L 12 SO 62/20 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 41 SO 291/19
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 62/20 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 12.08.2020 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Verfahren über die Anhörungsrüge nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gegen den Senatsbeschluss vom 12.08.2020 über die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (fortan: Kläger) gerichtete Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet dabei über die Anhörungsrüge in seiner im Zeitpunkt der Entscheidung geschäftsverteilungsplanmäßig vorgegebenen Besetzung. Dass er den angegriffenen Beschluss noch in anderer Besetzung getroffen hat, ist unerheblich (Flint in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 178a Rn. 79.2, unter Verweis auf BVerfG Urteil vom 10.04.2018, 1 BvR 1236/11, juris Rn. 160).

Ob der Kläger den Darlegungsanforderungen des § 178a Abs. 2 S. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genügt hat und die Anhörungsrüge damit zulässig ist, kann der Senat offenlassen. Die Gründe für den Nichterfolg der Anhörungsrüge berühren die Reichweite der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache nicht (dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, vor § 143 Rn. 2a).

Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet (§ 178a Abs. 4 S. 2 SGG). Der Senat hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör bei seiner Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht verletzt (§ 178a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG).

Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) erfordert es, dass das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts ist durch den Anspruch auf rechtliches Gehör zu gewährleisten, dass die Beteiligten nicht durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf (in das Verfahren eingebrachten) Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und sicherzustellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen einbezogen wird (Senatsbeschluss vom 21.05.2012, L 12 AS 376/12 B ER RG, juris Rn. 10; ebenso LSG NRW Beschluss vom 10.05.2017, L 9 SO 206/17 B ER RG, juris Rn. 3; jeweils m.w.N.).

Danach liegt eine Gehörsverletzung hier nicht vor. Auch der Kläger macht zur Begründung seiner Anhörungsrüge lediglich geltend, der Senat sei nicht auf den Vortrag aus seiner Nichtzulassungsbeschwerde eingegangen, sondern habe "mit pauschalem Formaltext" ausgeführt, dass es Fälle gebe, die nicht berufungsfähig seien. Bei korrekter Amtsermittlung und Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes habe dem Senat aber auffallen müssen, weshalb die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Auslegung des § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) habe. Auch die Verletzung formellen Rechts erzwinge eine Zulassung. Eine "Pauschalverweigerung mit [einem] überholte[n] traditionellen Glaubenssatz" sei nicht zu rechtfertigen.

Dieses Vorbringen geht fehl. Auch die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen. Ebenso wenig verpflichtet sie die Gerichte, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; das Gericht muss nur das Wesentliche der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeiten (BSG Beschluss vom 26.10.2012, B 6 KA 3/12 C, juris Rn. 4; Beschluss vom 07.01.2016, B 9 V 4/15 C, juris Rn. 8). Der Senat hat in dem angegriffenen Beschluss aber ausführlich dargelegt, weshalb der zugrundeliegenden Rechtssache die vom Kläger nunmehr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt, sondern es sich lediglich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Umstände, die der Senat bei seiner Entscheidung zusätzlich hätte erwägen müssen, lassen sich indes insbesondere der Nichtzulassungsbeschwerde nicht entnehmen. Diese hat sich mit der vermeintlich grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vielmehr an keiner Stelle auseinandergesetzt. Auch die Anhörungsrüge legt nicht dar, aufgrund welchen Vortrags des Klägers dem Senat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hätte auffallen müssen. Nichts anderes gilt auch im Hinblick auf das Vorbringen, die Verletzung formellen Rechts erzwinge ebenfalls die Zulassung der Berufung. Auch insoweit ist weder vom Kläger dargetan noch anderweitig ersichtlich, woraus sich eine Verletzung formellen Rechts ergeben soll und welches diesbezügliche Vorbringen der Senat übergangen haben soll.

Die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, d.h. vorliegend die Beurteilung, dass Berufungszulassungsgründe i.S.d. § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegen, kann ohnehin nicht Gegenstand der Anhörungsrüge sein (BSG Beschluss vom 10.05.2011, B 2 U 3/11 BH, juris Rn. 8; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 178a Rn. 6b; Flint a.a.O. § 178a Rn. 29). Dies gilt auch, soweit der Kläger meint, die Verwerfung seiner Nichtzulassungsbeschwerde könne nicht mit einem "überholte[n] traditionellen Glaubenssatz" gerechtfertigt werden. Denn auch insoweit rügt der Kläger in der Sache die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG, nicht aber, dass der Senat Klägervorbringen übergangen hätte.

Das Vorbringen des Klägers, bei korrekter Amtsermittlung habe dem Senat die grundsätzliche Bedeutung seines Falles auffallen müssen, ist überdies schon im Ansatz verfehlt. Unabhängig davon, dass sich der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) lediglich auf Tatsachen und nicht auf Rechtsfragen bezieht (dazu Schmidt a.a.O. § 103 Rn. 3), kann eine Gehörsverletzung i.S.d. § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG schon denknotwendig nicht vorliegen, wenn nicht die Nichtberücksichtigung von Beteiligtenvortrag, sondern die Nichtberücksichtigung von Umständen gerügt wird, die das Gericht von sich aus hätte ermitteln müssen. Nichts anderes gilt, wenn man den Vortrag des Klägers als Hinweis darauf verstehen wollte, dass u.a. der Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung von Amts wegen zu prüfen ist. Die Prüfung hat der Senat vorgenommen. Welchen Gesichtspunkt aus dem Vortrag des Klägers er dabei übergangen haben soll, hat der Kläger - wie ausgeführt - nicht dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 SGG (zur Notwendigkeit einer eigenen Kostenentscheidung s. Flint a.a.O. § 178a Rn. 107).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 178a Abs. 4 Satz 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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