L 7 SO 1317/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 2877/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1317/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. August 2016 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 29. August 2016 und die Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht (SG) Freiburg, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten, seinen Widerspruch vom 29. April 2016 gegen das Schreiben der Beklagten zu 1 vom 19. April 2016 förmlich zu bescheiden und ihm Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sowie einer Wohnung zu gewähren.

Der 1975 geborene Kläger befand sich in der Zeit vom 13. September 2011 bis zum 28. Januar 2020 mit Unterbrechungen in verschiedenen Justizvollzugsanstalten (JVA) in Haft. Zuletzt war er in der JVA F. inhaftiert, aus der er am 28. Januar 2020 ohne festen Wohnsitz ausgetreten ist. Zwischenzeitlich ist er in F. wohnhaft.

Am 20. Juli 2016 hat der Kläger mit einem als "Untätigkeits- und Leistungsklage sowie Antrag gemäß § 123 VwGO" bezeichneten Schreiben Klage zum SG Freiburg erhoben und beantragt, die Beklagten zur Verbescheidung seines "Widerspruchs vom 19. April 2016 aus SG FR – S 4 SO 1989/16 ER und S 4 SO 2057/16" sowie zur Gewährung "der dort streitigen Leistungen nach dem SGB XII" zu verurteilen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagten verweigerten ihm notwendige Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), indem sie ihre örtliche Zuständigkeit streitig stellten. Er habe am 19. April 2016 (richtig wohl 29. April 2016) Widerspruch erhoben, der nicht bearbeitet werde. Das SG habe alle Klagen durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen. Er verlange erneut ein Sachurteil.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 5. August 2016 hat das SG den Kläger darauf hingewiesen, dass sowohl die Untätigkeits- als auch die Leistungsklage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig sein dürfte. Das daraufhin erhobene Ablehnungsgesuch des Klägers gegen Richter am Sozialgericht B. hat das SG durch Beschluss vom 16. August 2016 zurückgewiesen (S 15 SF 3238/16 AB).

Mit Gerichtsbescheid vom 29. August 2016 hat das SG die Klagen – nach Anhörung der Beteiligten – wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abgewiesen.

Gegen den ihm am 1. September 2016 durch Übergabe an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 16. April 2019 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangenen Berufung. Er übersende die vom Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart "aktuell erst zurückgeschickten Schriftsätze in Verfahren des LSG BW" und beantrage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Gerichtsbescheid sei ungeprüft aufzuheben und die Sache an das SG zurückzuverweisen. Es liege ein unheilbarer Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor, weil die Schreiben der Gegner erst mit dem Gerichtsbescheid übersandt worden seien. Zudem sei er um die "unabdingbare mündliche Verhandlung beschissen" worden, so dass ein Verstoß gegen § 16 GVG, Art. 101 GG, Art. 103 Abs. 1 GG bestehe. Es habe gegen die Beklagte zu 3 ein sichtbar unzuständiger Richter entschieden. Im Übrigen fehle der Entscheidung eine Begründung. Hilfsweise verfolge er die zulässigen und begründeten Sachanträge weiter.

Nachdem der Kläger auf die Verfristung seiner Berufung sowie in den ebenfalls anhängigen Verfahren L 7 SO 3659/18 und L 7 SO 3660/18, die eine Urteilsergänzung zum Gegenstand haben, auf die Ablehnung seiner Prozesskostenhilfeanträge zu den Verfahren L 7 SO 1726/18 und L 7 SO 3196/18 durch das Bundessozialgericht (BSG) hingewiesen worden ist, hat er mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 die Aussetzung der drei Verfahren angeregt sowie die Beiziehung einer "Kopie der ZU und des Zustellbuchs der JVA OG" beantragt. Er sei von Januar 2015 bis November 2018 in der JVA O. inhaftiert gewesen. Dort seien Zustellungen im Zustellbuch der JVA dokumentiert, nicht auf der Zustellungsurkunde. Er habe nie Rechtsmittel ausgelassen oder Fristen versäumt, was dem Senat hinreichend bekannt sei. Die Beschlüsse des BSG lägen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

Der Kläger beantragt – teilweise sinngemäß -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. August 2016 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Freiburg zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen,

hilfsweise den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. August 2016 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, seinen Widerspruch vom 29. April 2016 sachlich zu bescheiden sowie die notwendigen Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sowie zur Beschaffung einer Wohnung zu erbringen,

hilfsweise die Verhandlung auszusetzen und "eine Kopie der ZU und des Zustellbuchs der JVA O." beizuziehen.

Die Beklagten haben keine Anträge gestellt.

Mit Schreiben vom 13. März 2020 hat der Kläger den Senat wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil er für die Verfahren gegen die Beklagte zu 3 nicht der gesetzliche Richter sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat hat über die Berufung des Klägers entscheiden können, obwohl dieser den Senat mit Schreiben vom 13. März 2020 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat.

Nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Das Misstrauen muss aus der Sicht eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich sein. Dies setzt jedoch voraus, dass objektive Tatsachen vorliegen, welche vernünftigerweise subjektiv die Annahme rechtfertigen, der abgelehnte Richter werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (LSG Bayern, Beschluss vom 9. Januar 2017 – L 3 SF 290/16 AB – juris Rdnr. 13 m.w.N.).

Ein Ablehnungsgesuch, das keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 1 BvR 1452/16 – juris Rdnr. 1; BVerfG, Beschluss vom 19. September 2016 – 2 BvR 614/16 – juris Rdnr. 1).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig. Der Kläger hat mit seinem Antrag pauschal den gesamten Senat abgelehnt, ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Spruchkörpers hindeuten. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Klägers, der Senat sei für Verfahren gegen die Beklagte zu 3 im Hinblick auf den Geschäftsverteilungsplan nicht zuständig.

Da das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig ist, kann der Senat in der durch die Geschäftsverteilung vorgesehenen Besetzung entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Februar 1960 – 2 BvR 36/60 – juris Rdnr. 8; BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 1 BvR 1452/16 – juris Rdnr. 1 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 19. September 2016 – 2 BvR 614/16 – juris Rdnr. 1). Es bedarf daher auch keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten – zudem nicht namentlich benannten – Richter (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. September 2016 – 2 BvR 614/16 – juris Rdnr. 1).

2. Der Senat konnte trotz des Ausbleibens des Klägers im anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da der Kläger in der ihm am 23. März 2020 durch Übergabe an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

3. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Freiburg vom 29. August 2016 ist wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässig.

Zwar ist die Berufung statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und der Kläger hat sie schriftlich, und damit formgerecht, eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG). Jedoch ist die Berufung nicht fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGG) und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

a.) Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Landessozialgericht – bzw. nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG bei dem Sozialgericht – einzulegen. Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

Die Zustellung des Gerichtsbescheides vom 29. August 2016 an den Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch in der JVA O. inhaftiert war, ist ausweislich der Zustellungsurkunde durch die Übergabe an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter im Wege einer Ersatzzustellung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG iVm. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO am 1. September 2016 bewirkt worden, ohne dass es auf den Zeitpunkt ankommt, in dem der zugestellte Gerichtsbescheid dem Kläger ausgehändigt worden ist und er die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dessen Inhalt hatte (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. April 2012 – 13 U 46/12 – juris Rdnr. 8). Der Senat hat sich daher auch nicht gehalten gesehen, das Zustellbuch der JVA O. beizuziehen. Mithin ist dem Kläger der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts, der eine vollständige und ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung i.S. des § 66 Abs. 1 SGG beinhaltet hat, zur Überzeugung des Senats ordnungsgemäß am 1. September 2016 zugestellt worden. Die einmonatige Berufungsfrist hat gemäß § 64 Abs. 2, 3 SGG mit Ablauf des 4. Oktober 2016, einem Dienstag, geendet, nachdem der 1. Oktober auf einen Samstag gefallen ist und es sich bei dem darauffolgenden Montag um einen gesetzlichen Feiertag gehandelt hat. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid ist ausweislich des Eingangsstempels erst am 16. April 2019 und damit weit nach Fristablauf bei dem erkennenden Gericht eingegangen.

Soweit der Kläger vorträgt, er habe die Schriftsätze "aktuell erst" vom VG Stuttgart zurückerhalten, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen lässt sich für den Senat mangels Eingangsstempel des VG schon nicht feststellen, ob und wann das Schreiben vom 3. September 2016 dem VG zugegangen ist. Zum anderen wahrt die Einlegung der Berufung bei einem anderen Gericht oder einer anderen Behörde – anders als bei der Klageerhebung (vgl. § 91 Abs. 1 SGG) – die Rechtsmittelfrist nicht (BSG, Urteil vom 31. März 2005 – B 11a/11 AL 229/04 B - juris Rdnr. 10; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 151 Rdnr. 2a).

Die Berufung ist somit nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden.

b.) Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Voraussetzung für die Gewährung ist damit ein unverschuldetes Fristversäumnis. Ein solches ist dann zu bejahen, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt hat, die einem gewissenhaft Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 9/92 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 27. Mai 2008 - B 2 U 5/07 R - juris Rdnr. 14). Gemäß § 67 Abs. 3 SGG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Der Kläger hat seinen Antrag auf Wiedereinsetzung am 16. April 2019 und damit über 30 Monate nach Ablauf der Berufungsfrist am 4. Oktober 2016 gestellt. Anhaltspunkte, dass ihm ein früherer Antrag infolge höherer Gewalt unmöglich war, sind für den Senat nicht ersichtlich und werden auch vom Kläger selbst nicht vorgetragen, so dass sein Antrag auf Wiedereinsetzung schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben konnte.

Der Kläger hat zudem zur Überzeugung des Senats die Berufungsfrist auch schuldhaft versäumt. Er hat keinerlei Umstände vorgebracht, warum es ihm nicht möglich gewesen sein soll, seine auf den 3. September 2016 datierte Berufungsschrift innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist beim SG oder LSG einzureichen. Der Senat konnte auch nicht feststellen, dass das Fristversäumnis des Klägers auf einem Versäumnis oder einem Fehler des VG Stuttgart beruht. Beruht die Fristversäumung auch auf einem Fehler des Gerichts oder einer anderen staatlichen Stelle, sind die Anforderungen an die Wiedereinsetzung mit "besonderer Fairness" zu handhaben; aus solchen Fehlern dürfen dem Beteiligten grundsätzlich keine Verfahrensnachteile erwachsen (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 2327/07 - juris Rdnr. 22; Beschluss vom 27. September 2005 - 2 BvR 172/04 - juris Rdnr. 14; Senatsurteil vom 16. Mai 2019 – L 7 SO 213/19 – juris Rdnr. 26; Keller in Meyer-Ladewig, u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 67 Rdnr. 4a). Dabei muss das Gericht keine Vorkehrungen treffen, damit ein Beteiligter oder dessen Prozessbevollmächtigter davor bewahrt wird, einen fristschädlichen Fehler zu begehen, sondern nur Vorkehrungen, um den Beteiligten oder seinen Prozessbevollmächtigten vor den fristbezogenen Folgen eines bereits begangenen Fehlers zu bewahren (BSG, Beschluss vom 28. April 2017 - B 1 KR 15/17 B - juris Rdnr. 4; Beschluss vom 7. Oktober 2004 - B 3 KR 14/04 R - juris Rdnr. 18; Keller in Meyer-Ladewig, u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 67 Rdnr. 4b). Ein Beteiligter bzw. Prozessbevollmächtigter darf erwarten, dass das Gericht offenkundige Versehen, wie die irrtümliche Einreichung eines korrekt adressierten Schriftsatzes bei einem anderen Gericht oder die Einlegung eines Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht, in angemessener Zeit bemerkt und innerhalb des üblichen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen trifft, damit die Frist nicht versäumt wird (BSG, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - B 4 AS 1/16 R - BSGE 122, 71 - juris Rdnr. 28; Beschluss vom 17. November 2015 - B 1 KR 130/14 B - juris Rdnr. 5; Beschluss vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 161/11 B - juris Rdnr. 9; Beschluss vom 7. Oktober 2004 - B 3 KR 14/04 R - juris Rdnr. 18; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 67 Rdnr. 4b und 4c). Wie oben bereits dargelegt, trägt die auf den 3. September 2016 datierte Berufungsschrift jedoch keinerlei Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts, anhand dessen der Senat nachvollziehen könnte, ob und wann das Schreiben bei dem Verwaltungsgericht eingegangen ist. Auch der Kläger hat hierzu nichts weiter vorgetragen. Die objektive Beweislast für das Vorliegen der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen trägt jedoch derjenige, der die Frist versäumt hat, so dass die Nichterweislichkeit hier zu Lasten des Klägers geht. Dem Kläger ist folglich keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Der Kläger kann auch mit seinem Begehren, eine "Kopie der ZU" zu erhalten, nicht durchdringen. Zwar können sich Beteiligte nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGG auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften aus der Akte erteilen lassen. Verlangt ein Verfahrensbeteiligter Ablichtungen von Aktenbestandteilen, so hat er die Schriftstücke jedoch eindeutig zu bezeichnen; die Bezeichnung nach abstrakt generellen Merkmalen reicht nicht aus (so zu § 25 SGB X: BSG, Beschluss vom 30.11.1994 – 11 Rar 89/94, juris Rdnr. 7; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 120 SGG, Rdnr. 18). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag des Klägers nicht. Er hat mit dem zu drei Aktenzeichen übersandten Schreiben vom 9. Dezember 2019 ohne weitere Konkretisierung "eine Kopie der ZU beantragt". Weder hat er dargelegt, welche Zustellungsurkunde aus welchem Verfahren er begehrt, noch was sich aus dieser konkret ergeben soll, so dass auf diesem Weg ein Rückschluss darauf gezogen werden könnte, von welcher Zustellungsurkunde er eine Kopie begehrt. Auch der bloße Hinweis, er habe "nie ein Rechtsmittel ausgelassen oder Fristen versäumt, was dem Senat hinreichend bekannt" sei, reicht im Hinblick auf die Angabe mehrerer Aktenzeichen nicht aus.

Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs. 2 SGG kommt schon im Hinblick auf die Verfristung der Berufung nicht in Betracht.

Die Berufung ist nach alledem zu verwerfen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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