlich mehr stehe und gehe, als er dies aus Anlass der gutachterlichen Untersuchung angegeben habe. Warum die vor ca. einem Dreivierteljahr ausgelieferten orthopädischen Maßstiefel keinerlei Benutzungszeichen aufwiesen, dagegen die Füße jetzt im April 2020 sehr starke Schwielen, müsse anhand der Angaben des Klägers offen bleiben. Dem Kläger seien Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen sowie mit wiederholtem Knien, Kriechen oder Hocken ebenso wie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr möglich. Gleiches gelte für Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten über 15 Kilogramm. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger noch leichte, bisweilen mittelschwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zehn Kilogramm, vorwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Körperhaltungswechsels, ohne erhöhten Arbeitsdruck und Arbeitstempo sowie ohne erhöhte Anforderungen an Anpassung und Verantwortung noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Unter Benutzung von Unterarmgehstützen und der orthopädischen Maßstiefel sei der Kläger auch noch in der Lage, einen Fußweg von 500 Meter in weniger als 20 Minuten viermal täglich zurückzulegen. Nach den Angaben des Klägers, er fahre jährlich zumeist kurze Strecken von jeweils ca. 1.000 Kilometer mit dem PKW und, wenn es ihm gut gehe, mit einem Motorroller, sei davon auszugehen, dass er zumindest an mehr als der Hälfte aller Tage eines Jahres auch seinen PKW oder seinen Motorroller führe. Nach der Leitlinie "Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen" sei eine Gewöhnung z.B. an Tilidin und damit die Teilnahme am Straßenverkehr möglich. Zusammengefasst sei deshalb entweder von einer ausreichenden Gewöhnung unter regelmäßiger Einnahme zentralwirksamer Schmerzmittel an die Nebenwirkungen des Medikaments auszugehen oder von einer nur seltenen Einnahme des Opioids Tilidin.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 20. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2017 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG), mit der er die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise einer Rente wegen teilweise Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2016 geltend macht.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung (Gesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang ("wegen") zwischen a) und b) (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 13).

Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund seine Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Begehren in erster Linie begründet hat. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um seinen Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die vom Senat sowie dem SG bei Prof. Dr. S., Dr. S. und Dr. J eingeholten Gutachten sowie auf das im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten der Dr. B.-K. und den Entlassungsbericht des Dr. S., S. Klinik B. S., vom 11. Januar 2016; das Verwaltungsgutachten und den Entlassungsbericht verwertet der Senat im Rahmen des Urkundenbeweises (BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 - B 8 V 45/14 B - juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 26. Mai 2000 - B 2 U 90/00 B - juris Rdnr. 4).

Die Leistungsfähigkeit des Klägers wird maßgeblich eingeschränkt durch Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Hier bestehen im Wesentlichen als Folge eines Sprunggelenktraumas rechts im Jahr 1992 ein fortgeschrittener Aufbrauch des rechten oberen und unteren Sprunggelenks mit Verformung der rechten Knöchelregion mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung des oberen und hochgradiger Einschränkung des unteren Sprunggelenks. Der Kläger ist weiter eingeschränkt durch Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich bei Aufbrauch des Segmentes L5/S1 (Osteochondrose) ohne wesentliche Entfaltungsstörung und ohne neurologische Ausfalls- oder Reizzeichen, Knieschmerzen rechts bei Knorpelschaden ohne Bewegungseinschränkung oder Reizzeichen, eine Sehnenscheidenentzündung des langen Daumenabspreizers rechts sowie eine Hemiparese mit geringer Minderung der Oberflächenwahrnehmung rechts ohne wesentliche motorische Störung. Darüber hinaus bestehen eine Adipositas sowie ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom nach Motorradunfall 1980. Beim Kläger besteht gleichwohl eine ausreichend gute geistige Flexibilität, kognitive Defizite in relevantem Ausmaß liegen nicht vor, auch besteht keine Antriebsminderung oder psychomotorische Hemmung und keine relevante Einschränkung des Umstellungs- und Anpassungsvermögens.

Insbesondere wegen des Aufbrauchs des rechten oberen und unteren Sprunggelenks kann der Kläger keine Tätigkeiten mehr verrichten, die überwiegend im Stehen und Gehen zu verrichten sind. Auch Tätigkeiten mit häufigem Knien, Kriechen oder Hocken, in Kälte oder Nässe sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und auf unebenem Boden sind ihm deshalb nicht mehr zumutbar. Wegen des Aufbrauchs des lumbo-sakralen Wirbelsäulensegments sind ihm auch Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 Kilogramm nicht mehr und Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm nur zeitlich eingeschränkt möglich. Die erstmals von Prof. Dr. S. festgestellte Sehnenscheidenentzündung bedingt keine dauerhafte Leistungseinschränkung und ist zudem einer Behandlung zugänglich.

Soweit der Facharzt für Innere Medizin Dr. H. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 13. April 2018 die - fachfremden - Diagnosen Angststörung und Depression genannt hat, konnten diese durch den Sachverständigen Dr. S. nicht bestätigt werden. Dieser hat vielmehr ausgeführt, der Kläger sei bei der gutachterlichen Untersuchung ausgeglichen gewesen, eine depressive Stimmungslage habe nicht vorgelegen. Auch der behandelnde Neurologe Dr. H. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 18. April 2018 lediglich angegeben, der Kläger wirke depressiv affektiv eingeengt mit wenig Interessen und wenig Antrieb, eine entsprechende Diagnose hat er jedoch nicht gestellt. Gleiches gilt für die sachverständige Zeugenaussage des Chirurgen Dr. S. vom 30. April 2018, wonach der Kläger fachfremd "wohl noch" unter Depressionen leide. Gegen das Vorliegen einer depressiven Erkrankung in einem für das berufliche Leistungsvermögen relevanten Ausmaß spricht zudem, dass eine diesbezügliche ärztliche Behandlung nicht stattfindet und von den behandelnden Ärzten auch nicht für angezeigt gehalten worden ist.

Soweit im Entlassungsbericht der A. Klinik vom 11. Januar 2016 als weitere Diagnose ein Fibromyalgie-Syndrom genannt worden ist, liegt zur Überzeugung des Senats keine überdauernde Erkrankung vor. Diese Diagnose hat im Wesentlichen darauf beruht, dass der Kläger angegeben hatte, er habe "momentan" starke Ganzkörperschmerzen, und dass bei der Eingangs- und Abschlussuntersuchung die fibromyalgietypischen Tenderpoints in allen Quadranten positiv waren mit jumping sign. Eine Bestätigung dieser Diagnose ist jedoch weder durch die behandelnden noch durch die begutachtenden Ärzten erfolgt.

Der Senat folgt nicht der Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte Dr. H., Dr. H. und Dr. S., die nur noch ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden arbeitstäglich angenommen haben. Dr. H. hat seine Leistungsbeurteilung nicht begründet und zudem auf die nicht verifizierten Diagnosen Depression und Angststörung gestützt. Auch Dr. S. hat seine Leistungsbeurteilung im Wesentlichen auf das, von ihm selbst als fachfremd bezeichnete, "psychologische Moment" gestützt. Gegen die Leistungsbeurteilung durch Dr. H. spricht bereits, dass dieser ausweislich seiner sachverständigen Zeugenaussage davon ausgeht, der Kläger "sitze" im Rollstuhl. Auch die von ihm als Begründung für ein zeitlich eingeschränktes berufliches Leistungsvermögen angegebene kognitive Verlangsamung hat der Sachverständige Dr. S. nicht bestätigt.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger in der hier maßgeblichen Zeit ab dem 1. Dezember 2016 noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Körperhaltungswechsels, ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 Kilogramm, mit gelegentlichem Heben und Tragen von Lasten bis zehn Kilogramm, ohne Arbeiten mit wiederholtem Hocken, Knien oder Kriechen, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie auf unebenem Boden, in Kälte oder Nässe sowie ohne erhöhten Arbeitsdruck und Arbeitstempo oder erhöhten Anforderungen an Anpassung und Verantwortung zu verrichten. Der Senat folgt dabei den überzeugenden Leistungseinschätzungen der mit der Begutachtung des Klägers befassten Ärzte Prof. Dr. S., Dr. S., Dr. J sowie Dr. B.-K., nach denen der Kläger jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ausüben kann.

Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein (dazu BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/ 11 R - juris Rdnrn. 17 ff. m.w.N.). Diese Frage ist hier zu verneinen. "Bedingungen" sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt. Das Adjektiv "allgemein" grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen.

Der Kläger kann - wie dargelegt - an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Er benötigt im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Er hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass der Kläger über die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendigen kognitiven Grundfähigkeiten verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG werden unter den Begriff der üblichen Bedingungen "auch tatsächliche Umstände" verstanden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, mithin ausschließlich kognitive Grundfähigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 29). Wie dargelegt, liegt bei dem Kläger kein Leiden vor, das leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließt.

Die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers sind auch weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen (dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 33). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch in der Lage ist, körperlich leichte und geistige einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten regelmäßig gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - juris Rdnr. 36; zuletzt BSG, Urteil vom 11. Dezember 2019 - B 13 R 7/18 R - juris). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es liegt weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.

Der Senat ist weiter mit Prof. Dr. S., Dr. J und Dr. S. davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit vorliegt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1). Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Hat - wie hier - der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (z.B. öffentliche Verkehrsmittel, eigenes Kraftfahrzeug) zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - juris Rdnr. 20 m.w.N.; BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteil vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R - juris Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 28. August 2002 - B 5 RJ 8/02 R - juris Rdnr. 11).

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. in erheblichem Widerspruch zu den vom Gutachter erhobenen Befunden stehen. So hat der Kläger im Selbstvortrag/Schmerzfragebogen angegeben, er könne nicht weiter als 100 Meter gehen und nicht länger als zehn Minuten stehen. Allerdings hat er auch darüber berichtet, dass er sich im Garten oft und dann meist barfuß aufhalte, was die erheblichen Schwielen mit Schmutzeinsprengungen im Bereich beider Fußsohlen (in seitengleicher Ausprägung) erklärt. Diese Schwielen hat Prof. Dr. S. als Anpassungsreaktion der Fußsohlenhaut an erhebliche mechanische Belastungen durch Stehen und Gehen interpretiert. Zudem haben die Fußrücken des Klägers ein markantes Bräunungsmuster gezeigt, das nach dessen Angaben von im Garten getragenen Sandalen herrührt. Entsprechende Feststellungen hatte bereits Dr. B.-K. im Gutachten vom 23. August 2017 getroffen. Danach zeigten beide Füße gebräunte Haut mit Aussparungen durch das Tragen von "Flip Flops", herrührend durch das Tragen dieser Schuhe bei Gartenarbeiten. Auch haben bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. im Bereich der Hohlhände des Klägers keine wesentlichen Schwielen vorgelegen, sondern nur Schwielen im Bereich der Fingerbeeren von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger, die - nach den Feststellungen des Sachverständigen - wiederum von manuellen Beanspruchungen herrühren, nicht aber vom Gebrauch der Unterarmgehstützen stammen können, da hier Schwielen im Bereich der Hohlhände über den Mittelhand-Köpfchen zu fordern wären. Dies spricht - wie Prof. Dr. S. überzeugend ausgeführt hat - dafür, dass der Kläger deutlich mehr steht und geht, als er dies aus Anlass der gutachterlichen Untersuchung angegeben hat. Auch haben die ca. ein halbes Jahr vor der gutachterlichen Untersuchung ausgelieferten orthopädischen Maßstiefel am Tag der Untersuchung durch Prof. Dr. S. keinerlei Benutzungszeichen aufgewiesen, was dafür spricht, dass diese nicht getragen werden. Letztlich kann damit nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, unter Benutzung von Gehhilfen und orthopädischen Schuhen vier mal täglich eine Wegstrecke von 500 Meter in weniger als 20 Minuten zurückzulegen.

Dies kann aber dahingestellt bleiben. Denn zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, mit einem Kraftfahrzeug einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Der Kläger und seine Ehefrau sind im Besitz von zwei Kraftfahrzeugen, die von beiden genutzt werden. Er ist auch noch fähig, ein Kraftfahrzeug zu führen. Dem steht insbesondere nicht die Einnahme des Schmerzmittels Tilidin entgegen, einem zentralwirksamen, schwachwirksamen Opioid. In der Leitlinie "Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen" wird hierzu ausgeführt, Patienten sollten während der Dosisfindungsphase und bei Dosisänderungen nicht Auto fahren. Das Informationsblatt für Patienten zur Fahrsicherzeit unter Opioiden enthält hierzu den Hinweis, die Nebenwirkungen des Medikaments wie Müdigkeit, Verlangsamung der Reaktion, Konzentrationsschwierigkeiten und Schwindel träten vor allem zu Beginn der Behandlung auf. Mit der Zeit gewöhne sich der Körper an die Wirkung des Medikaments und die Nebenwirkungen gingen in der Regel allmählich zurück. Die Nebenwirkungen träten zudem bei Veränderung der Dosis auf. Die Leitlinie sieht somit eine Gewöhnung z.B. an Tilidin und damit die Möglichkeit der Teilnahme am Straßenverkehr vor.

Nach seinen Angaben gegenüber Prof. Dr. S. legt der Kläger mit dem PKW jährlich ca. 1.000 Kilometer, meist kurze Strecken, zurück. Daneben fährt er mit einem Motorroller auch etwa 1.000 Kilometer jährlich. Daraus ergeben sich unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Fahrtstrecke von zehn Kilometer, wie Prof. Dr. S. zutreffend errechnet hat, ca. 200 Fahrten jährlich, so dass der Kläger an der überwiegenden Anzahl der Tage eines Jahres und damit wesentlich häufiger als von ihm angegeben fahrtauglich ist. Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger auch häufige Fahrten mit dem Fahrrad zurücklegt, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) gleichfalls Verkehrstüchtigkeit voraussetzen. Der Senat macht sich deshalb die Beurteilung durch Prof. Dr. S. zu eigen, dass entweder von einer ausreichenden Gewöhnung unter regelmäßiger Einnahme zentralwirksamer Schmerzmittel an die Nebenwirkungen des Medikaments auszugehen ist oder dass das Opioid Tilidin nur selten eingenommen wird. Der Kläger ist damit noch in der Lage, einen Arbeitsplatz mit seinem PKW aufzusuchen.

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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