L 7 SO 3659/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 4244/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3659/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Ergänzung des Urteils vom 2. Oktober 2018 – L 7 SO 3196/18 – wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Ergänzung des im Verfahren L 7 SO 3196/18 am 2. Oktober 2018 erlassenen Urteils.

Der Kläger beantragte am 26. April 2017 beim Landkreis E. die Gewährung von Leistungen nach §§ 67 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Landkreis E. teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6. November 2017 mit, dass er nach Prüfung der örtlichen Zuständigkeit zu dem Ergebnis gelangt sei, dass während der Zeit der Inhaftierung des Klägers in der Justizvollzugsanstalt (JVA) O. der Beklagte für ihn der örtlich zuständige Sozialhilfeträger sei. Er habe daher den Antrag vom 26. April 2017 an den Beklagten weitergeleitet. Dort ist der weitergeleitete Antrag am 8. November 2017 eingegangen.

Am 13. November 2017 erhob der Kläger beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage u.a. gegen den Beklagten.

Das SG hat mit Beschluss vom 2. Januar 2018 von dem Rechtsstreit die Klage abgetrennt, soweit sie sich gegen die Stadt O. richtet und der Kläger beantragt, die Stadt O. zu verurteilen, die Meldung des Klägers am Haftort nach dem Bundesmeldegesetz (BMG) aufzuheben, ferner soweit sie sich gegen die Gemeinde E. richtet und der Kläger beantragt, die Gemeinde E. zu verurteilen, ihn in E. zu melden und ihm Zugang zur Mietsache zu verschaffen, hilfsweise eine Wohnung zuzuweisen. Weiter abgetrennt hat das SG die Klage, soweit der Kläger beantragt, u.a. den Beklagten zu verurteilen, ihm immateriellen Schadensersatz zu zahlen.

Mit Gerichtsbescheid vom 25. April 2018 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klage sei unzulässig. Gegen den am 30. April 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8. Mai 2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung (L 7 SO 1726/18) eingelegt.

Der Senat hat mit Beschluss vom 6. September 2018 von dem Rechtsstreit L 7 SO 1726/18 die Klage gegen den Beklagten zu 1 (Landkreis O.) abgetrennt und unter dem Aktenzeichen L 7 SO 3196/18 fortgeführt.

Mit Urteil vom 2. Oktober 2018 hat der Senat auf die Berufung des Klägers den Gerichtsbescheid des SG Freiburg vom 25. April 2018 abgeändert und den Beklagten verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 26. April 2017 zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen hat der Senat ausgeführt, Gegenstand des Verfahrens sei bei sachgerechter Auslegung jedenfalls im Berufungsverfahren und nach Abtrennung des Verfahrens durch den Senat von den gegen andere Beklagte geführten Klagen allein noch das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verurteilen, über seinen Antrag vom 26. April 2017 zu entscheiden. Dies sei dem fragmentarischen Vorbringen des Klägers zu entnehmen, der im Berufungsverfahren keinen Antrag formuliert habe. Ein Leistungsbegehren sei bei sachgerechter Auslegung nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens, weil eine Leistungsklage mangels vorheriger Verwaltungsentscheidung offensichtlich unzulässig wäre.

Gegen das dem Kläger am 5. Oktober 2018 zugestellte Urteil hat dieser am 12. Oktober 2018 Antrag auf Urteilsergänzung gestellt. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 16. Oktober 2019 (B 8 SO 19/18 BH) abgelehnt.

Zur Begründung des Antrags auf Urteilsergänzung hat der Kläger vorgetragen, er habe zu Recht Leistungsanträge gestellt bzw. verlange Zurückverweisung. Das juristische Geplänkel des Senats kenne unsere Rechtsordnung nicht, es gebe keine Bescheidungsanträge. Folge des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei ein Leistungsantrag.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Mit Verfügung vom 5. Dezember 2019, dem Kläger am 9. Dezember 2019 zugestellt, ist dieser aufgefordert worden, bis zum 15. Januar 2020 vorzutragen, über welche im Verfahren L 7 SO 3196/18 gestellten Anträge im Urteil vom 2. Oktober 2018 nicht entschieden worden sei. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 die Beiordnung einer Rechtsanwältin und Aussetzung des Verfahrens beantragt sowie weiter wörtlich vorgetragen: "Kopie der ZU und des Zustellbuchs der JVA OG wird beantragt. Der Bf. war von Jan. 15 bis Nov. 18 in der JVA O ... Dort wurden Zustellungen (Übergabe an Gefangene intern) im Zustellbuch der JVA dokumentiert, nicht auf der ZU. Der Bf. hat nie Rechtsmittel ausgelassen oder Fristen versäumt, was dem Senat hinreichend bekannt ist."

Mit Verfügung vom 7. April 2020, dem Kläger am 9. April 2020 zugestellt, sind die Beteiligten auf die Absicht, über den Antrag ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zu entscheiden, hingewiesen worden. Zugleich ist ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

II.

Der Antrag auf Urteilsergänzung ist unzulässig.

Der Senat konnte über den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Grundsätzlich hat eine Entscheidung über einen Urteilsergänzungsantrag gemäß § 140 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGG durch Urteil zu erfolgen, unabhängig davon, ob der Antrag erfolgreich ist oder nicht. Nach § 140 Abs. 3 SGG hat die mündliche Verhandlung nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand. Ausgehend von diesem Grundsatz besteht aber nach der Rechtsprechung des BSG gleichwohl die Möglichkeit, über den Urteilsergänzungsantrag durch Beschluss zu entscheiden, wenn zuvor die Berufung durch urteilsersetzenden Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen worden ist. Darüber hinaus ist das LSG an einer Entscheidung über den Urteilsergänzungsantrag im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 SGG auch dann nicht gehindert, wenn die zuvor ergangene Zurückweisung der Berufung durch Urteil ergangen ist. Hält das LSG den Urteilsergänzungsantrag für unbegründet, weil es keinen prozessualen Anspruch im Berufungsverfahren versehentlich übergangen hat und daher kein Teil des Rechtsstreits unerledigt geblieben ist, so schließt § 140 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGG die Anwendung der Entlastungsvorschrift des § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG nicht aus. Nach dieser Vorschrift kann die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurückgewiesen werden, wenn das LSG sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Dieser Rechtsgedanke kann auf einen unbegründeten Antrag auf nachträgliche Ergänzung des Berufungsurteils übertragen und daher § 153 Abs. 4 SGG entsprechend angewandt werden. Jedenfalls dann, wenn der Antrag auf Urteilsergänzung einstimmig abgelehnt wird, weil kein Klageanspruch übergangen wurde, bedarf es danach keiner mündlichen Verhandlung (vgl. BSG, Beschluss vom 23. Juni 2016 – B 3 KR 4/16 B – juris Rdnr. 10 m.w.N.).

Gleiches gilt, wenn der Antrag auf Urteilsergänzung bereits unzulässig ist. Der Antrag auf Ergänzung eines Urteils ist nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit des Übergehens eines gestellten Antrags oder der Kostenfolge schlüssig aufgezeigt wird. Ein danach offensichtlich unzulässiger Ergänzungsantrag kann durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung verworfen werden (Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 9. Juni 2011 – 3 C 14/11 – juris Rdnr. 13 zur gleichlautenden Vorschrift des § 120 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung). Der Antrag ist danach nur zulässig, wenn ein nicht erledigter Teil des Verfahrens so konkret aufgezeigt wird, dass die Möglichkeit der verlangten Ergänzung in Betracht gezogen werden kann. Die Zulässigkeit des Antrags auf Urteilsergänzung setzt voraus, dass zumindest die Möglichkeit des Übergehens eines gestellten Antrags oder der Kostenfolge schlüssig aufgezeigt wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 140 Rdnr. 3; BSG, Urteil vom 2. März 1977 – 3 RK 1/77 – juris Rdnr. 5). Der danach erforderliche Antrag muss zumindest erkennen lassen, inwieweit das vorhergehende Urteil ergänzt werden soll. Hieran fehlt es vorliegend. Im Schreiben vom 5. Oktober 2018 hat der Kläger insoweit nur vorgetragen, er stelle zu Recht Leistungsanträge bzw. verlange Zurückverweisung. Im Verfahren L 7 SO 3196/18 hat der Kläger jedoch keinen ausdrücklichen Leistungsantrag gestellt. Auch auf die ausdrückliche Aufforderung des Senats hin, mitzuteilen, über welche im Verfahren L 7 SO 3196/18 gestellten Anträge im Urteil vom 2. Oktober 2018 nicht entschieden worden sei, hat der Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 lediglich mitgeteilt, es werde "Kopie der ZU und des Zustellbuchs der JVA OG" beantragt. Hierbei handelt es sich jedenfalls nicht um im zugrundeliegenden Berufungsverfahren gestellte Anträge, über die der Senat im Urteil vom 2. Oktober 2018 versehentlich nicht entschieden hat.

Soweit der Kläger mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 weiter "Zurückweisung" geltend gemacht hat und damit wohl die Zurückverweisung an das SG beantragen wollte, handelt es sich nicht um einen übergangenen Anspruch, der das Verfahren nach § 140 SGG eröffnen könnte, sondern um einen lediglich innerprozessualen Antrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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