L 7 SO 1178/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 3835/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1178/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen Ziff. 1 zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 12.368,05 EUR wegen der von der Klägerin an die Hilfeempfängerin S. S. für die Zeit vom 16. März 2012 bis 15. Oktober 2012 erbrachten Leistungen.

Nach den Angaben der Hilfeempfängerin lebte sie von etwa Oktober 2010 bis Januar 2012 ohne festen Wohnsitz in S ... Bis Januar 2012 bezog die Hilfeempfängerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter S ...

Bereits ab 18. Januar 2012 hielt sich die Hilfeempfängerin in H. auf und verbrachte eine Nacht vom 18./19. Januar 2012 in einem Notquartier, sodann eine Nacht bei einer Bekannten und die Nächte vom 20. Januar 2012 bis 2. Februar 2012 auf einem Schlafplatz des W. in H. (Einrichtung der Wiedereingliederungshilfe der Evangelischen Stadtmission H. gGmbH für wohnungslose Menschen). Eine Aufnahme in die stationäre Hilfe des W. kam nicht zustande.

Am 16. Februar 2012 meldete sich beim Jobcenter T. telefonisch eine Mitarbeiterin vom Haus M. G., einer Wohnungsloseneinrichtung in T., weil die Hilfeempfängerin in T. eine Unterkunft benötige, dort jedoch nicht aufgenommen werde (V1 Band II der Jobcenter-Akten). Die Nacht verbrachte die Hilfeempfängerin sodann in einem Hotel in T ... Am 17. Februar 2012 sprach die Hilfeempfängerin beim Jobcenter in T. vor (V3 Band II der Jobcenter-Akten), wobei sie angab, der einzige Ort, wo sie hinwolle und sie wisse, dass sie auch dort in eine Einrichtung könne, sei H.; dort sei sie bis vor kurzem gewesen und wolle wieder dorthin. Ihr wurde daraufhin ein Betrag von 38,00 EUR für ein Zugticket nach H. ausgehändigt.

Am 29. Februar 2012 stellte die Hilfeempfängerin beim Jobcenter H. einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Einen Wohnort gab sie nicht an, erklärte sich jedoch über den SKM FR, Im M. 17/2 in H. erreichbar (Erklärung vom 28. Februar 2012, Bl. 13 der Jobcenter-Akten). Angaben zu Unterkunftskosten machte sie nicht. Ausweislich eines Beratungsvermerk vom 29. Februar 2012 (V19, Band II der Jobcenter-Akten) gab sie an, in den vorangegangenen zwei Monaten zwischen H., T. und S. sehr viel unterwegs gewesen zu sein. Sie wolle nun in H. bleiben und sei auf der Suche nach einer Wohnung. Sie wolle gern ins W. aufgenommen werden. Dort werde sie erst wieder aufgenommen, wenn sie einen Personalausweis habe. Bei einer Vorsprache am 2. März 2012 gab sie ausweislich des entsprechenden Gesprächsvermerks (V23, Band II der Jobcenter-Akten) erneut an, sie wolle gern in H. bleiben und sodann auch eine Ausbildung suchen. Ferner gab sie die Antragsunterlagen zum Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab. Mit Bescheid vom 6. März 2012 (Bl. 59/67 der Jobcenter-Akten) wurden der Hilfeempfängerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 29. Februar 2012 bis 31. März 2012 in Höhe des Regelbedarfs bewilligt. Am 14. März 2012 beantragte die Hilfeempfängerin unter Angabe des Wohnortes H. die Ausstellung eines neuen Personalausweises.

Am 16. März 2012 wurde die Hilfeempfängerin im W. aufgenommen. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wurden für die Zeit vom 16. März bis 30. September 2012 in Höhe des Regelbedarfs sowie von Kosten für Unterkunft und Heizung (Bescheide vom 5. April 2012, Bl. 147/133, 155/ 159 der Jobcenter-Akten) weiterbewilligt.

Am 4. April 2012 beantragte die Hilfeempfängerin bei der Klägerin die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt sowie sonstige Hilfe gemäß § 67 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für ein Hilfeangebot im W ... Zur Begründung wurde ausgeführt, die Hilfeempfängerin habe bis zur Aufnahme im W. in ungesicherten Wohnverhältnissen gelebt, sie habe bei einem Freund übernachten dürfen. Sie habe zwei Ausbildungen abgebrochen und wolle gerne nochmals eine Ausbildung beginnen. Sie lebe ohne stabile soziale Beziehungen. Sie sei bei Pflegeeltern und in Kinderheimen aufgewachsen. Sie habe oft ihre Wohnorte gewechselt, immer auf der Suche nach einer längerfristigen Möglichkeit und einer Perspektive für ihre Zukunft. Die genannten besonderen Lebensverhältnisse seien verbunden mit sozialen Schwierigkeiten, die sich in einer unzureichenden Interaktion mit der sozialen Umwelt ausdrückten und damit zu einer Ausgrenzung aus dem Leben in der Gemeinschaft geführt hätten. Daher werde die Kostenübernahme ab dem 16. März 2012 für die Maßnahme HBG (Hilfebedarfsgruppe) 3 oder Leistungstyp 1.4 beantragt. Zu den Aufenthaltsverhältnissen erklärte die Hilfeempfängerin unter dem 4. April 2012 (Bl. 33 VA der Klägerin), in S. habe sie bei einer Bekannten übernachtet, im Ausweis sei "ohne festen Wohnsitz" vermerkt gewesen. Sie habe gehofft, dort eine Wohnung finden zu können, habe diese Pläne aber nicht verwirklichen können. Sie sei spontan nach H. gefahren, ohne feste Absichten. Die Stadt habe ihr gefallen, so dass sie beschlossen habe, zu bleiben. Sie habe sich beim SKM im FR gemeldet und eine Kontaktadresse am 7. Februar 2012 bekommen. Sie habe zwei Wochen im W. übernachtet. Am 28. Februar 2012 habe sie sich wieder im SKM für die Postadresse angemeldet und bei einem Bekannten in S. übernachten dürfen. Die Tage habe sie in H. verbracht, übernachtet habe sie in S ... Dieser Zustand sei nicht mehr aushaltbar gewesen, so dass sie am 16. März 2012 im W. um Unterstützung und Aufnahme gebeten habe.

Vom 10. April 2012 bis 24. April 2012 war die Hilfeempfängerin in der Justizvollzugsanstalt M., Anstalt H., zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe inhaftiert. Nach Einstellung der Leistungen durch das Jobcenter zum 1. Mai 2012 (Bescheid vom 17. April 2012, Bl. 173/175 der Jobcenter-Akten) beantragte die Hilfeempfängerin am 24. April 2012 erneut die Gewährung von Arbeitslosengeld II, welches mit Bescheid vom 7. Mai 2012 (Bl. 219/221 der Jobcenter-Akten) für die Zeit vom 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012 bewilligt wurde.

Bei einer ergänzenden Befragung durch die Klägerin gab die Hilfeempfängerin am 3. Mai 2012 (Bl. 43, 45 VA der Klägerin) zu ihren Aufenthaltsverhältnissen insbesondere an, sich im Anschluss an die Übernachtungen im W. vom 3. Februar 2012 bis 9. Februar 2012 in T., vom 10. Februar 2012 bis 13. Februar 2012 in D. sowie anschließend für drei Wochen in S. (Zuständigkeitsbereich des Beklagten) jeweils bei Bekannten aufgehalten zu haben. Den Bekannten in S. (D. R.) habe sie im W. kennengelernt. Sie seien in dieser Zeit in einer Beziehung gewesen. Sie habe sich vorstellen können, dort weiter zu wohnen. Seit 29. Februar 2012 habe sie auch Arbeitslosengeld II beim Jobcenter H. bezogen. Mitte März hätten sie sich allerdings zerstritten. Da sie nicht gewusst habe, wo sie sich habe hinwenden sollen, sei sie direkt von S. ins W. H. gegangen, wo sie sich für eine stationäre Resozialisierungsmaßnahme gemeldet habe.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2012 (Bl. 95/99 VA der Klägerin) teilte die Klägerin der Hilfeempfängerin mit, dass die Kosten für den stationären Aufenthalt im W. H. im Rahmen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 67 ff. SGB XII für die Zeit vom 16. März 2012 zunächst bis 31. August 2012 übernommen würden. Der Umfang der monatlichen Hilfegewährung umfasse dabei die Vergütung nach Leistungstyp III.1.4, einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von 100,98 EUR im Monat sowie eine Bekleidungspauschale in Höhe von 23,00 EUR pro Monat. Die Zuständigkeit der Stadt H. ergebe sich nach § 98 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 98 Abs. 1 SGB XII. Die Hilfe werde bis zur endgültigen Klärung der örtlichen Zuständigkeit insoweit vorläufig erbracht. Das monatliche Einkommen (Arbeitslosengeld II-Leistungen) in Höhe von 756,48 EUR sei in vollem Umfang für die in der Einrichtung entstehenden Kosten des Lebensunterhalts zu verwenden.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 (Bl. 101/103 VA der Klägerin) machte die Klägerin bei der Beklagten gemäß § 106 SGB XII Kostenerstattung für die Kosten der stationären Resozialisierungsmaßnahme für die Hilfeempfängerin ab dem 16. März 2012 geltend. Die Hilfeempfängerin sei am 16. März 2012 im stationären Wiedereingliederungsbereich des W. H. aufgenommen worden. Vor Aufnahme in die Einrichtung habe sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. (R.-N.-K.) begründet. Ab 14. Februar 2012 bis zur erneuten Aufnahme im W. sei die Hilfeempfängerin in S. wohnhaft gewesen. Sie habe bei einem Bekannten (D. R.), den sie im W. kennengelernt habe, gewohnt. Sie seien in einer Beziehung gewesen und die Hilfeempfängerin habe sich nach eigenen Aussagen vorstellen können, auch weiter dort zu wohnen. Der Verbleib in S. sei damit zukunftsoffen gewesen. Am 16. März 2012 habe die Hilfeempfängerin das W. in H. aufgesucht und dort um Aufnahme in den stationären Resozialisierungsbereich gebeten. Gemäß § 109 SGB XII gelte der Aufenthalt in einer Einrichtung nicht als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des SGB XII. Einen maßgebenden gewöhnlichen Aufenthalt habe die Hilfeempfängerin in H. somit nicht begründen können.

Mit weiterem Schreiben vom 5. Juni 2012 (Bl. 105/107 VA der Klägerin) meldete die Klägerin vorsorglich auch bei dem Beigeladenen Ziff. 1 einen Erstattungsanspruch gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII an.

Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich die Hilfeempfängerin mit Schreiben vom 15. Juni 2012 (Bl. 15 VA der Beklagten, Bl. 113 VA der Klägerin) dahingehend, dass sie ihren Lebensmittelpunkt nicht in S. habe begründen wollen. Es sei nur eine Übergangslösung gewesen, bei Herrn R. unterzukommen. Sie habe eine neue Lebensperspektive gewollt, sie habe sich von der Einrichtung aus eine Grundlage schaffen wollen, um in das Arbeitsleben einzusteigen und um später selbständig zu leben. Sie wolle auch zukünftig in H. bleiben und wohnen.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 18. Juni 2012 (Bl. 111 VA der Klägerin) unter Vorlage des Schreibens vom 15. Juni 2012 eine Kostenerstattung ab. Bei einem Gespräch mit der Hilfeempfängerin habe sich herausgestellt, dass sie bereits von D. aus Kontakt mit dem W. aufgenommen habe und habe direkt von dort aufgenommen werden wollen. Schon zu diesem Zeitpunkt habe sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in H. begründen wollen. Aus Platzgründen sei eine Aufnahme jedoch nicht möglich gewesen, sodass sich die Hilfeempfängerin nur besuchsweise bei Herrn R. aufgehalten habe, um nicht auf der Straße leben zu müssen.

Die Klägerin machte daraufhin geltend (Schreiben vom 11. Juli 2012, Bl. 115 VA der Klägerin), eine Aufnahme ins W. könne tagtäglich erfolgen. Für den Fall, dass kein Platz für eine Resozialisierungsmaßnahme frei sei, stehe auf jeden Fall ein Übernachtungsplatz zur Verfügung, weshalb die Argumentation, eine Aufnahme ins W. sei nur aufgrund der begrenzten Platzkapazität nicht zustande gekommen, nicht nachvollzogen werden könne.

Der Beklagte lehnte seine Zuständigkeit weiterhin ab (Schreiben vom 17. Juli 2012, Bl. 117 VA der Klägerin), weil sich die Hilfeempfängerin in S. nur besuchsweise aufgehalten habe und der Aufenthalt daher von vornherein befristet gewesen sei.

Mit Bescheid vom 28. August 2012 (Bl. 149/153 VA der Klägerin) verlängerte die Klägerin die Zusage zur Übernahme der Kosten für die Unterbringung im stationären Wiedereingliederungsbereich des W. bis 30. September 2012.

Der Beigeladene Ziff. 1 lehnte mit Schreiben vom 24. August 2012 (Bl. 155/157 VA der Klägerin) eine Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ab, weil im maßgebenden Zwei-Monats-Zeitraum vor der stationären Leistung ab 16. März 2012 mindestens ein maßgebender gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden gewesen sei. Die Hilfeempfängerin habe bis 18. Januar 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt. Ein fester Wohnsitz sei nicht Voraussetzung für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts. Des Weiteren habe die Hilfeempfängerin in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts genüge ein Verbleib "bis auf Weiteres". Auch nicht notwendig sei die Absicht, sich dauerhaft irgendwo aufzuhalten oder niederzulassen. Selbst wenn die Hilfeempfängerin schon in D. die Absicht gefasst haben sollte, sich stationär ins W. aufnehmen zu lassen und dies aus Platzgründen noch nicht möglich gewesen sei, habe sie in S. einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.

Die Klägerin meldete daraufhin noch bei der Stadt S. einen Kostenerstattungsanspruch nach § 106 SGB XII an, weil die Hilfeempfängerin im maßgebenden Zwei-Monats-Zeitraum vor Aufnahme ins W. bis 18. Januar 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. begründet habe (Schreiben vom 3. September 2012, Bl. 159 VA der Klägerin).

Einen wegen Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung über die einzusetzenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hinaus festgesetzten Kostenbeitrag (Bescheid vom 10. September 2012, Bl. 169/171 VA der Klägerin) hob die Klägerin wegen der geringen Höhe des erzielten Einkommens wieder auf (Bescheid vom 16. Oktober 2012, Bl. 195/197 VA der Klägerin).

Am 15. Oktober 2012 wurde die Eingliederungsmaßnahme im W. abgebrochen. Die Hilfeempfängerin war sodann wieder über den SKM FR postalisch erreichbar, bezog im weiteren Verlauf eine Wohnung in H. und erhielt weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Jobcenter H. bis Mai 2015.

Für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 15. Oktober 2012 übernahm die Klägerin weiterhin die Kosten für die Unterbringung im stationären Wiedereingliederungsbereich des W. (Bescheid vom 19. Oktober 2012, Bl. 207/211 VA der Klägerin).

Weil gemäß dem S. Ausführungsgesetz zum SGB XII für die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten der überörtliche Träger der Sozialhilfe und nicht die Stadt S. zuständig sei, meldete die Klägerin bei dem Beigeladenen Ziff. 2 mit Schreiben vom 13. März 2013 (Bl. 229 VA der Klägerin) aufgrund eines im maßgebenden Zwei-Monats-Zeitraums gewöhnlichen Aufenthalts der Hilfeempfängerin in S. einen Erstattungsanspruch gemäß § 106 SGB XII an.

Der Beigeladene Ziff. 2 lehnte den Antrag auf Kostenerstattung ab (Schreiben vom 24. April 2013, Bl. 235 VA der Klägerin), weil die Hilfeempfängerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Aufnahme im W. in S. gehabt habe, so dass nicht auf einen eventuell früher vorliegenden gewöhnlichen Aufenthalt im Saarland zurückgegriffen werden könne.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 28. Mai 2013 (Bl. 241/245 VA der Klägerin) eine Kostenerstattung weiterhin ab, weil nicht davon auszugehen sei, dass die Hilfeempfängerin durch ein zeitweiliges Übernachten in S. den Willen gehabt habe, den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen mit S. bis auf Weiteres zu verknüpfen.

Am 19. Dezember 2016 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen die bereits gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Argumente wiederholt hat. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2016 hat das SG den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg sowie das Land Saarland zum Rechtsstreit beigeladen. Der Beklagte und die Beigeladenen sind einem Kostenerstattungsanspruch weiterhin entgegengetreten.

Das SG hat am 25. Oktober 2017 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt und die Hilfeempfängerin als Zeugin befragt. Die Hilfeempfängerin gab im Wesentlichen an, sich nicht mehr erinnern zu können, wann, wo und bei wem sie gewesen sei. Sie habe immer bei verschiedenen Leuten übernachtet, dies sei einmal für eine Nacht hier, dann dort gewesen. Auf die Niederschrift Bl. 50/55 der SG-Akten wird Bezug genommen.

Nachdem eine vergleichsweise Beendigung des Rechtstreits nicht zustandegekommen ist, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2018 abgewiesen. Es sei festzustellen, dass sich die Hilfeempfängerin seit dem 18. Januar 2012, abgesehen von der Zeit vom 3. Februar 2012 bis 9. Februar 2012 (Aufenthalt in T.) und der Zeit vom 10. Februar 2012 bis 13. Februar 2012 (Aufenthalt in D.), durchgängig sowohl im Bezirk der Klägerin (tagsüber) als auch im Bezirk des Beklagten (nachts) aufgehalten habe. Das Gericht sehe den gewöhnlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin im Bezirk der Klägerin, so dass diese den Aufwand, der sich aus der Unterbringung im W. ergeben habe, endgültig selbst zu tragen habe.

Gegen den ihr am 5. März 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29. März 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Hilfeempfängerin vor der Aufnahme ins W. einen gewöhnlichen Aufenthalt in S. begründet hatte.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr die in der Zeit vom 16. März 2012 bis 15. Oktober 2012 aufgewendeten Sozialhilfeleistungen für Frau S. S., geboren am 26. Juni 1991, in Höhe von 12.386,05 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Beigeladene Ziff. 2 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene Ziff. 1 hat keinen Antrag gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Jobcenters H. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie wurde gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt.

Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Erstattung der an die Hilfeempfängerin S. S. erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 12.368,05 EUR, das sie statthaft und zulässig mit der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgt.

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen für S. S. zu.

Als Rechtsgrundlage für das klägerische Erstattungsbegehren kommt § 106 SGB XII, der eine besondere Lastenausgleichsregelung und gegenüber den §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine spezielle Regelung enthält (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 2/11 R – juris Rdnr. 12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. März 2011 – L 2 SO 1196/10 R – juris Rdnrn. 27, 30; Böttiger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 106 Rdnr. 13; Klinge in Hauck/Noftz, Werksstand 03/12 § 106 SGB XII Rdnr. 4), in Betracht. Danach hat der nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe dem nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten (§ 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Ist in den Fällen des § 98 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB XII ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln und war für die Leistungserbringung ein örtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig, sind diesem die aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört (§ 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des § 98 Abs. 2 Satzes 1 SGB XII in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach § 98 Abs. 2 Satz 1 oder 2 SGB XII begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe, d.h. derjenige, in dessen Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält, über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen (§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).

Der tatbestandliche Anwendungsbereich des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist eröffnet, weil die Klägerin an die Hilfeempfängerin vollstationäre Leistungen in Einrichtungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, nämlich der stationären Wiedereingliederungsmaßnahme für wohnungslose Menschen im W. H., für den hier streitigen Zeitraum vom 16. März 2012 bis zum 15. Oktober 2012 erbracht hat (vgl. Böttiger, a.a.O. Rdnr. 31 m.w.N.).

Die Klägerin als sachlich zuständiger Sozialhilfeträger (§§ 3 Abs. 1 und 2, 97 Abs. 1 und 2 SGB XII in Verbindung mit §§ 1, 2 SGB XII-Ausführungsgesetz Baden-Württemberg) hat nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII zu Recht an die Hilfeempfängerin vorläufig (Sozialhilfe )Leistungen der Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 ff. SGB XII) erbracht, weil diese sich in ihrem Zuständigkeitsbereich tatsächlich aufgehalten hat und nicht innerhalb von vier Wochen feststand, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt der Hilfeempfängerin nach § 98 Abs. 2 Satz 1 oder 2 SGB XII begründet worden ist oder überhaupt ein gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden bzw. zu ermitteln ist. Jedoch ist der Beklagte nicht der nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zuständige Sozialhilfeträger betreffend die an die Hilfeempfängerin erbrachten Sozialhilfeleistungen.

§ 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII weist die Erbringung von vollstationären Leistungen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 8 SO 7/14 R – juris Rdnr. 13) demjenigen Träger der Sozialhilfe als örtlich zuständigem Träger zu, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Zwei-Monats-Zeitraum vor Aufnahme in die Einrichtung ist abzustellen, wenn im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht vorhanden oder zu ermitteln ist (Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 98 Rdnr. 44; Schlette in Hauck/Noftz, 08/19, § 98 SGB XII Rdnr. 48; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 98 Rdnr. 46). Der Ort des tatsächlichen Aufenthalts, also der Ort der Einrichtung, ist grundsätzlich im Zeitpunkt der Aufnahme ohne Bedeutung (vgl. auch § 109 SGB XII). Maßgeblich ist insoweit der letzte gewöhnliche Aufenthalt vor Aufnahme in die Einrichtung. Eine Erstattungsverpflichtung des Beklagten, der – wie die Klägerin – für die Erbringung von stationären Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sachlich zuständig ist (vgl. nochmals §§ 3 Abs. 1 und 2, 97 Abs. 1 und 2 SGB XII i.V.m. §§ 1, 2 SGB XII-Ausführungsgesetz Baden-Württemberg), kommt mithin nur dann in Betracht, wenn die Hilfeempfängerin vor Aufnahme in die stationäre Eingliederungsmaßnahme des W. am 16. März 2012 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. im Rhein-Neckar-Kreis gehabt und nicht anderenorts einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hätte.

Der Senat ist der Überzeugung, dass die Hilfeempfängerin spätestens am 29. Februar 2012 einen gewöhnlichen Aufenthalt in H. und anschließend keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt, insbesondere auch nicht in S., begründet hat.

Eine Person hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Dabei ist unter "Ort" die jeweilige politische Gemeinde zu verstehen und nicht ein bestimmtes Haus oder eine bestimmte Wohnung. Der gewöhnliche Aufenthalt ist nicht identisch mit dem Wohnsitz im melderechtlichen Sinne (Schlette, a.a.O. Rdnr. 49). Für die Feststellung des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts sind die mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände des Einzelfalls festzustellen; im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung (Prognoseentscheidung) sind alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung im Zeitpunkt des Eintreffens am maßgeblichen Ort erkennbaren Umstände, nicht nur der Wille des Betroffenen, zu würdigen und als hypothetische Tatsache festzustellen, und zwar auch dann, wenn – wie hier – der gewöhnliche Aufenthalt rückblickend zu ermitteln ist (BSG, Urteil vom 24. März 2015 – B 8 SO 20/13 R – juris Rdnr. 13; Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 8 SO 19/13 R – juris Rdnr. 15; Urteil vom 10. Dezember 2013 – B 13 R 9/13 R – juris Rdnr. 27 ff.). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 13 R 36/13 R – juris Rdnr. 25). Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen; dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O. Rdnr. 25). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O. Rdnr. 25). Obdachlose können trotz Fehlens einer festen Unterkunft am Ort ihres dauernden Aufenthalts einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen, selbst wenn sie in Obdachlosenunterkünften, Notunterkünften, Wohnwagen, behelfsmäßigen Unterschlüpfen oder schlicht auf der Straße leben (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 190/11 RBSGE 111, 72 – juris Rdnr. 20 bzgl. Frauenhaus; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 28. April 2006 – 7 A 46/03 – juris Rdnr. 17; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 25. Januar 2001 – 12 B 99.512 – juris Rdnr. 36; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Mai 2000 – 12 A 10908/99 – juris; Schoch in LPK-SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 98 Rdnr. 28; Schlette, a.a.O. Rdnr. 54; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 98 Rdnr. 24). Für diesen Personenkreis gelten keine abweichenden Kriterien für die erforderliche Prognoseentscheidung (BSG, Urteil vom 24. März 2015, a.a.O. Rdnr. 17; Urteil vom 17. Dezember 2014, a.a.O. Rdnr. 17).

In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Senat der Überzeugung, dass die Hilfeempfängerin zuletzt vor dem 16. März 2012 nur einen gewöhnlichen Aufenthalt in H., nicht aber in S. begründet hat.

Die Hilfeempfängerin hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt ohne festen Wohnsitz zunächst in S., wo sie auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezog. Am 18. Januar 2012 war sie – noch ohne feste Absichten hinsichtlich ihres zukünftigen Aufenthalts – nach H. gefahren. Dort hielt sie sich zunächst für mindestens 16 Tage auf, wobei sie eine Nacht in einem Notquartier, eine Nacht bei einer Bekannten und 14 Nächte im Übernachtungsbereich des W. verbrachte. Schon dieser Aufenthalt in H. deutet darauf hin, dass die Hilfeempfängerin ihren bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt in S. aufgegeben hat und einen neuen Lebensmittelpunkt in H. begründen wollte. Offenbar hatte die Hilfeempfängerin in H. auch bereits soziale Kontakte, da sie schon zu Beginn ihres Aufenthalts eine Nacht bei einer Bekannten verbringen konnte. Dafür spricht auch ihre Äußerung bei ihrer Zeugenaussage vor dem SG, wonach sie "vielleicht" schon einige Leute in H. von früher aus dem Jahr 2006 aus einem "Heim" gekannt hat. Der tatsächliche Aufenthalt der Hilfeempfängerin in der Folgezeit bis 28. Februar 2012 ist nicht mehr feststellbar. Zwar ist in einem von der Hilfeempfängerin unterzeichneten Vermerk der Klägerin vom 3. Mai 2012 angegeben, dass sich die Hilfeempfängerin vom 3. bis 9. Februar 2012 in T. und vom 10. bis 13. Februar 2012 in D. aufgehalten habe und anschließend zu einem Bekannten nach S. gegangen sei. In der vom W. eingereichten Erklärung der Hilfeempfängerin vom 4. April 2012 ist jedoch ausgeführt, sie habe am 7. Februar 2012 beim SKM im FR in H. eine Kontaktadresse erhalten und "dann" zwei Wochen in einer Einrichtung des W. übernachtet. Am 28. Februar 2012 habe sie sich wieder beim SKM im FR für die Postadresse angemeldet und habe in S. bei einem Bekannten übernachtet, die Tage aber in H. verbracht. Dass der im Vermerk der Klägerin dargestellte Ablauf der Aufenthalte der Hilfeempfängerin nicht zutreffend sein kann, ergibt sich schon daraus, dass die Hilfeempfängerin sich am 16. und 17. Februar 2012 in T. aufgehalten hat, was durch die Kontaktvermerke des Jobcenters T. zweifelsfrei belegt ist. Aus diesen ergibt sich außerdem, dass die Hilfeempfängerin anschließend nach H. zurückkehren wollte. Dazu gab sie an, dies sei der einzige Ort, wo sie hinwolle und wisse, dass sie dort auch in eine Einrichtung könne; sie sei bis vor kurzem in H. gewesen und wolle wieder dorthin. Dies deutet auf den Willen der Hilfeempfängerin hin, sich zukünftig bis auf Weiteres in H. aufhalten zu wollen. Einen entsprechenden Willen hat sie in der Folgezeit auch bei Vorsprachen beim Jobcenter in H. geäußert. Am 29. Januar 2012 gab sie dort an, sie wolle in H. bleiben und sei dort auf der Suche nach einer Wohnung. Am 2. März 2012 gab sie erneut an, dass sie in H. bleiben und eine Ausbildung suchen wolle. Ebenso belegen die Einrichtung der Kontaktadresse beim SKM FR und die Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Jobcenter H. die Entscheidung der Hilfeempfängerin, bis auf Weiteres ihren Lebensmittelpunkt nach H. zu verlegen und sich dort zukünftig gewöhnlich aufzuhalten. Denn ein Leistungsbezug beim Jobcenter setzt voraus, dass die Hilfeempfängerin werktäglich in H. erreichbar ist, was durch die Einrichtung der Kontaktadresse sichergestellt wird. Dies setzt wiederum voraus, dass die Hilfeempfängerin sich tatsächlich täglich in H. aufhält, um ihre Post entgegennehmen zu können. Schließlich ist der Wille der Hilfeempfängerin zum zukunftsoffenen Verbleib in H. durch die Beantragung des Personalausweises, wobei H. als Wohnort angegeben wurde, am 14. März 2012 dokumentiert. Die persönlichen Kontakte der Hilfeempfängerin in H. am 28. Februar 2012 (Einrichtung der Kontaktadresse), am 29. Februar 2012 (Beantragung Arbeitslosengeld II), am 2. März 2012 (Abgabe Arbeitslosengeld II-Antragsunterlagen und Gespräch beim Jobcenter) und am 14. März 2012 (Beantragung Personalausweis) belegen einen tatsächlichen Aufenthalt in H ... Darüber hinaus hat sie in ihrer Erklärung zu den Aufenthaltsverhältnissen vom 4. April 2012 angegeben, die Tage in H. zu verbringen. Insgesamt hat die Antragstellerin danach sowohl nach ihrem wiederholt dokumentierten ausdrücklichen Willen als auch nach den objektiven Umständen (Kontaktadresse, Arbeitslosengeld II-Bezug vom Jobcenter H., Personalausweisbeantragung mit Wohnort H.) einen gewöhnlichen Aufenthalt in H. begründet.

Dem steht nicht entgegen, dass die Hilfeempfängerin nach ihren Angaben in den drei Wochen vor der Aufnahme ins W. am 16. März 2012 die Nächte in S. verbracht hat. Nach ihren Angaben am 4. April 2012 durfte sie bei "einem Bekannten" in S. übernachten. Nach ihren Angaben gegenüber dem Beklagten im Schreiben vom 15. Juni 2012 handelte es sich dabei lediglich um eine Übergangslösung, wobei sie nicht gewillt gewesen sei, ihren Lebensmittelpunkt in S. zu begründen. Bezüglich dieser Angaben ist nicht ersichtlich, dass die Hilfeempfängerin dabei einer bestimmten Motivation unterlag, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Hilfeempfängerin je nach Inhalt Vorteile aus ihren Angaben hätte ziehen können. Dagegen kann den von der Klägerin am 3. Mai 2012 festgehaltenen Angaben der Hilfeempfängerin, wonach sie schon im Anschluss an einen Besuch in D. bis 13. Februar 2012 nach S. zu einem Bekannten (D. R.) gegangen sei, den sie im W. kennengelernt und mit dem sie sich in einer Beziehung befunden habe und sich zudem habe vorstellen können, weiter dort wohnen zu können, weniger Gewicht beigemessen werden. Die Hilfeempfängerin hat in ihren sonstigen Ausführungen Herrn R. wie auch andere Personen, bei denen sie vorübergehend untergekommen war, stets nur als einen Bekannten bezeichnet, bei dem sie habe übernachten können. Auch in ihrer Zeugenaussage vor dem SG hat sie pauschal angegeben, bei verschiedenen Leuten übernachtet zu haben, "einmal für eine Nacht hier, dann dort", wobei sie nicht mehr sagen konnte, wann sie wo und bei wem gewesen ist. Auf Nachfrage konnte sich die Hilfeempfängerin zwar an Herrn R. erinnern, aber auf Vorhalt des Kammervorsitzenden des SG, nach Aktenlage bei diesem übernachtet zu haben, hat sie auch nur geäußert, "immer mal irgendwo" gewesen zu sein, "mal da, dann da ...". Da sich die Hilfeempfängerin am 16. und 17. Februar 2012 tatsächlich in T. aufgehalten hat, kann sie sich auch nicht so lange in S. (zur Übernachtung) aufgehalten haben, wie es nach ihren von der Klägerin mitgeteilten Angaben vermutet werden könnte. Auch die weiteren Umstände, insbesondere dass die Hilfeempfängerin Herrn R. im W., also in der Zeit vom 20. Januar 2012 bis 2. Februar 2012, erst kennengelernt hat, offenbar regelmäßig an verschiedenen Orten bei als Bekannten bezeichneten Personen übernachtet hat und im Schreiben vom 15. Juni 2012 angegeben hat, dass es sich nur um eine Übergangslösung gehandelt hat, sprechen gegen einen Willen der Hilfeempfängerin, zukunftsoffen in S. zu verbleiben. Vielmehr hat sie während der Zeit, in der sie in S. übernachtet hat, wie bereits dargestellt, gerade einen entgegenstehenden Willen geäußert. Es ist auch nicht belegt, dass sich das "Hab und Gut" der Hilfeempfängerin in der Wohnung des Herrn R. in S. befunden hätte. Zwar hat die Hilfeempfängerin beim Jobcenter H. am 14. Mai 2012 einen Antrag auf "Grundausstattung an Bekleidung" gestellt (Bl. 237 der Jobcenter-Akten), weil sie ihre Bekleidung noch zu einem großen Teil bei ihrem ehemaligen Freund gelagert habe, die Wohnung völlig ausgebrannt und somit ihre Bekleidung vernichtet worden sei. Dass es sich dabei um die Wohnung des Herrn R. gehandelt hat, geht aber weder aus dem Antrag noch aus sonstigen Angaben hervor. Auf Vorhalt des Kammervorsitzenden des SG, die Hilfeempfängerin habe bei der Beantragung von Erstausstattung beim Jobcenter angegeben, ihre Kleidung und anderes in S. bei Herrn R. zurückgelassen zu haben, hat sie lediglich bestätigt, dass es einmal einen Freund gegeben habe, bei dem der Dachstuhl abgebrannt sei. Diese Angabe sprechen eher dafür, dass es sich gerade nicht um die Wohnung des Herrn R. gehandelt hat, auch wenn die Hilfeempfängerin weitere Angaben zum Ort der betreffenden Wohnung nicht gemacht hat.

Schließlich findet auch § 109 SGB XII keine Anwendung. Danach gilt als gewöhnlicher Aufenthalt u.a. nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung i.S. des § 98 Abs. 2 SGB XII. Nach der Rechtsprechung des BSG gebietet der Rechtsgedanke des § 109 SGB XII eine Vorverlagerung dieses Schutzes auf einen Aufenthalt in der einer stationären Einrichtung angeschlossenen Herberge für Wohnungslose (vorliegend der Notunterkunft für Wohnungslose) nur unter der Voraussetzung, dass eine Person schon mit dem sicheren Wissen, in eine Einrichtung aufgenommen zu werden, den Ort der Einrichtung aufsucht und deshalb nur eine vorübergehende Zeit außerhalb der Einrichtung bis zur Aufnahme überbrücken muss und will (BSG, Urteil vom 24. März 2015, a.a.O. Rdnr. 15 f.; Urteil vom 17. Dezember 2014, a.a.O. Rdnr. 18). Danach ist es nicht ausreichend, wenn der Hilfebedürftige lediglich mit dem Entschluss an den Ort der Einrichtung reist, in dieser Aufnahme zu finden, ohne dass erkennbar wird, dass sich dieser Entschluss unmittelbar realisieren lässt (BSG, Urteil vom 24. März 2015, a.a.O. Rdnr. 16). Zwar hat die Hilfeempfängerin gegenüber dem Jobcenter in T. geäußert, sie wolle nach H., weil sie wisse, dass sie dort in eine Einrichtung könne. Ferner wurde vorgetragen, die Hilfeempfängerin habe bereits von D. aus Kontakt mit dem W. aufgenommen und habe direkt dort aufgenommen werden wollen. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Hilfeempfängerin H. mit dem sicheren Wissen, in den stationären Bereich des W. aufgenommen zu werden, aufgesucht hat und nur die Zeit bis zur Aufnahme überbrücken musste und wollte. Die Klägerin hat vielmehr dargelegt, dass eine Aufnahme im W. tagtäglich möglich sei und den entsprechenden Vortrag daher selbst für nicht nachvollziehbar erachtet. Zudem hat die Hilfeempfängerin in ihren Vorsprachen beim Jobcenter am 29. Februar 2012 und 2. März 2012 angegeben, in H. eine Wohnung und eine Ausbildung suchen zu wollen. Die Hilfeempfängerin hat danach ihren gewöhnlichen Aufenthalt in H. allenfalls mit dem Wunsch, möglicherweise ins W. aufgenommen werden zu können, begründet. Eine Sicherheit dahingehend, beim Eintreffen in H. tatsächlich in die stationäre Einrichtung des W. in absehbarer Zeit aufgenommen zu werden, bestand jedenfalls nicht.

Da die Hilfeempfängerin demnach zuletzt vor der Aufnahme ins W. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Klägerin selbst hatte, diese damit originär für die Leistungserbringung zuständig war, kommt auch ein Erstattungsanspruch gegen die Beigeladenen nicht in Betracht.

Die Kostenscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beteiligten sind im vorliegenden Erstattungsstreit nicht von den Gerichtskosten freigestellt (§ 197aa Abs. 3 SGG; vgl. BSG, Beschluss vom 28. Januar 2016 – B 13 SF 3/16 S – juris Rdnr. 8). Der Beigeladene Ziff. 1 hat sich am Verfahren nicht durch Antragstellung beteiligt; deshalb bestand keine Veranlassung, diesem Kosten zuzusprechen oder aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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