L 16 R 974/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 374/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 974/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
L
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Oktober 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013verurteilt, der Klägerin die vorläufig bewilligten Kosten für die Ver-sorgung mit Hörgeräten der Marke Phonak AUDEO B30-312 XS/1811X09V0 bzw. AUDEO B30-312 XS/1811X09UY in Höhe von 2.475,20 EUR endgültig zu gewähren. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die endgültige Gewährung von zwischenzeitlich vorläufig bewilligten Kosten für von der Klägerin selbst beschaffte, festbetragsüberschreitende Hörgerä-te.

Die 1964 geborene Klägerin leidet an einer progredienten, beidseitigen Schallemp-findungsschwerhörigkeit, aufgrund derer sie etwa seit dem Jahr 2006 mit Im-Ohr-Hörgeräten versorgt war. Sie verfügt über eine Ausbildung als Damenmaßschneide-rin und war seit April 2002 im Umfang von 30 bis 35 Stunden pro Woche als Ver-käuferin in einem Modefachgeschäft in L beschäftigt. Derzeit ist sie als Erzieherin beschäftigt. Die Klägerin ist bei der Beklagten renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse gesetzlich krankenversichert. Ihre behandelnde Fachärztin für HNO-Krankheiten, Dipl. Med. N, verordnete ihr mit der Begründung, die Verstärkung durch die bisher getragenen Geräte (Firma P, Aero22) sei nicht mehr ausreichend, beidseitig eine Hörhilfe (Verordnung vom 30. August 2012). Nach einem entspre-chenden Anpassungsbericht vom 26. November 2012 erstellte ihr der von ihr auf-gesuchte Hörgeräteakustiker, die A GmbH, am 26. November 2012 einen Kosten-voranschlag für zwei Hörgeräte (rechts und links) der Marke Audéo S Smart III XS des Herstellers P zu Gesamtkosten in Höhe von 3.515,74 EUR (Kassenanteil 828,88 EUR, Eigenanteil 2.686,86 EUR, gesetzliche Zuzahlung 20 EUR).

Ihren bei der Beklagten gestellten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe vom 31. Ja-nuar 2013 wegen berufsbedingter Mehrkosten in Höhe von 2.686,86 EUR lehnte jene mit Bescheid vom 19. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 ab. Ein Hilfsmittel sei nur dann als Leistung zur Teilhabe am Arbeits-leben anzusehen, wenn es ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufs oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benö-tigt werde. Die Versorgung mit einer Hörhilfe gehöre grundsätzlich nicht zu den Leistungen der Beklagten, sondern zur Krankenbehandlung, wenn sie erforderlich sei, um eine Behinderung auszugleichen. Nur ausnahmsweise komme eine Leis-tungsgewährung in Betracht, wenn sie als spezifische berufsbedingte Hörgeräte-versorgung erforderlich sei. Im Beruf der Klägerin als Verkäuferin im Modefachge-schäft bestünden keine gegenüber anderen Berufen erhöhten Höranforderungen.

Nachdem die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Schreiben vom 19. Februar 2013 an die Beigeladene weitergeleitet hatte, lehnte jene nach Einholung des nach Ak-tenlage erstatteten sozialmedizinischen Gutachtens des MDK Berlin-Brandenburg e.V. (Dr. M) die Übernahme festbetragsübersteigender Kosten für eine Hörhilfe ab (Bescheid vom 12. März 2013). Den Widerspruch der Klägerin wies die Beigeladene nach Einholung des auch nach Aktenlage erstatteten sozialmedizinischen Gutach-tens vom 3. April 2013 (Gutachterin Dr. S) zurück mit der Begründung, eine festbe-tragsübergreifende Versorgung mit Hörgeräten sei nicht indiziert. Die Klägerin ge-höre nicht zum Personenkreis derjenigen, deren Schwerhörigkeit an Taubheit gren-ze (Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2013). Das nachfolgende Klageverfahren endete durch Vergleich (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 2. Juli 2019 – L 9 KR 42/18 –), mit dem sich die Beteiligten im Sinne eines Unterwerfungs-vergleichs verpflichteten, dem Ausgang des hiesigen Rechtsstreits Folge zu leisten.

Auf die vorliegend erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Cottbus eine der Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin, des C Modehauses, vom 10. November 2014 eingeholt. Diese ergab, dass es zwingend notwendig sei, dass die Klägerin Kundengespräche führe; eine Hörhilfe werde jedoch nicht durch den Betrieb ge-stellt. Das SG hat zudem einen Befundbericht der HNO-Ärztin Dipl.-med. N und ein Sachverständigengutachten des Hörgeräte-Akustik-Meisters E vom 21. Januar 2016 eingeholt. Der Sachverständige stellte nach Anamnese und audiologischen Mes-sungen fest, dass die Technik der bisherigen Geräte, die "schnell" ausgetauscht werden sollten, veraltet und die Klägerin auf gute Geräte, wie die gewählten, ange-wiesen sei. Mit Festbetragsgeräten sei der erforderliche Behinderungsausgleich nicht möglich; indes müsste jetzt die Versorgung mit einem Nachfolgemodell erfol-gen. Daraufhin verurteilte das SG die Beklagte, die Klägerin mit dem verfügbaren Nachfolgemodell zum Hörgeräteversorgungssystem A III, GKV Hilfsmittelverzeichnis 13.20.03.0698, zu versorgen (Urteil vom 10. Oktober 2016). Zur Begründung führte das SG an: Der Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig und verletze die Klägerin, die einen Anspruch auf Leistungen der beruflichen Rehabilitation und insofern auf Ausstattung mit digitalen Hörgeräten habe, in ihren Rechten. Die Beklagte sei zu der beantragten Leistung verpflichtet, weil ein berufsbedingter Mehraufwand aus-zugleichen sei, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen E zur Überzeu-gung der Kammer ergebe.

Die Beklagte hat am 28. November 2016 Berufung gegen das ihr am 18. November 2016 zugestellte Urteil des SG eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Beigeladene sei der zur Sachentscheidung gemäß § 14 Sozialgesetzbuch – Reha-bilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) zuständige Träger. Jene sei auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum unmittel-baren Behinderungsausgleich materiell leistungsverpflichtet.

Auf den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 7. September 2018 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nach Folgen-abwägung die hiesige Beklagte mit Beschluss vom 2. Oktober 2018 – L 33 R 646/18 ER – verpflichtet, der Klägerin "gemäß dem Kostenvoranschlag der A Deutschland GmbH vom 12. Juli 2018 einen Betrag von 2.572,20 EUR" für die Hörgeräteversorgung mit dem System P Audéo B30-312 xS vorläufig zu leisten. In Ausführung dieses Beschlusses hat die Beklagte der Klägerin den Betrag in Höhe von 2.572,20 EUR ge-leistet (vorläufiger Bescheid vom 24. Oktober 2018; Auszahlung am 12. Dezember 2018), nachdem die Beigeladene die Zahlung des in der Rechnung ausgewiese-nen Kassenanteils angesichts des Beschlusstenors abgelehnt hat.

Die Klägerin hat von der A GmbH am 16. November 2018 Hörgeräte der Marke P, System Audéo B30-312 xS erhalten (Gesamtpreis: 2.981,85 EUR (davon Kassenanteil: 1.534 EUR; Anteil der Klägerin: 1.038,20 EUR nebst gesetzlicher Zuzahlung i.H.v. 20 EUR = 1.058,20 EUR)). Die Klägerin hat der A GmbH am 20. Dezember 2018 einen Betrag i.H.v. 1.058,20 EUR überwiesen (= Anteil der Klägerin inkl. Zuzahlung). Nachdem die Klägerin der A GmbH am 25. März 2019 mitgeteilt hatte, dass sie sich wegen der Hörgeräteversorgung im Rechtsstreit mit der Krankenkasse und dem Rentenversi-cherungsträger befinde und die Krankenkasse aus diesem Grund den Festbetrag nicht zahle, haben sich die A GmbH und die Klägerin darauf geeinigt, dass die Klä-gerin den von der Krankenkasse geschuldeten Betrag übernehme, bis die Kosten-übernahme geklärt sei. Daraufhin hat die A GmbH die Rechnung über einen Betrag i.H.v. 1.058,20 EUR (Eigenanteil Klägerin) und eine weitere Rechnung über einen Be-trag i.H.v. 1.514,- EUR (Anteil der Krankenkasse nach Abzug der Rabatte und der ge-setzlichen Zuzahlung der Klägerin) storniert und der Klägerin eine neue "Privat-rechnung" vom 25. März 2019 über einen Betrag i.H.v. 2.475,20 EUR ausgestellt. Die Klägerin hat der A GmbH am 14. April 2019 einen weiteren Betrag i.H.v. 1.417,- EUR überwiesen (Gesamtbetrag 2.475,20 EUR).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie sei an ihrem Arbeits-platz vielfachen Störgeräuschen wie Kundengesprächen, Hintergrundmusik, Stra-ßenlärm usw. ausgesetzt. Telefonklingeln müsse sie auch aus weiterer Entfernung wahrnehmen können. Mit den jetzt erworbenen Hörgeräten komme sie am Arbeits-platz zurecht.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Oktober 2016 mit der Maßgabe zurückzuweisen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 20. Juni 2013 zu verurteilen, ihr die vorläufig bewilligten Kosten für die Versorgung mit Hörgeräten des Typs AUDEO B30-312 XS/1811X09V0 bzw. AUDEO B30-312 XS/1811X09UY in Höhe von 2.475,20 EUR endgültig zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Oktober 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass eine Verpflichtung der Beigeladenen auf Hörgeräteversorgung der Klägerin bestehen dürfe.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Die Klägerin sei nach den gutachterli-chen Feststellungen mit dem zuzahlungsfreien Hörsystem I 3M ausreichend im Sinne des unmittelbaren Behinderungsausgleichs versorgt; ein Anspruch auf eine Optimalversorgung bestehe nicht. Allenfalls könnten die Ansprüche der Klägerin im Rahmen der Festbetragsregelung verwirklicht werden.

Der vormals zuständige 33. Senat hat von dem Sachverständigen E eine ergänzen-de Stellungnahme vom 4. Juni 2019 angefordert, ausweislich der die Geräte des Systems Audéo B30-312 mit dem Vorläufersystem A III vergleichbar seien. Wegen des Inhalts der Stellungnahme wird auf Bl. 296 bis 289 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Im Übrigen wird auch wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen, beruflichen und audiometrischen Feststellun-gen auf den eingeholten Befundbericht der behandelnden Ärztin, den Anpas-sungsbericht vom 12. Juli 2018 und die Stellungnahme des Arbeitgebers sowie auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, die, wie die Verwaltungs-akten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten des SG Cottbus – S 18 KR 148/13/L 9 KR 42/18 – vorgelegen haben und Gegenstand der mündli-chen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht einge-legt worden (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG -); sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf endgültige Gewährung der Kosten der Hörgeräteversorgung i.H.v. 2.475,20 EUR. Zwar kann die Klägerin – anders als sie meint - ihren Anspruch nicht aus einer renten-versicherungsrechtlichen Hilfsmittelversorgung herleiten. Vielmehr leitet sich ihr Anspruch auf Hörgeräteversorgung aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversi-cherung (GKV) ab. Dennoch ist die Beklagte als im Verhältnis zur Klägerin auch für die krankenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung erstangegangene Leis-tungsträgerin zuständig (Erstattungsanspruch nach § 18 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. SGB IX i.V.m. § 14 Abs.1 SGB IX)

Streitgegenstand ist nach zwischenzeitlicher Selbstbeschaffung von festbetrags-überschreitenden Hörgeräten und entsprechender Klageumstellung (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG, vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 38/05 R - juris - Rn. 12) nunmehr ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten i.H.v. 2.475,20 EUR der von ihr erworbenen beidseitigen Hörgeräte des Herstellers P, System Audéo B30-312 xS. Gegenstand des Verfahrens ist zum einen der von der Klägerin vorliegend angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2013 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 20. Juni 2013, mit dem diese die Gewährung von Leis-tungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Hörgeräteversorgung abgelehnt hat. Verfahrensgegenstand ist ebenfalls der seitens der Beigeladenen ergangene Bescheid vom 12. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2013, mit der jene eine Kostenzusage auf den Festbetrag von seinerzeit 828,88 EUR abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung beschränkt und zugleich eine festbetrags-übergreifende Versorgung mit Hörgeräten abgelehnt hat (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris - Rn. 12). Über die entsprechende Verwal-tungsentscheidung der Beigeladenen ist – grundsätzlich ebenfalls – zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGG vo-raussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen dem Klä-ger und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt; andernfalls wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGG ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – a.a.O. Rn. 12). Indes ist der gegen die Beigeladene geführte Rechtsstreit zwischenzeitlich vor dem LSG Berlin-Brandenburg durch die Annahme des Vergleichsbeschlusses vom 2. Juli 2019 – L 9 KR 42/18 – abgeschlossen (vgl. § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG). Insofern haben sich die in jenem Rechtsstreit Beteiligten dem Ausgang des Rechtsstreits im vorliegen-den Verfahren unterworfen (zum allgemein anerkannten Begriff des Unterwer-fungsvergleichs vgl. etwa BSG, Urteil vom 12. Dezember 2019 – B 14 AS 26/18 – juris - Rn. 10) und insofern die dortige Beklagte und hiesige Beigeladene verpflich-tet, die Klägerin bei entsprechendem Ausgang des Berufungsverfahrens mit den bereits beschafften Hörgeräten Audéo B30-312 xS zu versorgen.

Die Klägerin hat nach zwischenzeitlicher Selbstbeschaffung des Hörgerätesystems A B30-312 xS der Beklagten gegenüber einen Anspruch darauf, dass diese die hierfür entstandenen Kosten in Höhe von 2.475,20 EUR endgültig bewilligt. Der die ursprünglich beantragte Sachleistung – Leistungen zur Teilhabe – ablehnende Be-scheid der Beklagten vom 19. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 20. Juni 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten. Hiergegen wendet sie sich zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) und – soweit sie Leistungen im Er-gebnis des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens L 33 R 646/18 ER bereits erhal-ten hat – mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1, § 56 SGG). Mit der Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts wird zugunsten der Kläge-rin ein Rechtsgrund für die Zahlung geschaffen; denn die einstweilige Anordnung verliert mit der endgültigen Entscheidung ihre Rechtswirkungen (ständige Rpsr. des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 12/17 R – juris - Rn. 13 m.w.N.).

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist der im Zeitpunkt der Selbst-beschaffung bzw. der letzten mündlichen Verhandlung mangels abweichender Übergangsregelung (vgl. § 241 SGB IX n.F.) bereits geltende § 18 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. SGB IX (Gesetz vom 23. Dezember 2016 [Bundesteilhabegesetz – BTHG], gültig ab 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2020, BGBl. I S. 3234), zumal bei Leistungskla-gen, auch wenn sie, wie hier, mit einer Anfechtungsklage verbunden sind, grund-sätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 3/12 R – juris - Rn. 10). Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. SGB IX sind die Kosten für die selbstbeschafften Leistung in der ent-standenen Höhe zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Leistungsberechtigten durch die Selbstbeschaffung Kosten entstanden sind, soweit diese notwendig war. Der Kos-tenerstattungsanspruch ist akzessorisch zu dem durch die Zweckerreichung erlo-schenen originären Sachleistungsanspruch, dessen Voraussetzungen mithin er-füllt sein müssen. Dies ist hier der Fall.

Zuständiger Rehabilitationsträger i.S.d. § 18 Abs. 6 Satz 1 SGB IX ist (wie nach dem vormals geltenden § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a.F.) der nach § 14 SGB IX verantwort-liche Rehabilitationsträger. Insofern bleibt der erst- bzw. zweitangegangene Träger im Verhältnis zum Versicherten aufgrund einer gesetzlich besonders geregelten sachlichen Zuständigkeit endgültig, ausschließlich und umfassend leistungspflich-tig, auch wenn er nach den geltenden Normen außerhalb des SGB IX nicht für die beanspruchte Rehabilitationsleistung zuständig ist; diese Zuständigkeit umfasst ggf. auch Erstattungsansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R – juris - Rn. 29 zu § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a.F.; insofern bestimmen sich die Erstattungsansprüche zwischen den Rehabilitationsträgern nunmehr nach § 16 Abs. 1 SGB IX n.F.). Die Beklagte ist im Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin nach dem seinerzeit geltenden § 14 Abs. 2 SGB IX a.F. zur Feststellung des Bedarfs umfassend zuständig geworden, nachdem sie den Antrag vom 31. Januar 2013 nicht innerhalb der Prüfungsfrist nach § 14 Abs. 1 SGB IX weitergeleitet hat, son-dern ausweislich ihres entsprechenden Anschreibens an die Beigeladene erst am 19. Februar 2013 (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2017 – L 9 KR 372/17 B ER – juris - Rn. 29 m.w.N.), mithin nicht innerhalb von zwei Wo-chen. Selbst wenn von einer Weiterleitung bereits am 18. Februar 2013 auszuge-hen wäre (laut Stempelaufdruck ist das auf den 19. Februar 2013 datierte Schreiben am 18. Februar 2013 abgesandt worden), wäre die Prüfungs- und Weiterleitungsfrist nicht eingehalten: Die zweiwöchige Prüfungsfrist begann hier gemäß § 26 Abs. 1 SGB - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) i.V.m. § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am Tage nach dem Eingang des Leistungs-antrages vom 31. Januar 2013 (= Donnerstag), also am Freitag, 1. Februar 2013, und endete gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 Satz 1 BGB nach zwei Wochen mit dem Ablauf desjenigen Tages, der dem Tag des fristauslösenden Er-eignisses entspricht. Mithin endete die Prüfungsfrist mit Ablauf des 14. Februar 2013, einem Donnerstag. Zwar darf der erstangegangene Rehabilitationsträger die Prüfungsfrist von zwei Wochen voll ausnutzen und hat dann immer noch die Mög-lichkeit, den Leistungsantrag fristwahrend am ersten Werktag nach dem Ende der Prüfungsfrist weiterzuleiten (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 2011 – B 3 KR 8/11 R – juris - Rn. 11). Damit hätte der Antrag jedoch spätestens am Freitag, den 15. Feb-ruar 2013, weitergeleitet werden müssen. Selbst wenn zugunsten der Beklagten von einer Weiterleitung am 18. Februar 2013 auszugehen wäre, wäre dies mithin zu spät.

Einer Zuständigkeit der Beklagten als erstangegangener Leistungsträgerin steht auch nicht ein früher gestellter Antrag der Klägerin gegenüber der Beigeladenen entgegen. Nach der Rspr. des BSG (vgl. Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 – juris - Rn. 20) ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass Versicherte wie die Klägerin, die mit einem Leistungserbringer – hier dem Hörgeräteakustiker – als Ver-tragspartner ihrer Krankenkasse in Kontakt treten, damit gleichzeitig den – erforder-lichen – Antrag nach § 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) stellen. Danach werden Leistungen in der ge-setzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförde-rung sowie in der sozialen Pflegeversicherung auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Es besteht grundsätzlich ein der Krankenkasse zurechenbarer Rechtsschein der Empfangszuständigkeit des Hörgeräteakustikers für rehabilitationsrechtliche Leistungsanträge im Sinne einer geduldeten passiven Stellvertretung (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R – a.a.O. Rn. 42). Denn weil die Kranken-kasse im von ihr initiierten Versorgungsablauf praktisch das gesamte, der ärztlichen Verordnung folgende Antrags-, Bedarfsfeststellungs-, Versorgungs- und Abrech-nungsverfahren den Hörgeräteakustikern überantwortet hat, begründet sie bei ihren Versicherten ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass es sich beim Hörgerä-teakustiker insoweit um eine zur Antragsentgegennahme zuständige Stelle handelt. Gleichwohl ist es nach der Rspr. des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zu-grunde legt, nicht ausgeschlossen, dass Hörgeräteakustiker ausnahmsweise von Versicherten, denen ein freies Wahlrecht hinsichtlich des in Anspruch genommen Rehabilitationsträgers zusteht, allein in dieser Funktion – und nicht gleichzeitig als Repräsentant des Krankenversicherungsträgers – aufgesucht werden und damit nach dem rechtlich objektivierten Willen, wie er sich aus der Gesamtheit der Um-stände erschließen lässt, Raum für eine (Erst-)Antragstellung insbesondere bei ei-nem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt (BSG, Urteil vom 30. Okto-ber 2014 – B 5 R 8/14 R – a.a.O. Rn. 43). So liegt es hier, nachdem die Klägerin nach Anpassung und Fertigung des Kostenvoranschlags vom 26. November 2012 erst mit Schriftsatz vom 28. Januar 2013 – vertreten durch ihren seinerzeitigen Ver-fahrensbevollmächtigten – den maßgeblichen Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt hat (Eingang 31. Januar 2013), ohne dass vorher oder auch nur zeitgleich eine Versorgungsanzeige seitens des Hörgeräteakustikers an die Beigeladene er-folgt wäre oder sich aus anderen Umständen ergeben würde, dass die Klägerin den entsprechenden Antrag bereits im Zuge der Hörgeräteanpassung stellen wollte. Unmittelbar bei der Beigeladenen stellte sie keinen gesonderten Antrag. Diese er-fuhr erst durch den von der Beklagten (verspätet) weitergeleiteten Antrag von dem Begehren der Klägerin.

Der mithin nur an die Beklagte gerichtete Antrag der Klägerin zielte nach der Ausle-gungsregel des § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil – (SGB I) auf eine möglichst weitgehende Sicherung ihrer sozialen Rechte i.S. einer bestmöglichen Versorgung mit Hörgeräten nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Kran-ken- und Rentenversicherung. Eine solche Auslegung schließt zugleich die Auf-spaltung des Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, also einen Antrag auf Bewilligung der Festbeträge für die Hörgeräte und einen weiteren Antrag auf Bewil-ligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung, von vornherein aus (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – a.a.O. Rn. 21). Hiernach ist die Beklagte im Außenverhältnis zur Klägerin aufgrund des einheitlichen Leistungsantrags für das Versorgungsbegeh-ren insgesamt und endgültig zuständig geworden.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Leistungsanspruch ist § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V, hier in der Fassung des Gesetzes vom 4. April 2017, BGBl. I, S. 778). Danach haben Versicher-te wie die Klägerin u.a. einen Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, die im Einzel-fall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer dro-henden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch be-steht im Hinblick auf die nach der Vorschrift vorgesehene Erforderlichkeit im Einzel-fall grundsätzlich nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschrei-tet; darüber hinausgehend darf die Krankenkasse Leistungen nicht bewilligen (vgl. § 12 Abs. 1 SGB V; BSG, Urteil vom 10. März 2011 – B 3 KR 9/10 R – juris - Rn. 29). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Be-hinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs. S. 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris - Rn. 30 ff):

Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder be-einträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weite-re Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, so-lange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetech-nischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direk-ter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinde-rungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Mögli-chen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Um-gebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerä-tetechnik (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen.

Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw. Wie-derherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Fol-gen der Behinderung benötigt werden (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des BSG zufolge, der der Senat folgt, nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und Nr. 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen ein-schließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hin-ausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Be-hinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allge-meines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rspr. des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnah-me, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinde-rungsausgleich hingegen ggf. andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Aus-gleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 18 Abs. 6 S. 1 2. Alt. SGB IX zu, weil sie einen hierfür nötigen Sachleistungsan-spruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät hat (§ 33 SGB V).

Die Klägerin, die seit dem Jahr 2000 unter einer progredienten, mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit, die nicht an Taubheit grenzt, sowie einem beidseitigen Tinnitus leidet, ist auf die beidseitige Versorgung mit Hörgeräten an-gewiesen. Bei dem beschafften Hörgerätesystem handelt es sich um Hilfsmittel im Sinne der Vorschrift, die generell dazu dienen, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Wie ausgeführt, gilt für den unmittelbaren Behinderungsausgleich das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berück-sichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 3/12 – juris - Rn. 12). Vorliegend be-schränken sich – anders als vom SG ausgeführt – die zusätzlichen Nutzungsvortei-le des von der Klägerin gewählten Hörgerätes nicht auf den beruflichen Gebrauch, wie sich zur Überzeugung des Senats aus dem sorgfältig erstellten und insgesamt nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen E vom 21. Januar 2016 ergibt (und insbesondere von der Beigeladenen nicht in Abrede gestellt wird). Vielmehr mindern die Nutzungsvorteile der gewählten Hörgeräte die Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Denn die Klägerin kann im Alltag mit dem ge-gebenen Hörverlust nur sehr eingeschränkt kommunizieren; eine normale Unter-haltung, auch mit mehreren Personen oder in geräuschvoller Umgebung ist ihr nicht möglich. Gerade dem Ausgleich dieser Einschränkung dient das von der Klä-gerin gewählte Hörsystem neben dem Nutzen und der Notwendigkeit auch im Rahmen ihre berufliche Tätigkeit. Die Voraussetzungen für eine beidohrige Hörge-räteversorgung liegen auch ausweislich der Hörgeräteanpassung vom 12. Juli 2018 vor (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung, zuletzt geändert am 20. Juli 2017 – BAnz AT 12.09.2019 B4).

Zwar besteht dem Gegenstand nach, wie die Beigeladene zuletzt eingewandt hat, für den unmittelbaren (ebenso wie für den mittelbaren) Behinderungsausgleich nur ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch ein Anspruch auf Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Ver-sorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise ge-eignet ist; andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V (eben-so § 31 Abs. 3 SGB IX a.F.) von dem Versicherten selbst zu tragen. Denn die Kran-kenkassen haben nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesent-lichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 3/12 R – a.a.O. Rn. 14). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor:

Das ursprünglich gewählte Hörgerätesystem bzw. das nunmehr beschaffte Nach-folgemodell ist vielmehr erforderlich, um die Behinderung der Klägerin auszuglei-chen; es ist somit zugleich wirtschaftlich (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 3/12 – a.a.O. Rn. 12); Anhaltspunkte für ein tatsächlich gleichwertiges, aber günstigeres bestehen nicht. Dies hat die Beigeladene auch nicht konkret vorgetra-gen. Wie bereits mit dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Be-schluss vom 2. Oktober 2018 zu Recht ausgeführt worden ist, erreichte die Klägerin ausweislich des Anpassungsberichts vom 12. Juli 2018 mit dem Hörsystem P A B30-312 xS ein Sprachverstehen von 95 %, welches nach der Einschätzung des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 21. Januar 2016 das Ziel einer Hörge-räteversorgung ist. Zwar erfüllen die im Anpassungsbericht vom 12. Juli 2018 ge-nannten Alternativgeräte, insbesondere das zuzahlungsfreie Hörsystem I 3 M, nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 4. Juni 2019 die von ihm empfohlenen Anforderungen. Indes wies die Klägerin mit dem gegenständli-chen Hörsystem nach vergleichender Anpassung mit verschiedenen Hörsystemen ein besseres Sprachverstehen bei der Messung Freifeld auf, und zwar Nutzschall 65 dB ohne Störgeräusch beim Sprachverstehen von 95 % und mit Störschall 60 dB von 70 %. Die Messung mit dem zuzahlungsfreien Gerät I 3 M ergab dagegen ohne Störschall ein Sprachverstehen von nur 85 % und mit Störschall von 65 %. Dass das schlechtere Sprachverstehen nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen durchaus eine Messtoleranz sein könne, kann der Klägerin in-des nicht entgegen gehalten werden und kann auch im Übrigen dahinstehen. Denn die Hilfsmittel-Richtlinie sieht bei der vorgenommenen Anwendung des ge-forderten und insofern maßgeblichen Freiburger Einsilbertests keine Abschläge für Messungenauigkeiten vor (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. De-zember 2019 – L 9 KR 44/17 – juris Rn. 36). Insofern hat auch der Sachverständige eingeräumt, dass das Gerät I 3 M anders als das weitere, getestete zuzahlungs-pflichtige Gerät weniger gut ausgestattet sei, und hinsichtlich der Ausstattungs-merkmale (Kanäle, Automatiken, etc.) allein das gegenständliche Gerät und das ebenfalls regelmäßig zuzahlungspflichtige Opn 3 Mini RITE 85 den möglichst voll-ständigen Behinderungsausgleich ermöglichten. Diese Einschätzung macht sich der Senat zu eigen. Denn ausweislich der Produktinformation nach dem GKV-Hilfsmittelverzeichnis verfügt das Gerät I 3 M (13.20.12.4580) dementsprechend nur über sechs Kanäle im Vergleich zu der achtkanaligen Verstärkung des A B30-4312 xS (13.20.12.3604). Letzteres ist darüber hinaus mit weiteren technischen Merkma-len ausgestattet, die die besseren Messergebnisse ebenfalls plausibel erklären können, über die das Festbetragsgerät, das etwa nur eine Rückkopplungsunterdrü-ckung und keine Rückkopplungsauslöschung und auch nicht die beim gegen-ständlichen Gerät genannte TinnitusBalance aufweist, nicht verfügt. Insofern war auch ausweislich der Gutachten des MDK vom 3. April 2013 und vom 28. Februar 2013 ausgeführt worden, dass unter Beachtung der höchstrichterlichen Forderun-gen an den Behinderungsausgleich gemäß des aktuellen technischen Versor-gungsstandards die Geräte A S SMRT III xS geeignet seien, weil die Klägerin hiermit ein verbessertes Sprachverstehen erziele. Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat nicht gedrängt, etwaigen Messungenauigkeiten im Wege einer weiteren Beweis-aufnahme von Amts wegen (vgl. § 103 SGG) weiter nachzugehen. Vielmehr wird zur vollen Überzeugung des Senats der Behinderungsausgleich bei der Klägerin mit dem gewählten Gerät besser als mit dem Festbetragsgerät erreicht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R – juris Rn. 47).

Die Kostenlast der Klägerin wurde schließlich durch die rechtswidrige Ablehnung der Sachleistung seitens der Beklagten verursacht. Dazu muss die Kostenbelas-tung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl. etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, Rn. 24). Hieran fehlt es etwa, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 S. 74 m.w.N.; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 12, Rn. 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 16, Rn. 13 m.w.N.), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr., vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O. Rn. 43 m.w.N.). Hierfür fehlt es vorliegend indes schon im Ansatz an jeglichen Anhaltspunkten.

Im Ergebnis waren der Klägerin die tatsächlich angefallenen Kosten für die beidsei-tige Hörgeräteversorgung i.H.v. 2.475,20 EUR (vgl. die "Privatrechnung" der A GmbH vom 25. März 2019) endgültig zu gewähren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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