L 1 KR 12/19

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 1832/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 12/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurück- und die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger für den Zeitraum vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Januar 2019 auf die Kapitalleistungen aus einer Entgeltumwandlungsvereinbarung sowie auf eine monatliche Betriebsrente Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu zahlen hatte, wobei die Zeiträume vor dem 1. Juli 2015 Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sind.

Der am xxxxx 1942 geborene Kläger ist seit dem 1. Februar 2008 Altersrentner und als solcher bei der Beklagten zu 1) gesetzlich kranken- und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Vor dem Renteneintritt war der Kläger zunächst seit 1971 bei der D. GmbH bzw. S. GmbH ("S.") beschäftigt. Mit Wirkung zum 31. Oktober 2003 ging das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsübergangs (§ 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs )BGB)) auf die S1 GmbH (jetzt: W. GmbH ("S1")) über, die u.a. die freiwilligen sozialen Leistungen, insbesondere die Bestimmungen über die Betriebliche Altersversorgung übernahm.

Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses hatte für den Kläger zunächst eine arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusage der S. auf Grundlage einer Ruhegeldordnung vom 3. Januar 1983 gegolten. Diese war zum 31. Dezember 2001 geschlossen worden. Aufgrund dieser Versorgungszusage erhält der Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von zuletzt 1079,65 Euro (Stand: Januar 2019).

Nach Schließung der alten Versorgungsordnung trat auf Grundlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung eine neue Versorgungsordnung 2002 in Kraft. Diese sah eine Entgeltumwandlung zum Aufbau eines Kapitalstocks vor. Zusätzlich war noch eine arbeitgeberfinanzierte Aufstockung unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen. Die Auszahlung sollte bei Eintritt des Versorgungsfalls in Form eines einmaligen Kapitalbetrages erfolgen. Auf dieser Basis schloss der Kläger mit seinen jeweiligen Arbeitgebern zwischen 2002 und seinem Renteneintritt insgesamt sechs im Wesentlichen inhaltsgleiche Vereinbarungen über eine Entgeltumwandlung ("Deferred Compensation"). Inhalt der Vereinbarungen war insbesondere ein Verzicht des Klägers auf einen bestimmten Teil seines Arbeitsentgelts. Zum Ausgleich erhielt er unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz (BetrAVG)) eine "wertgleiche, unmittelbare betriebliche Versorgungszusage". Der Arbeitgeber schloss vereinbarungsgemäß zur Rückdeckung auf das Leben des Arbeitnehmers eine Lebensversicherung als alleiniger Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter ab. Nach seiner Verrentung erhielt der Kläger im Januar 2009 von seinem Arbeitgeber einen Betrag von 105.142,00 Euro ausgezahlt, was der Beklagten zu 1) unmittelbar angezeigt wurde.

Mit Bescheid vom 23. März 2009 teilte die Beklagte zu 1), die wie bei allen weiteren streitgegenständlichen Bescheiden zugleich im Namen der Beklagten zu 2) handelte, dem Kläger mit, dass sie für die Beitragsbemessung monatlich 1/120 dieser Summe, also 876,18 Euro, zugrunde lege. Die Berücksichtigung erfolge für längstens 120 Monate. Daraus ergäben sich monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 135,81 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von 17,09 Euro, insgesamt 152,90 Euro. Mit Bescheiden vom 14. August 2009 und 2. Juni 2011 erfolgten Neuberechnungen.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass sich seine monatlichen Beiträge wegen einer Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze erhöhen würden. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 6. Januar 2012 Widerspruch ein. Er bemängelte insbesondere eine Anhebung der Beiträge auf seine Kapitalauszahlung, da er hier von einem konstanten Beitrag ausgegangen sei. Die Beklagte zu 1) wies den Widerspruch des Klägers nach einer Beitragsanpassung ab dem 1. Januar 2012 (Bescheid vom 6. Februar 2012) mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 zurück. Eine Klage wurde nicht erhoben. Weitere Anpassungen erfolgten mit Bescheiden vom 30. November 2012, 13. Juni 2013 und 12. Dezember 2013, ohne dass hiergegen Widerspruch eingelegt wurde.

Mit Bescheid vom 5. August 2015 passte die Beklagte zu 1) die monatlichen Beiträge des Klägers zum 1. Juli 2015 erneut an. Neben der gesetzlichen Rente des Klägers legte sie hierbei in voller Höhe beitragspflichtige monatliche Versorgungsbezüge der S1 in Höhe von damals 1.056,82 Euro sowie die anteilige Kapitalleistung der S1 in Höhe von 876,18 Euro zugrunde, wobei Letztere bis zu einem Betrag von 876,11 Euro beitragspflichtig sei, weil die Einnahmen des Klägers unter Einbeziehung seiner gesetzlichen Rente die Beitragsbemessungsgrenze von damals 4125,000 Euro monatlich übersteige. Hieraus errechnete die Beklagte folgende monatliche Beiträge: Krankenversicherung 282,21 Euro, Zusatzbeitrag 15,46 Euro, Pflegeversicherung 45,43 Euro, insgesamt 343,10 Euro.

Gegen die Erhebung von Beiträgen aus der einmaligen Kapitalzahlung (Deferred Compensation) legte der Kläger mit Schreiben vom 12. "Juli" 2015 am 13. August 2015 Widerspruch ein. Er rügte insbesondere eine unzumutbare Beitragsbelastung und die Einführung der Beitragspflicht für Kapitalleistungen ab dem 1. Januar 2004 ohne Übergangsregelung.

Die Beklagte zu 1) wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2015 als unbegründet zurück. Sie verwies auf die Gesetzeslage und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).

Hiergegen hat der Kläger am 9. November 2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben, die sich zunächst auch gegen den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 19. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November gerichtet hat, mit dem die Beklagte zu 1) die beantragte Überprüfung der bestandskräftig (§ 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) gewordenen Bescheide vom 23. März 2009, vom 14. August 2009, vom 2. Juni 2011, vom 16. Dezember 2011 (in der Fassung vom 6. Februar 2012 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2012), vom 30. November 2012, vom 13. Juni 2013 sowie vom 12. Dezember 2013 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelehnt hatte. Dementsprechend hat der Kläger die Erstattung der seiner Auffassung nach im seit dem 1. Februar 2009 laufenden 10-Jahres-Zeitraum überzahlten, auf die ausgezahlten Kapitalleistungen aus der Entgeltumwandlungsvereinbarung "Deferred Compensation" entfallenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung begehrt.

Das SG hat über die Klage am 17. Dezember 2018 mündlich verhandelt. Im Verhandlungstermin hat der Kläger seine Klage auf die Beiträge ab dem 1. Juli 2015 beschränkt.

Während des Klageverfahrens sind unter dem 18. Dezember 2015, 27. Dezember 2016, 29. Dezember 2017 und 15. Dezember 2018 Beitragsänderungsbescheide ergangen.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2018 hat das SG die verbliebene Klage als unbegründet abgewiesen, wobei das Rubrum lediglich die Beklagte zu 1) als einzige Beklagte ausgewiesen hat. Die angegriffenen Bescheide (ausdrücklich genannt hat das SG lediglich den Bescheid vom 5. August 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 5. November 2015) seien zu Recht ergangen und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte habe die Beitragsbemessung für den streitigen Zeitraum zutreffend vorgenommen. Insbesondere habe die Beklagte die Kapitalleistung in Höhe von 105.142,00 Euro zu Recht bei der Beitragsbemessung berücksichtigt. Die Kammer folge insoweit den Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 5. November 2015 und sehe gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend gehe die Kammer davon aus, dass es sich bei der Kapitalleistung um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 5 (gemeint: 1) Satz 1 Nr. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) handele. Dieser Betrag sei dem Kläger aus einer betrieblichen Altersversorgung zugeflossen, die er mit seinen Arbeitgebern abgeschlossen gehabt habe. Es handele sich um eine mittels Entgeltumwandlung weitgehend arbeitnehmerfinanzierte Direktzusage der Arbeitgeber des Klägers, mit der Leistungen der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden seien. Das ergebe sich sowohl aus den vom Kläger vorgelegten Vereinbarungen, die er mit seinen Arbeitgebern abgeschlossen habe, als auch aus der Versorgungsordnung 2002. Diese Unterlagen nähmen auch jeweils ausdrücklich auf das BetrAVG Bezug. Bei dem Kläger liege insoweit auch kein Grenzfall zwischen betrieblicher und privater Altersversorgung vor, wie er Thema der vom Kläger vorgelegten Rechtsprechung des BSG gewesen sei. Ein solcher Grenzfall entstehe etwa bei Übertragung und Fortführung einer Direktversicherung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Fall des Klägers gehe es aber weder um eine Direktversicherung noch um eine Fortführung einer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses begründeten Altersversorgung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Charakter der Kapitalleistung als Versorgungsbezug sei nicht dadurch infrage gestellt, dass dem Kläger die Zahlung nur einmalig zugeflossen sei. Vielmehr beziehe § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V solche Einmalleistungen ausdrücklich in die Beitragspflicht mit ein. Des Weiteren verfange auch das Argument des Klägers nicht, dass durch die Verbeitragung der Kapitalleistung letztlich keine "wertgleiche Anwartschaft" gewährt worden sei, wie sie § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG voraussetze. Bei den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung handele es sich um öffentlich-rechtliche Lasten, durch die der Wert der Anwartschaft an sich nicht vermindert werde. Es möge zutreffen, dass sich der Kläger bei Abschluss der Vereinbarungen mit seinem Arbeitgeber ein besseres wirtschaftliches Ergebnis aus der Altersversorgung erhofft habe. Dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt habe, stelle aber nicht das Vorliegen eines Versorgungsbezugs infrage. Über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung durch das GKV-Modernisierungsgesetz zum 1. Januar 2004 habe das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08). Der Kläger trage insoweit keine neuen Argumente vor, die zu einer anderen Beurteilung führten. Nachdem der Kläger den Streitgegenstand in der mündlichen Verhandlung auf die Beiträge ab 1. Juli 2015 konkretisiert habe, sei eine gerichtliche Prüfung des Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X für die übrigen Beiträge ab Rentenbeginn obsolet.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Januar 2019 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Zunächst trägt der Kläger vor, dass es sich bei den streitgegenständlichen Kapitalauszahlungen nicht um Versorgungsbezüge handle, sondern um beitragsfrei finanzierte private Altersvorsorge im Sinne eines Sparvermögens, das ohne rechtliche Grundlage um 30.000 Euro durch Doppelverbeitragung reduziert worden sei. In seinen letzten, von seinem Prozessbevollmächtigten übersandten und zu eigen gemachten Schriftsätzen erweitert der Kläger sein Begehren, indem er einerseits ausführt, dass er die Rückzahlung der auf die Kapitalauszahlung im gesamten 10-Jahres-Zeitraum vom 1. Februar 2009 (und nicht erst ab dem 1. Juli 2015) bis zum 31. Januar 2019 entrichteten Beiträge begehre, und andererseits darüber hinaus sogar die Erstattung der auf die monatliche Betriebsrente entfallenen Beiträge zurückfordert, insgesamt einen Betrag von 42.639 Euro. Beide Altersvorsorgeverträge seien nicht als solche zertifiziert gewesen.

Während des Berufungsverfahrens ist unter dem 29. Januar 2019 ein weiterer Beitragsänderungsbescheid ergangen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Dezember 2018 aufzuheben und

1. den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2015 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 23. März 2009, vom 14. August 2009, vom 2. Juni 2011, vom 16. Dezember 2011 (in der Fassung vom 6. Februar 2012 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2012), vom 30. November 2012, vom 13. Juni 2013 sowie vom 12. Dezember 2013 aufzuheben,

2. den Bescheid der Beklagten vom 5. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2015 in der Fassung der Bescheide vom 18. Dezember 2015, vom 27. Dezember 2016, vom 29. Dezember 2017, vom 15. Dezember 2018 sowie vom 29. Januar 2019 aufzuheben und

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die für beide Altersvorsorge-Vereinbarungen gezahlten Beiträge in Höhe von 42.639 Euro nebst 4% Zinsen zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils.

Am 22. Oktober 2020 hat der Senat über die Berufung mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Sitzungsniederschrift und den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten und Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das zuletzt formulierte Berufungs- bzw. Klagebegehren ist unzulässig, soweit es die Überprüfung der von der teilweisen Klagerücknahme vor dem SG umfassten Bescheide nebst Erstattung der Beiträge für Zeiträume vor dem 1. Juli 2015 und die Festsetzung der auf die monatliche Betriebsrente gezahlten Beiträge nebst Erstattung betrifft. Bezogen auf Letzteres sind die Bescheide bestandskräftig geworden, weil der Kläger sich mit den Widersprüchen und der Klage lediglich gegen die auf die Einmalleistung entfallenden Beitragsanteile gewandt hat; bei den Beitragsfestsetzungen auf die monatliche Betriebsrente einerseits und die im Januar 2009 ausgezahlte Kapitalleistung andererseits handelt es sich um in den jeweiligen Bescheiden zum Teil ausdrücklich getrennte und im Übrigen trennbare, lediglich zum einfacheren Verständnis zusammengefasste Verfügungssätze.

Die im Übrigen statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch sonst zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, wobei das Urteil so auszulegen ist, dass es sich auch auf die Beklagte zu 2) und die nach Klageerhebung und vor Urteilsverkündung erlassenen, nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordenen Beitragsbescheide erstreckt. Der erkennende Senat wiederum entscheidet über die Rechtmäßigkeit der nach Urteilsverkündung durch das SG von der Beklagten zu 1) erlassenen und dem Kläger bekannt gegebenen Beitragsbescheide nicht im Rahmen der Berufung, sondern auf Klage. Materiell ist die Entscheidung des SG in keiner Weise zu beanstanden, sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf deren Gründe nimmt.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung.

Die Kapitalauszahlungen aus den Entgeltumwandlungen in wertgleiche Anwartschaften (Deferred Compensation) stellen beitragspflichtige Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 in Verbindung mit S. 3 Var. 2 SGB V in Gestalt betrieblicher Altersversorgung als vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht wiederkehrende Leistung dar. Ausdrücklich geregelt wird die vom Kläger mit seinen früheren Arbeitgebern vereinbarte Entgeltumwandlung als typische Form der betrieblichen Altersvorsorge in § 1 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 1a BetrAVG (s. zur entsprechenden Einordnung einer "Deferred Compensation" auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Mai 2019 – L 11 KR 4035/18, juris; Peters in jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020 Stand: 10. September 2020, § 229 Rn. 67). In mittlerweile ständiger Rechtsprechung haben die Instanzgerichte, das BSG und auch das BVerfG entschieden, dass allein aufgrund einer typisierenden, rein institutionellen Abgrenzung zu befinden ist, ob es sich bei einer Altersvorsorgeleistung um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V handelt, und dass auch von vornherein vereinbarte einmalige Kapitalauszahlungen hierunter fallen können (vgl. zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 4. Juni 2020 – L 1 KR 75/19, juris, mit einer Fülle von Nachweisen aus der Rechtsprechung und der Gesetzeshistorie; BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2020 – 1 BvR 1134/15, juris).

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Gesetzesänderung mit Wirkung zum 1. Januar 2004, mit der die vom Gesetzgeber gesehene, Umgehungsmöglichkeiten eröffnende Lücke in der bis dahin bestehenden Rechtslage aus Gründen der gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen geschlossen werden sollte, und führt am ehesten zu Ergebnissen, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) vereinbar sind (verfassungskonforme Auslegung). Es ist nicht ersichtlich, warum die Beitragspflicht davon abhängen sollte, ob von vornherein eine einmalige Kapitalleistung zur Alterssicherung vereinbart wird, eine Rentenleistung oder zunächst eine Rentenleistung, die dann nach Eintritt des Versicherungsfalls oder aufgrund einer Vereinbarung vor dessen Eintritt durch eine einmalige Leistung ersetzt wird.

Dem Kläger ist nicht in seiner Einschätzung zu folgen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Entgeltumwandlungsabreden um rein private Sparanlagen gehandelt habe. Wenn eine rein private Geldanlage vorgenommen worden wäre, wäre im Übrigen zu erwarten gewesen, dass der Kläger dies selbst getan hätte und nicht über seine damaligen Arbeitgeber. Aus diesem Modell wird er (neben den selbstverständlich gegebenen, wenn auch vom Kläger abgestrittenen Steuer- und Beitragsvorteilen durch die Gehaltsumwandlung) weitere Vorteile gezogen haben. In Betracht kommen zum Beispiel häufig mit Verträgen im Rahmen der betrieblichen Alterssicherung verbundene Vorteile wie geringere Verwaltungs- oder Abschlusskosten, eine vereinfachte Gesundheitsprüfung für die Rückversicherung, Pfändungsschutz in der Ansparphase und Vorteile bei den Freibeträgen im Falle des Grundsicherungsbezugs im Rentenalter.

Dass die für den Kläger unerwartete Gesetzesänderung seine erwartete Rendite vermindert oder gar aufgezehrt haben dürfte, ändert nichts an der nach der seit Jahren immer wieder bestätigten ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu konstatierenden Rechtmäßigkeit der vorliegend angegriffenen Entscheidungen der Beklagten zu 1).

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es sich aus den oben genannten Gründen auch bei der monatlich gezahlten Betriebsrente um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug handelt.

Dass die Berechnung der dem Grunde nach zu Recht erhobenen Beiträge durch die Beklagte zu 1) der Höhe nach fehlerhaft gewesen sein könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; insbesondere ist die Beitragsbemessungsgrenze jeweils beachtet worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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