S 14 R 239/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 R 239/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, 99.099,96 EUR an die Klägerin zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird endgültig auf 99.099,96 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Erstattungsforderung der Klägerin in Höhe von 99.099,96 EUR zum Ausgleich von im Wege eines Versorgungsausgleichs begründeten Rentenanwartschaften. Die Erstattung ihrer Aufwendungen verfolgt die Deutsche Rentenversicherung Bund als Klägerin dabei im Wege des § 225 Abs. 1 Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Hintergrund der Klage ist die unter Einschluss eines Versorgungsausgleichs von der Beklagten an die Versicherte Frau H. M., geb. 00.00.1931, verst. 00.00.2016,. gewähr-te Altersrente. Frau M. war nach Aktenlage vom 13.06.1953 bis zum 31.01.2000 mit dem ebenfalls verstorbenen Herrn O. M., geb. 00.00.1923, verheiratet gewesen. Herr M. war nach deren eigenen Angaben bei der beklagten diakonischen Einrichtung als Verwaltungsleiter beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit hatte er u.a. Ansprüche auf eine dort gesondert außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI öffentlich-rechtlich ausgestaltete eigenständige Altersversorgung. Über das Dienstverhältnis des Herrn M. zur Beklagten existieren ebenfalls nach deren ei-genen Angaben keine Personalakten bzw. schriftlichen Unterlagen mehr.

Durch Scheidungsurteil des Amtsgerichts- Familiengericht- Münster vom 31.10.2000 – 00 F 009/00- , waren der Klägerin Versorgungsanwartschaften in Höhe von monatlich 942,43 DM bezogen auf die Versorgung des O.M. bei der Beklagten übertragen wor-den. Die Beklagte hatte zuvor, wie die familiengerichtliche Entscheidung belegt, dort eine Ehezeitauskunft erteilt. Auf Rechtsmittel von Frau M. gegen das Scheidungsur-teil wurden ihr dann durch Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 27.04.2001 - 00 UF 000/00 Anwartschaften aus den Versorgungsansprüchen des O.M. beim D. N. in deutlich höherem Umfang übertragen. Die Beklagte war im Verfah-ren über den Versorgungsausgleich durchgängig eingebunden. Auch im OLG-Beschluss vom 27.04.2001 - 00 UF 000/00 wird sie als Beteiligte zu 1 aufgeführt. Für Frau M. wurden nun durch das OLG Hamm Anrechte in Höhe von 1.129,48 DM (577,49 EUR) monatlich - bezogen auf das Ehezeitende am 31.01.2000 - im Rahmen des analogen Quasi-Splittings nach §1 Abs. 3 Versorgungsausgleichs-Härteregelungs-Gesetz (VAHRG) in der Fassung bis zum 31.08.2009 auf ihrem Versi-cherungskonto bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) begründet und die Umrechnung in Entgelt-punkte angeordnet. In seiner Beschlussbegründung führte der erkennende Famili-ensenat beim OLG Hamm u.a. aus, dass es sich bei dem D. um einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger handele, der die Realteilung nicht zulasse, so dass der Ausgleich entsprechend dem damaligen § 1 Abs. 3 VAHRG in Verbindung mit § 1587b Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), jeweils in der Fassung bis zum 31.08.2009, durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversiche-rung zu erfolgen habe. Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird Bezug genommen auf das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Münster und den Beschluss des OLG Hamm, der seit dem 06.06.2001 rechtskräftig ist. Zu Gunsten der Rentenberech-tigten Frau M. hat die Klägerin diese Entscheidung des OLG Hamm sodann im Neu-berechnungsbescheid zur Regelaltersrente vom 06.08.2001 umgesetzt. Der Anlage 6 (persönliche Entgeltpunkte) dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass die Renten-leistung durch den Zuschlag aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich im Um-fang von 23,3895 Entgeltpunkte verbessert wurde. Der monatliche Zahlbetrag der Al-tersrente an Frau M. ab 01.07.2001 betrug 1.788,314 DM.

Nachdem die Ausgleichsberechtigte Frau M. am 00.00.2016 verstorben war, machte die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 23.11.2017 und erneut am 13.04.2018 schriftlich gegenüber der Beklagten ihre Erstattungsforderung nach § 225 Abs. 1 SGB VI aufgrund der durch Versorgungsausgleich begründeten Rentenanwartschaft für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.01.2016 geltend. Die Forderung belief sich auf 116.770,79 Euro. Mit Schreiben vom 18.01.2018, 11.05.2018 und 10.12.2018 lehnte die Beklagte die Erstattung der für Zeiten bis zum 31.12.2013 angeforderten Beträge unter Berufung auf die Einrede der Verjährung ab und führte dazu u.a. aus: Sie sei eine gemeinnützige diakonische Einrichtung und finanziere sich durch Beiträge u.a. der älteren Bewohner der von ihr betriebenen Alten- und Pflegeeinrichtungen. Es käme eine hälftige Erstattung in Frage. Laut Schreiben der Beklagten vom 10.12.2018 sah sie im Übrigen die für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2016 ebenfalls am 23.11.2017 geltend gemachten Erstattungs-Teilforderung in Höhe von 17.670,83 EUR nicht als verjährt an. Sie hat diese Summe unstreitig vorprozessual beglichen. Ab-schließend hielt die Beklagte sämtlichen weitergehenden Erstattungsansprüche die Einrede der Verjährung entgegen bzw. bzw. wandte gegen diese Verwirkung ein.

Die Klägerin hat sodann am 05.04.2019 bei dem Sozialgericht (SG) Münster Zah-lungsklage auf Erstattung von 99.099,96 EUR erhoben. Sie trägt vor, sie sei als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an rechtskräftige familiengerichtliche Ent-scheidungen gebunden (Bundessozialgericht -BSG – Urt. v. 10.06.2013 - B 13 R 1/13 BH = FamRZ2013, 1578). Daher habe sie in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.01.2016 Leistungen aufgrund familiengerichtlicher Entscheidung des OLG Hamm vom 27.04.2001 begründete Anrechte aus dem Versorgungsausgleich an Frau H.M. erbracht. Ihre Aufwendungen aufgrund der begründeten Rentenanwartschaften für die Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 seien durch die Beklagte als den zustän-digen Träger der Versorgungslast noch zu erstatten (§ 225 Abs. 1 SGB VI). Ihre Forderung in Höhe von 99.099,96 EUR bezifferte die Beklagte wie folgt Jahr 2001 3.794,87 EUR (7.422,14 DM) Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2002 7.666,71 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2003 7.781,68 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2004 7.796,35 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2005 7.788,56 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2006 7.788,56 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2007 7.808,22 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2008 7.868,56 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2009 7.999,05 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2010 8.088,85 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2011 8.126,76 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2012 8.248,90 EUR Anforderung vom 23.11.2017 • Jahr 2013 8.342,89 EUR Anforderung vom 23.11.2017

Zur Begründung des Erstattungsbegehrens bezieht sich die Klägerin maßgeblich auf das Urteil des Landessozialgerichts – LSG - Berlin Brandenburg vom 26.02.2020 - L 16 R 670/19, juris, dass sie auch nochmals im Verhandlungstermin im Volltext überreich-te. Sie erachtet danach die Erstattungsforderung nicht als verjährt und führt im Ein-zelnen aus: "Die in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 entstandenen Auf-wendungen aufgrund der durch die familiengerichtliche Entscheidung begründeten Rentenanwartschaften wurden seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund erst-malig mit Schreiben vom 23.11.2017 geltend gemacht. Verjährung für die in Rede ste-henden Erstattungsforderungen war insoweit nach § 2 VAErstV noch nicht eingetreten. Gemäß § 2 Abs. 1 VAErstV soll der Träger der Rentenversicherung die zu erstattenden Aufwendungen innerhalb von vier Kalendermonaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, feststellen und vom zuständigen Träger der Versor-gungslast anfordern. Fällig wird der Erstattungsanspruch sechs Monate nach Eingang der Anforderung beim zuständigen Träger der Versorgungslast (§ 2 Abs. 3 VAErstV). Nach § 2 Abs. 4 VAErstV verjährt der Erstattungsanspruch des Rentenversicherungs-trägers in vier Jahren nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem er fällig geworden ist. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 VAErstV handelt es sich insoweit um eine "Soll-vorschrift", aus der sich im Hinblick auf die Verjährung eines Erstattungsanspruchs kei-ne Rechtsfolgen ableiten lassen. In § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV wird nicht an die "Mög-lichkeit" der Anforderung des Erstattungsbetrages angeknüpft, sondern an die konkrete Anforderung und den daraus resultierenden Zeitpunkt der Fälligkeit. Die Fälligkeit tritt dann sechs Monate nach Eingang der Erstattungsanforderung beim zuständigen Ver-sorgungsträger ein (§ 2 Abs. 3 VAErstV). Die Ansicht der Deutschen Rentenversiche-rung Bund wird vom LSG Berlin- Brandenburg Urt. v. 17.02.2015 - L 4 R 819/12 NZB, juris, und vom 08.12.2015 -: L 12 R 53/13 geteilt. Da die Erstattungsforderung mit Schreiben vom 23.11.2017 für die Aufwendungen vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2013 geltend gemacht wurde, trat die Fälligkeit erst im Mai 2018 ein. Die vierjährige Verjäh-rungsfrist des § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV kann daher im Zeitpunkt der Erstattungsanfor-derung noch nicht abgelaufen gewesen sein."

Die anderslautende Ansicht der Beklagten überzeugten die Klägerin nicht. Sie trat dem mit weiteren Schriftsatz vom 23.07.2019 wie folgt entgegen: "Soweit die Beklagte meint, die Soll-Vorschrift in § 2 Abs. 1 VAErstV wäre ohne jegliche Bedeutung und. die Klägerin würde hierdurch jenseits Verjährungsfristen Forderungen in beliebiger Höhe geltend machen, ist dies so pauschal nicht zutreffend. Denn die Klägerin ist als Organ der Exekutive an Recht und Gesetz gebunden und hält die Erstattungsanforderungsfrist des §2 Abs. 1 VAErstV regelmäßig ein. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen erfolgt die Erstattungsanforderung abweichend von § 2 Abs. 1 VAErstV. Aus Sicht der Kläge-rin hat sich der Verordnungsgeber aber bewusst dafür entschieden, den zeitlichen Rahmen in §2 Abs. 1 VAErstV als Soll-Vorschrift zu formulieren und die Fälligkeit un-eingeschränkt vom Eingang der Erstattungsforderung beim Träger der Versorgungslast abhängig zu machen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verordnungsbe-gründung oder der einschlägigen Literatur. Es ist insofern davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber mit. der Ausgestaltung der Verjährungsvorschrift auch die Durch-setzung von Erstattungsforderungen, die beispielsweise auf einer rückwirkenden Leis-tungsfeststellung beruhen, ermöglichen wollte. Diese könnten nämlich im Zeitpunkt der Anforderung mitunter bereits verjährt sein. Ein entsprechender Wille des Verordnungs-gebers, bestimmte Erstattungsforderungen - also beispielsweise solche, die auf einer rückwirkenden Leistungsfeststellung beruhen - von der Durchsetzung auszunehmen, ist jedenfalls nicht erkennbar. Der Verordnungsgeber sah also offensichtlich keinen hin-reichenden sachlichen Grund, Erstattungsansprüche, die ausnahmsweise nicht im normierten Zeitrahmen nach § 2 Abs. 1 VAErstV angefordert würden, von der ein-deutigen Verjährungsregelung des § 2 Abs. 4 VAErstV auszunehmen. Aus diesem Grund ist eine Sanktionierung bei einer im Einzelfall verspätet geltend gemachten Er-stattungsforderung gesetzlich nicht vorgesehen. Ebenso wenig ergibt sich aus den Ge-setzesmaterialien, dass eine etwaige Sanktionierung angedacht war. Die eindeutige Verjährungsregelung in der VAErstV führt demgemäß auch bei im Einzelfall verspäte-ter Erstattungsanforderung zu keiner Sanktionierung oder Verjährung des Erstattungs-anspruchs (siehe Bachmann in Hauck-Noftz, SGB VI § 225 Rn 15). Gegen das Prinzip der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit verstößt §2 Abs. 4 S. 1 VAErstV nicht, da an die eindeutige Fälligkeitsregelung des § 2 Abs. 3 VAErstV angeknüpft wird."

Zudem hält die Klägerin die Erstattungsforderung auch in Ansehung des hilfsweisen Vorbringens der Beklagten zur Verwirkung weiterhin für durchsetzbar:" Die Verwir-kung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aner-kannt und bedeutet als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhal-tens, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist. Zusätzlich setzt die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung jedoch zwingend voraus, dass weitere be-sondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsver-halten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen wer-de (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in sei-nen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entste-hen würde (BSG SozR 2200 § 1399 Nr. 11; BVerwGE 44, 339, 343 f m.w.N.). Der ande-re Beteiligte muss insoweit Anlass zur Annahme gehabt haben, dass der Berechtigte von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen werde (BSG SozR 3900 § 47 Nr. 3). Ein bloßes "Nichtstun" reicht als Verwirkungsverhalten regelmäßig nicht aus. Vielmehr muss darüber hinaus ein konkretes Verhalten des Gläubigers hinzukommen, welches beim Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht be-stehe oder nicht geltend gemacht werde (BSG SozR 2200 § 1399 Nr. 11). Vorliegend hat die Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Erstattungsforderungen zu keinem Zeitpunkt durch aktives Handeln den Eindruck erweckt, auf diese verzichten zu wollen. Zwar hat es die Klägerin längere Zeit unterlassen, die Erstattungsförderungen seit dem 01.07.2001 geltend zu machen. Der Zeitablauf allein stellt jedoch ein Verwirkungsver-halten noch nicht dar. Denn die Verwirkung unterscheidet sich von der Verjährung dadurch, dass der bloße Zeitablauf nicht genügt, um die Ausübung des Rechts als un-zulässig anzusehen. Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen ausnahmsweise allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (BSG vom 13.11.2012, AZ.: B 1 KR 24/11, BSGE 112, 141). Anzumerken ist diesbezüglich, dass die durch das BSG entwickelte Definition für die Verwirkung von Ansprüchen auf das sozialrechtstypische Verhältnis zwischen = Leistungsträger und Leistungsempfänger zugeschnitten ist und nur in Ausnahmefällen auf das Verhältnis zwischen Leistungsträ-gern untereinander passt (LSG Berlin-Brandenburg vom 26.06.2014, AZ.: L 3 U 175/12, juris, Rn 12). Die Verwirkung eines Erstattungsanspruchs kommt demnach nur bei ei-nem außergewöhnlich schwerwiegenden Fehlverhalten des Leistungsträgers, der die Erstattung verlangt, in Betracht (BSG vom 01:04.1993, AZ.: 1 RK 16/92, juris, Rn 23 ff.).Ein solcher Fall ist vorliegend durch die unterlassene zeitnahe Anforderung jedoch nicht gegeben. Selbst wenn es die Klägerin unterlassen hat, die Erstattungsforderung entsprechend dem in § 2 Abs. 1 VAErstV normierten Zeitrahmen geltend zu machen, stellt dies weder ein Verwirkungsverhalten dar, noch kann das "bloße Nichtstun" der Klägerin als bewusst und planmäßig erachtet werden (in diesem Sinne BSG vom 01.07.2010. hZ. B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5 Rn 34). Auf die zutreffenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom.08.12.2015 (AZ: L 12 R 53/13) wird im Übrigen verwiesen. Der Hinweis der Beklagten, sie habe nichts von der Scheidung und dem Versorgungsausgleich! Zu Lasten der bei ihr bestehenden An-rechte des Ausgleichspflichtigen, Herrn O. M., gewusst, verfängt in diesem Zusam-menhang ebenfalls nicht. So hat die Beklagte im Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens eine entsprechende Ehezeitauskunft erteilt, wie die Entscheidungsgründe im Urteil des Amtsgerichts Münster - Familiengericht - vom 31.10,2000 (AZ: 00 F 00 F/00) belegen. Im Übrigen ist die Beklagte in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.04.2001 (AZ: 00 UF 000/00) als Beteiligte zu 1 aufgeführt. Sollte der Beklagten die Entscheidung dennoch nicht bekannt gegeben worden sein, so kann sich das hinsichtlich der Erstattungsforderung nicht zulasten der Klägerin auswirken."

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 99.099,96 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der streitigen Erstattungsforderung vollumfänglich folgendermaßen entgegen: " Ob die Klägerin tatsächlich in der Zeit vom 01.07.2001 bis zum 31.01.2016 Leistungen aus dem durch die familiengerichtliche Entscheidung vom 27.04.2019 be-gründeten Anrecht an die frühere Ehefrau erbracht hat, entzieht sich der Kenntnis der Beklagten. Entsprechende Belege durch die Klägerseite sind insoweit nicht erbracht worden. Erstmals mit Schreiben vom 23.11.2017 forderte die Klägerin die Erstattung der Beträge für den oben genannten Zeitraum von der Beklagten. Die Beklagte beglich Erstattungsforderungen der Klägerin i.H.v. 17.670,83 EUR, die für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2016 geltend gemacht wurden. Eine darüber hinausgehende Zahlung lehnte die Beklagte ab. Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von weiteren 99.099,96 EUR. Ausdrücklich machen wir im Namen der Beklagten die Einrede der Verjährung geltend. Die Klägerin ist der Auffassung, die Erstattungsforderung sei nicht verjährt. § 2 Abs. 1 VAErstV sei eine sogenannte "Soll-vorschrift", aus der sich im Hinblick auf die Verjährung eines Erstattungsanspruchs kei-ne Rechtsfolgen ableiten lassen. In § 2 Abs. 4 S. 1 VAErstV werde nicht an die Mög-lichkeit der Anforderung des Erstattungsbetrages angeknüpft, sondern an die konkrete Anforderung und den daraus resultierenden Zeitpunkt der Fälligkeit. Die Fälligkeit trete dann 6 Monate nach Eingang der Erstattungsforderung zuständigen Versorgungsträger ein. Die Klägerin meint, dass die Fälligkeit erst im Mai 2018 eingetreten sei, da die Er-stattungsforderung mit Schreiben vom 23.11.2017 für die Aufwendungen vom 01.07.2001 bis zum 31 12. 2013 geltend gemacht worden sei. Insoweit könne die 4-jährige Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Erstattungsanforderung noch nicht abgelaufen gewesen sein. Den Ausführungen der Klägerin kann aber nicht gefolgt werden. Würde man den dortigen Ausführungen folgen, so hätte es die Klägerin als Gläubigerin in die-sen Fällen in der Hand, die Verjährung ganz nach ihrem Belieben in Gang zu setzen. Das Wort "sollen" in § 2 Abs. 1 VAErstV wäre sodann ohne jegliche Bedeutung. Das Ingangsetzen der Verjährungsfrist, ein nicht unwesentliches Merkmal der Rechtsstaat-lichkeit, läge dann allein in der Hand der Gläubigerin. Jenseits aller gesetzlichen Ver-jährungsfristen könnten Forderungen in beliebiger Höhe noch geltend gemacht wer-den, weil zuvor eine Erstattungsforderung noch nicht geltend gemacht worden ist. Wür-de man dieser Auslegung folgen, so könnte der Schuldner noch nach Jahr und Tag mit einer Forderung in beliebiger Höhe konfrontiert werden. Auch aus dem seitens der Klä-gerin zitierten Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 08.12.2015 ergibt sich, dass § 2 Abs. 1 VAErstV nicht in diesem Sinne ausgelegt werden darf. Hier heißt es, eine Soll-vorschrift räume der Behörde im Regelfall kein Ermessen ein, sondern ermögliche nur ausnahmsweise in atypischen, besonders gelagerten Fällen ein Abweichen von der Vorschrift. In diesen Fällen sei dann außerdem Ermessen auszuüben. Weshalb es sich vorliegend um einen atypischen, besonders gelagerten Fall handeln soll, erschließt sich in keiner Weise. Außerdem hat die Klägerin bisher keinerlei Ermessen ausgeübt. Im Ergebnis war die Klägerin verpflichtet, entsprechend § 2 Abs. 1 VAErstV, die zu er-stattenden Aufwendungen innerhalb von 4 Kalendermonaten nach Ablauf des Kalen-derjahres, in dem sie fällig geworden sind, festzustellen und vom zuständigen Träger der Versorgungslast anzufordern. Die erstmalige Anforderung erfolgte - unstreitig - mit Schreiben vom 23.11.2017. Unter Berücksichtigung der 4-jährigen Verjährungsfrist sind sämtliche Ansprüche auf Erstattung von Zahlungen, die bis zum 31.12.2013 er-folgt sind, verjährt." Ergänzend rügt die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.08.2020 die Unwirksamkeit der herangezogenen Rechtsverordnung wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsgebot sowie das Demokratieprinzip:" Die Verordnung verstößt gegen den Gesetzesvorbehalt. Der Gesetzesvorbehalt ist Kennzeichen des Rechtsstaatsprinzips und besagt, dass we-sentliche Regelungen ein Tätigwerden des Gesetzgebers bedürfen. Das Demokratie-prinzip besagt, dass Gesetze hinreichend bestimmt sein müssen. Ermächtigt der Ge-setzgeber die Verwaltung zum Erlass von Rechtsverordnungen, so darf er die wesentli-chen Entscheidungen nicht an die Verwaltung delegieren. Nach Art. 80 Abs. 1 GG kön-nen die Bundesregierung, ein Bundesminister oder Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. In § 226 SGB VI wird die Bun-desregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Berechnung und die Durchführung der Erstattung von Aufwen-dungen durch den Träger der Versorgungslast zu bestimmen. Es mag sein, dass unter die Durchführung der Erstattung auch die Regelung der Fälligkeit und der Verjährung fallen. Die Ermächtigungsgrundlage ist jedoch nicht hinreichend bestimmt dahinge-hend, dass das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Verordnung geradezu abge-schafft werden kann. Im SGB ist die Verjährung als Grundsatz in § 45 I geregelt. Dieser gilt grundsätzlich für das gesamte Sozialrecht. Weitere spezielle Verjährungsnormen sind in § 27 SGB IV, § 50 SGB X und § 113 SGB X enthalten. In all diesen Normen gilt grundsätzlich, dass Ansprüche nach vier Jahren ab Entstehung des Anspruches ver-jähren. Bei § 50 SGB X wird dabei an die Bestandskraft des Verwaltungsaktes ge-knüpft, bei § 113 SGB X an die Kenntnis der Erstattungspflicht, bei § 27 SGB IV wird an die Zahlung der Beiträge geknüpft, in § 45 wird generell an die Entstehung des Anspru-ches angeknüpft. § 2 VAErstV hingegen knüpft statt an die Entstehung des Anspruches an dessen Fälligkeit an und bestimmt zudem in Absatz 3 den Eintritt der Fälligkeit. Die Fälligkeit soll erst durch Geltendmachung des Anspruches entstehen. Damit wird eine Ausnahme vom generellen Prinzip des Verjährungsbeginns mit Entstehung des An-spruches gemacht. Eine so weitreichende Ausnahme von den Prinzipien hinsichtlich des Beginnes der Verjährung ist durch § 226 Abs. 1 SGB VI nicht gedeckt. Durch diese Regelung wird die Verjährung quasi außer Kraft gesetzt. Das Grundprinzip der Verjäh-rung dient dem Rechtsfrieden. Es kann nicht sein, dass es dem Leistungsberechtigten frei steht zu bestimmen, wann ein Erstattungsanspruch fällig wird und wann somit die Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird. Um eine solche Regelung zu treffen, hätte es ei-ner ausdrücklicheren Ermächtigungsgrundlage bedurft. Eine solche Ausnahmerege-lung ist nicht vom Zweck der Verordnungsermächtigung erfasst. Eine Regelung, die den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist in das Belieben des Anspruchsberechtig-ten stellt, steht dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verjährung entgegen und hätte ei-nes gesetzgeberischen Tätigwerdens bedurft. Zumindest hätte die Ermächtigungs-grundlage bestimmter und klarer sein müssen. Somit gilt nicht die Verjährungsfrist ge-mäß VAErstV, sondern die allgemeine Verjährung von 4 Jahren, deren Lauf mit Ent-stehen des Anspruches begann." Rein vorsorglich macht sie zusätzlich die Einwendung der Verwirkung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geltend. Die Klägerin sei jedenfalls dadurch gehindert, Ansprüche bis einschließlich 31.12.2013 weiter verfolgen zu dür-fen. So habe sie, die Beklagte, erstmals mit Schreiben der Klägerin vom 23.11.2017 Kenntnis davon erhalten, dass Frau H.M. eine entsprechende Rente erhielt, dies ent-sprechend der Aufstellung der Klägerin bereits seit dem 01.07.2001. Hiervon sei die Beklagte erstmals im November 2017, also nach mehr als 16 Jahren (!), überhaupt in-formiert worden. Ihre Personalabteilung habe auch nicht gewusst, dass ihr früherer Verwaltungsleiter, Herrn O.M., durch Urteil des Familiengerichts vom 31.10.2000 ge-schieden worden war. Zum damaligen Zeitpunkt sei er längst aus dem Arbeitsverhält-nis ausgeschieden gewesen. Es gebe heute nicht einmal mehr Personalunterlagen über ihn in der Buchhaltung. Mit der Geltendmachung einer Erstattungsforderung, die ihren Ursprung im Jahr 2001 finde, habe sie daher nicht mehr rechnen müssen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben sowie der Verkehrs-sitte wäre es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, die nunmehr geltend ge-machten Erstattungsansprüche bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt von ihr zurückzufordern. Jetzt werde sie mit einer immensen Forderung überzogen, die bei korrektem Verhalten der Klägerin, also bei rechtzeitiger Geltendmachung, in monatli-chen Raten hätte beglichen werden können. Dies widerspreche erheblich den Grundsätzen von Treu und Glauben. Die Zeitabläufe unterschieden sich auch erheb-lich von denjenigen in der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg. Die Klägerin mache hier die Erstattungsforderung immerhin über 16 Jahre später geltend. Sie, die Beklagte, habe in jedem Fall darauf vertrauen dürfen, einer solchen Erstattungsforde-rung nicht (mehr) ausgesetzt zu werden. Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.09.2002 den Beteilig-ten noch die Besprechung zum Urteil des LSG Berlin Brandenburg vom 26.02.2020 mit Anmerkung Stäbler, NZS 2020, 511, sowie das vorbereitend vom Archiv des SG Berlin beigezogene unveröffentlichte dortige Urteil vom 28.08.2019 - S 30 R 3366/18 zur Kenntnis und zum Verbleib ausgehändigt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen, die Ver-storbene H.M. betreffenden, Versichertenakte Bezug genommen. Auch dieser ist Ge-genstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage betreffend den rentenrechtlichen Vollzug der familiengerichtlichen Ent-scheidung über den Versorgungsausgleich ist nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als echte Leistungsklage statthaft. Denn der damit geltend gemachte Erstat-tungsanspruch stellt einen Rechtsanspruch dar, über den kein Verwaltungsakt erge-hen muss. Damit ist die Klage insgesamt zulässig und auch wie tenoriert begründet.

Rechtsgrundlage für den hier betroffenen Erstattungszeitraum ist als gesetzliche Er-mächtigungsregelung § 225 SGB VI in Verbindung mit der nach § 226 SGB VI erlas-senen Versorgungsausgleichs-Erstattungsverordnung (VAErstV) vom Oktober 2001. Damit wird dem Rentenversicherungsträger ein Anspruch auf Erstattung seiner Auf-wendungen gewährt, die "aufgrund" der im Wege des Quasi-Splittings begründeten Rentenanwartschaften erbracht wurden. Dabei regelt die Grundnorm des § 225 Abs. 1 SGB VI zunächst lediglich die Erstattungspflicht dem Grunde nach, nicht aber Be-rechnung und Durchführung der nach Abs. 1 Satz 1 zu erstattenden Aufwendungen. Für die Ausführung im Einzelnen greift dann die Erstattungsverordnung vom 09.10.2001 ,BGBl. I 2001, S. 2628, ein.

In zeitlicher Hinsicht folgt dies aus § 3 VAErstV. Danach umfasst der zeitliche An-wendungsbereich erstmals die Erstattung der im Jahre 2001 entstehenden Aufwen-dungen der Träger der Rentenversicherung. Das war hier angesichts des Neube-rechnungsbescheides der Klägerin vom 06.08.2001 zur Regelaltersrente für die zwi-schenzeitlich verstorbene Versicherte Frau H.M. mit Umsetzung des seit Juni 2001 rechtskräftigen Ausspruches zum Versorgungsausgleich unter Anwartschaftsüber-tragung vom Ex-Ehegatten O.M. zutreffend.

Im Gegensatz zu Bedenken der Beklagten hat die Klägerin auch nach Ansicht der Kammer in Anwendung der VAErstV im Übrigen eine ordnungsgemäß erlassene und inhaltlich wirksame Rechtsverordnung angewandt. Der Verordnungsgeber hat mit der VAErstV vom 09.10.2001 von der nach §§ 225, 226 SGB VI bestehenden Verord-nungsermächtigung zur Überzeugung des Gerichts rechtswirksam Gebrauch ge-macht. Die Erstattungsverordnung vom 09.10.2001 ,BGBl. I 2001, S. 2628 , wie ausgeführt zeitlich hier anwendbar für Sachverhalte ab 2001, ist über die zugrundeliegende Er-mächtigung zu interpretieren und kann gegenüber der Ermächtigungsnorm keine abweichende materielle Regelung dahingehend treffen, welche Leistungen ihrer Art nach erstattungsfähig sind. Rechtsverordnungen sind abgeleitete Rechtsquellen und Ausdruck delegierter Rechtsetzung. Ihr Inhalt leitet sich vom Gesetz ab und nicht um-gekehrt (vgl. BSG SozR 3100 § 30 Nr. 52). Hiernach bleibt es dabei, dass solche Leis-tungen zu erstatten sind, die ohne die im Wege des Quasi- Splittings begründeten Rentenanwartschaften nicht hätten bewilligt werden können ( so bereits LSG NRW Urteil vom 17.05.2002 - L 14 RJ 84/01 , rechtskräftig, unveröffentlicht = SGB.NRW in-tern). Der Verordnungsgeber hat sich mit der VAErstV vom 09.10.2001 innerhalb der Ermächtigung gemäß § 226 Abs. 1 SGB VI bewegt. Danach kann die Bundesregie-rung mit Zustimmung des Bundesrates eine entsprechende Rechtsverordnung erlas-sen. Insoweit zitiert die VAErstV vom 09.10.2001 , BGBl. I 2001, 2628 im Einklang mit Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG auch § 226 SBGB VI schon in ihrer Eingangsformel als Er-mächtigungsgrundlage, ist insoweit also anders als diesbezüglich defizitäre Vorgän-ger-Verordnungen, nicht mehr von vornherein aus dem Grunde des Verstoßes gegen das Zitiergebot unwirksam ( vgl. BSG Urt. v. 09.11.1999 - B 4 RA 16/99 R, juris).

Überdies regelt die VAErstV vom 09.10.2001 , aaO., im Einklang mit § 225 Abs. 1 SGB VI kausal den Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Trä-ger der Versorgungslast für Aufwendungen, zu denen es ohne den Versorgungs-ausgleich in seiner Gesamtheit überhaupt nicht oder nicht im festgesetzten Umfang bei Leistungserbringung an den Ausgleichsberechtigten gekommen wäre ( vgl. eben-so BSG Urt. v. 09.11.1999- B 4 RA 16/99 R, juris). Ein Erstattungsanspruch wird dann begründet, wenn durch Entscheidung des Familiengerichts beim Ausgleichsberech-tigten Rentenanwartschaften übertragen werden, denen keine Beitragszahlungen gegenüberstanden. Dann ist es geboten und im Interesse der Gesamtheit der Versi-cherten sowie Beitragszahler der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlich, dass der zuständige Rentenversicherungsträger den adäquaten Ausgleich dafür erhält. Die im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften sind dabei auch hinreichend konkret genug bezeichnet. Sie sind durch Erstattung nach § 225 Abs. 1 SGB VI auszugleichen, soweit "aufgrund" von übertragenen Rentenanwart-schaften Aufwendungen erbracht werden. Dies war hier erkennbar der Fall. Nach Auffassung der Kammer ist schon aufgrund dieser gesetzlichen Regelungssystema-tik nach §§ 225, 226 SGB VI iVm der ausführenden, nach § 226 SGB VI erlassenen VAErstV vom 09.10.2001 , aaO., keine andere Beurteilung als die der Klägerin mög-lich. Damit hat der Gesetz- und Verordnungsgeber den Vorgaben des BSG u.a. in seiner o.g. Rechtsprechung Folge geleistet.

Nach Ansicht der Kammer ist für Erstattungszeiträume ab dem 01.01.2001 die damals neu geschaffene Erstattungsverordnung entgegen der Beklagtenauffassung aus-drücklich anwendbar und gültig. Die Einwände der Beklagten überzeugen nicht. Denn zum einen hat der Bundesgesetzgeber in dem im Jahr 1989 parlamentarisch beschlossenen, zum 01.01.1992 in Kraft gesetzten gesetzlichen Rentenversiche-rungsrecht nach dem SGB VI die Ermächtigung zur Erstattungsregelung nach An-wartschaftsübertragungen in Fällen des Versorgungsausgleichs unter Beteiligung eines Trägers der öffentlich-rechtlichen Versorgungslast jenseits des gesetzlichen Rentensystems nach dem SGB VI gesondert und differenziert ausgestaltet. Die VO-Ermächtigung in § 226 ermöglicht eine Konkretisierung der Ausgleichs- und Erstat-tungsregelungen in § 225 Abs 1 Satz 1 SGB VI ( vgl. Kater in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 226 SGB VI, Rn. 1, Stand Juli 2020,mwN). Das ist weder dem Rechtsstaatsgebot zuwider noch entgegen dem Demokratieprinzip erfolgt. Und zum anderen ist dies dem Grundgesetz auch in Art. 80 GG immanent. Danach gilt, dass durch Rechtsverordnung, delegierend an das zuständige Bundesministerium, Ausführungsregelungen geschaffen werden, die einem gesetzgeberisch erteilten Handlungsauftrag der Verwaltung im Einzelfall die notwendige Umsetzung eröffnen. Demgemäß hat dann ja auch der Bundesrat am 27.09.2001 gem. Art. 80 Abs. 2 GG der neuen VAErstV 2001 zugestimmt, vgl. BR-Drs 646/01, BR-Plenarprot. 767, S. 461D ( Beschluss: Zustimmung).

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es Hintergrund u.a. der Schaffung der Rechtsverordnungsnorm in Art. 80 GG rechtsgeschichtlich offenkundig war, dass dies bereits von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes im Rahmen der– gerade in Abkehr zur insoweit defizitären Weimarer Reichsverfassung – erkennbar so gewollt wurde. Das wurde dann auch in der Verfassung bei Inkrafttreten am 23.05.1949 so mit geregelt. Das nur zur Klarstellung , womit jedenfalls der neuen Verordnung ab 2001 angesichts der eindeutigen Vorschrift des § 225 SGB VI auch ein wirksamer an-spruchsausfüllender Charakter zukommt.

Die Vorschrift des § 225 SGB VI konkretisiert das Ziel der Kostenneutralität des Ver-sorgungsausgleichs und betrifft ersichtlich das Verhältnis der Versorgungs- bzw. Rentenversicherungsträgers untereinander ( ebenso Bundesverwaltungsgericht – BVerwG- Beschl. v. 26 ...06.2017 – 10 B 25.16, juris Rn. 7 ff., 11). Sie soll mit dem BSG Urt. v. 21.03.2018 - B 13 R 17/15 R juris Rn. 31, in jedem Fall gewährleisten, dass der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung immer dann und insoweit Erstattung be-gehren kann, als seine Aufwendungen gegenüber dem Ausgleichsberechtigten ge-rade auf Anwartschaften beruhen, die durch eine familiengerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich erst begründet worden sind (vgl BSG Urteil vom 23.6.1994 – 4 R 51/93, juris, Urt. v. 09.11.1999, aaO., juris Rn. 28, mwN). Denn die un-selbstständige Hilfs- und Garantiefunktion des Erstattungsverfahrens und das Prinzip der Kostenneutralität gebieten es sicherzustellen, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung weder mit der Ungewissheit, ihrerseits Erstattung zu erlangen, zur Vorleistung verpflichtet werden noch abschließend mit Leistungspflichten belastet bleiben, denen entsprechende Einnahmen nicht gegenüberstehen.

Des Weiteren erforderte die Verjährungsregelung in § 2 VAErstV entgegen der An-sicht der Beklagten angesichts anderslautender, aktueller, auch obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich die Kammer nach eigener Überprüfung als überzeugend anschließt, kein formelles Parlamentsgesetz. Diese Verordnungsnorm - § 2 VAErstV -lehnt sich nämlich gerade an die gesetzliche Vierjahresverjährung im Sozialgesetz-buch im Übrigen – worauf die Verordnungsbegründung (vgl. bereits oben, BR-Drucks 646/01) auch zutreffend hinweist –an ( ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urt. v.26.02.2020 - L 16 R 670/19, rechtskräftig, SG Berlin Urt.v.28.08.2019 – S 30 R 3366/18 bestätigend ). Die BR-Drcks. 646/01 vom Bl. 8, 9 ,hier aktenkundig, besagt: Insgesamt geht hier auch das Gericht mit der Klägerin von einer rechtswirksam nach §§ 225, 226 SGB VI erlassen, verfassungskonformen, im hier streitigen Erstattungs-zeitraum anwendbaren VAErstV vom 09.10.2001 aus. Danach war über die Erstattung von Aufwendungen für die auf Frau M. übertragenen Rentenanwartschaften auf-grund des Versorgungsausgleichs aus den Versorgungsansprüchen des Herrn O.M. im Einzelnen zu befinden.

Die Rechtsgrundlage des erhobenen Anspruchs ist § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Hier-nach werden die Aufwendungen des Trägers der Rentenversicherung aufgrund von Rentenanwartschaften, die durch Entscheidung des Familiengerichts begründet worden sind, von dem zuständigen Träger der Versorgungslast erstattet. Die Voraus-setzungen sind erfüllt. Es liegt eine rechtskräftige Begründung von Rentenanwart-schaften für den ausgleichsberechtigten Ehegatten nach § 1587b BGB alte Fassung zu Gunsten der Frau H.M. durch rechtskräftig gewordenen Beschluss des OLG Hamm vom 27.04.2001 vor. Der Klägerin sind dadurch Aufwendungen aus Leistungen der Versicherung der ausgleichsberechtigten Frau M. erwachsen (§ 1 Abs. 2 VAErstV). Die Berechnung der Aufwendungen durch die Klägerin gegenüber der Beklagten entspricht § 1 Abs. 3 VAErstV und ist deswegen nicht zu beanstanden, und zwar so-wohl in der vorprozessualen schriftlichen Erstaufforderung vom 23.11.2017 als auch in der an das erkennende Gericht adressierten Klageschrift vom 02.04.2019.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VAErstV fallen in den sachlichen Geltungsbereich ua ... die Erstattungsansprüche aus § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Da der Anspruch der Klägerin hier erstmals mit Eingang der Erstattungsforderung bei der Beklagten von November 2017 fällig geworden ist (vgl § 2 Abs. 3 VAErstV) ist, kann somit die vierjährige Verjäh-rung auch für die hier noch streitbefangene Forderung bezogen auf den Zeitraum vom 01.07.2001 bis 31.12.2013 erst mit Ablauf des Jahres 2021 eintreten. Die Rege-lungen in § 2 VAErstV bestimmen - entgegen der Meinung der Beklagten kein eigen-ständiges, von der regelmäßigen vierjährigen Verjährung von Ansprüchen aus dem Sozialgesetzbuch abweichendes "Verjährungsregime. Sie lehnen sich an die Vierjah-resfrist , wie oben schon mit Hinweis auf den Bundesrat, aaO., dargelegt, gerade an. Mit § 113 SGB X in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, auf den die Begrün-dung des Verordnungsgebers , s.o., nur Bezug nehmen konnte, legt die von der Be-klagten vorgenommene Auslegung indes auch wiederum nicht nahe (ebenso über-zeugend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 26.02.2020 L 16 R 670/19 juris). Denn in § 113 SGB X in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung wird im Unterschied zu der bis 31. Dezember 2000 geltenden Regelung des § 113 SGB X aF für den Beginn der Verjährungsfrist gerade nicht (mehr) an die Entstehung des Anspruchs ange-knüpft.

Ausgehend von § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI hat der insoweit ermächtigte Verord-nungsgeber für die vorliegende Fallgestaltung eine klare und nicht weiterer gerichtli-cher Auslegung bzw. Ausdeutung seitens der Beteiligten zugängliche Verjährungs-regelung getroffen. Diese erlaubt es, die Beklagte eben auch noch derzeit für die Aufwendungen der Klägerin ab der Rentenanpassung für die verstorbene Frau M. zum 01.07.2001 wie geschehen rechtswirksam auf Erstattung in Anspruch zu neh-men.

Es schadet dabei nicht, dass die Klägerin ihren Aufwendungsersatzanspruch auch hier ebenso unstreitig wie offenkundig nicht innerhalb der Soll-Frist des § 2 Abs. 1 VAErstV angefordert hat. Die Erstattungsanforderung datiert erst vom 23.11.2017. Sanktionsregelungen bei einer derart weit fristfern ergangenen, Zeiträume ab 01.07.2001 umfassenden, Erstattungsanforderung hat der Verordnungsgeber aber gerade auch nicht geregelt. Sie waren ausweislich der aktenkundigen Begründung des Verordnungsgebers (vgl BR-Drucks 646/01 S 9) auch nur für eine verzögerte Zahlung des fälligen Erstattungsanspruches (zB im Wege von Verzugszinsen) erwo-gen worden. Augenscheinlich ist der Verordnungsgeber daher davon ausgegangen, dass die Träger der Rentenversicherung die Frist zur Anbringung der Erstattungsfor-derung im Regelfall einhalten (vgl zum Ganzen auch LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 26.02.2020 - L 16 R 670/19 juris Rn.19 sowie Beschluss vom 17.02.2015 – L 4 R 819/12 NZB,juris und vertiefend auch zum Ausschluss einer Analogie mangels plan-widriger Regelungslücke ebenfalls LSG Berlin-Brandenburg Urt. v.08.12.2015 – L 12 R 53/13, juris).

Insbesondere ist die Gesamtregelung in § 2 Abs. 4 VAErstV von der Ermächtigungs-grundlage (§ 226 Abs. 1 SGB V) gedeckt. Auch Einwendungen dergestalt, die Norm ermächtige nur zur Bestimmung über "das Nähere über die Berechnung und die Durchführung der Erstattung von Aufwendungen" ermächtige und verstoße zudem gegen die aus Artikel 20 GG abzuleitenden Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, greifen zur Überzeugung des Gerichts hier nicht durch. Die Kammer schließt sich auch insoweit dem rechtskräftig gewordenen unveröffentlichten, hier aktenkundigen und den Beteiligten bereits in Volltext ausgehändigten Urteil des SG Berlin vom 28.08.2019 – S 30 R 3366/18an. Gegen die Prinzipien der Rechtssicher-heit und Rechtsklarheit verstößt auch insoweit isoliert § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV nicht. Danach verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalender-jahres, in der fällig geworden ist (§ 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV). Indem die Vorschrift auf die eindeutige Fälligkeitsregelung des § 2 Abs. 3 VAErstV aufbaut und daran an-knüpft, wann der Träger der Rentenversicherung seine Aufwendungen vom Träger der Versorgungslast anfordert, wird zu Recht und überzeugend ein eindeutiger Zeit-punkt bestimmt. § 2 Abs. 4 Satz 1 VAErstV ist angesichts des klaren Wortlauts nicht dahingehend auszulegen, dass es auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs oder den Zeitpunkt der Kenntnis des Anspruchsberechtigten von der Forderung dem Grunde nach ankommt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 17.2.2015 - L 4 R 819/12 NZB, juris). Der Verjährungsbeginn hängt von der Fälligkeit der Erstattungsan-forderung ab und diese knüpft auch nach dem Verständnis der erkennenden Kam-mer wiederum nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 3 VAErstV an den "Ein-gang der Erstattungsanforderung" an( ebenso SG Berlin Urt. v. 28.08.2019 – S 30 R 3366/18).

Dabei wird der Anspruch aber erst sechs Monate nach Eingang der Erstattungsforde-rung beim zuständigen Träger der Versorgungslast fällig (§ 2 Abs. 3 VAErstV). Hier-nach wurde die Erstattungsforderung - wie von der Klägerin mehrfach zutreffend schriftlich sowohl vorprozessual als auch im Klageverfahren dargelegt - erst im Janu-ar 2017 fällig und verjährt hier mit Ablauf des 31. Dezember 2021. Unschädlich ist nach alledem im Übrigen, dass die Klägerin entgegen § 2 Abs. 1 VAErstV die zu er-stattenden Aufwendungen nicht innerhalb von 4 Kalendermonaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Aufwendungen entstanden sind, von der Beklagten ange-fordert hat. Denn bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift ("soll") handelt es sich le-diglich um eine bloße Ordnungsvorschrift (Bachmann, in Hauck/Noftz, SGB VI, § 225 Rn. 15, Stand Februar 2018) und um keine Ausschlussfrist (Drechsler, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 225 Rn.30;LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 17.2.2015 - L 4 R 819/12 NZB).

Schließlich ist die Klägerin hier zugesprochene Erstattungsforderung für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.12.2013 entgegen der Ansicht der Beklagten zur Überzeugung des Gerichts auch nicht verwirkt. Verwirkung setzt als Unterfall unzulässiger Rechtsaus-übung im Rahmen des Gebots von Treu und Glauben nach § 242 BGB voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums un-terlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonder-heiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspäte-te Geltendmachen des Rechts wörtlich treuwidrig, dem Verpflichteten gegenüber mit-hin als illoyal erscheinen lassen (so u.a. BSG Urt. v. 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R , ju-ris Rn. 37). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Ver-wirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf ver-traut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Ver-trauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein un-zumutbarer Nachteil entstehen würde (ausdrücklich so BSG Urt. v. 13.11.2012, aaO., Urt. v.01. 07. 2010 – B 13 R 67/09 R , juris , Urt. V. 08.10.2010 – B 3 KR 7/14 R , juris). Hier ist allein ein ausschließlicher, bloßer Zeitablauf ab Umsetzung der OLG-Entscheidung zu Gunsten von Frau M. ab 01.07.2001 ohne irgendwelche anderen Erklärungen bzw. Kundgaben der Klägerin in Richtung auf die Beklagte bis zur Gel-tendmachung des Erstattungsanspruchs erstmals mit Schreiben der Klägerin vom 23.11.2017 tatsächlich objektiv festzustellen. Das wiederum begründet nach allge-meiner Ansicht in der Rechtsprechung schlicht und ergreifend mangels irgendeines fassbaren "Umstandsmoments" entgegen der isoliert anderslautenden Meinung der Beklagten eben noch kein Verwirkungsverhalten (LSG Berlin-Brandenburg 8.12.2015 - L 12 R 53/13, amtlicher Urteilsumdruck (UA) S. 13). Dies folgt schon daraus, dass der "bloße" Zeitablauf spezialgesetzlich durch die Verjährungsbestimmungen abschlie-ßend geregelt ist. Hinzutreten muss gerade das besondere Umstandsmoment, aus dem der Erstattungsverpflichtete den Rückschluss ziehen durfte, dass der Erstat-tungsberechtigte seine Forderung nicht mehr geltend machen werde (allgemeine An-sicht sowohl in Rechtsprechung als auch in der Literatur, ). Anderes kann aus-nahmsweise nur dann gelten, wenn auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnis-ses eine Rechtspflicht zum Handeln besteht oder der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen der Verpflichtete berechtigterweise erwarten durfte, dass Schritte zur Rechtswahrung unternommen werden (Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 53 Rn. 24). Eine bloße Untätigkeit hingegen kann nur im Ein-zelfall ein schutzwürdiges Vertrauen begründen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (Urt. v.01. 07. 2010 – B 13 R 67/09 R , juris , LSG Berlin – Brandenburg Urt. 27.09.2017 - L 18 AS 1941/16, juris, m.w.N.).

Die Voraussetzungen eben dafür liegen hier aber auch nicht vor. Die Klägerin hat nach Aktenlage durch keine positive Handlung ansatzweise den Eindruck erweckt, sie würde von der Erstattungsforderung absehen. Die Klägerin hat bis 23.11.2017 ge-genüber der Beklagten bezogen auf die hier streitige Erstattungsforderung schlicht nichts unternommen. Sie war auch nicht gegenüber dem Beklagten verpflichtet, früh-zeitig verjährungshemmende Schritte zu unternehmen, wenn der Anspruchsberech-tigte (hier: die Klägerin) hinsichtlich der Verjährung anderer Auffassung ist als die Anspruchsverpflichtete (hier: die Beklagte).

Hinzukommt, dass die Beklagte als Beteiligte in beiden Instanzen des familiengericht-lichen Verfahrens selbst bereits seit Zustellung des Scheidungsurteils des Familien-gerichts Münster im Jahr 2000 bzw. des Beschlusses des OLG Hamm vom April 2001 dem Grunde nach auch Kenntnis von der Überführung erheblicher Versorgungsan-spruchs-Anteile des Herrn O. M. an die ausgleichsberechtigte Frau H.M. hätte haben können und müssen. Die Beklagte ist dem nicht nachgegangen.

Die Beklagte hätte als Trägerin der besonderen Versorgungslast aber – spiegelbildlich zur hier streitigen Erstattung an die Klägerin für die im Wege des Versorgungsaus-gleich an Frau M. übertragenen Anwartschaften –ihrerseits selbst gegenüber Herrn M. die entsprechende Kürzung von dessen öffentlich-rechtlicher Altersversorgung einleiten können.

Jedoch ist hier nicht ersichtlich, welche Vorkehrungen die Beklagte als Trägerin der Versorgungslast in Bezug auf den begünstigten Versorgungsempfänger Herrn M. überhaupt getroffen hatte. Bekanntlich werden in der gesetzlichen Rentenversiche-rung nach dem SGB VI alle Rentenbezieher bereits mit dem jeweils bewilligenden Bescheid zutreffend unter Anwendung und Nennung der §§ 45, 48 SGB X verpflich-tet, sämtliche zahlungsrelevanten rechtlich-tatsächlichen Änderungen mit zuteilen, die Auswirkungen auf die Höhe der Altersversorgung haben könnten. Ob die Beklag-te ihren ehemaligen leitenden Mitarbeiter Herrn M., Jahrgang 1923, vergleichbar da-mit jemals schriftlich aufklärte und ihn aufforderte, derartig relevante Änderungen wie hier etwa einen Versorgungsausgleich infolge Ehescheidung auch noch nach Ru-hestandsbeginn mitzuteilen, konnte die Beklagte ja nicht einmal selbst aufklären. Ihr steht keine schriftliche Personalakte des O.M. zur Verfügung. Das entlastet sie jedoch nun wirklich nicht. Denn hier hätte die Beklagte Vorkehrungen bei Ihren Versor-gungsempfängern treffen müssen, um diese wie gesetzlich Rentenversicherte auch zur Mitteilung wesentlicher Änderungen anzuhalten. Das ist im Wege nachwirkender Treuepflichten u.a. dienst- bzw. arbeitsrechtlich zulässig und wie von der Beklagten auch nicht zu verneinen, sehr wohl in der Rechtsordnung für verschiedene Rechts-verhältnisse nach Beschäftigungsende – etwa neben der betrieblichen Altersversor-gung auch für sog. Deputate etc. etc. - allgemein anerkannt. So wäre auch Herr O.M. noch (wie viele ?) Jahre nach seinen Ruhestandsbeginn zu einer Mitteilung der Tat-sache der Ehescheidung im Jahr 2000 zulässig zu veranlassen gewesen. Die Beklagte hatte insoweit nach ihren eigenen schriftlichen Erklärungen bis zur Anspruchsanmeldung durch die Klägerin im November 2017 – d.h. nach Tod sowohl des Herrn O.M. als auch seiner Ex-Frau H.M. - keine Kenntnis davon, dass die Ehe überhaupt geschieden worden war.

Dann aber war zusammengefasst auch nichts dafür ersichtlich, warum die Beklagte unbedingt darauf hätte vertrauen bzw. nicht mehr damit hätte rechnen müssen, von der Klägerin nicht doch noch mit etwaigen Erstattungsforderungen im Hinblick auf diesen versorgungsausgleichsrechtlichen Sachverhalt in Anspruch genommen zu werden.

Die Beklagte konnte auch deshalb eben nicht mit schutzwürdigem Vertrauen davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Erstattungsforderung nicht mehr geltend machen werde, weil wiederum die Klägerin diese nicht innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 VAErstV angefordert hatte. Denn dies hat als schlichte Untätigkeit innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens - wie ausgeführt - keinen positiven Erklärungswert. Im Übri-gen existiert hier außerhalb der VAErstV auch keine die Beklagte abschließend schützende Ausschlussfrist

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Ver-waltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die endgültige Festsetzung des Streitwerts erfolgt auf der Grundlage von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) , da um eine bezifferte Geldleistung gestritten wird.

Zur Streitwertfestsetzung gilt die Rechtsmittelbelehrung 2, im Übrigen die Rechtsmit-telbelehrung 1.
Rechtskraft
Aus
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