Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 R 116/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 481/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Rechts der Arbeitslosenversicherung für die Beschäftigungen der Klägerin zu 2 in den Zeiträumen vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 und vom 10.09. bis 13.10.2014.
Die Klägerin zu 2 (Frau C.) ist ausgebildete HNO-Ärztin und vereinbarte mit dem Kläger zu 1 (Dr. A.) die Aufnahme einer stundenweise auszuübenden Tätigkeit als Ärztin in dessen HNO-Praxis in A-Stadt. In einer "Niederschrift über die mündliche Absprache vom 25.02.2013" heißt es:
"Die Tätigkeit von Frau C. C. als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde wird ab Februar 2013 beginnen. Frau C. C. wird mit etwa 15 Stunden/Woche in der Praxis tätig sein und ein Stundenhonorar von 40 Euro erhalten. Die Tätigkeit erfolgt als selbständige Ärztin auf Honorarbasis. Die Wahl der Arbeitszeit und Tage steht Frau C. frei. Frau C. arbeitet weisungsungebunden und haftet für Fehlleistungen im Rahmen der eigenen Berufshaftpflicht. Die Tätigkeit ist folgender Maßen definiert: Akupunkturbehandlungen und Behandlungen von Patienten mit einer privaten Krankenversicherung."
Am 21.10.2014 beantragte die Klägerin zu 2 Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status für die in den oben genannten Zeiträumen ausgeübten Tätigkeiten, wobei sie die Auffassung vertrat, nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden zu haben. Zu ihrer Tätigkeit führte sie dabei unter anderem aus, dass sie die Behandlung von Privatpatienten, Akupunkturbehandlungen sowie Urlaubsvertretungen übernommen habe. Diese Arbeitsausführung sei ohne Kontrolle nach ihren Vorstellungen erfolgt. Es seien lediglich zeitliche Absprachen getroffen worden. Die Terminierung der Patienten sei nach ihren Vorstellungen im Rahmen der Sprechstundenzeiten der Praxis erfolgt und die Behandlungen auch dort. Bezüglich der Tätigkeit habe es von Seiten des Auftraggebers keine Einschränkungen gegeben. Sie habe an Teamsitzungen teilgenommen und im Übrigen kein eigenes Unternehmerrisiko getragen.
Auf gezielte Nachfragen der Beklagten äußerte sich die Klägerin zu 2 am 07.02.2016 schließlich ergänzend, dass die Zuweisungen der Patienten nach Fachkunde, durch Überweisungen von Kollegen oder auf Wunsch der Patienten erfolgt seien, wobei die Patientenversorgung nur nach ihrer Fachkunde und nach entsprechendem Bedarf erfolgt sei. Sie habe mit den Mitarbeitern der Praxis zusammengearbeitet, wobei ihr den Arzthelferinnen gegenüber auch ein Weisungsrecht eingeräumt gewesen sei. Sie habe sich jedoch nicht an feste Arbeitszeiten, Dienstpläne oder Urlaubsregelungen halten müssen; die Vergütung sei stundenweise im Rahmen ihrer Monatsabrechnung erfolgt, wobei die erbrachten Leistungen sowohl gegenüber den Krankenkasse wie gegenüber den Privatpatienten durch die Praxis abgerechnet worden seien. Im Übrigen habe sie keinen Anspruch auf Urlaubsvergütung bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gehabt. Bei eigener Abwesenheit/Verhinderung habe sie den Praxisinhaber zu unterrichten gehabt, wobei die vereinbarten Patiententermine dann nach Rücksprache mit ihr verschobenen worden wären. Als selbständige Ärztin sei sie zur Behandlung von Privatpatienten, zur Akupunkturbehandlung (individuelle Gesundheitsleistung) sowie zur tageweisen Urlaubsvertretung bis zu fünf Tagen zugelassen.
Nach Anhörung sowohl der Klägerin zu 2 wie des Klägers zu 1 (Schreiben der Beklagten vom 31.03.2016) stellte die Beklagte unter Würdigung der von den Klägern erteilten Rechtsansichten mit Bescheiden vom 10. Juni 2016 fest, dass die Tätigkeiten der Klägerin zu 2 vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 sowie vom 10.09. bis 13.10.2014 als Ärztin bei Dr. A. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden seien und deshalb ab 22.02.2013 Versicherungspflicht sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
Aufgrund des Widerspruchs beider Kläger, mit dem unter anderem geltend gemacht wurde, dass die Klägerin zu 2 aufgrund der Beiträge zum Versorgungswerk der kassenärztlichen Vereinigung Hessens von der Rentenversicherungspflicht befreit sei, änderte die Beklagte mit Bescheiden vom 01. Oktober 2015 die Bescheide vom 10. Juni 2015 dahingehend ab, dass für die genannten Zeiträume keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe. Die weiter aufrecht erhaltenen Widersprüche wies die Beklagte – getrennt nach Klägern – mit Bescheiden vom 12. Februar 2016 als unbegründet zurück.
Hiergegen haben die Klägerin zu 2 am 02.03.2016 (S 10 R 116/16) und der Kläger zu 1 am 13.04.2016 (S 10 KR 191/16) beim hiesigen Gericht Klage erhoben, wobei sie übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeiten nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt worden seien, so dass auch keinerlei Versicherungspflicht bestanden habe. Mit Beschluss vom 11.07.2016 hat die Kammer die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und das Verfahren S 10 R 116/16 zum führenden bestimmt.
Die Klägerin zu 2 lässt zur Begründung vortragen, dass entgegen der Auffassung der Beklagten sie nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig geworden sei. Die von der Beklagten vorgetragenen Merkmale, aus denen diese eine Arbeitnehmerschaft ableiten will, könnten nicht zu dem Schluss führen, dass sie Arbeitnehmerin des Herrn Dr. A. gewesen sei. Denn das Gesamtbild ihrer Arbeitsleistung zeige deutlich überwiegend Züge einer selbständigen Tätigkeit, was sich nicht nur darin zeige, dass sie eigene (Arbeits )Kleidung habe tragen können. So habe eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation nicht vorgelegen, vielmehr habe sie bei Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit als Praxisvertreterin keinen fachlichen Weisungsbefugnissen des Klägers zu 2 als Inhaber unterlegen. Es seien von ihm keinerlei Vorgaben hinsichtlich Anzahl oder Reihenfolge der zu behandelnden Patienten gemacht worden; sie habe ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können, wogegen auch nicht spräche, dass sie sich in einem gewissen Rahmen mit dem Arbeitsalltag in der Praxis habe arrangieren müssen. Im Übrigen habe sie eine rein tätigkeitsbezogene Abrechnung ihrer Leistungen erhalten.
Die Praxis der Urlaubsvertretung entspräche im Übrigen auch § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, wonach im Bedarfsfall für eine Vertretung gesorgt werden müsse. Würde man dagegen der Argumentation der Beklagten folgen, so wäre das Befolgen dieser gesetzlichen Pflicht faktisch nicht möglich und die Regelung damit ausgehebelt. Im Übrigen sei von der Beklagten übersehen worden, dass sie durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 16.08.2013 rückwirkend seit dem 22.02.2013 von der Rentenversicherungspflicht aufgrund Mitgliedschaft in einem berufsständigen Versorgungswerk befreit worden sei, wobei das berufsständige Versorgungswerk mit Schreiben vom 07.07.2015 ausdrücklich bestätigt habe, dass die entrichteten Beiträge aufgrund freiberuflicher Tätigkeit entrichtet worden seien. Somit lägen für eine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung keinerlei Anhaltspunkte vor, so dass sich die Feststellung der Beklagten als rechtswidrig erweise.
Der Kläger zu 1 begründet seine Klage ergänzend dahingehend, dass weder eine fremdbestimmte Organisation vorgelegen habe, noch die Klägerin zu 2 in ihrer ärztlichen Tätigkeit irgendwelchen fachlichen Weisungen unterlegen habe. So seien ihr keine Vorgaben hinsichtlich der Zahl und der Reihenfolge der zu behandelnden Patienten gemacht worden. So habe für sie auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des Tätigkeitsortes vorgegeben gegolten; vielmehr habe sich diese von sich aus für die Räumlichkeiten in seiner Praxis entschieden. Auch in Bezug auf die Arbeitszeit habe es keinerlei Weisungsgebundenheit gegeben, da sie Tätigkeiten hätte ablehnen können und im Rahmen ihrer Tätigkeit ihre Zeit auch habe frei einteilen können. So hätte keinerlei vereinbarte regelmäßige Arbeitszeiten bestanden, sie habe keine Anwesenheitspflicht gehabt und sei auch von dem Praxisinhaber nicht kontrolliert worden. Die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern seiner Praxis habe nur begriffsnotwendigerweise stattgefunden, weil ein Arzt zum reibungslosen Ablauf von Behandlungen der Hilfe von Arzthelferinnen bedürfe, womit auch notwendigerweise eine Weisungsbefugnis diesen gegenüber verbunden gewesen sei.
Die Vergütung als pauschales Stundenhonorar spräche ebenfalls nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da die Klägerin zu 2, die hier als Praxisvertretung tätig gewesen sei, auch gegenüber der Krankenkasse kein eigenes Liquidationsrecht gehabt habe, dieses vielmehr begriffsnotwendigerweise durch ihn selbst durchgeführt werden musste. Die Vergütung der Klägerin zu 2 sei zwar an ihre Tätigkeit gebunden, jedoch nicht an ihre tatsächliche Anwesenheit geknüpft gewesen. Entsprechend habe sie auch nur dann Rechnungen erstellen können, wenn sie auch tatsächlich Behandlungen durchgeführt hatte. Dabei sei im Falle der Klägerin zu 2 das Kriterium des fehlenden Kapitaleinsatzes kein geeignetes Abgrenzungskriterium, zumal bei Diensten höherer Art es insoweit kein eigener Kapitaleinsatz gegeben ist, da eine als Praxisvertretung tätige Ärztin hierfür natürliche keine eigene Praxiseinrichtung vorhalte.
Entsprechend habe das Thüringer Landesarbeitsgericht im Beschluss vom 22.08.2011 (Az: 0 Ta 73/11) überzeugend festgestellt, dass es zur Annahme eines Arbeitnehmerstatus eine als Praxisvertreter tätigen Arztes nicht ausreiche, dass dieser die Praxis in den Räumen und mit Instrumenten des vertretenen Praxisinhabers zu den von diesem gehandhabten Sprechstundenzeiten fortführe. Auch dort sei eine Honorarpauschale vereinbart gewesen, was letztlich nicht als entscheidendes Kriterium angesehen worden sei. Wollte man der Argumentation der Beklagten folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass es eine Praxisvertretung auf selbständiger Basis praktisch nicht mehr geben könne; selbst für den Zeitraum einer echten Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, die gesetzlich zwingend vorgeschrieben sei. Insoweit sei auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass solche Vorgaben, wenn sie methodisch bedingt und der Natur der Sache nach nicht abänderbar sind, bei der Beurteilung außer Betracht bleiben sollen.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide vom 10. Juni 2016 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2016 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit von Frau C. in der Praxis des Dr. A. für den Zeitraum vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 sowie vom 10.09. bis 13.10.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hatte.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie vertritt dagegen die Auffassung, dass sie zu Recht von einem grundsätzlich sozialversicherungspflichtigen, weil abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen sei, da die Mehrzahl der entscheidungserheblichen Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Im Einzelnen führt sie aus, dass die Feststellung, dass die Klägerin zu 2 als Ärztin in der HNO-Praxis des Klägers zu 1 in den Zeiträumen vom 22.02. bis 24.04.2014 sowie vom 10.09. bis 13.10.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zutreffend erfolgt sei und damit Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung wie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
Nicht allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder in Selbständigkeit ausgeübt werde, vielmehr seien für deren Abgrenzung in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung von Bedeutung und nicht die Bezeichnung, die die Vertragsparteien gewählt oder gar die von ihnen gewünschte Rechtsfolge. Da Frau C. ausschließlich die eigene Arbeitskraft eingesetzt und dabei funktionsgerecht dienend in einer für sie fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen sei und bis auf die Kleidung keine eigenen Arbeitsmittel eingesetzt habe, fehle es an dem für eine selbständige Tätigkeit bestimmenden Merkmal eines unternehmerischen Risikos mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen. Zumal selbst die eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden sei, sondern nach aufgewandter Arbeitszeit auf Stundenbasis von 40 EUR entlohnt wurde. Dies spräche für eine abhängige Beschäftigung, weil ihr dadurch keine eigene Preisgestaltung möglich war. Sie liquidiert auch nicht selbst auf der Basis der Gebührenordnung für Ärzte gegenüber den von ihr behandelnden Patienten, sondern erhielt die Vergütung ausschließlich durch den Inhaber der Arztpraxis für die geleisteten Stunden.
Da Ärzte in ihrer eigentlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterliegen, komme es für die Feststellung ihres Status maßgeblich darauf an, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind/waren. Dies sei dann der Fall, wenn die Tätigkeiten des Arztes und die Arbeitsorganisation, an deren Arbeitsprozess der Arzt funktionsgerecht dienend teilnimmt, von Dritten vorgegeben sind. Dies gelte auch für die Fälle, in denen ein Arzt eine entsprechende Tätigkeit lediglich als Nebentätigkeit etwa neben einer freiberuflichen Tätigkeit oder eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Da diese Ärzte nicht entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte liquidierten, seien deren Tätigkeiten auch nicht dem Bereich einer – gegebenenfalls daneben noch ausgeübten – freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen.
Im Übrigen sei die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens berücksichtigt worden, was auch mit Änderungsbescheid vom 01.Oktober 2015 zu einer Herabsetzung der Nachforderung geführt habe.
Schließlich sei die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nicht einschlägig, da abweichend vom Arbeitsrecht im Sozialrecht z. Bsp. von einem regelmäßigen Beschäftigungsverhältnis auch dann ausgegangen werde, wenn sich durch Einzelarbeitsvertrag begründete befristete Arbeitsverhältnisse regelmäßig wiederholen und dies in einer vorausschauenden Betrachtung vorhersehbar ist. So sei der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses weitergehender als der des Arbeitsverhältnisses, da zum Beispiel auch GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer Beschäftigte im Sinne der Sozialversicherung sein könnten.
Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und den Einzelheiten in den erwähnten Unterlagen wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte des verbundenen Verfahrens S 10 R 191/16 und die hiesige Gerichtsakte verwiesen, die sämtlich auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2017 waren.
Entscheidungsgründe:
Die durch Beschluss vom 11.07.2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen sind als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; da neben der gebotenen Anfechtung der Bescheide vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, beide in Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2016 auch ein eigenständiges Feststellungsinteresse daran besteht, ob in den Zeiträumen vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 und vom 10.09. bis 13.10.2014 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Denn die reine Anfechtungsklage würde – selbst bei Erfolg – die Beklagte nicht daran hindern, eine neue identische Regelung zu treffen. Nur die Feststellung, ob ein oder zwei versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bestanden hatten, beendet den hier geführten Rechtsstreit endgültig.
Die Klagen sind jedoch als unbegründet abzuweisen. Denn die Bescheide vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, beide in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 12. Februar 2016 sind nicht zu beanstanden, weil die Kläger – jeder für sich – damit nicht in ihren Rechten verletzt werden. Vielmehr hat die Beklagte darin zu Recht festgestellt, dass die Klägerin zu 2 in den Zeiträumen vom 22.03.2013 bis 24.04.2014 und vom 10.09. bis 13.10.2014 bei ihrer Beschäftigung als Ärztin in der von dem Kläger zu 1 betriebenen HNO-Arzt-Praxis der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, SGB 2011, 633.)
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15).
Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, U.v. 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).
Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass zum maßgeblichen Tatbestand des § 7 Abs. 1 SGB IV weder eine "Festanstellung" noch der Abschluss eines - was auch immer darunter im Detail zu verstehen sein mag - "typischen" Arbeitsvertrages zählt. Der gesetzliche Typus eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses umfasst vielmehr eine große Bandbreite in Betracht kommender - seien sie als mehr oder auch als weniger "typisch" einzuschätzen - Ausformungen, bei denen insbesondere sog. "Festanstellungen" nur einen Teil der in Betracht kommenden Ausprägungen darstellen. Maßgeblich ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit die Bandbreite der in Betracht kommenden Ausgestaltungen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse verlässt und ob insbesondere im Rahmen der Gesamtabwägung die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen.
In dem hier zu beurteilenden Sachverhalt spricht die gebotene Gesamtschau der maßgeblichen Umstände (vgl. dazu etwa: BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R) zur Überzeugung der Kammer für das Vorliegen zweier abhängiger und, da mehr als nur geringfügig ausgeübten, versicherungspflichtigen (bezogen auf die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) Beschäftigungsverhältnisse zwischen den Klägern.
Auch wenn die Kläger in ihrer "Niederschrift einer mündliche Absprache" vom 25.02.2013 ausdrücklich festgelegt hatten, dass "die Tätigkeit der Klägerin zu 2 als "selbständige Ärztin auf Honorarbasis" erfolgen solle und ihr "die Wahl der Arbeitszeit und Tage frei stehe" sowie sie "weisungsungebunden arbeite" und "für ihre Fehlleistungen im Rahmen der eigenen Berufshaftpflicht hafte", sprechen die tatsächlichen Gegebenheiten gegen eine selbständige und damit versicherungsfreie Tätigkeit. Zum einen übernahm die Klägerin zu 2 – in Erweiterung der "Niederschrift" in der Praxis des Klägers zu 1 - nicht nur Akupunkturbehandlungen als sogenannte "IGEL-Leistungen" und Behandlungen von Patienten mit einer privaten Krankenversicherung, sondern auch die Behandlung von Kassenpatienten zumindest im Rahmen der absprachegemäß durchgeführten Urlaubsvertretungen.
Zwar wurde laut der "Niederschrift" vom 25.02.2013 nur vereinbart, dass die Klägerin zu 2 etwa 15 Stunden pro Woche in der Praxis tätig sein solle, jedoch bedeutete dies nicht, dass die Klägerin damit kommen und gehen konnte, wie sie wollte. Vielmehr bedurfte es zur Konkretisierung dieser Rahmenvereinbarung einer weiteren mündlichen Absprache zwischen den Klägern, die dann den Beginn, das Ende und die Dauer des Arbeitseinsatzes der Klägerin festlegte. Erst diese mündliche Vereinbarung stellt dann den Abschluss des Dienstvertrages dar, an den sich auch beide Vertragsparteien zu halten hatten. Auf dieser Basis erfolgte dann der konkrete, offenbar am konkreten Bedarf der HNO-Praxis orientierte Einsatz der Klägerin zu 2 sowie deren Bezahlung nach Erteilung einer entsprechenden Rechnung. Denn ausweislich der sich in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen "Rechnungen von Arbeitsstunden" in den einzelnen Monaten arbeitete die Klägerin zu 2 sehr unterschiedlich – sei es an verschiedenen Wochentagen, sei es in unterschiedlicher Länge (im März 2013 noch 35,5 Stunden, dagegen im April 2013 an 77 Stunden; nach 27 Stunden im Mai 2013 erfolgte die Abrechnung im Juni und Juli 2013 für 54,5 bzw. 57 Stunden und steigerte sich für den Monat November 2013 sogar auf 75,5 Stunden, so dass die eigentlich vereinbarte Arbeitszeit von 15 Std/Wo teils deutlich überschritten wurde).
Außerdem entspricht die von den Beteiligten gewünschte selbständige Tätigkeit nicht den tatsächlichen Umständen, wie sie von den Beteiligten – übereinstimmend – gelebt wurde, so dass darauf nicht maßgeblich abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 R 14/10 R). So war die Klägerin zu 2 in den Betrieb des Klägers zu 1 eingegliedert, der für sie auch ein "fremder" war. Alleiniger Inhaber war/ist der Kläger zu 1; die Klägerin zu 2 besaß keinerlei Anteile, zudem war sie auch selbst gar nicht berechtigt gegenüber den Krankenkasse Kosten der ärztlichen Leistung direkt abzurechnen. Die Abrechnung ihrer eigenen ärztlichen Leistung gegenüber den Krankenkassen der behandelnden Patienten und/oder der Privatpatienten erfolgte zudem ausschließlich durch die HNO-Praxis selbst, zumal sie auch selbst nicht zu Lasten der Krankenkassen liquidieren durfte. Sie bediente sich nicht nur der Räumlichkeiten, den Gerätschaften und den Hilfsmitteln (etwa Verbandsmaterial, Salben, Tupfer oder ähnliches) der Praxis des Klägers zu 1, sondern auch dessen Personal, ohne dass sie dafür auch nur einen kleinen Anteil der dadurch entstandenen Kosten zu tragen gehabt hätte. Sie wurde auch nicht – wie dies bei "Honoraren" ärztlicher Leistungen sowohl gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen wie gegenüber den Privatpatienten üblich ist – nach den Maßstäben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBMÄ) bzw. der Gebührenordnung für ärztliche Leistungen (GOÄ) bezahlt, sondern pauschaliert mit einem Stundenlohn in Höhe von 40 EUR, egal ob und in welchem Umfang sie die einzelnen Patienten behandelt hatte. Schließlich bediente sich die Klägerin zu 2 für die Terminsladungen der Patienten sowie der Abladung/Verlegung von Terminen des Personals der Praxis des Klägers zu 1.
Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Klägerin zu 2 – wie es beide Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2017 übereinstimmend wiedergaben – hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit nicht dem konkreten Weisungsrecht des Klägers zu 1 unterlegen hat, da bei Diensten höherer Art, zu denen unzweifelhaft auch die ärztliche Tätigkeit gehört, nämlich das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 20101 – B 1 KR 10/01 R mit weiteren Nachweisen). So zeichnet sich die Behandlung von Patienten – nicht nur in einem Krankenhaus – durch ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit vielen mitwirkenden Personen aus (vgl. auch: Landessozialgericht Niedersachsen; Urteil vom 21.08.2017 – L 2 R 248/17 zur anhängigen Beschäftigung einer Ärztin, die zu einem Stundenlohn für Bereitschaftsdienste in einer Klinik eingesetzt wird).
Schließlich fehlt es bezüglich der Tätigkeit der Klägerin zu 2 in der HNO-Arzt-Praxis des Klägers zu 1 an dem für eine selbständige Unternehmertätigkeit typisierenden Unternehmerrisiko. Denn eine selbständige Tätigkeit wird vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa: BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R) ist maßgebend für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und/oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein Unternehmerrisiko nur dann als Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit zu anzusehen, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so bereits BSG SozR 2200 zu § 1227 Nr. 17, Seite 37; BSG, SozR 3-2400 zu § 7 Nr. 13 Seite 36 mit weiteren Nachweisen). Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge teilweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt hingegen kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 28.09.2011 B 12 R 17/09 R); zumal flexible Arbeitszeiten häufig auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen anzutreffen sind (vgl. Landesozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.04.2015 – L 7 R 60/12; Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.08.2017 – L 2 R 248/17).
Ein in diesem Sinne definiertes Unternehmerrisiko vermag die Kammer im konkreten Fall der Klägerin nicht zu erkennen, zumal sie selber anlässlich ihres Antrages auf Statusfeststellung vom 21.10.2014 ausgeführt hat, weder unternehmerisch aufgetreten zu sein noch ein eigenes Unternehmerrisiko getragen zu haben. Sie hat ihre Arbeitskraft auch nicht mit dem Risiko des Verlustes eingesetzt, da sie für jede Arbeitsstunde – pauschal – mit 40,00 EUR bezahlt worden war. So hat sie Ihre Tätigkeit ausschließlich in der Praxis des Klägers zu 1 ausgeübt, sich dessen Personal und Einrichtungen bedient und sogar ihre Terminsabsprachen über die dort festangestellten Kräfte organisieren lassen. Soweit die Klägerin zu 2 bei der Ausübung ihrer Tätigkeit als Ärztin in der HNO-Praxis des Klägers zu 1 eigene Arbeitskleidung trug, erreichten die damit verbundenen Kosten sicherlich nicht ansatzweise ein Volumen, aufgrund dessen ihre Tätigkeit durch ein relevantes Unternehmerrisiko geprägt zu werten sein könnte. Auch viele abhängig Beschäftigte tragen bei der Ausübung ihres Berufs eigene Kleidung mit dem Risiko der Verschmutzung oder gar der Beschädigung, ohne dass sie dafür seitens ihres Arbeitgebers entschädigt würden. Selbst die Nutzung eines eigenen Stethoskops, das hier gar nicht geltend gemacht wird, würde eine Unternehmerrisiko nicht begründen, zumal dies auch bei festangestellten Ärzten in einer Klinik erwartet wird (dazu ausführlicher: Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.08.12017 – L 2 R 248/17).
Zudem konnte die Klägerin zu 2 bis auf die Erhöhung ihrer Stundenzahl keinerlei Einfluss auf die durch ihre Tätigkeit erzielbaren Einkünfte ausüben, insbesondere war es ihr nicht möglich, sei es durch die Behandlung einer höheren Anzahl von Patienten bei gleicher Stundenzahl oder sei es durch die Art der einzelnen Behandlungen (solche mit höherer Gebührenziffern) ihren finanziellen "Erfolg" zu steigern, wie dies bei selbständigen Ärzten mit eigener Praxis der Fall ist.
Zwar spricht die fehlende Vereinbarung einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bzw. während eines Urlaubs gegen eine abhängige Beschäftigung, jedoch wäre dies nur die Folge der von den Klägern gewünschten, aber tatsächlich nicht vorliegenden selbständigen Tätigkeit. Der Wille der Beteiligten kann jedoch nicht den Ausschlag für das Vorliegen einer selbständigen oder abhängigen Beschäftigung sein. Stellt sich daher die Tätigkeit der Klägerin zu 2 als ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar, sind auf dieses auch die entsprechenden gesetzlichen und ggf. tarifvertraglichen Regelungen anzuwenden.
Die Klägerin zu 2 war selbstverständlich als Ärztin eingesetzt worden und von ihr wurde wie bei allen anderen gleich qualifizierte angestellten Ärzten auch – naturgemäß eine fachgerechte Ausübung ihrer ärztlichen Kompetenz einschließlich damit einhergehenden therapeutischen Entscheidungen erwartet, dies berührt jedoch nicht die maßgebliche Eingliederung in die betrieblichen Ablauf der HNO-Praxis des Klägers zu 1.
Zumal es keineswegs zu den Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung gehört, dass der Arbeitgeber nach freiem Belieben den Arbeitnehmer zu Arbeitsleistungen heranziehen darf. Vielmehr ist es auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungen vielfach üblich, dass Beschränkungen der in Betracht kommenden Arbeitszeiten ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden und dass von Seiten des Arbeitgebers auch eine Rücksichtnahme auf zeitliche Präferenzen des Arbeitnehmers zugesagt werden (so ausdrücklich auch: Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.08.2017 L 2 R 248/17). In Betracht kommen insbesondere auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse, bei denen – wie hier – sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Durchführung eines jeden einzelnen Arbeitsauftrages gesondert verständigen; in solchen Fällen muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einzelauftrags" im Hinblick – allein – hierauf bestanden haben (BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R).
Entsprechend hat der Kläger zu 1 auch in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2017 dargelegt, dass die Klägerin zu 2 im Wesentlichen nach seinem Bedarf bzw. der seiner HNO-Praxis und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin Mutter minderjähriger Kinder war, tätig geworden sei; insbesondere im Falle der Praxisvertretung.
Da sich aus der gebotenen Gesamtschau der Beschäftigung der Klägerin zu 2 in den strittigen Zeiträumen sich diese als abhängige darstellt, entspricht die Feststellung der Beklagten der Sach- und Rechtslage. Die Tatsache, dass die Klägerin seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Versorgungswerk der Ärzte von der Rentenversicherungspflicht befreit war, hat die Beklagte mit Bescheiden vom 01. Oktober 2015 Rechnung getragen, ohne dass sich daran an der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung etwas ändert.
Damit erweisen sich die Bescheide der Beklagten vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, jeweils in Gestalt der beiden Widerspruchsbescheide vom 12. Februar 2012 im Einklang mit der Sach- und Rechtslage, so dass die hiergegen am 02.03.2016 (Frau C. im Verfahrens S 10 R 116/16) bzw. 13.04.2016 (Dr. A. im Verfahren S 10 R 191/16) erhobenen Klagen als unbegründet abzuweisen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da auch bei verbundenen Verfahren, bei dem eines eigentlich den Bestimmungen der §§ 197 a SGG i.V.m. § 154 ff VwGO unterliegt (S 10 R 1901/16), eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen ist, die sich im Falle, das in einem Verfahren ein Kostenprivilegierter Kläger ist, allein nach den §§ 193, 183 SGG richtet (BSG, Urteil vom 29.07.2015 – B 12 KR 23/13 R).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Rechts der Arbeitslosenversicherung für die Beschäftigungen der Klägerin zu 2 in den Zeiträumen vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 und vom 10.09. bis 13.10.2014.
Die Klägerin zu 2 (Frau C.) ist ausgebildete HNO-Ärztin und vereinbarte mit dem Kläger zu 1 (Dr. A.) die Aufnahme einer stundenweise auszuübenden Tätigkeit als Ärztin in dessen HNO-Praxis in A-Stadt. In einer "Niederschrift über die mündliche Absprache vom 25.02.2013" heißt es:
"Die Tätigkeit von Frau C. C. als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde wird ab Februar 2013 beginnen. Frau C. C. wird mit etwa 15 Stunden/Woche in der Praxis tätig sein und ein Stundenhonorar von 40 Euro erhalten. Die Tätigkeit erfolgt als selbständige Ärztin auf Honorarbasis. Die Wahl der Arbeitszeit und Tage steht Frau C. frei. Frau C. arbeitet weisungsungebunden und haftet für Fehlleistungen im Rahmen der eigenen Berufshaftpflicht. Die Tätigkeit ist folgender Maßen definiert: Akupunkturbehandlungen und Behandlungen von Patienten mit einer privaten Krankenversicherung."
Am 21.10.2014 beantragte die Klägerin zu 2 Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status für die in den oben genannten Zeiträumen ausgeübten Tätigkeiten, wobei sie die Auffassung vertrat, nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden zu haben. Zu ihrer Tätigkeit führte sie dabei unter anderem aus, dass sie die Behandlung von Privatpatienten, Akupunkturbehandlungen sowie Urlaubsvertretungen übernommen habe. Diese Arbeitsausführung sei ohne Kontrolle nach ihren Vorstellungen erfolgt. Es seien lediglich zeitliche Absprachen getroffen worden. Die Terminierung der Patienten sei nach ihren Vorstellungen im Rahmen der Sprechstundenzeiten der Praxis erfolgt und die Behandlungen auch dort. Bezüglich der Tätigkeit habe es von Seiten des Auftraggebers keine Einschränkungen gegeben. Sie habe an Teamsitzungen teilgenommen und im Übrigen kein eigenes Unternehmerrisiko getragen.
Auf gezielte Nachfragen der Beklagten äußerte sich die Klägerin zu 2 am 07.02.2016 schließlich ergänzend, dass die Zuweisungen der Patienten nach Fachkunde, durch Überweisungen von Kollegen oder auf Wunsch der Patienten erfolgt seien, wobei die Patientenversorgung nur nach ihrer Fachkunde und nach entsprechendem Bedarf erfolgt sei. Sie habe mit den Mitarbeitern der Praxis zusammengearbeitet, wobei ihr den Arzthelferinnen gegenüber auch ein Weisungsrecht eingeräumt gewesen sei. Sie habe sich jedoch nicht an feste Arbeitszeiten, Dienstpläne oder Urlaubsregelungen halten müssen; die Vergütung sei stundenweise im Rahmen ihrer Monatsabrechnung erfolgt, wobei die erbrachten Leistungen sowohl gegenüber den Krankenkasse wie gegenüber den Privatpatienten durch die Praxis abgerechnet worden seien. Im Übrigen habe sie keinen Anspruch auf Urlaubsvergütung bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gehabt. Bei eigener Abwesenheit/Verhinderung habe sie den Praxisinhaber zu unterrichten gehabt, wobei die vereinbarten Patiententermine dann nach Rücksprache mit ihr verschobenen worden wären. Als selbständige Ärztin sei sie zur Behandlung von Privatpatienten, zur Akupunkturbehandlung (individuelle Gesundheitsleistung) sowie zur tageweisen Urlaubsvertretung bis zu fünf Tagen zugelassen.
Nach Anhörung sowohl der Klägerin zu 2 wie des Klägers zu 1 (Schreiben der Beklagten vom 31.03.2016) stellte die Beklagte unter Würdigung der von den Klägern erteilten Rechtsansichten mit Bescheiden vom 10. Juni 2016 fest, dass die Tätigkeiten der Klägerin zu 2 vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 sowie vom 10.09. bis 13.10.2014 als Ärztin bei Dr. A. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden seien und deshalb ab 22.02.2013 Versicherungspflicht sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
Aufgrund des Widerspruchs beider Kläger, mit dem unter anderem geltend gemacht wurde, dass die Klägerin zu 2 aufgrund der Beiträge zum Versorgungswerk der kassenärztlichen Vereinigung Hessens von der Rentenversicherungspflicht befreit sei, änderte die Beklagte mit Bescheiden vom 01. Oktober 2015 die Bescheide vom 10. Juni 2015 dahingehend ab, dass für die genannten Zeiträume keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe. Die weiter aufrecht erhaltenen Widersprüche wies die Beklagte – getrennt nach Klägern – mit Bescheiden vom 12. Februar 2016 als unbegründet zurück.
Hiergegen haben die Klägerin zu 2 am 02.03.2016 (S 10 R 116/16) und der Kläger zu 1 am 13.04.2016 (S 10 KR 191/16) beim hiesigen Gericht Klage erhoben, wobei sie übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeiten nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt worden seien, so dass auch keinerlei Versicherungspflicht bestanden habe. Mit Beschluss vom 11.07.2016 hat die Kammer die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und das Verfahren S 10 R 116/16 zum führenden bestimmt.
Die Klägerin zu 2 lässt zur Begründung vortragen, dass entgegen der Auffassung der Beklagten sie nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig geworden sei. Die von der Beklagten vorgetragenen Merkmale, aus denen diese eine Arbeitnehmerschaft ableiten will, könnten nicht zu dem Schluss führen, dass sie Arbeitnehmerin des Herrn Dr. A. gewesen sei. Denn das Gesamtbild ihrer Arbeitsleistung zeige deutlich überwiegend Züge einer selbständigen Tätigkeit, was sich nicht nur darin zeige, dass sie eigene (Arbeits )Kleidung habe tragen können. So habe eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation nicht vorgelegen, vielmehr habe sie bei Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit als Praxisvertreterin keinen fachlichen Weisungsbefugnissen des Klägers zu 2 als Inhaber unterlegen. Es seien von ihm keinerlei Vorgaben hinsichtlich Anzahl oder Reihenfolge der zu behandelnden Patienten gemacht worden; sie habe ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können, wogegen auch nicht spräche, dass sie sich in einem gewissen Rahmen mit dem Arbeitsalltag in der Praxis habe arrangieren müssen. Im Übrigen habe sie eine rein tätigkeitsbezogene Abrechnung ihrer Leistungen erhalten.
Die Praxis der Urlaubsvertretung entspräche im Übrigen auch § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, wonach im Bedarfsfall für eine Vertretung gesorgt werden müsse. Würde man dagegen der Argumentation der Beklagten folgen, so wäre das Befolgen dieser gesetzlichen Pflicht faktisch nicht möglich und die Regelung damit ausgehebelt. Im Übrigen sei von der Beklagten übersehen worden, dass sie durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 16.08.2013 rückwirkend seit dem 22.02.2013 von der Rentenversicherungspflicht aufgrund Mitgliedschaft in einem berufsständigen Versorgungswerk befreit worden sei, wobei das berufsständige Versorgungswerk mit Schreiben vom 07.07.2015 ausdrücklich bestätigt habe, dass die entrichteten Beiträge aufgrund freiberuflicher Tätigkeit entrichtet worden seien. Somit lägen für eine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung keinerlei Anhaltspunkte vor, so dass sich die Feststellung der Beklagten als rechtswidrig erweise.
Der Kläger zu 1 begründet seine Klage ergänzend dahingehend, dass weder eine fremdbestimmte Organisation vorgelegen habe, noch die Klägerin zu 2 in ihrer ärztlichen Tätigkeit irgendwelchen fachlichen Weisungen unterlegen habe. So seien ihr keine Vorgaben hinsichtlich der Zahl und der Reihenfolge der zu behandelnden Patienten gemacht worden. So habe für sie auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des Tätigkeitsortes vorgegeben gegolten; vielmehr habe sich diese von sich aus für die Räumlichkeiten in seiner Praxis entschieden. Auch in Bezug auf die Arbeitszeit habe es keinerlei Weisungsgebundenheit gegeben, da sie Tätigkeiten hätte ablehnen können und im Rahmen ihrer Tätigkeit ihre Zeit auch habe frei einteilen können. So hätte keinerlei vereinbarte regelmäßige Arbeitszeiten bestanden, sie habe keine Anwesenheitspflicht gehabt und sei auch von dem Praxisinhaber nicht kontrolliert worden. Die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern seiner Praxis habe nur begriffsnotwendigerweise stattgefunden, weil ein Arzt zum reibungslosen Ablauf von Behandlungen der Hilfe von Arzthelferinnen bedürfe, womit auch notwendigerweise eine Weisungsbefugnis diesen gegenüber verbunden gewesen sei.
Die Vergütung als pauschales Stundenhonorar spräche ebenfalls nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, da die Klägerin zu 2, die hier als Praxisvertretung tätig gewesen sei, auch gegenüber der Krankenkasse kein eigenes Liquidationsrecht gehabt habe, dieses vielmehr begriffsnotwendigerweise durch ihn selbst durchgeführt werden musste. Die Vergütung der Klägerin zu 2 sei zwar an ihre Tätigkeit gebunden, jedoch nicht an ihre tatsächliche Anwesenheit geknüpft gewesen. Entsprechend habe sie auch nur dann Rechnungen erstellen können, wenn sie auch tatsächlich Behandlungen durchgeführt hatte. Dabei sei im Falle der Klägerin zu 2 das Kriterium des fehlenden Kapitaleinsatzes kein geeignetes Abgrenzungskriterium, zumal bei Diensten höherer Art es insoweit kein eigener Kapitaleinsatz gegeben ist, da eine als Praxisvertretung tätige Ärztin hierfür natürliche keine eigene Praxiseinrichtung vorhalte.
Entsprechend habe das Thüringer Landesarbeitsgericht im Beschluss vom 22.08.2011 (Az: 0 Ta 73/11) überzeugend festgestellt, dass es zur Annahme eines Arbeitnehmerstatus eine als Praxisvertreter tätigen Arztes nicht ausreiche, dass dieser die Praxis in den Räumen und mit Instrumenten des vertretenen Praxisinhabers zu den von diesem gehandhabten Sprechstundenzeiten fortführe. Auch dort sei eine Honorarpauschale vereinbart gewesen, was letztlich nicht als entscheidendes Kriterium angesehen worden sei. Wollte man der Argumentation der Beklagten folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass es eine Praxisvertretung auf selbständiger Basis praktisch nicht mehr geben könne; selbst für den Zeitraum einer echten Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, die gesetzlich zwingend vorgeschrieben sei. Insoweit sei auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass solche Vorgaben, wenn sie methodisch bedingt und der Natur der Sache nach nicht abänderbar sind, bei der Beurteilung außer Betracht bleiben sollen.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide vom 10. Juni 2016 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2016 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit von Frau C. in der Praxis des Dr. A. für den Zeitraum vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 sowie vom 10.09. bis 13.10.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hatte.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie vertritt dagegen die Auffassung, dass sie zu Recht von einem grundsätzlich sozialversicherungspflichtigen, weil abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen sei, da die Mehrzahl der entscheidungserheblichen Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Im Einzelnen führt sie aus, dass die Feststellung, dass die Klägerin zu 2 als Ärztin in der HNO-Praxis des Klägers zu 1 in den Zeiträumen vom 22.02. bis 24.04.2014 sowie vom 10.09. bis 13.10.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zutreffend erfolgt sei und damit Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung wie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
Nicht allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder in Selbständigkeit ausgeübt werde, vielmehr seien für deren Abgrenzung in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung von Bedeutung und nicht die Bezeichnung, die die Vertragsparteien gewählt oder gar die von ihnen gewünschte Rechtsfolge. Da Frau C. ausschließlich die eigene Arbeitskraft eingesetzt und dabei funktionsgerecht dienend in einer für sie fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen sei und bis auf die Kleidung keine eigenen Arbeitsmittel eingesetzt habe, fehle es an dem für eine selbständige Tätigkeit bestimmenden Merkmal eines unternehmerischen Risikos mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen. Zumal selbst die eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden sei, sondern nach aufgewandter Arbeitszeit auf Stundenbasis von 40 EUR entlohnt wurde. Dies spräche für eine abhängige Beschäftigung, weil ihr dadurch keine eigene Preisgestaltung möglich war. Sie liquidiert auch nicht selbst auf der Basis der Gebührenordnung für Ärzte gegenüber den von ihr behandelnden Patienten, sondern erhielt die Vergütung ausschließlich durch den Inhaber der Arztpraxis für die geleisteten Stunden.
Da Ärzte in ihrer eigentlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterliegen, komme es für die Feststellung ihres Status maßgeblich darauf an, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind/waren. Dies sei dann der Fall, wenn die Tätigkeiten des Arztes und die Arbeitsorganisation, an deren Arbeitsprozess der Arzt funktionsgerecht dienend teilnimmt, von Dritten vorgegeben sind. Dies gelte auch für die Fälle, in denen ein Arzt eine entsprechende Tätigkeit lediglich als Nebentätigkeit etwa neben einer freiberuflichen Tätigkeit oder eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Da diese Ärzte nicht entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte liquidierten, seien deren Tätigkeiten auch nicht dem Bereich einer – gegebenenfalls daneben noch ausgeübten – freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen.
Im Übrigen sei die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens berücksichtigt worden, was auch mit Änderungsbescheid vom 01.Oktober 2015 zu einer Herabsetzung der Nachforderung geführt habe.
Schließlich sei die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nicht einschlägig, da abweichend vom Arbeitsrecht im Sozialrecht z. Bsp. von einem regelmäßigen Beschäftigungsverhältnis auch dann ausgegangen werde, wenn sich durch Einzelarbeitsvertrag begründete befristete Arbeitsverhältnisse regelmäßig wiederholen und dies in einer vorausschauenden Betrachtung vorhersehbar ist. So sei der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses weitergehender als der des Arbeitsverhältnisses, da zum Beispiel auch GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer Beschäftigte im Sinne der Sozialversicherung sein könnten.
Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und den Einzelheiten in den erwähnten Unterlagen wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte des verbundenen Verfahrens S 10 R 191/16 und die hiesige Gerichtsakte verwiesen, die sämtlich auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2017 waren.
Entscheidungsgründe:
Die durch Beschluss vom 11.07.2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen sind als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; da neben der gebotenen Anfechtung der Bescheide vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, beide in Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2016 auch ein eigenständiges Feststellungsinteresse daran besteht, ob in den Zeiträumen vom 22.02.2013 bis 24.04.2014 und vom 10.09. bis 13.10.2014 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Denn die reine Anfechtungsklage würde – selbst bei Erfolg – die Beklagte nicht daran hindern, eine neue identische Regelung zu treffen. Nur die Feststellung, ob ein oder zwei versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bestanden hatten, beendet den hier geführten Rechtsstreit endgültig.
Die Klagen sind jedoch als unbegründet abzuweisen. Denn die Bescheide vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, beide in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 12. Februar 2016 sind nicht zu beanstanden, weil die Kläger – jeder für sich – damit nicht in ihren Rechten verletzt werden. Vielmehr hat die Beklagte darin zu Recht festgestellt, dass die Klägerin zu 2 in den Zeiträumen vom 22.03.2013 bis 24.04.2014 und vom 10.09. bis 13.10.2014 bei ihrer Beschäftigung als Ärztin in der von dem Kläger zu 1 betriebenen HNO-Arzt-Praxis der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, SGB 2011, 633.)
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15).
Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, U.v. 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).
Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass zum maßgeblichen Tatbestand des § 7 Abs. 1 SGB IV weder eine "Festanstellung" noch der Abschluss eines - was auch immer darunter im Detail zu verstehen sein mag - "typischen" Arbeitsvertrages zählt. Der gesetzliche Typus eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses umfasst vielmehr eine große Bandbreite in Betracht kommender - seien sie als mehr oder auch als weniger "typisch" einzuschätzen - Ausformungen, bei denen insbesondere sog. "Festanstellungen" nur einen Teil der in Betracht kommenden Ausprägungen darstellen. Maßgeblich ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit die Bandbreite der in Betracht kommenden Ausgestaltungen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse verlässt und ob insbesondere im Rahmen der Gesamtabwägung die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen.
In dem hier zu beurteilenden Sachverhalt spricht die gebotene Gesamtschau der maßgeblichen Umstände (vgl. dazu etwa: BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R) zur Überzeugung der Kammer für das Vorliegen zweier abhängiger und, da mehr als nur geringfügig ausgeübten, versicherungspflichtigen (bezogen auf die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) Beschäftigungsverhältnisse zwischen den Klägern.
Auch wenn die Kläger in ihrer "Niederschrift einer mündliche Absprache" vom 25.02.2013 ausdrücklich festgelegt hatten, dass "die Tätigkeit der Klägerin zu 2 als "selbständige Ärztin auf Honorarbasis" erfolgen solle und ihr "die Wahl der Arbeitszeit und Tage frei stehe" sowie sie "weisungsungebunden arbeite" und "für ihre Fehlleistungen im Rahmen der eigenen Berufshaftpflicht hafte", sprechen die tatsächlichen Gegebenheiten gegen eine selbständige und damit versicherungsfreie Tätigkeit. Zum einen übernahm die Klägerin zu 2 – in Erweiterung der "Niederschrift" in der Praxis des Klägers zu 1 - nicht nur Akupunkturbehandlungen als sogenannte "IGEL-Leistungen" und Behandlungen von Patienten mit einer privaten Krankenversicherung, sondern auch die Behandlung von Kassenpatienten zumindest im Rahmen der absprachegemäß durchgeführten Urlaubsvertretungen.
Zwar wurde laut der "Niederschrift" vom 25.02.2013 nur vereinbart, dass die Klägerin zu 2 etwa 15 Stunden pro Woche in der Praxis tätig sein solle, jedoch bedeutete dies nicht, dass die Klägerin damit kommen und gehen konnte, wie sie wollte. Vielmehr bedurfte es zur Konkretisierung dieser Rahmenvereinbarung einer weiteren mündlichen Absprache zwischen den Klägern, die dann den Beginn, das Ende und die Dauer des Arbeitseinsatzes der Klägerin festlegte. Erst diese mündliche Vereinbarung stellt dann den Abschluss des Dienstvertrages dar, an den sich auch beide Vertragsparteien zu halten hatten. Auf dieser Basis erfolgte dann der konkrete, offenbar am konkreten Bedarf der HNO-Praxis orientierte Einsatz der Klägerin zu 2 sowie deren Bezahlung nach Erteilung einer entsprechenden Rechnung. Denn ausweislich der sich in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen "Rechnungen von Arbeitsstunden" in den einzelnen Monaten arbeitete die Klägerin zu 2 sehr unterschiedlich – sei es an verschiedenen Wochentagen, sei es in unterschiedlicher Länge (im März 2013 noch 35,5 Stunden, dagegen im April 2013 an 77 Stunden; nach 27 Stunden im Mai 2013 erfolgte die Abrechnung im Juni und Juli 2013 für 54,5 bzw. 57 Stunden und steigerte sich für den Monat November 2013 sogar auf 75,5 Stunden, so dass die eigentlich vereinbarte Arbeitszeit von 15 Std/Wo teils deutlich überschritten wurde).
Außerdem entspricht die von den Beteiligten gewünschte selbständige Tätigkeit nicht den tatsächlichen Umständen, wie sie von den Beteiligten – übereinstimmend – gelebt wurde, so dass darauf nicht maßgeblich abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 R 14/10 R). So war die Klägerin zu 2 in den Betrieb des Klägers zu 1 eingegliedert, der für sie auch ein "fremder" war. Alleiniger Inhaber war/ist der Kläger zu 1; die Klägerin zu 2 besaß keinerlei Anteile, zudem war sie auch selbst gar nicht berechtigt gegenüber den Krankenkasse Kosten der ärztlichen Leistung direkt abzurechnen. Die Abrechnung ihrer eigenen ärztlichen Leistung gegenüber den Krankenkassen der behandelnden Patienten und/oder der Privatpatienten erfolgte zudem ausschließlich durch die HNO-Praxis selbst, zumal sie auch selbst nicht zu Lasten der Krankenkassen liquidieren durfte. Sie bediente sich nicht nur der Räumlichkeiten, den Gerätschaften und den Hilfsmitteln (etwa Verbandsmaterial, Salben, Tupfer oder ähnliches) der Praxis des Klägers zu 1, sondern auch dessen Personal, ohne dass sie dafür auch nur einen kleinen Anteil der dadurch entstandenen Kosten zu tragen gehabt hätte. Sie wurde auch nicht – wie dies bei "Honoraren" ärztlicher Leistungen sowohl gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen wie gegenüber den Privatpatienten üblich ist – nach den Maßstäben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBMÄ) bzw. der Gebührenordnung für ärztliche Leistungen (GOÄ) bezahlt, sondern pauschaliert mit einem Stundenlohn in Höhe von 40 EUR, egal ob und in welchem Umfang sie die einzelnen Patienten behandelt hatte. Schließlich bediente sich die Klägerin zu 2 für die Terminsladungen der Patienten sowie der Abladung/Verlegung von Terminen des Personals der Praxis des Klägers zu 1.
Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Klägerin zu 2 – wie es beide Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2017 übereinstimmend wiedergaben – hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit nicht dem konkreten Weisungsrecht des Klägers zu 1 unterlegen hat, da bei Diensten höherer Art, zu denen unzweifelhaft auch die ärztliche Tätigkeit gehört, nämlich das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 20101 – B 1 KR 10/01 R mit weiteren Nachweisen). So zeichnet sich die Behandlung von Patienten – nicht nur in einem Krankenhaus – durch ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit vielen mitwirkenden Personen aus (vgl. auch: Landessozialgericht Niedersachsen; Urteil vom 21.08.2017 – L 2 R 248/17 zur anhängigen Beschäftigung einer Ärztin, die zu einem Stundenlohn für Bereitschaftsdienste in einer Klinik eingesetzt wird).
Schließlich fehlt es bezüglich der Tätigkeit der Klägerin zu 2 in der HNO-Arzt-Praxis des Klägers zu 1 an dem für eine selbständige Unternehmertätigkeit typisierenden Unternehmerrisiko. Denn eine selbständige Tätigkeit wird vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa: BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R) ist maßgebend für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und/oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein Unternehmerrisiko nur dann als Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit zu anzusehen, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so bereits BSG SozR 2200 zu § 1227 Nr. 17, Seite 37; BSG, SozR 3-2400 zu § 7 Nr. 13 Seite 36 mit weiteren Nachweisen). Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge teilweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt hingegen kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 28.09.2011 B 12 R 17/09 R); zumal flexible Arbeitszeiten häufig auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen anzutreffen sind (vgl. Landesozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.04.2015 – L 7 R 60/12; Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.08.2017 – L 2 R 248/17).
Ein in diesem Sinne definiertes Unternehmerrisiko vermag die Kammer im konkreten Fall der Klägerin nicht zu erkennen, zumal sie selber anlässlich ihres Antrages auf Statusfeststellung vom 21.10.2014 ausgeführt hat, weder unternehmerisch aufgetreten zu sein noch ein eigenes Unternehmerrisiko getragen zu haben. Sie hat ihre Arbeitskraft auch nicht mit dem Risiko des Verlustes eingesetzt, da sie für jede Arbeitsstunde – pauschal – mit 40,00 EUR bezahlt worden war. So hat sie Ihre Tätigkeit ausschließlich in der Praxis des Klägers zu 1 ausgeübt, sich dessen Personal und Einrichtungen bedient und sogar ihre Terminsabsprachen über die dort festangestellten Kräfte organisieren lassen. Soweit die Klägerin zu 2 bei der Ausübung ihrer Tätigkeit als Ärztin in der HNO-Praxis des Klägers zu 1 eigene Arbeitskleidung trug, erreichten die damit verbundenen Kosten sicherlich nicht ansatzweise ein Volumen, aufgrund dessen ihre Tätigkeit durch ein relevantes Unternehmerrisiko geprägt zu werten sein könnte. Auch viele abhängig Beschäftigte tragen bei der Ausübung ihres Berufs eigene Kleidung mit dem Risiko der Verschmutzung oder gar der Beschädigung, ohne dass sie dafür seitens ihres Arbeitgebers entschädigt würden. Selbst die Nutzung eines eigenen Stethoskops, das hier gar nicht geltend gemacht wird, würde eine Unternehmerrisiko nicht begründen, zumal dies auch bei festangestellten Ärzten in einer Klinik erwartet wird (dazu ausführlicher: Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.08.12017 – L 2 R 248/17).
Zudem konnte die Klägerin zu 2 bis auf die Erhöhung ihrer Stundenzahl keinerlei Einfluss auf die durch ihre Tätigkeit erzielbaren Einkünfte ausüben, insbesondere war es ihr nicht möglich, sei es durch die Behandlung einer höheren Anzahl von Patienten bei gleicher Stundenzahl oder sei es durch die Art der einzelnen Behandlungen (solche mit höherer Gebührenziffern) ihren finanziellen "Erfolg" zu steigern, wie dies bei selbständigen Ärzten mit eigener Praxis der Fall ist.
Zwar spricht die fehlende Vereinbarung einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bzw. während eines Urlaubs gegen eine abhängige Beschäftigung, jedoch wäre dies nur die Folge der von den Klägern gewünschten, aber tatsächlich nicht vorliegenden selbständigen Tätigkeit. Der Wille der Beteiligten kann jedoch nicht den Ausschlag für das Vorliegen einer selbständigen oder abhängigen Beschäftigung sein. Stellt sich daher die Tätigkeit der Klägerin zu 2 als ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar, sind auf dieses auch die entsprechenden gesetzlichen und ggf. tarifvertraglichen Regelungen anzuwenden.
Die Klägerin zu 2 war selbstverständlich als Ärztin eingesetzt worden und von ihr wurde wie bei allen anderen gleich qualifizierte angestellten Ärzten auch – naturgemäß eine fachgerechte Ausübung ihrer ärztlichen Kompetenz einschließlich damit einhergehenden therapeutischen Entscheidungen erwartet, dies berührt jedoch nicht die maßgebliche Eingliederung in die betrieblichen Ablauf der HNO-Praxis des Klägers zu 1.
Zumal es keineswegs zu den Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung gehört, dass der Arbeitgeber nach freiem Belieben den Arbeitnehmer zu Arbeitsleistungen heranziehen darf. Vielmehr ist es auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungen vielfach üblich, dass Beschränkungen der in Betracht kommenden Arbeitszeiten ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden und dass von Seiten des Arbeitgebers auch eine Rücksichtnahme auf zeitliche Präferenzen des Arbeitnehmers zugesagt werden (so ausdrücklich auch: Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.08.2017 L 2 R 248/17). In Betracht kommen insbesondere auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse, bei denen – wie hier – sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Durchführung eines jeden einzelnen Arbeitsauftrages gesondert verständigen; in solchen Fällen muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einzelauftrags" im Hinblick – allein – hierauf bestanden haben (BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R).
Entsprechend hat der Kläger zu 1 auch in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2017 dargelegt, dass die Klägerin zu 2 im Wesentlichen nach seinem Bedarf bzw. der seiner HNO-Praxis und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin Mutter minderjähriger Kinder war, tätig geworden sei; insbesondere im Falle der Praxisvertretung.
Da sich aus der gebotenen Gesamtschau der Beschäftigung der Klägerin zu 2 in den strittigen Zeiträumen sich diese als abhängige darstellt, entspricht die Feststellung der Beklagten der Sach- und Rechtslage. Die Tatsache, dass die Klägerin seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Versorgungswerk der Ärzte von der Rentenversicherungspflicht befreit war, hat die Beklagte mit Bescheiden vom 01. Oktober 2015 Rechnung getragen, ohne dass sich daran an der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung etwas ändert.
Damit erweisen sich die Bescheide der Beklagten vom 10. Juni 2015 in der Fassung der Bescheide vom 01. Oktober 2015, jeweils in Gestalt der beiden Widerspruchsbescheide vom 12. Februar 2012 im Einklang mit der Sach- und Rechtslage, so dass die hiergegen am 02.03.2016 (Frau C. im Verfahrens S 10 R 116/16) bzw. 13.04.2016 (Dr. A. im Verfahren S 10 R 191/16) erhobenen Klagen als unbegründet abzuweisen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da auch bei verbundenen Verfahren, bei dem eines eigentlich den Bestimmungen der §§ 197 a SGG i.V.m. § 154 ff VwGO unterliegt (S 10 R 1901/16), eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen ist, die sich im Falle, das in einem Verfahren ein Kostenprivilegierter Kläger ist, allein nach den §§ 193, 183 SGG richtet (BSG, Urteil vom 29.07.2015 – B 12 KR 23/13 R).
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