L 7 AS 3879/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 AS 3575/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3879/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung der ihm entstandenen Kosten für eine Verlängerung seines Busführerscheins in Höhe von insgesamt 580,00 EUR nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Der erwerbsfähige Kläger stand bis zum 1. März 2018 im Bezug von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II seitens des Beklagten. Er verfügte über einen Busführerschein mit einer Geltungsdauer bis Ende 2017.

Am 18. Mai 2017 beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget bzgl. der Kosten anlässlich der Verlängerung seines Busführerscheins, die er am 3. Juli 2017 mit insgesamt 594,40 EUR und am 17. Juli 2017 mit insgesamt 583,20 EUR bezifferte. Der Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 8. November 2017 ab. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein (Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten vom 8. Dezember 2017). Mit Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten vom 7. Februar 2018 teilte der Kläger mit, dass ihm für die Verlängerung des Busführerscheins zwischenzeitlich Auslagen in Höhe von insgesamt 451,20 EUR entstanden seien, die er aus eigenen Mitteln aufgebracht habe, und bat um Erstattung. Ausweislich einer beigefügten handschriftlichen Aufstellung des Klägers würden noch weitere 120,00 EUR für eine Nachschulung anfallen. Der Beklagte wies den klägerischen Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 26. November 2018 als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde gem. Vermerk vom 26. November 2018 abgesandt; er war an die damaligen Bevollmächtigten adressiert.

Dagegen hat der Kläger am 15. August 2019 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Den Widerspruchsbescheid habe er erst am 7. August 2019 erhalten. Seiner Klage hat er u.a ein Anschreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 3. Dezember 2018 sowie eine Kopie des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2018 mit Eingangsvermerk der Kanzlei der anwaltlichen Bevollmächtigten vom 30. November 2018 beigefügt.

Das SG hat - nach Anhörung der Beteiligten - die Klage durch Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2019 als unzulässig, weil verfristet, abgewiesen. Gegen den ihm am 23. Oktober 2019 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 7. November 2019 beim SG eingelegten Berufung. Er habe sich Geld für die Verlängerung des Führerscheins "ausgeliehen" und entsprechende Schulden. Er habe den Führerschein zwischenzeitlich erfolgreich verlängert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2019 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2018 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Verlängerung seines Busführerscheins im Januar 2018 in Höhe von insgesamt 580,00 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 24. Januar 2020 einen Erörterungstermin durchgeführt und den Kläger, nachdem dieser bestätigt hatte, dass es ihm um die Erstattung der Kosten für die Verlängerung des Busführerscheins im Januar 2018 in Höhe von insgesamt 580,00 EUR gehe, darauf hingewiesen, dass seine Berufung nicht statthaft sei und ohne Sachprüfung zu verwerfen wäre.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist mangels Zulassung unzulässig und daher gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen.

1. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, ist der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. Februar 2011 - B 11 AL 15/10 R - juris Rdnr. 13). Der Beschwerdewert bemisst sich ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (BSG, Beschluss vom 22. Juni 2010 - B 4 AS 77/10 B - juris Rdnr. 6).

2. Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Berufung nicht vor. Ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 EUR wird nicht erreicht. Das Begehren des Klägers zielt allein auf die Erstattung der Kosten für die Verlängerung eines Busführerscheins im Januar 2018 in Höhe von 580,00 EUR. Die Berufung betrifft auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, sondern eine einmalige Beihilfe anlässlich der Verlängerung des Busführerscheins im Januar 2018. Zudem sind ausweislich der vorgelegten Nachweise dem Kläger die geltend gemachten Kosten anlässlich der Verlängerung des Busführerscheins im Juli, November und Dezember 2017 entstanden, mithin nicht in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr. Somit ist die Berufung des Klägers unter keinen Umständen zulassungsfrei.

3. Die Berufung ist auch nicht durch das SG zugelassen worden. Zwar hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid über das Rechtsmittel der Berufung belehrt. Das SG hat die Berufung aber weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung allein ersetzt nicht die Berufungszulassung (z. B. BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - B 4 AS 77/10 B - juris Rdnr. 8). Die Verwendung der für eine zulassungsfreie Berufung üblichen Rechtsmittelbelehrung ist keine Entscheidung über die Zulassung, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die das Berufungsgericht nicht bindet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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