L 2 AL 29/19

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 20 AL 29/17
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 29/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Streitig ist, ob ihm vom Arbeitgeber eine zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs führende Urlaubsabgeltung gezahlt wurde.

Der Kläger war zuletzt vom 2. April 2016 bis zum 1. Oktober 2016 bei der A. GmbH (Arbeitgeberin) angestellt und an Bord der von A. C. betriebenen Hochseekreuzfahrtschiffe tätig. Nach dem in englischer Sprache verfassten Arbeitsvertrag nach italienischem Recht ("Seafarer Employment Agreement") war das Arbeitsverhältnis entsprechend befristet worden. Im Arbeitsvertrag ist in einem durch einen durchgehenden Rahmen gekennzeichneten Text zusätzlich zum Lohn vermerkt: "Paid Leave Days: Holidayentitlementdays: 8.0". Nachfolgend ist zu dem Punkt "Monthly Consolidated Wage" Folgendes ausgeführt: "The salary includes all overtime work performed and as well work performed on

Saturdays, Sundays and Holidays." Der Vertrag enthält den weiteren Passus "Leave Entitlement". Dort heißt es unter anderem: "For temporary contracts, leave days will be paid out at end of contract in any event.")

Am 6. Oktober 2016 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit G. arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Er überreichte eine Bescheinigung U1 des italienischen Trägers der Arbeitslosenversicherung, wonach er im Beschäftigungszeitraum 11.607,00 Euro verdient hatte. Zudem bescheinigte er in Ziffer 4.3, dass der Kläger eine Urlaubsabgeltung von 48 Tagen erhalten hat oder beanspruchen konnte (Im Original: " 4.3 ha percepito o deve percepire un´indennità sostitutiva delle ferie, pari a 3.118,00 per 48,00 giorni dal 02/04/2016 al 01/10/2016"). Des Weiteren ist als Zusatzauf einem gesonderten Blatt vermerkt: "Crew is also working on Saturdays, Sundays und public holidays which needs to be considered for the calculation."

Am 7. November 2016 nahm der Kläger eine mehr als 15 Wochenstunden umfassende Beschäftigung auf.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Zahlung von Arbeitslosengeld ab (Bescheid vom 3. Januar 2017). Der Kläger habe von seinem bisherigen Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub erhalten. Der Urlaub hätte bis 18. November 2016 gedauert. So lange ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Dem widersprach der Kläger am 12. Januar 2017, weil der Ausgleich für 48 Tage nicht für Resturlaub, sondern als Ausgleich für nicht genommene freie Tage gewährt worden sei. Auf dem Schiff gebe es diese nicht; es werde sieben Tage in der Woche gearbeitet.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2017). Nach ihren Feststellungen sei wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Urlaubsanspruch i.H.v. 48 Tage abgegolten worden. Sie verweise auf die Angaben in der Bescheinigung U1. Sie gehe von der Richtigkeit der Bescheinigung aus. Erfahrungsgemäß hätten die Arbeitnehmer an Bord ein Urlaubsanspruch von acht bis 12 Tagen pro Monat. Sie hätten eine 7-Tage-Arbeitswoche, arbeiteten durchgängig und könnten ihren Urlaub nicht an Bord nehmen. Dies erkläre die hohe Anzahl von Urlaubsabgeltungstagen. So läge es auch hier. Bei einer sechs Monate andauernden Beschäftigung und acht Urlaubstagen pro Monat errechneten sich die bescheinigten 48 Tage Urlaubsabgeltung. Hätte der Kläger im Anschluss an das Arbeitsverhältnis Urlaub genommen, hätte dieser Urlaub bis zum 18. November 2016 gedauert. Bis dahin ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Weil der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits ab dem 7. November 2016 eine Arbeit aufgenommen habe, bestehe auch ab dem 19. November 2016 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Am 15. Februar 2017 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 3. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2017 Klage erhoben und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe begehrt. Er habe für die Arbeitgeberin sieben Tage in der Woche und auch an Feiertagen auf einem Schiff gearbeitet. Nach dem Ende der Beschäftigung habe er von der Arbeitgeberin eine Ausgleichszahlung für nicht genommene freie Tage erhalten. Dies erscheine in der Arbeitsbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers als Urlaubsabgeltung für 48 Tage, weil das standardisierte Formular U1 keine Möglichkeit zur Angabe eines Freizeitausgleichs beinhalte. Es sehe lediglich Angaben zu Lohn, Abfindungen oder abfindungsähnlichen Leistungen und Urlaubsabgeltung vor. Bei der von der Arbeitgeberin geleisteten Ausgleichszahlung handele es sich nicht um eine Urlaubsabgeltung, sondern um einen hiervon zu unterscheidenden Freizeitausgleich, also um eine grundsätzlich unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers wegen Mehrarbeit. Sofern ein Freizeitausgleich gewährt werde, stehe dieser einer Urlaubsabgeltung nicht gleich und die Vorschrift zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sei hierauf nicht entsprechend anzuwenden. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses habe er lediglich einen Urlaubsabgeltungsanspruch von acht Tagen gehabt. Denn auf der ersten Seite des Arbeitsvertrages heiße es: "Paid Leave Days: Holidayentitlementdays: 8.0". Darüber hinaus ergebe sich der Urlaubsanspruch von nur acht Tagen auch aus der Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin vom 3. August 2017. Aus dieser gehe hervor, dass die Urlaubstage bis zum Ende des Vertrages angespart und dann in Form von Urlaubsgeld ausgezahlt würden und dass die Arbeitszeit an Bord bei einer 7-Tage-Woche täglich durchschnittlich zehn Stunden betrug.

In der vom Kläger eingereichten Bestätigung des Arbeitgebers vom 3. August 2017 heißt es, dass der Kläger unter anderem vom 2. April bis zum 30. September 2016 in seinem Unternehmen angestellt und an Bord der von A. C. betriebenen Hochseekreuzfahrtschiffe im Einsatz gewesen sei. Während dieser Zeit seien Beiträge zur italienischen Sozialversicherung entrichtet worden. In der Sozialversicherung sei ebenfalls die Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung enthalten. Die Arbeitszeiten an Bord betrügen durchschnittlich zehn Stunden am Tag bei einer 7-Tage-Woche. Urlaubstage würden bis zum Ende des Vertrages angespart und dann in Form von Urlaubsgeld ausgezahlt. Hierzu werde auch auf den Passus "Leave Entitlement" im "Seafarers Bargain Agreement" (Arbeitsvertrag) verwiesen.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage begehrt. Die Bescheinigung U1 weise die Abgeltung der Urlaubstage zutreffend aus. In dem Arbeitsvertrag seien die Anspruchstage für den Urlaub mit "8.0" angegeben. Dies entspreche bei einem Arbeitsvertrag für sechs Monate rechnerisch genau den bescheinigten 48 Tagen. Art. 5 der Verordnung 883/2004 regele in Bezug auf das nationale Recht eine Tatbestandsangleichung. Mithin sei das für Zeiten des Urlaubs angesparte und dem Kläger ausgezahlte Entgelt nach § 157 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) zu berücksichtigen.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24. Oktober 2019). Die Klage sei unbegründet. Zwar sei ein Arbeitslosengeldanspruch am 6. Oktober 2016 entstanden. Jedoch ruhe der Anspruch für die Dauer von 48 Tagen aufgrund der für diese Zeitdauer gewährten Urlaubsabgeltung. Dies ergebe sich schon aus der Bescheinigung U1, in der unter Punkt 4.3 eine Urlaubsabgeltung mit 48 Tagen ausgewiesen sei. Es sei nicht ersichtlich, dass diese fehlerhaft ausgestellt worden sei. Überdies ergebe sich die Urlaubsabgeltung aus dem Arbeitsvertrag des Klägers. In diesem sei ausdrücklich geregelt, dass die monatliche Vergütung auch eine Mehrarbeit sowie jegliche Arbeit an Wochenenden, Sonntagen bzw. Feiertagen abgelte. Dass aus dem Arbeitsvertrag eine Zahlung für Freizeitausgleich beansprucht werden könne, sei nicht ersichtlich. Dieses würde auch der genannten Regelung widersprechen. Zudem ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag nicht, dass lediglich ein Urlaubsanspruch von insgesamt acht Tagen erworben worden sei. Der Passus "Paid Leave Days: Holidayentitlementdays: 8.0" sei nicht so zu verstehen, dass dies der gesamte Urlaubsanspruch für den Beschäftigungszeitraum sein sollte. Vielmehr handele es sich um die monatliche Zahl von Urlaubsanspruchstagen. Dies folge daraus, dass das Gehalt in dem Arbeitsvertrag ebenfalls monatlich angegeben sei. Zum anderen ergebe sich aus der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 3. August 2017, dass Urlaubstage bis zum Ende des Vertrages angespart und dann in Form von Urlaubsgeld ausgezahlt würden. Auch rechnerisch ergebe sich dann die Summe von 48 Tagen. Zudem würde ein geringerer Urlaubsanspruch als der hier bescheinigte den Regelungen der Richtlinie 2003/88/EWG widersprechen, wonach Arbeitnehmer einen Mindestjahresurlaub von vier Wochen zu erhalten hätten. Dem Kläger habe daher bei einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten mindestens einen Anspruch auf zwei Wochen Urlaub eingeräumt werden müssen. Nachdem der Kläger am 7. November 2016 ein neues Beschäftigungsverhältnis aufgenommen habe, sei er nicht mehr arbeitslos gewesen und habe daher ab dann auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Der Kläger hat gegen das ihm am 13. November 2019 zugestellte Urteil am 5. Dezember 2019 Berufung eingelegt. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe nicht geruht. Er habe keine Urlaubsabgeltung im Sinne des Gesetzes, sondern einen Freizeitausgleich erhalten. Diese grundsätzlich unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers wegen Mehrarbeit sei der Urlaubsabgeltung nicht gleichzustellen. Er hat beantragt, den Arbeitgeber zu befragen, wieviel Tage originärer Urlaubsanspruch und wie viele Tage Freizeitausgleich in der bescheinigten Anzahl enthalten seien. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass es sich bei den angegebenen "Paid Leave Days: Holidayentitlementdays: 8.0" um den monatlichen Urlaubsanspruch gehandelt habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2017 sowie des Urteils des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Oktober 2019 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf das Urteil des Sozialgerichts. Auf Anfrage hat sie mitgeteilt, dass dem Kläger hypothetisch Arbeitslosengeld in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 25,20 Euro (monatlich 756,00 Euro) zugestanden hätte.

Auf den Hinweis des Berichterstatters, dass unklar sei, aus welchem vertraglichen Passus bzw. welcher gesetzlichen Regelung ein Anspruch auf Freizeitausgleich bestanden haben solle, hat sich der Kläger auf Ziffer 4.3 des Arbeitsvertrages bezogen. Er hat angeregt, eine amtliche Übersetzung des Arbeitsvertrages einzuholen. Hierzu ist er vom Berichterstatter darauf hingewiesen worden, dass der Arbeitsvertrag keine entsprechende Klauselnummer habe und dass wohl die Arbeitsbescheinigung gemeint sei. Die Befragung des Arbeitgebers werde unterbleiben. Es werde wegen der Auskunft des Arbeitgebers vom 3. August 2017 keine Notwendigkeit der Übersetzung des Arbeitsvertrages gesehen. Zudem könne der auch ohne Übersetzung leicht verständliche Inhalt des Arbeitsvertrages herangezogen werden. Hierauf hat sich der Kläger nicht geäußert.

Die Beteiligten konnten sich zu der in Aussicht gestellten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss äußern.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Oktober 2019 und die hiermit abgewiesene statthafte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. Abs. 4 SGG) gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2017 und auf Leistung von Arbeitslosengeld in "gesetzlicher Höhe".

3. Die Berufung ist danach statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144, 151 SGG). Die für eine zulassungsfreie Berufung notwendige Beschwer von mehr als 750 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) ist erreicht. Der Kläger begehrt sinngemäß Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 6. Oktober bis 6. November 2016, weil er sich im Verfahren nicht gegen die Annahme eines fehlenden Arbeitslosengeldanspruchs ab dem 7. November 2016 gewandt hat. Nach der Berechnung der Beklagten würde dessen Höhe 25,20 Euro/Kalendertag betragen. Das Arbeitslosengeld wird für Kalendertage geleistet, wobei für einen vollen Kalendermonat immer 30 Tage anzusetzen sind (vgl. § 154 Satz 1 SGB III). Danach stünde dem alleinstehenden und kinderlosen Kläger bei seiner Steuerklasse I Arbeitslosengeld für 26 Tage im Oktober und sechs Tage im November 2016 (insgesamt 32 Tage) und damit in Höhe von insgesamt 806,40 Euro zu.

4. Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat für den Zeitraum vom 6. Oktober bis 6. November 2016 keinen Anspruch auf die Zahlung von Arbeitslosengeld. In diesem Zeitraum ruhte der Leistungsanspruch.

a) Zutreffend hat das Sozialgericht angenommen, dass der Kläger die Grundvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld ab dem 6. Oktober bis 6. November 2016 erfüllt hatte. Der Kläger war in diesem Zeitraum im Sinne des § 136 SGB III arbeitsloser Arbeitnehmer. Er stand nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, hatte sich bei der Agentur für Arbeit persönlich arbeitslos gemeldet, mit den vorgehenden Beschäftigungszeiten die Anwartschaftszeit erfüllt, war bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden und stand den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung (§§ 137 Abs. 1, 138 Abs. 1 SGB III). Dies entfiel erst mit der Aufnahme der Beschäftigung am 7. November 2016 (§ 141 Abs. 2 SGB III).

b) Bis dahin bestand hingegen kein Anspruch auf Auszahlung des Arbeitslosengeldes. Dies folgt aus § 157 Abs. 2 SGB III, wonach der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, wenn die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat. Die Dauer des Ruhens entspricht der Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses. Diese Regelungen dienen dazu, die gleichzeitige Gewährung von Arbeitslohn und des (ihn ersetzenden) Arbeitslosengeldes zu vermeiden. Sie führen nicht dazu, dass die mögliche Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes gekürzt wird. Dessen Auszahlung wird nur zeitlich verschoben.

Eine Urlaubsabgeltung liegt nur vor, wenn bislang nicht in Anspruch genommener Urlaub - für den der Lohn weitergezahlt würde - mit Geld abgefunden wird. Für eine erweiternde Auslegung, d.h. die Einbeziehung anderer ähnlicher Abgeltungen, besteht nach dem eindeutigen Wortlaut und aufgrund des Vergleichs mit dem des § 158 Abs. 1 SGB III kein Raum (vgl. Winkler in Gagel, SGB III, Stand 78. Ergänzungslieferung Mai 2020, § 157 SGB III Rn. 47).

Der Kläger hat nach dem Ende seiner Beschäftigung eine solche Urlaubsabgeltung für 48 Tage erhalten oder hierauf zumindest einen Anspruch.

Dies folgt aus der Bescheinigung U1. Dort wird in der leicht zu übersetzenden Ziffer 4.3 zur Frage, ob der Kläger anstelle von Urlaub eine Urlaubsvergütung erhalten oder zu beanspruchen hat, ein Betrag in Höhe von 3.118,00 Euro für 48 Tage vom 2. April bis 1. Oktober 2016 ausgewiesen. Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich dabei um eine Urlaubsabgeltung im Sinne des § 157 Abs. 2 SGB III und nicht um eine sonstige Vergütung bzw. einen Freizeitausgleich handelt. Dass es sich dabei um eine Urlaubsabgeltung nach italienischem Recht handelt, ändert nichts an der Anwendbarkeit des § 157 Abs. 2 SGB III. Denn aufgrund Art. 5 der EGV 883/2004 ist diese, weil einer deutschen Urlaubsabgeltung vergleichbar, wie eine solche zu behandeln (vgl. zu dieser Voraussetzung Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. März 2016 - B 11 AL 4/15 R, juris zum dänischen Recht). Sowohl nach italienischem Recht als auch nach dem Bundesurlaubsgesetz haben Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehenden Urlaubsansprüche in Geld abgegolten werden. Der hier in Rede stehende italienische Urlaubsabgeltungsanspruch entspricht in seinem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen des deutschen Anspruchs (vgl. näher Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. März 2019 - L 7 AL 171/17, juris Rn. 30 f.).

Dass dem Kläger - wie er behauptet - ein "Freizeitausgleich" als Verzicht auf eine Arbeitsleistung bei Weiterzahlung des Lohns gezahlt wurde, hält der Senat hier schon deshalb für ausgeschlossen, weil der Arbeitsvertrag mit dem 1. Oktober 2016 beendet wurde. Der Arbeitgeber konnte in der Folge gar nicht mehr auf eine Arbeitsleistung wegen früherer Mehrarbeit etc. verzichten. Sie war schlicht nicht mehr geschuldet. Außerdem war nach dem Arbeitsvertrag jegliche Mehrarbeit und Arbeit an eigentlich arbeitsfreien Tagen durch den Monatslohn abgefunden ("The salary includes all overtime work performed and as well work performed on Saturdays, Sundays and Holidays."). Eine vertragliche Grundlage für weitere Ansprüche in Geld bzw. entsprechende Zahlungen ist daher nicht zu erkennen. Dem Arbeitsvertrag sind hierzu keinerlei Regelungen zu entnehmen. Eine andere Grundlage für die Zahlung als "Freizeitausgleich" hat der Kläger trotz des Hinweises nicht belegt.

Im Übrigen steht die Auskunft in der Bescheinigung U1 im Einklang mit den Regeln des hier geschlossenen Arbeitsvertrags. Dessen mit "Leave Entitlement" überschriebener Passus "For temporary contracts, leave days will be paid out at end of contract in any event." lässt sich unschwer dahingehend übersetzen, dass nach dem Ende eines - wie hier - befristeten Vertrages noch zustehende Urlaubstage in Geld abgegolten werden. Der Senat benötigt hierfür nicht die Hilfe eines vereidigten Dolmetschers, weil der Passus kurz und sprachlich so einfach gefasst ist, dass er mit den Kenntnissen des Senats in seinem Wortlaut unmissverständlich übersetzt werden kann. Der Senat verzichtet daher nach dem ihm zustehenden Ermessen darauf, das Beweismittel zu übersetzen (vgl. § 202 Satz 1 SGG i.Vm. § 142 Abs. 3 ZPO und Armbrüster in NJW 2011, 812, 813 f.). Gleiches gilt für den Passus "Paid Leave Days: Holidayentitlementdays: 8.0", der einen Urlaubsanspruch von acht Tagen einräumt. Danach ist der Vertrag so zu verstehen, dass es dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien entsprach, dem Kläger einen Urlaubsanspruch von monatlich acht Tagen einzuräumen. Der Urlaubsanspruch steht eindeutig im sogar eingerahmten Zusammenhang mit dem Monatslohn. Es wäre widersprüchlich, im Zusammenhang mit einer als Monatslohn vereinbarten Vergütung den Urlaubsanspruch für die gesamte befristete Beschäftigungsdauer zu errechnen. Der Urlaubsanspruch wäre dann auch so gering, dass er mit den weiteren unstreitigen Beschäftigungsbedingungen nicht in Einklang zu bringen wäre. Denn wenn der Crew an Bord des Kreuzfahrtschiffes keinerlei freie Tage gewährt werden, ist ein Ausgleich nach dem Ende des Borddienstes angezeigt.

Zudem würde ein Urlaubsanspruch von insgesamt nur acht Tagen, wie ihn der Kläger behauptet, bei einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten (monatlich 1,33 Tage) den im Seearbeitsrecht geltenden internationalen und europäischen Standards widersprechen. Der Arbeitsvertrag postuliert die Einhaltung der Anforderungen der MLC (Maritim Labour Convention) 2006. Diese gilt in Italien seit der Ratifizierung am 19. November 2013 (www.ilo.org; ein Überblick zu den Regelungen gibt das italienische Transportministerium unter http://www.mit.gov.it/mit/site.php?p=cm&o=vd&id=2441). Nach deren Norm A.2.4 wäre ein Mindesturlaub von 2,5 Kalendertagen je Dienstmonat (im Jahr: 30 Tage) zu gewähren, sofern nicht andere Regelungen bestehen. Dies entspricht nunmehr auch den europäischen Mindestanforderungen an das Seearbeitsrecht gemäß der Richtlinie 1999/63/EG vom 21. Juni 1999 zu der vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (European Community Shipowners Association ECSA) und dem Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union (Federation of Transport Workers Unions in the European Union FST) getroffenen Vereinbarung über die Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten (ABl. L 167, S. 33) in der hier geltenden Fassung durch die Richtlinie 2009/13/EG vom 16. Februar 2009 (ABl. L 124, S. 30). Nach deren § 16 ist Seeleuten ein Jahresurlaub von mindestens 2,5 Kalendertagen je Beschäftigungsmonat einzuräumen, welcher nur dann durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden kann, wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet wird. Ein monatlicher Urlaubsanspruch von 1,33 Tagen wäre mit den danach hier geltenden und zwingend einzuhaltenden Regelungen unvereinbar.

Im Übrigen sind über die dargestellten Mindeststandards hinaus Urlaubsansprüche in der hier vorliegenden Größenordnung in diesem Beschäftigungssektor keineswegs unüblich. So können beispielsweise Beschäftigte auf unter deutscher Flagge fahrenden Fahrgastschiffen für die Dienstzeit an Bord je Monat einen Urlaubsanspruch von mindestens 11,5 Tagen haben (§ 23 Abs. 5 des ab 1. Juli 2002 geltenden Manteltarifvertrags für die deutsche Seeschifffahrt zwischen dem Verband Deutscher Reeder e.V. und der ver.di, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 30. Dezember 2014; zur gleichen Bewertung vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. März 2019 - L 7 AL 171/17, juris Rn. 24).

Folglich ist der Senat überzeugt, dass dem Kläger 48 Urlaubstage zustanden (acht Tage je Monat für sechs Monate) und er hierfür eine Abgeltung erhalten hat. Insofern hat der Senat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der grundsätzlich auch für die nationalen Gerichte verbindlichen (vgl. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 11. November 2004 - C-372/02, juris; BSG, Urteil vom 23. Oktober 2018 - B 11 AL 20/17 R, juris Rn. 26) Bescheinigung U1. Es besteht daher kein Anlass, ein Verfahren auf Korrektur der Bescheinigung einzuleiten.

Der Senat verzichtet auf eine weitere Auskunft des Arbeitgebers zur Berechnung bzw. zum Grund der Zahlung für die 48 Tage. Es liegt bereits eine in Deutsch gefasste Erläuterung des Arbeitgebers vom 3. August 2017 vor, wonach Urlaubstage bis zum Ende des Vertrags angespart und sodann in Form von Urlaubsgeld ausgezahlt wurden. Hierzu hat er sich ausdrücklich auf den Passus "Leave Entitlement" des Arbeitsvertrages bezogen. Das Schreiben bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass dem Kläger eine andere bzw. über die Urlaubsabgeltung hinausgehende Abgeltung gewährt wurde. Es stützt vielmehr die Angaben in der Bescheinigung U1 und steht im Einklang mit dem Vertragstext.

Danach ruhte der Anspruch ab dem 2. Oktober 2016. Der Senat hat, nachdem auch der Arbeitsvertrag entsprechend befristet war, an dem Ende der in der Bescheinigung U1 ausgewiesenen Beschäftigungsdauer am 1. Oktober 2016 keinerlei Zweifel. Das Ruhen beginnt am nachfolgenden Kalendertag. Es dauerte für 48 Tage, d.h. bei Einrechnung aller folgenden Kalendertage bis zum 18. November 2016 an. Dies entspricht dem Leistungssystem des SGB III, nachdem auch für Feier- und Sonntage Arbeitslosengeld gewährt wird. Würden nur die die gewöhnlichen Arbeitstage, also nicht die Sonntage eingerechnet, würde sich der Ruhenszeitraum sogar noch verlängern (vgl. zum Meinungsstand Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB, Stand Juni 2016, § 157 SGB III, Rn. 66 ff.). Nachdem der Leistungsanspruch hier aber jedenfalls bereits am 7. November 2016 weggefallen war, kann dahinstehen, ob Sonntage auszunehmen sind.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

6. Gründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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