L 16 KR 365/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 27 KR 1806/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 365/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 23.04.2020 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung ihr durch Liposuktionsbehandlungen entstandener Kosten i.H.v. 18.510,00 EUR.

Die 1996 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (Beklagte) gesetzlich krankenversicherte Klägerin beantragte mit Schreiben vom 30.04.2019 die Kostenübernahme für Liposuktionen bei bestehendem Lipödem. Ihr Gesundheitszustand habe sich physisch und psychisch innerhalb eines Jahres immens verschlechtert. Sie leide täglich unter Schmerzen, Spannungsgefühlen und Wassereinlagerungen in den Beinen. Die Arme hätten ebenfalls begonnen zu schmerzen. Die Schmerzen verursachten Konzentrationsschwierigkeiten am Arbeitsplatz. Sie sei aktuell nicht in der Lage, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Daher sei sie in psychotherapeutischer Behandlung aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode bei chronischer Schmerzstörung. Sie müsse Hormone einnehmen aufgrund einer Endometriose. Durch die Einnahme dieser Hormone würden die Symptome der Lipödemerkrankung verstärkt. Sie fügte ein fachärztliches Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. X der M Dr. I vom 15.10.2018 bei. Darin wird u.a. ausgeführt, im Jahr 2018 sei fachärztlicherseits die Diagnose eines Lipödems beider Beine und Arme (Stadium I) gestellt worden. Die stetige Verschlechterung des körperlichen Befundes habe zu einer Vorstellung in der Klinik geführt. Aus medizinischer Sicht sei eine Therapie durch Lipo-Dekompression im Bereich der Hüften, des Gesäßes, der Oberschenkel, der Knie, der Unterschenkel und der Arme indiziert. Alternative Behandlungsmaßnahmen wie lebenslange Kompressionen und manuelle Lymphdrainage wirkten nur symptomatisch und seien nicht geeignet, die Grunderkrankung zu beeinflussen und der Entstehung von Folgeerkrankungen vorzubeugen. Es werde die Kostenübernahme als Einzelfallentscheidung für ambulante Operationen beantragt. Die Rechnungstellung müsse sich bei weiterem Fehlen von Abrechnungsziffern nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) an der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) orientieren.

Mit Bescheid vom 14.05.2019 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Bei der begehrten Behandlung handle es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die bisher eine positive Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehle.

Zur Begründung ihres dagegen gerichteten Widerspruchs führte die Klägerin aus, der therapeutische Nutzen von Liposuktionen sei durchaus bekannt. Ab dem 01.01.2020 gewährten Krankenkassen Liposuktionen bei Lipödemen Stadium III. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe in einer Publikation vom 20.07.2017 vom bestehenden Potenzial der operativen Methode berichtet. Die Erkrankung nehme bei ihr einen schnellen Verlauf. Zur Begründung der medizinischen Notwendigkeit fügte sie eine amtsärztliche Bescheinigung des Gesundheitsamtes der Stadt F vom 23.05.2019 bei, wonach konservative Methoden nicht erfolgreich seien. Der Facharzt für Chirurgie Dr. E führt in einem ebenfalls vorgelegten Schreiben vom 09.05.2019 aus, die begehrte Therapie werde bei einem Lipödem Stadium II ausdrücklich empfohlen und sei auch medizinisch zielführend. Die Internistin und Angiologin Dr. S führte aus, ihres Erachtens seien die Kriterien für die Gewährung der Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion als Einzelfallentscheidung erfüllt. Medizinische Gründe sprächen für eine zeitnahe Operation.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2019 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Zur Begründung ihrer am 18.10.2019 beim Sozialgericht Köln anhängig gemachten Klage, mit der die Klägerin nach (ambulanter) Durchführung von drei Liposuktionen am 11.06.2019, 07.08.2019 und 18.10.2019 in der M Dr. I die Erstattung von insgesamt 18.510,00 EUR begehrte, hat sich die Klägerin auf einen Anspruch aus § 137c Abs. 3 SGB V berufen. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 24.04.2018 sei einfachgesetzlich falsch und begründe einen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot. Zudem erscheine die Entscheidung des Bundessozialgerichts auch rechtsfehlerhaft, weil es die alleinige Verwerfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts für formelle Bundesgesetze missachte. Die Entscheidung sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt nachvollziehbar und mithin zumindest objektiv willkürlich. Es habe den aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen des Gesetzgebers bewusst missachtet. Zudem sei die Entscheidung unter Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter zustande gekommen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich darüber hinaus auch unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens. Der ursprüngliche Antrag der Patientenvertretung, die Liposuktion zur Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen, datiere aus Mai 2014. Die in § 137c Abs. 1 Satz 6 SGB V normierte Frist von 3 Jahren, innerhalb derer ein Erprobungsverfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss abzuschließen sei, sei damit bereits im Jahre 2017 abgelaufen, ohne dass sich bis zu diesem Zeitpunkt im Verfahren Nennenswertes getan hätte. Es sei nicht ansatzweise ersichtlich, inwiefern das Verfahren nach der Antragstellung bis ins Jahr 2018 gefördert worden wäre. Es sei auch nicht ersichtlich, dass bei Straffung des Verfahrens eine fristgerechte Entscheidung nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen habe der Gesetzgeber § 137c Abs. 3 SGB V im Dezember 2019 geändert und nunmehr ausdrücklich im Wortlaut der Norm herausgestellt, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage der Versicherten gegen die gesetzlichen Krankenkassen handele. Demnach könne es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass sich der Anspruch der Klägerin aus dieser Vorschrift ergebe. In der Gesetzesbegründung sei ausdrücklich betont worden, dass die Regelung auch zuvor bereits nach dem Willen des Gesetzgebers als Anspruchsgrundlage der Versicherten zu verstehen gewesen sei

Die Klägerin hat Rechnungen der M Dr. I vom 25.06.2019, 16.08.2019 und 05.11.2019 über jeweils 5.995,00 EUR, abgerechnet nach den Vorschriften der GOÄ, sowie Rechnungen des Facharztes für Anästhesie Dr. D vom 12.06.2019 über 743,70 EUR, 07.08.2019 über 468,70 EUR und 18.10.2019 über 468,70 EUR sowie "Pro-forma"-Rechnungen der M1 GmbH an Dr. I vom 22.05.2019 über 91,04 EUR sowie vom 22.05.2019 über 74,97 EUR vorgelegt. Zudem sind die Vergütungsvereinbarungen mit der M Dr. I vom 11.06.2019 (über 5.995,00 EUR), 07.08.2019 (5.245,50 EUR) und 18.10.2019 (6.744,50 EUR) vorgelegt worden.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.04.2020, der Klägerin zugestellt am 30.04.2020, abgewiesen. Die Behandlung habe im maßgeblichen Zeitpunkt nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Es habe eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses für diese Methode gefehlt. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die im Behandlungszeitpunkt fehlende Anerkennung der Liposuktion bei Lipödem als Behandlungsmethode darauf zurückzuführen sei, dass das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Es fehlten weiterhin Belege für den hinreichenden Nutzen der Methode zur Behandlung von Lipödemen. Dies ergebe sich aus den tragenden Gründen zu dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18.01.2018 über eine Richtlinie zur Erprobung der Methode. Der Anspruch könne auch nicht aus einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung im Sinne von § 2 Abs. 1a SGB V abgeleitet werden. Ein Anspruch aus § 137c Abs. 3 SGB V scheide schon aus, weil die Behandlungen durch die Klägerin ambulant durchgeführt worden seien.

Zur Begründung ihrer Berufung vom 02.06.2020 (Pfingstdienstag), mit der die Klägerin an ihrem Begehren festhält, hat sie unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen ergänzend ausgeführt, der ursprüngliche Antrag sei nicht auf eine ambulante Behandlung bei einem Privatarzt gerichtet gewesen. Sie habe gegenüber der Beklagten auch nicht geäußert, dass sie nicht bereit wäre, die Operationen auch stationär in einem Vertragskrankenhaus durchführen zu lassen. Der Antrag habe auch diese Form der Leistungserbringung umfasst.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 23.04.2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2019 zu verurteilen, ihr die Kosten für die Durchführung einer mehrschrittigen Liposuktion zur Behandlung des Lipödems i.H.v. 18.510,00 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und macht sie sich zu eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Erklärungen vom 09.09.2020).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen, der der Entscheidung des Senats zugrundeliegt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 124 Abs. 2 SGG.

Die statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGG). Sie ist jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) statthafte Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch den (Ablehnungs-) Bescheid vom 14.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2019 (§ 95 SGG) nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Ihr steht kein Anspruch auf Erstattung von 18.510,00 EUR aufgrund dreier (ambulanter) Liposuktionsbehandlungen in der M Dr. I zu. Die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage aus § 13 Abs. 3 SGB V liegen nicht vor. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Gerichtsbescheid und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine abweichende rechtliche Beurteilung nicht. Insbesondere kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, der ihrem Erstattungsbegehren zu Grunde liegende Naturalleistungsanspruch ergebe sich aus § 137c Abs. 3 SGB V. Unabhängig davon, dass der Antrag der Klägerin entsprechend dem "fachärztlichen Gutachten" des Dr. X vom 15.10.2018 von vornherein auf ambulant durchzuführende Liposuktionen in der M Dr. I gerichtet war, wurden diese auch ambulant durchgeführt und - ausweislich der aktenkundigen Rechnungen - auch entsprechend abgerechnet. Darüber hinaus fehlt es an der Erforderlichkeit der stationären Durchführung. Dies ergibt sich nicht zuletzt ebenfalls auch aus Ausführungen des behandelnden Arztes Dr. X.

Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte (jedoch nur) Anspruch auf vollstationäre oder stationsäquivalente Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Eine vollstationäre Behandlung war vorliegend gerade nicht erforderlich.

Selbst wenn also der Antrag der Klägerin auch die Durchführung einer stationären Behandlung umfasst hätte, wäre die (sodann als umfassend zu verstehende) Leistungsablehnung durch die Beklagte nicht zu beanstanden.

Zutreffend hat das Sozialgericht einen Anspruch unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens verneint, weil ein solches nicht vorliegt. Ein Systemversagen kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann in Betracht, wenn das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R -, Rn. 18, juris m.w.N). Es liegen jedoch weder Anhaltspunkte dafür vor, dass die antragsberechtigten Stellen aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen nicht früher einen Antrag im Hinblick auf die Behandlung von Lipödem mittels Liposuktion gestellt haben, noch für eine willkürlich oder durch sachfremde Erwägungen begründete verzögerte Bewertungsverfahrensführung durch den Gemeinsamen Bundesausschusses. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich nichts Nennenswertes getan im Zeitraum März 2014 und dem Jahr 2018, ignoriert den tatsächlichen Geschehensablauf und die Komplexität des bzw. der Prüfverfahren. Auf Antrag der Patientenvertreter vom 20.03.2014 hat der Gemeinsame Bundesausschuss in nicht zu beanstandender Weise am 22.05.2014 beschlossen, ein Bewertungsverfahren nach §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V zur Liposuktion bei Lipödem einzuleiten und den Unterausschuss "Methodenbewertung" mit der Durchführung der Bewertung beauftragt. Mit Beschlüssen vom 20.07.2017 (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Liposuktion bei Lipödem; Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem) (abrufbar unter www.g-ba.de) hat er sodann auf Grundlage des § 137e SGB V die Aussetzung des Bewertungsverfahrens beschlossen, um eine Erprobungsstudie durchzuführen. Die entsprechende sektorübergreifende Erprobungsrichtlinie hat der Gemeinsame Bundesausschuss am 18.01.2018 in ebenfalls nicht zu beanstandender Weise beschlossen (vgl. auch BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 13/16 R -, Rn. 28 ff., juris). Mit zum Wirksamwerden noch durch das Bundesministerium für Gesundheit zu prüfenden und im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Beschlüssen vom 19.09.2019 hat der Gemeinsame Bundesausschluss schließlich Richtlinien zur befristeten Erforderlichkeit der Liposuktion für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung, zur Anerkennung der Liposuktion als Untersuchungs- und Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung und über Maßnahmen zur Qualitätssicherung nach § 136 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V bei Verfahren der Liposuktion bei Lipödem im Stadium III beschlossen. In den Prüfverfahren waren zahlreiche umfangreiche (insbesondere) medizinische Stellungnahmen, Gutachten, Leitlinien und Studien einzuholen und auszuwerten (vgl. die ins Einzelne gehende Darstellung der Chronologie des SG Aachen (Urteil vom 05. November 2019 - S 14 KR 297/19 -, Rn. 41 ff., juris).

Der Senat weist hinsichtlich der medizinischen Erkenntnisse beispielhaft auf das Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 06.10.2011 nebst Gutachtensaktualisierung (15.01.2015; abrufbar unter www.mds-ev.de/richtlinien-publikationen/gutachten-nutzenbewertungen.html dort Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen) hin, deren Übereinstimmung im Ergebnis mit der Beurteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses in den "Tragenden Gründen zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem vom 20.07.2017" auch das Bundessozialgericht zu Recht betont (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R -, Rn. 27, juris). Auch weiterhin kann ein Systemversagen schon deshalb nicht vorliegen, weil jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, dass (jedenfalls) vor Abschluss der Erprobung die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses gegeben sein könnten.

Auch die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V hat das Sozialgericht mit zutreffender Begründung verneint. Ein Lipödem ist weder eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung (BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris; BSG, Urteil vom 28. Mai 2019 - B 1 KR 32/18 R -, juris; vgl. zur ständigen Rechtsprechung des LSG NRW zuletzt Urteil vom 27. November 2019 - L 11 KR 830/17 -, Rn. 63, juris).

Nach alledem kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Klägerin aufgrund der Rechnungen der M Dr. I, die abweichend von den Kostenvoranschlägen den Eindruck von Pauschalhonoraren erwecken könnten, einem fälligen Anspruch nach Maßgabe der GOÄ ausgesetzt war (vgl. zu diesem Gesichtspunkt zuletzt etwa LSG NRW, Urteil vom 29. Januar 2020 - L 11 KR 465/18 -, Rn. 26, juris unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 11. Juli 2017 - B 1 KR 1/17 R - juris; Urteil vom 02. September 2014 - B 1 KR 11/13 R -, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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