Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
26
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 26 VE 4/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 VE 8/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 10/19 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Versorgungsanspruchs nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) in Folge einer Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie.
Der 1973 geborene Kläger kam am 25.05.2000 mit seinem damaligen Betreuer Herrn C. in das Psychiatrische Krankenhaus in Riedstadt. Es handelte sich um eine zweiwöchige Unterbringung zwecks Begutachtung und Vorbereitung einer Unterbringungsmaßnahme. Den Schilderungen seines Betreuers zufolge (Bl. 81 der Gerichtsakte, Bericht der Walter-Picard-Klinik in Riedstadt) bestehe beim Kläger die Gefahr fremdgefährdenden Verhaltens. Er habe bei einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz seinen Gegner schwer verletzt. Das Betreute Wohnen sei ihm gekündigt worden, weil sich die ihn aufsuchenden Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Vereins in D-Stadt bedroht gefühlt hätten. Der Vertrauensarzt des LVA sei ebenfalls von ihm bedroht worden und der Betreuer wolle wegen des Verhaltens seines Betreuten die Betreuung abgeben. Der Kläger sei schnell erregt und reagiere bedrohlich. Der Kläger wurde sodann vom 15.06.2000 bis 12.07.2000 im Psychiatrischen Krankenhaus Riedstadt nach §§ 70 h Abs. 1 und 70 Abs. 1 b FGG zwangsuntergebracht. Die Unterbringung war vom Amtsgericht Rüsselsheim mit richterlichem Beschluss vom 15.06.2000 angeordnet worden (Aktenzeichen 5 XVII 267/99). Der Kläger legte ein Rechtsmittel gegen den Beschluss ein, das erfolglos blieb, weil der Unterbringungsauftrag durch den Betreuer zurückgenommen wurde. Das Gericht hat daher inhaltlich nicht über die Unterbringung entschieden. Außerdem wurde der Kläger noch vor Ablauf des Zeitraums für den die Unterbringung beschlossen wurde, mit gebessertem Befinden nach Hause entlassen. Mit Beschluss vom 15.06.2000 wurde dem Kläger auch ein neuer Betreuer, Herr E., bestellt. Laut den Befundberichten seiner behandelnden Ärzte leidet der Kläger an einer Minderbegabung mit Neigung zu Impulskontrollverlusten. Es bestehe die Gefahr, dass er sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufüge. Gegen den Beschluss über die Zwangsunterbringung legte der Kläger Beschwerde ein, die jedoch erfolglos bleib. Bei dem Kläger wurde vom zuständigen Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung, Alkoholabhängigkeit und einem chronischen paranoid-halluzinatorischen Syndrom.
Der Kläger forderte im Anschluss an die Unterbringung erfolglos Schadensersatz und Schmerzensgeld (Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16.12.2003, Az. 8 O 311/03 und Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main über die Zurückweisung der Berufung vom 30.06.2004, Az. 22 U 47/04).
Der Kläger ist der Auffassung, die Unterbringung und die von ihm behauptete Zwangsbehandlung stellten einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff im Sinne des § Abs. 1 OEG dar. Die Unterbringung sei aus medizinischer Sicht nicht indiziert gewesen und es hätte auch kein Sachverständigengutachten vorgelegen. Das Gericht, welches die Zwangsunterbringung beschlossen habe, habe nicht über die nötige Sachkunde verfügt, um ohne Sachverständigenbeteiligung entscheiden zu können. Durch die Unterbringung seien bei ihm erhebliche gesundheitliche Schädigungen hervorgerufen worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 06.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Versorgungsleistungen nach Maßgabe des OEG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass es vorliegend bereits an den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 OEG fehle. Es mangele am Tatbestand eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs. Die Klinikeinweisung sei rechtmäßig gewesen. Der Beschluss über die vorläufige Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung sei nur deshalb mit Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 11.07.2000 aufgehoben worden, weil das Verfahrens Seitens des Betreuers nicht mehr verfolgt worden wäre.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Akte des Zentrums für Soziale Psychiatrie in Riedstadt über die Krankengeschichte des Klägers, im Folgenden "Patientenakte" genannt, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung nach § 105 (Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und keine erheblichen Probleme tatsächlicher oder rechtlicher Art bestehen. Die Beteiligten sind zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Sie waren mit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 06.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2014 nicht im Sinne des § 54 SGG beschwert, denn die Bescheide sind nicht zu beanstanden.
Voraussetzung für die Feststellung von Schädigungsfolgen bzw. der Verschlimmerung von Schädigungsfolgen gemäß § 1 OEG ist, dass der Kläger an Gesundheitsstörungen leidet, die rechtlich wesentlich durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriff verursacht worden sind.
Als tätlicher Angriff ist grundsätzlich eine in feindseliger bzw. rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt. Der tätliche Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG zeichnet sich durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein.
Nur wer Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs wird und dadurch eine gesundheitliche Schädigung erleidet, hat einen entsprechenden Anspruch auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Der Kläger müsste nachweisen, dass er eine Schädigung durch das Erleiden eines gegen den Körper gerichteten tätlichen, durch physische Gewaltanwendung und Kraftentfaltung begangenen Angriffs davongetragen hat. Dazu gehören vorsätzliche rechtswidrige Gewalttaten der Körperverletzung und der physischen Misshandlung, bei denen das Opfer körperliche oder seelische Integritätsverluste erleidet.
Ein tätlicher Angriff auf den Kläger ist vorliegend nicht nachgewiesen.
1. Angriff durch die Unterbringung
Die Unterbringung selbst stellt keinen tätlichen Angriff dar. Zur Unterbringung hat sich der Täter zunächst freiwillig mit seinem Betreuer in die Klinik eingefunden. Die zwangsweise Unterbringung erfolgte mit richterlichem Beschluss vom 15.06.2000 zum Wohl des Klägers, da die Gefahr bestand, dass er sich aufgrund seines psychischen Zustands selbst Schaden zufügt. Das Rechtsmittel, das gegen den die Unterbringung anordnenden Beschluss eingelegt wurde, hat sich durch die fehlende Weiterverfolgung des Verfahrens durch den Betreuer des Klägers und durch die vorzeitige Entlassung des Klägers erledigt. Ein auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichteter zivilrechtlicher Anspruch des Klägers wegen der Unterbringung besteht nach den Feststellungen des Landgerichts Darmstadt und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main darüber hinaus auch nicht. Es fehlt vorliegend bereits an einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff. Die Unterbringung erfolgte rechtmäßig aufgrund des Beschlusses und es fehlt zudem am Tatbestandsmerkmal des tätlichen Angriffs. Eine in feindseliger bzw. rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung hat nicht stattgefunden.
2. Angriff während der Unterbringung
Auch während der Unterbringung erfolgte nach den Erkenntnissen des Gerichts kein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff auf den Kläger. Nach der schriftlichen Stellungnahme des behandelnden Arztes während der Unterbringung des Klägers F. (Bl. 101 und 102 der Gerichtsakte) vom 20.02.2004 wurde der Kläger während des gesamten Klinikaufenthaltes weder fixiert noch sei seine körperliche Integrität eingeschränkt worden. Auch eine parenterale Gabe von Medikamenten sei nicht erfolgt. Die beigezogene Patientenakte bestätigt diese Aussage. In der Patientenakte befindet sich ein taggenaues Verlaufsprotokoll des Klinikaufenthaltes, in dem alle Besonderheiten mehrfach täglich von verschiedenen Personen festgehalten wurden. Die vom Kläger erhobenen Vorwürfe der Zwangsbehandlung und der Freiheitsberaubung werden von dem Verlaufsprotokoll nicht gestützt. Vielmehr lässt sich dem Protokoll entnehmen, dass der Kläger während seines Klinikaufenthaltes oft ruhig und zurückhaltend wirkte und viel geschlafen hat. Das Gericht sieht keine offensichtlichen Lücken in dem Verlaufsprotokoll und keinerlei Anhaltspunkte für Auslassungen oder bewusst falsche Angaben. Das Protokoll wirkt beim Durchlesen in sich schlüssig und lückenlos. Das Gericht geht daher davon aus, dass sich der Klinikaufenthalt so abgespielt hat wie er im Verlaufsprotokoll in der Patientenakte dargestellt wird. Demzufolge wurden beim Kläger während seines Klinikaufenthalts vom keine Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen vorgenommen.
Da ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 OEG bereits am Fehlen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs scheitert, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge. Das Vorliegen einer Schädigungsfolge ist daher nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Versorgungsanspruchs nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) in Folge einer Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie.
Der 1973 geborene Kläger kam am 25.05.2000 mit seinem damaligen Betreuer Herrn C. in das Psychiatrische Krankenhaus in Riedstadt. Es handelte sich um eine zweiwöchige Unterbringung zwecks Begutachtung und Vorbereitung einer Unterbringungsmaßnahme. Den Schilderungen seines Betreuers zufolge (Bl. 81 der Gerichtsakte, Bericht der Walter-Picard-Klinik in Riedstadt) bestehe beim Kläger die Gefahr fremdgefährdenden Verhaltens. Er habe bei einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz seinen Gegner schwer verletzt. Das Betreute Wohnen sei ihm gekündigt worden, weil sich die ihn aufsuchenden Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Vereins in D-Stadt bedroht gefühlt hätten. Der Vertrauensarzt des LVA sei ebenfalls von ihm bedroht worden und der Betreuer wolle wegen des Verhaltens seines Betreuten die Betreuung abgeben. Der Kläger sei schnell erregt und reagiere bedrohlich. Der Kläger wurde sodann vom 15.06.2000 bis 12.07.2000 im Psychiatrischen Krankenhaus Riedstadt nach §§ 70 h Abs. 1 und 70 Abs. 1 b FGG zwangsuntergebracht. Die Unterbringung war vom Amtsgericht Rüsselsheim mit richterlichem Beschluss vom 15.06.2000 angeordnet worden (Aktenzeichen 5 XVII 267/99). Der Kläger legte ein Rechtsmittel gegen den Beschluss ein, das erfolglos blieb, weil der Unterbringungsauftrag durch den Betreuer zurückgenommen wurde. Das Gericht hat daher inhaltlich nicht über die Unterbringung entschieden. Außerdem wurde der Kläger noch vor Ablauf des Zeitraums für den die Unterbringung beschlossen wurde, mit gebessertem Befinden nach Hause entlassen. Mit Beschluss vom 15.06.2000 wurde dem Kläger auch ein neuer Betreuer, Herr E., bestellt. Laut den Befundberichten seiner behandelnden Ärzte leidet der Kläger an einer Minderbegabung mit Neigung zu Impulskontrollverlusten. Es bestehe die Gefahr, dass er sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufüge. Gegen den Beschluss über die Zwangsunterbringung legte der Kläger Beschwerde ein, die jedoch erfolglos bleib. Bei dem Kläger wurde vom zuständigen Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung, Alkoholabhängigkeit und einem chronischen paranoid-halluzinatorischen Syndrom.
Der Kläger forderte im Anschluss an die Unterbringung erfolglos Schadensersatz und Schmerzensgeld (Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16.12.2003, Az. 8 O 311/03 und Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main über die Zurückweisung der Berufung vom 30.06.2004, Az. 22 U 47/04).
Der Kläger ist der Auffassung, die Unterbringung und die von ihm behauptete Zwangsbehandlung stellten einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff im Sinne des § Abs. 1 OEG dar. Die Unterbringung sei aus medizinischer Sicht nicht indiziert gewesen und es hätte auch kein Sachverständigengutachten vorgelegen. Das Gericht, welches die Zwangsunterbringung beschlossen habe, habe nicht über die nötige Sachkunde verfügt, um ohne Sachverständigenbeteiligung entscheiden zu können. Durch die Unterbringung seien bei ihm erhebliche gesundheitliche Schädigungen hervorgerufen worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 06.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Versorgungsleistungen nach Maßgabe des OEG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass es vorliegend bereits an den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 OEG fehle. Es mangele am Tatbestand eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs. Die Klinikeinweisung sei rechtmäßig gewesen. Der Beschluss über die vorläufige Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung sei nur deshalb mit Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 11.07.2000 aufgehoben worden, weil das Verfahrens Seitens des Betreuers nicht mehr verfolgt worden wäre.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Akte des Zentrums für Soziale Psychiatrie in Riedstadt über die Krankengeschichte des Klägers, im Folgenden "Patientenakte" genannt, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung nach § 105 (Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und keine erheblichen Probleme tatsächlicher oder rechtlicher Art bestehen. Die Beteiligten sind zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Sie waren mit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 06.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2014 nicht im Sinne des § 54 SGG beschwert, denn die Bescheide sind nicht zu beanstanden.
Voraussetzung für die Feststellung von Schädigungsfolgen bzw. der Verschlimmerung von Schädigungsfolgen gemäß § 1 OEG ist, dass der Kläger an Gesundheitsstörungen leidet, die rechtlich wesentlich durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriff verursacht worden sind.
Als tätlicher Angriff ist grundsätzlich eine in feindseliger bzw. rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt. Der tätliche Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG zeichnet sich durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein.
Nur wer Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs wird und dadurch eine gesundheitliche Schädigung erleidet, hat einen entsprechenden Anspruch auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Der Kläger müsste nachweisen, dass er eine Schädigung durch das Erleiden eines gegen den Körper gerichteten tätlichen, durch physische Gewaltanwendung und Kraftentfaltung begangenen Angriffs davongetragen hat. Dazu gehören vorsätzliche rechtswidrige Gewalttaten der Körperverletzung und der physischen Misshandlung, bei denen das Opfer körperliche oder seelische Integritätsverluste erleidet.
Ein tätlicher Angriff auf den Kläger ist vorliegend nicht nachgewiesen.
1. Angriff durch die Unterbringung
Die Unterbringung selbst stellt keinen tätlichen Angriff dar. Zur Unterbringung hat sich der Täter zunächst freiwillig mit seinem Betreuer in die Klinik eingefunden. Die zwangsweise Unterbringung erfolgte mit richterlichem Beschluss vom 15.06.2000 zum Wohl des Klägers, da die Gefahr bestand, dass er sich aufgrund seines psychischen Zustands selbst Schaden zufügt. Das Rechtsmittel, das gegen den die Unterbringung anordnenden Beschluss eingelegt wurde, hat sich durch die fehlende Weiterverfolgung des Verfahrens durch den Betreuer des Klägers und durch die vorzeitige Entlassung des Klägers erledigt. Ein auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichteter zivilrechtlicher Anspruch des Klägers wegen der Unterbringung besteht nach den Feststellungen des Landgerichts Darmstadt und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main darüber hinaus auch nicht. Es fehlt vorliegend bereits an einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff. Die Unterbringung erfolgte rechtmäßig aufgrund des Beschlusses und es fehlt zudem am Tatbestandsmerkmal des tätlichen Angriffs. Eine in feindseliger bzw. rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung hat nicht stattgefunden.
2. Angriff während der Unterbringung
Auch während der Unterbringung erfolgte nach den Erkenntnissen des Gerichts kein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff auf den Kläger. Nach der schriftlichen Stellungnahme des behandelnden Arztes während der Unterbringung des Klägers F. (Bl. 101 und 102 der Gerichtsakte) vom 20.02.2004 wurde der Kläger während des gesamten Klinikaufenthaltes weder fixiert noch sei seine körperliche Integrität eingeschränkt worden. Auch eine parenterale Gabe von Medikamenten sei nicht erfolgt. Die beigezogene Patientenakte bestätigt diese Aussage. In der Patientenakte befindet sich ein taggenaues Verlaufsprotokoll des Klinikaufenthaltes, in dem alle Besonderheiten mehrfach täglich von verschiedenen Personen festgehalten wurden. Die vom Kläger erhobenen Vorwürfe der Zwangsbehandlung und der Freiheitsberaubung werden von dem Verlaufsprotokoll nicht gestützt. Vielmehr lässt sich dem Protokoll entnehmen, dass der Kläger während seines Klinikaufenthaltes oft ruhig und zurückhaltend wirkte und viel geschlafen hat. Das Gericht sieht keine offensichtlichen Lücken in dem Verlaufsprotokoll und keinerlei Anhaltspunkte für Auslassungen oder bewusst falsche Angaben. Das Protokoll wirkt beim Durchlesen in sich schlüssig und lückenlos. Das Gericht geht daher davon aus, dass sich der Klinikaufenthalt so abgespielt hat wie er im Verlaufsprotokoll in der Patientenakte dargestellt wird. Demzufolge wurden beim Kläger während seines Klinikaufenthalts vom keine Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen vorgenommen.
Da ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 OEG bereits am Fehlen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs scheitert, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge. Das Vorliegen einer Schädigungsfolge ist daher nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
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