L 1 U 949/18

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 9 U 787/16
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 949/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
§ 109 SGG

Sozialgerichtliches Verfahren - Anhörung eines bestimmten Arztes - Übernahme der Kosten durch die Staatskasse - Zuständigkeit - gesetzlicher Richter - ergänzende Stellungnahme


1. Über die Frage der Erstattung von Gutachtenskosten nach § 109 SGG entscheidet der Senat durch alle nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Berufsrichter, sofern das Verfahren mit Urteil oder in einer mündlichen Verhandlung erledigt wurde.
2. Zuständig ist das Gericht, das das Gutachten oder die ergänzende Stellungnahme eingeholt hat. Wird im Berufungsverfahren nur eine ergänzende Stellungnahme zu einem bereits von der ersten Instanz eingeholtem Gutachten angefordert, so hat der Senat nur über die Kostenübernahme hinsichtlich dieser zu befinden.
Die Kosten der nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes erstatteten ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 27. Mai 2019 werden auf die Staatskasse übernommen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten eines nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachtens einschließlich der Kosten einer ergänzenden Stellungnahme durch die Staatskasse. Im erstinstanzlichen Verfahren S 9 U 787/16 stritten die Beteiligten darüber, ob der Kläger am 16. Juli 2015 einen Arbeitsunfall mit der Folge einer traumatisch bedingten Patellaluxation rechts erlitten hatte. Auf Antrag des Klägers wurde Prof. Dr. H. nach § 109 SGG mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens nach Einzahlung eines Vorschusses durch den Kläger beauftragt. Das Sozialgericht Meiningen hat die Klage mit Urteil vom 18. Juni 2018 abgewiesen. Im Berufungsverfahren beauftragte der Senat den Sach-verständigen Prof. Dr. H. - nach Einzahlung eines weiteren Vorschusses i. H. v. 600 Euro - am 21. Februar 2019 mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme. Der Senat gab dem Sachverständigen auf, drei Fragen zu beantworten. Am 27. Mai 2019 erstattete der Sachverständige eine ergänzende Stellungnahme zu seinem erstinstanzlich eingeholten Gutachten vom 28. Februar 2018. Er beantwortete dabei die vom Senat gestellten Fragen. Für die Abgabe der ergänzenden Stellungnahme berechnete er 509,09 Euro, die der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle als Vergütung festsetzte. Die Berufung wies der Senat durch Urteil vom 12. Dezember 2019 zurück.

Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2020 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, dass die Kosten für das eingeholte Gutachten und die ergänzende Stellungnahme zu erstatten seien, weil sie unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sachdienlich gewesen seien.

Er beantragt sinngemäß,

die Kosten für das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten einschließlich der ergänzenden Stellungnahme auf die Staatskasse zu übernehmen.

II.

Über die endgültige Tragung der Kosten eines Gutachtens nach § 109 SGG entscheidet das Gericht nach Ermessen durch Beschluss (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 109 Rn. 16). Zuständig ist das Gericht, das das Gutachten bzw. hier die ergänzende Stellungnahme eingeholt hat. Im Fall der Erledigung durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung ist dies der Senat. Einer Zuständigkeit des Berichterstatters nach § 155 Abs. 2 Satz 1 SGG steht entgegen, dass das vorbereitende Verfahren mit Beginn der abschließenden mündlichen Verhandlung beendet worden ist (vgl. Keller, a.a.O., § 155 Rn. 8). Soweit der Kläger die Erstattung der Gutachterkosten des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens beantragt, ist dieser Antrag an das Sozialgericht weiterzuleiten. Zuständig für die Entscheidung ist der Spruchkörper, der das Gutachten angefordert hat. Dies gilt auch dann, wenn es zu einem Rechtsmittelverfahren gekommen ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 109 Rn. 18). Hinsichtlich der Kosten der im Berufungsverfahren angeforderten ergänzenden Stellungnahme ist hingegen der Senat zuständig. Denn dieser hat die ergänzende Stellungnahme angefordert.

Der Antrag des Klägers ist nicht verfristet. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Antrag auf Übernahme der Gutachtenskosten auf die Staatskasse nicht an die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Fristen gebunden (vgl. Beschluss vom 26. Juli 2018 - L 1 U 1207/07, zitiert nach Juris). Anhaltspunkte für eine Verwirkung bestehen nicht.

In der Sache hat der Antrag hinsichtlich der Kosten der ergänzenden Stellungnahme Erfolg. Die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. H. hat die Sachaufklärung wesentlich gefördert. Dafür spricht bereits, dass der Senat im Rahmen der Anforderung der ergänzenden Stellungnahme drei konkrete Fragen formuliert hat. Dies bringt zum Ausdruck, dass der Senat davon ausging, dass ohne weitere Aufklärung zu diesen Punkten eine Entscheidung in der Sache nicht getroffen werden konnte. Unerheblich ist hingegen, ob die Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme zu einem Erfolg der Berufung geführt haben oder nicht.

Der Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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