Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 17 R 236/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 6/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Zeit des Prüfzeitraumes vom 01.01.2009 bis 31.12.2012 aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung waren.
Die Klägerin betreibt eine Apotheke in M und beschäftigte in diesem Zusammenhang auch die Beigeladenen.
In der Zeit vom 15.05.2013 bis 10.06.2014 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Mit Bescheid vom 10.06.2014 stellte die Beklagte fest, dass die tätig gewordenen Beigeladenen in den jeweils aufgeführten Zeiträumen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hätten und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen hätten. Die Beigeladene zu 1) in den
Zeiträumen vom 23.03.2010 bis 26.03.2010, vom 06.11.2010 bis 20.11.2010, vom 17.03.2011 bis 02.04.2011, vom 27.06.2011 bis 02.07.2011, vom 31.10.2011 bis 12.11.2011, vom 22.03.2012 bis 31.03.2012. Die Beigeladene zu 2) in den Zeiträumen vom 23.11.2011 bis 24.11.2011, vom 17.03.2012 bis 21.03.2012, vom 20.04.2012 bis 21.04.2012, vom 30.04.2012 bis 30.04.2012, vom 01.06.2012 bis 02.06.2012, vom 02.07.2012 bis 07.07.2012, vom 22.08.2012 bis 31.08.2012, vom 02.11.2012 bis 05.11.2012 , vom 21.11.2012 bis 21.11.2012, vom 30.11.2012 bis 30.11.2012. Der Beigeladene zu 3) im Zeitraum vom 07.09.2011 bis 10.09.2011.
Mit diesem Bescheid forderte die Beklagte aus den getroffenen Feststellungen insgesamt 1.568,31 Euro nach und zwar Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, Umlagebeiträge nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sowie Insolvenzgeldumlage. In dieser Nachforderung waren Säumniszuschläge in Höhe von 292,00 Euro enthalten. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in den im Bescheid angegebenen Zeiträumen bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen und nicht selbständig tätig gewesen seien und somit Beiträge zu den oben genannten Zweigen der Sozialversicherung zu entrichten gehabt hätten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, dass die Vertretung durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) lediglich in der Urlaubszeit gewesen sei, was als gewichtiger Umstand für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spreche. Das Nichtvorhandensein einer eigenen Praxis oder die fehlende Beteiligung schließe eine selbständige Tätigkeit nicht aus. Auch hätten die eingesetzten Beigeladenen zu 1) bis 3) die Rechtsmacht gehabt, Personal einzustellen oder zu kündigen, die Öffnungszeiten der Apotheke zu verändern oder die Verkaufspreise zu gestalten. Im Übrigen verweist die Klägerin auf ein Urteil des BSG vom 27.05.1959 (3 RK 18/55 – BSGE 10, 41).
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurden die betroffenen Beigeladenen zum Sachverhalt befragt. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte führte aus, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, den Weisungen der Klägerin unterlegen hätten und in gewisser Weise in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert gewesen wären. Die Beklagte führt aus, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) während der Abwesenheit der Klägerin durch Urlaub oder Krankheit im Betrieb eingesetzt wurden und während der Vertretungszeit die laufenden Aufgaben eines Apothekers übernommen hätten und den Betrieb fortgeführt hätten.
Die Apothekervertreter hätten grundsätzlich während der Betriebszeiten in der Apotheke anwesend sein müssen. Auch hatten sie ausschließlich die vorhandenen Mittel in der Apotheke zu nutzen, um den Betrieb fortzuführen. Ohne die von der Klägerin bereit gestellten Mittel wären die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht in der Lage gewesen, die Vertretung durchzuführen. Die Tatsache, dass die Klägerin die Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Erwartung eingestellt habe, dass sie selbständig arbeiten konnten und sie insoweit auch freie Gestaltungsmöglichkeit hatten, spreche nicht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG könne die Abhängigkeit in Grenzfällen auch allein durch die Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet sein. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich in solchen Fällen zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess.
Auch hätten die Beigeladenen zu 1) bis 3) kein Unternehmerrisiko getragen. Sie hätten kein eigenes Kapital zur Verfügung stellen müssen. Sie erhielten einen im Vorfeld vereinbarten festen Stundenlohn für die jeweils geleisteten Dienste und erhielten ihre Vergütung unabhängig davon, ob sie viel oder wenig Umsatz gemacht haben und welche Aufwendungen sie hatten, diesen Umsatz zu erzielen. Die von der Klägerseite angeführte Rechtsprechung wird von der Beklagten nicht als einschlägig erachtet.
Die Klägerin hat am 09.03.2015 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in den streitigen Zeiträumen selbständig tätig gewesen seien. Es wird auf das umfangreiche klägerische Vorbringen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2014 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 05.02.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt zusätzlich vor, dass im vorliegenden Fall ausschließlich auf sozialversicherungsrechtliche Vorschriften des Sozialgesetzbuches sowie die Rechtsprechungen der Sozialgerichte abgestellt werden müsse, nicht jedoch auf apothekenrechtliche Vorschriften. Jeder Einzelfall sei nach sozialrechtlichen Vorschriften und deren Ausgestaltung durch Rechtsprechung der Status des Auftragnehmers zu prüfen, der Wille der Parteien sei dabei nicht maßgeblich. In jedem Einzelfall müssten die Gesamtumstände berücksichtigt werden wobei auch die Ausübung von Diensten höherer Art die Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließen könne. Leitende Angestellte mit einem sehr großen Entscheidungsspielraum seien nicht zwangsläufig als Selbständige einzustufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Erörterung am 23.08.2017 gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2015 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Zu Recht hat die Beklagte die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für ihre Tätigkeiten bei der Klägerin in den im Tatbestand genannten Zeiträumen festgestellt und demgemäß die nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zur Umlage der Arbeitgeber nebst Säumniszuschlägen zurückgefordert.
Grundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28 p Sozialgesetzbuch (SGB) IV, nach dem die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung gegenüber den Arbeitgebern Regelungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung treffen. Sie treffen in diesem Rahmen auch Regelungen zur Umlagepflicht und zur Umlagehöhe für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschaft sowie zur Insolvenzgeldumlage.
Nach den Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung; in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 SGB III.
Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Worte "nicht selbständige Arbeit" umschreiben das persönliche Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich ein Arbeitnehmer zu seinem Arbeitgeber befindet. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Weisungen können z. B. Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung betreffen.
Eine selbständige Tätigkeit dagegen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Ob die Arbeitnehmereigenschaft oder eine Selbständigkeit vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend ist, welche Merkmale überwiegen; dabei ist nicht allein auf vertragliche Vereinbarungen bzw. auf den Willen der betroffenen Parteien abzustellen, vielmehr gilt, dass die tatsächlichen Gegebenheiten immer ausschlaggebend sind. Denn häufig werden Beschäftigungen nach außen als selbständige Tätigkeit dargestellt, die in der tatsächlichen Ausgestaltung jedoch abhängige Beschäftigungen sind.
Für die jeweiligen Beschäftigungszeiten der Beigeladenen zu 1) bis 3) wurde zu Recht festgestellt, dass sie versicherungspflichtig beschäftigt worden sind.
Einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht das Gericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG ab, weil es sich der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 anschließt.
Zusätzlich weist das Gericht darauf hin, dass ein Arbeitgeber, der Personen für den Betrieb seiner Firma einsetzt, die Pflicht hat, den sozialversicherungsrechtlichen Status der betreffenden Person vorausschauend zu klären. Hinsichtlich der Frage, ob die einzusetzende Person als Selbständiger oder als Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne einzustufen ist, hat er dazu die Möglichkeit, die jeweilige gesetzliche Krankenkasse bzw. die bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ansässige Clearingstelle zu kontaktieren, um sich dort eine entsprechende Entscheidung einzuholen. Sofern der Arbeitgeber die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung selbständig ohne Hinzuziehung der zuständigen Sozialversicherungsträger vornimmt, hat
er das Risiko der billigenden Inkaufnahme einer gegebenenfalls unterbleibenden Beitragszahlung in Folge einer Fehlbeurteilung zu tragen.
Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass ein Apothekervertreter quasi als Bevollmächtigter des eigentlichen Apothekenbetreibers auftritt. Er vertritt diesen vor den Kunden, wobei er hinsichtlich seines originären pharmazeutischen Wissens und seiner darauf basierenden Entscheidung – wie jeder Arzt in seiner originären ärztlichen medizinischen Tätigkeit auch – für den Zeitraum der Vertretung frei und eigenverantwortlich ist. Dies ergibt sich auch aus den Aussagen der Beigeladenen zu 1) und 2) im nichtöffentlichen Erörterungstermin am 21.08.2017. Allerdings führt diese frei verantwortliche Tätigkeit in Bezug auf eine sichere und schnellstmögliche Versorgung mit Arzneimitteln bzw. in Bezug auf das Kombinieren mehrerer Medikamente und die Weisungsbefugnis gegenüber Angestellten nicht dazu, hier eine Selbständigkeit im Sinne der Sozialversicherung anzunehmen. Vielmehr waren die Beigeladenen zu 1) bis 3) hinsichtlich aller sonstigen Umstände, wie z. B. Öffnungszeiten, wirtschaftlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Apotheke oder der Führung des Personals den Weisungen des eigentlichen Betreibers unterlegen.
Auch haben die Beigeladenen zu 1) bis 3) kein Unternehmerrisiko getragen, denn sie waren weder an der Unterhaltung der Räumlichkeiten der Apotheke noch an den Personalkosten beteiligt. Sie waren auch nicht an die Gewinn- und Verlustrechnungen der Apotheke gekoppelt. Die Beigeladenen standen während der streitigen Zeiträume nicht auf Augenhöhe mit der Klägerin.
Die Klage war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Zeit des Prüfzeitraumes vom 01.01.2009 bis 31.12.2012 aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung waren.
Die Klägerin betreibt eine Apotheke in M und beschäftigte in diesem Zusammenhang auch die Beigeladenen.
In der Zeit vom 15.05.2013 bis 10.06.2014 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Mit Bescheid vom 10.06.2014 stellte die Beklagte fest, dass die tätig gewordenen Beigeladenen in den jeweils aufgeführten Zeiträumen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hätten und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen hätten. Die Beigeladene zu 1) in den
Zeiträumen vom 23.03.2010 bis 26.03.2010, vom 06.11.2010 bis 20.11.2010, vom 17.03.2011 bis 02.04.2011, vom 27.06.2011 bis 02.07.2011, vom 31.10.2011 bis 12.11.2011, vom 22.03.2012 bis 31.03.2012. Die Beigeladene zu 2) in den Zeiträumen vom 23.11.2011 bis 24.11.2011, vom 17.03.2012 bis 21.03.2012, vom 20.04.2012 bis 21.04.2012, vom 30.04.2012 bis 30.04.2012, vom 01.06.2012 bis 02.06.2012, vom 02.07.2012 bis 07.07.2012, vom 22.08.2012 bis 31.08.2012, vom 02.11.2012 bis 05.11.2012 , vom 21.11.2012 bis 21.11.2012, vom 30.11.2012 bis 30.11.2012. Der Beigeladene zu 3) im Zeitraum vom 07.09.2011 bis 10.09.2011.
Mit diesem Bescheid forderte die Beklagte aus den getroffenen Feststellungen insgesamt 1.568,31 Euro nach und zwar Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, Umlagebeiträge nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sowie Insolvenzgeldumlage. In dieser Nachforderung waren Säumniszuschläge in Höhe von 292,00 Euro enthalten. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in den im Bescheid angegebenen Zeiträumen bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen und nicht selbständig tätig gewesen seien und somit Beiträge zu den oben genannten Zweigen der Sozialversicherung zu entrichten gehabt hätten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, dass die Vertretung durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) lediglich in der Urlaubszeit gewesen sei, was als gewichtiger Umstand für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spreche. Das Nichtvorhandensein einer eigenen Praxis oder die fehlende Beteiligung schließe eine selbständige Tätigkeit nicht aus. Auch hätten die eingesetzten Beigeladenen zu 1) bis 3) die Rechtsmacht gehabt, Personal einzustellen oder zu kündigen, die Öffnungszeiten der Apotheke zu verändern oder die Verkaufspreise zu gestalten. Im Übrigen verweist die Klägerin auf ein Urteil des BSG vom 27.05.1959 (3 RK 18/55 – BSGE 10, 41).
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurden die betroffenen Beigeladenen zum Sachverhalt befragt. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte führte aus, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, den Weisungen der Klägerin unterlegen hätten und in gewisser Weise in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert gewesen wären. Die Beklagte führt aus, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) während der Abwesenheit der Klägerin durch Urlaub oder Krankheit im Betrieb eingesetzt wurden und während der Vertretungszeit die laufenden Aufgaben eines Apothekers übernommen hätten und den Betrieb fortgeführt hätten.
Die Apothekervertreter hätten grundsätzlich während der Betriebszeiten in der Apotheke anwesend sein müssen. Auch hatten sie ausschließlich die vorhandenen Mittel in der Apotheke zu nutzen, um den Betrieb fortzuführen. Ohne die von der Klägerin bereit gestellten Mittel wären die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht in der Lage gewesen, die Vertretung durchzuführen. Die Tatsache, dass die Klägerin die Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Erwartung eingestellt habe, dass sie selbständig arbeiten konnten und sie insoweit auch freie Gestaltungsmöglichkeit hatten, spreche nicht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG könne die Abhängigkeit in Grenzfällen auch allein durch die Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet sein. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich in solchen Fällen zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess.
Auch hätten die Beigeladenen zu 1) bis 3) kein Unternehmerrisiko getragen. Sie hätten kein eigenes Kapital zur Verfügung stellen müssen. Sie erhielten einen im Vorfeld vereinbarten festen Stundenlohn für die jeweils geleisteten Dienste und erhielten ihre Vergütung unabhängig davon, ob sie viel oder wenig Umsatz gemacht haben und welche Aufwendungen sie hatten, diesen Umsatz zu erzielen. Die von der Klägerseite angeführte Rechtsprechung wird von der Beklagten nicht als einschlägig erachtet.
Die Klägerin hat am 09.03.2015 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in den streitigen Zeiträumen selbständig tätig gewesen seien. Es wird auf das umfangreiche klägerische Vorbringen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2014 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 05.02.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt zusätzlich vor, dass im vorliegenden Fall ausschließlich auf sozialversicherungsrechtliche Vorschriften des Sozialgesetzbuches sowie die Rechtsprechungen der Sozialgerichte abgestellt werden müsse, nicht jedoch auf apothekenrechtliche Vorschriften. Jeder Einzelfall sei nach sozialrechtlichen Vorschriften und deren Ausgestaltung durch Rechtsprechung der Status des Auftragnehmers zu prüfen, der Wille der Parteien sei dabei nicht maßgeblich. In jedem Einzelfall müssten die Gesamtumstände berücksichtigt werden wobei auch die Ausübung von Diensten höherer Art die Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließen könne. Leitende Angestellte mit einem sehr großen Entscheidungsspielraum seien nicht zwangsläufig als Selbständige einzustufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Erörterung am 23.08.2017 gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2015 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Zu Recht hat die Beklagte die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für ihre Tätigkeiten bei der Klägerin in den im Tatbestand genannten Zeiträumen festgestellt und demgemäß die nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zur Umlage der Arbeitgeber nebst Säumniszuschlägen zurückgefordert.
Grundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28 p Sozialgesetzbuch (SGB) IV, nach dem die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung gegenüber den Arbeitgebern Regelungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung treffen. Sie treffen in diesem Rahmen auch Regelungen zur Umlagepflicht und zur Umlagehöhe für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschaft sowie zur Insolvenzgeldumlage.
Nach den Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung; in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 SGB III.
Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Worte "nicht selbständige Arbeit" umschreiben das persönliche Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich ein Arbeitnehmer zu seinem Arbeitgeber befindet. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Weisungen können z. B. Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung betreffen.
Eine selbständige Tätigkeit dagegen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Ob die Arbeitnehmereigenschaft oder eine Selbständigkeit vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend ist, welche Merkmale überwiegen; dabei ist nicht allein auf vertragliche Vereinbarungen bzw. auf den Willen der betroffenen Parteien abzustellen, vielmehr gilt, dass die tatsächlichen Gegebenheiten immer ausschlaggebend sind. Denn häufig werden Beschäftigungen nach außen als selbständige Tätigkeit dargestellt, die in der tatsächlichen Ausgestaltung jedoch abhängige Beschäftigungen sind.
Für die jeweiligen Beschäftigungszeiten der Beigeladenen zu 1) bis 3) wurde zu Recht festgestellt, dass sie versicherungspflichtig beschäftigt worden sind.
Einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht das Gericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG ab, weil es sich der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2014 anschließt.
Zusätzlich weist das Gericht darauf hin, dass ein Arbeitgeber, der Personen für den Betrieb seiner Firma einsetzt, die Pflicht hat, den sozialversicherungsrechtlichen Status der betreffenden Person vorausschauend zu klären. Hinsichtlich der Frage, ob die einzusetzende Person als Selbständiger oder als Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne einzustufen ist, hat er dazu die Möglichkeit, die jeweilige gesetzliche Krankenkasse bzw. die bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ansässige Clearingstelle zu kontaktieren, um sich dort eine entsprechende Entscheidung einzuholen. Sofern der Arbeitgeber die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung selbständig ohne Hinzuziehung der zuständigen Sozialversicherungsträger vornimmt, hat
er das Risiko der billigenden Inkaufnahme einer gegebenenfalls unterbleibenden Beitragszahlung in Folge einer Fehlbeurteilung zu tragen.
Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass ein Apothekervertreter quasi als Bevollmächtigter des eigentlichen Apothekenbetreibers auftritt. Er vertritt diesen vor den Kunden, wobei er hinsichtlich seines originären pharmazeutischen Wissens und seiner darauf basierenden Entscheidung – wie jeder Arzt in seiner originären ärztlichen medizinischen Tätigkeit auch – für den Zeitraum der Vertretung frei und eigenverantwortlich ist. Dies ergibt sich auch aus den Aussagen der Beigeladenen zu 1) und 2) im nichtöffentlichen Erörterungstermin am 21.08.2017. Allerdings führt diese frei verantwortliche Tätigkeit in Bezug auf eine sichere und schnellstmögliche Versorgung mit Arzneimitteln bzw. in Bezug auf das Kombinieren mehrerer Medikamente und die Weisungsbefugnis gegenüber Angestellten nicht dazu, hier eine Selbständigkeit im Sinne der Sozialversicherung anzunehmen. Vielmehr waren die Beigeladenen zu 1) bis 3) hinsichtlich aller sonstigen Umstände, wie z. B. Öffnungszeiten, wirtschaftlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Apotheke oder der Führung des Personals den Weisungen des eigentlichen Betreibers unterlegen.
Auch haben die Beigeladenen zu 1) bis 3) kein Unternehmerrisiko getragen, denn sie waren weder an der Unterhaltung der Räumlichkeiten der Apotheke noch an den Personalkosten beteiligt. Sie waren auch nicht an die Gewinn- und Verlustrechnungen der Apotheke gekoppelt. Die Beigeladenen standen während der streitigen Zeiträume nicht auf Augenhöhe mit der Klägerin.
Die Klage war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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