S 9 SF 156/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SF 156/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss stellt eine besondere Angelegenheit iSd. § 18 Nr. 3 RVG dar.
2. Wählt der Rechtsanwalt wie hier die pauschale Abrechnung nach Nr. 7002 VV RVG reicht die Versicherung, dass die Auslagen entstanden sind; eines Nachweises bedarf es mithin nicht.
3. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden von der Kostengrundentscheidung des Hauptsacheverfahrens nicht erfasst und das RVG sieht den gesonderten Anfall einer Verfahrensgebühr (Nr. 3501 VV RVG) für das Betreiben des Erinnerungsverfahrens gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss gem. § 18 Nr. 3 RVG vor, sodass es einer Kostenentscheidung analog § 193 SGG bedarf.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 (- S 9 SF 156/19 -) wird zurückgewiesen. Der Erinnerungsführer hat der Erinnerungsgegnerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

Die nach § 197 Abs. 2 SGG statthafte Erinnerung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 197 Abs. 1 SGG setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges den Betrag der zu erstattenden Kosten auf Antrag der Beteiligten oder des Prozessbevollmächtigten fest. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2.1.2019 ist mit Schriftsatz des Erinnerungsführers vom 10.1.2019, Eingang bei Gericht am 11.1.2019, erhoben worden, mithin nach Inkrafttreten des 2. KostRMoG am 01.08.2013 und mit Beschluss des SG Konstanz vom 26.3.2019 – S 4 SF 156/19 E – zurückgewiesen worden. Mit Beschluss des SG Konstanz vom 30.4.2019 – S 9 SF 156/19 E – ist dem Erinnerungsführer die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsgegnerin für das Verfahren – S 4 SF 156/19 E – auferlegt worden. Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin vom 21.6.2019 hin, ist die Kostenfestsetzung im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 – S 9 SF 156/19 E – zu recht nach neuem Recht erfolgt.

Entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers stellt die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine besondere Angelegenheit iSd. 18 Nr. 3 RVG dar, weswegen gemäß § 60 RVG neues Recht zur Anwendung kommt (Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 2019, § 60 RVG Rn. 31 m. w. N.). Das Gericht teilt die Auffassung des SG Nordhausen in seinen Beschlüssen vom 22.6.2018 – S 24 SF 126/18 E – und vom 4.9.2019 – S 21 SF 53/19 – nicht, nach dem das Erinnerungsverfahren als eine Abwicklungstätigkeit innerhalb des ersten Rechtszuges unter § 19 Abs. 1 Nr. 14 RVG falle und daher ggf. das RVG a. F. zur Anwendung komme.

Ein Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss stellt nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG eine besondere Angelegenheit dar. Für das Betreiben eines Erinnerungsverfahrens gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist der gesonderten Anfall einer Verfahrensgebühr vorgesehen (juris PK-SGG/Stotz, Stand: 8.10.2019, § 197 Rn. 65). Gleichgültig für die Frage, ob eine selbstständige Angelegenheit vorliegt, ist dabei, mit welchen anderen Tätigkeiten des Rechtsanwalts die Erinnerung in einem Zusammenhang steht (siehe schon BT-Drs. 15/1971, S. 192). Wenngleich sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen lässt, dass mit der Einführung von § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG, der keine Vorgängerregelung in der BRAGO hatte, eine Änderung der eingangs dargestellten Rechtslage direkt beabsichtigt war, ist eine gebührenrechtliche Verklammerung mit dem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht mehr vereinbar. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Gesetz etwa in § 16 Nr. 10 Buchst. c RVG durchaus eine Ausnahme vorsieht (ausf. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.5.2019 – OVG 3 K 32.18 (Rn. 4 f.) – juris m. w. N. zum Streitstand). Für die hier vorliegende Konstellation sieht das RVG jedoch keine Ausnahme vor. Insbesondere liegt entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers auch kein Fall des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 14 RVG vor, da Erinnerungen gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss – wie oben dargestellt – stets eine besondere Angelegenheit iSd. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG darstellen (hierzu auch BeckOK RVG/v. Seltmann, Stand: 1.3.2020, § 16 Rn. 20).

Nach der Nr. 3501 VV RVG fällt für ein Erinnerungsverfahren in den Fällen des § 3 Abs. 1 S. 1 RVG eine eigene Gebühr an. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach §§ 3, 14 RVG. Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (S. 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (S. 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (S. 4). Nach überwiegender Meinung wird dem Rechtsanwalt ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zugestanden, der von dem Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist (vgl. BSG, Urt. v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R (OS 2, Rn. 19); Thüringer LSG, Beschl. v. 9.2.2017 – L 6 SF 1578/15 B (Rn.17); Thüringer LSG, Beschl. v. 5.7.2019 – L 1 SF 54/18 B (Rn.14); LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.6.2019 – L 10 SF 4412/18 E-B (Rn. 25) – jeweils juris m.w.N.). Von einer Unbilligkeit ist dann auszugehen, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (Thüringer LSG, Beschl. v. 9.2.2017 – L 6 SF 1578/15 B (Rn.17); Thüringer LSG, Beschl. v. 5.7.2019 – L 1 SF 54/18 B (Rn.14); LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.6.2019 – L 10 SF 4412/18 E-B (Rn. 25) – jeweils juris m.w.N); dann hat eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren zu erfolgen.

Die Verfahrensgebühr (Nr. 3501 VV RVG) sieht eine Mindestgebühr in Höhe von 20,00 EUR und eine Höchstgebühr in Höhe von 210,00 EUR vor. Erweist sich das Betreiben eines Geschäftes als insgesamt durchschnittliche Leistung, ist die Mittelgebühr von 165,00 EUR (s. zur Anhebung der Mittelgebühr durch das 2. KostRMoG BT-Drs. 17/11471 (neu), S.280; Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 2019, § 3 RVG Rn. 87) angemessen. Insbesondere erweisen sich hier der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als unterdurchschnittlich. Der Bevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin hatte einmal unter dem 17.12.2018 insbesondere zu dem Vorbringen des Erinnerungsführers hinsichtlich seines Kostenfestsetzungsantrags vom 30.12.2014 in dem Verfahren – S 11 AS 349/10 – zu der Verjährungseinrede sowie zur Fälligkeit der Vergütung Stellung genommen. Vorliegend ist es somit billig, die Verfahrensgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr, mithin auf 110, 00 EUR, festzusetzen. Die im Antrag vom 20.6.2019 geltend gemachte Verfahrensgebühr (Nr. 3501 VV RVG) in Höhe von 115, 00 EUR hält sich vorliegend in dem Toleranzrahmen 20 v. H. und ist somit zutreffen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 – S 9 SF 156/19 E – festgesetzt worden.

Hinsichtlich der vom Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin geltend gemachten und im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 – S 9 SF 156/19 E – festgesetzten Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) i. H. v. 20 EUR kann der Erinnerungsführer nicht damit durchdringen, dass die Auslagen nachzuweisen wären. Der Pauschsatz beträgt 20&8201;% der Gebühren, die in der gebührenrechtlichen Angelegenheit entstanden sind, jedoch höchstens 20, 00 EUR. Vorliegend würde der Pauschsatz bei 23, 00 EUR liegen und war somit auf 20, 00 EUR zu deckeln. Wählt der Rechtsanwalt wie hier die pauschale Abrechnung nach Nr. 7002 VV RVG reicht die Versicherung, dass die Auslagen entstanden sind (BeckOK RVG/Sommerfeldt, Stand: 1.3.2020, Nr. 7002 VV RVG Rn. 19); eines Nachweises bedarf es mithin nicht.

Auch im Übrigen folgt das Gericht dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 – S 9 SF 156/19 E –.

Nach alledem ist die Erinnerung unbegründet und daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers bedarf es einer Kostenentscheidung, weil die Kosten des Erinnerungsverfahrens von der Kostengrundentscheidung des Hauptsacheverfahrens nicht erfasst werden und das RVG den gesonderten Anfall einer Verfahrensgebühr (Nr. 3501 VV RVG) für das Betreiben des Erinnerungsverfahrens gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss gem. § 18 Nr. 3 RVG vorsieht (s. o. sowie juris PK-SGG/Stotz, Stand: 8.10.2019, § 197 Rn. 65 m. w. N.).

Der Beschluss ist nach § 197 Abs. 2 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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