Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 52 SO 243/17
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 96/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2016 in Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2017 sowie unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2018, der Bescheide vom 13. Oktober 2016 und vom 24. November 2016, dieser in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23. Dezember 2016, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2017, und des Bescheides vom 19. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2017 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von 726,54 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu übernehmenden Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017.
Die am xxxxx1950 geborene Klägerin bezieht laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie leidet u.a. an einer schweren psychischen Erkrankung und ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 80 und dem Merkzeichen G anerkannt.
Im Mai 2015 zog die Klägerin mit vorher erteilter Zustimmung der Beklagten in eine Mietwohnung in der B., deren Kosten mit 726,54 Euro über der Angemessenheitsgrenze in der Fachanweisung der Beklagten zu § 35 SGB XII lagen. Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 20. Mai 2015 wurde dem Umzug aufgrund der psychischen Behinderung der Klägerin, dem seit Jahren laufenden Rechtsstreit der Klägerin mit ihrem bisherigen Vermieter sowie der nach dem nervenärztlichen Gutachten vom 29. Januar 2015 zu erwartenden gesundheitlichen Besserung durch einen Umzug zugestimmt.
Zuletzt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Juli 2016 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. August 2016 bis zum 31. Januar 2017 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der B. Straße in Höhe von 726,54 Euro monatlich.
Im Rahmen einer Budgetkonferenz am 21. Juli 2016 teilte die Klägerin mit, dass sie in ihrer aktuell bewohnten Wohnung in der B. Straße erheblichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt sei. Unterhalb ihrer Fenster und des Balkons befinde sich eine Freifläche, auf der sich Kinder und Jugendliche treffen und Lärm verursachen würden. Außerdem fänden dort Freizeitaktivitäten von Erwachsenen wie beispielsweise Grillen statt. Sie sei jedoch aufgrund ihrer Erkrankung sehr ruhebedürftig sei und habe dies bei der Anmietung der Wohnung auch dem Vermieter bzw. der beauftragten Verwaltungsfirma mitgeteilt. Dieser habe ihr daraufhin zugesagt, dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt würden und ihr die Wohnung im "Seniorenwohnen am Park" vermietet. Da sich nunmehr herausgestellt habe, dass die Wohnung nicht so ruhig liege, wie ihr zugesichert worden sei, könne sie nicht zur Ruhe kommen und befinde sich in einem immerwährenden Ausnahme- und Anspannungszustand. Sie suche deshalb erneut nach einer geeigneten Wohnung und habe hierbei die bereits 2014 geäußerten Schwierigkeiten, dass sie aufgrund des Bezugs von Transferleistungen von Vermietern nicht als potentielle Mieterin wahrgenommen werde und keine Möglichkeit habe, einen Makler zu finanzieren. Die Wohnungssuche koste sie viel Zeit und Kraft, so dass ihre Aktivitäten derzeit auf die Wohnungssuche und Arztbesuche beschränkt seien.
Am 28. Juli 2016 unterzeichnete die Klägerin, ohne zuvor die Beklagte unterrichtet oder eine Zusicherung eingeholt zu haben, einen ab dem 1. Oktober 2016 geltenden Mietvertrag für eine 2-Zimmer-Wohnung im H. mit einer Wohnfläche von ca. 64 m2. Die Gesamtkosten für die Wohnung betrugen im streitigen Zeitraum 860 Euro monatlich. Hiervon entfielen 600 Euro auf die Nettomiete, 110 Euro auf die Betriebs- und 150 Euro auf die Heizkosten.
Am 5. September 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Kostenzusage für die Anmietung dieser Wohnung. Mit Schreiben vom 28. September 2016 verweigerte die Beklagte die Zustimmung. Dies begründete sie damit, dass die Kosten der Kaltmiete erheblich über den Höchstwerten lägen.
Am 13. Oktober 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen für den Monat November 2016 und berücksichtigte bei der Leistungshöhe nur noch eine Miete in Höhe des sich aus ihrer Fachanweisung ergebenden Höchstbetrags von 633,50 Euro. Außerdem rechnete sie ein einmaliges Einkommen in Höhe von 93,04 Euro an. Hierzu wies sie darauf hin, dass im Oktober 2016 noch die Mietkosten der Wohnung in der B. Straße berücksichtigt worden seien, obwohl die angemessenen Kosten der Unterkunft für die Wohnung im H. zu berücksichtigen gewesen wären. Dadurch sei es zu einer Überzahlung in Höhe von 93,04 Euro gekommen, die im November verrechnet werde. Zum 1. November 2016 zog die Klägerin in die Wohnung im H. ein. Dort wohnt sie nach wie vor.
Mit Schreiben vom 4. November 2016 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2016 und wandte sich zum einen gegen die Verrechnung in Höhe von 93,04 Euro für Oktober 2016 und zum anderen dagegen, dass für November 2016 nur eine Miete in Höhe von 633,50 Euro anerkannt worden war. Hierzu trug sie vor, dass ihr mit Leistungsbescheid vom 7. Juli 2016 bis zum 31. Januar 2017 eine Miete in Höhe von 726,54 Euro monatlich bewilligt worden sei und dieser Bescheid weder für Oktober noch für November 2016 aufgehoben worden sei. Zudem sei sie erst zum 1. November 2016 in die Wohnung im H. umgezogen, so dass für Oktober keine Überzahlung eingetreten sei. Für November begehre sie die Übernahme der tatsächlichen Mietkosten in Höhe von 860 Euro brutto/warm zuzüglich der noch aufzugebenden Wasserkosten.
Mit Bescheid vom 11. November 2016 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2016 zunächst für die Zeit ab dem 1. Oktober 2016 auf. Dies begründete sie damit, dass durch die Anmietung der Wohnung im H. eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sei, so dass der Bescheid gem. § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben gewesen sei. Aufgrund des Widerspruches der Klägerin vom 17. November 2016, mit dem sie erneut darauf hinwies, dass sie erst zum 1. November in die Wohnung im H. umgezogen sei, zahlte die Beklagte die verrechnete Überzahlung in Höhe von 93,04 Euro nach und erließ "im Wege einer Umdeutung gem. § 43 SGB X" den Bescheid vom 7. Dezember 2016, mit dem der Bewilligungsbescheid vom 7. Juli erst zum 1. November aufgehoben wurde. Auch diesem Bescheid widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2016.
Am 24. November 2016 bewilligte die Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 31. Januar 2017 und berücksichtigte weiterhin nur Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro. Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 2. Dezember 2017 machte die Klägerin wiederum geltend, dass ab November 2016 Mietkosten in Höhe von 860 Euro brutto/warm zu übernehmen seien. Die Einholung einer Zustimmung zum Umzug vor Abschluss des Mietvertrages sei ihr nicht möglich gewesen. Sie habe bereits etwa ein Jahr intensiv nach einer neuen Wohnung gesucht, da sie in der bisherigen Wohnung tagsüber hohen Geräuschbelästigungen ausgesetzt gewesen sei, die ihre Gesundheit erheblich beeinträchtigt hätten, und großes Glück gehabt, dass ihr die Wohnung im H. angeboten worden sei. Sie habe den Mietvertrag sofort abschließen müssen, da die Wohnung sonst anderweitig vergeben worden wäre. Am 23. Dezember 2016 erging schließlich ein weiterer Bescheid über Grundsicherungsleistungen für Januar 2017, in dem gegenüber dem Bescheid vom 24. November 2016 zwar ein höherer Regelsatz und Mehrbedarfszuschlag, aber weiterhin nur Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro berücksichtigt wurden. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 4. Januar 2017 auch gegen diesen Bescheid Widerspruch.
Die Beklagte entschied mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2017 (Az. W/RA 4/2313/2016) über alle Widersprüche, die den Zeitraum bis Januar 2017 betrafen. Die Widersprüche vom 22. Dezember 2016 und vom 4. Januar 2017 verwarf die Beklagte als unzulässig, da die angegriffenen Bescheide Gegenstand der Widerspruchsverfahren vom 4. November, 17. November und 2. Dezember 2016 geworden seien und ein erneuter Widerspruch daher nicht zulässig sei. Die Widersprüche vom 4. und 17. November sowie vom 2. Dezember 2016 wies die Beklagte als unbegründet zurück, soweit ihnen nicht bereits durch den Bescheid vom 7. Dezember 2016 abgeholfen worden war. Hierzu führte sie aus, dass die Klägerin ab dem Umzug im November 2016 nur noch einen Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe der angemessenen Kosten habe. Dabei stützte sie sich auf § 48 SGB X und § 35 Abs. 2 S. 4 SGB XII. Durch den Umzug sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die dazu führe, dass bei der Bedarfsberechnung nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen seien. Für die Klägerin gelte insoweit die bis zum 18. Januar 2017 geltende Fachanweisung weiter, weil diese für die Klägerin günstiger sei als die zum 19. Januar 2017 in Kraft getretene Neuregelung. Danach sei eine Netto-Kaltmiete in Höhe von 373,50 Euro zuzüglich der tatsächlichen Neben- und Heizkosten von 260 Euro angemessen, mithin ein Gesamtbetrag in Höhe von 633,50 Euro. Nach der neueren Fachanweisung hätten lediglich eine Brutto-Kaltmiete von 463,50 Euro zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten anerkannt werden können. Die Übernahme der tatsächlichen, die Grenze des Angemessenen erheblich überschreitenden Unterkunftskosten der neuen Wohnung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte dem Umzug nicht zugestimmt habe. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, die vorherige Einholung der behördlichen Zustimmung sei ihr nicht möglich gewesen, habe dies keine Auswirkung auf die Rechtsfolgen der Nichteinholung der Zustimmung. Auch der Umstand, dass die Beklagte im Wege der Einzelfallentscheidung der Übernahme unangemessen hoher Kosten für die Wohnung in der B. Straße zugestimmt habe, führe zu keiner anderen Bewertung. Diese Einzelfallentscheidung führe nicht zu einem pauschalen Recht, Wohnungen aus einem Preissegment über den in Hamburg geltenden Höchstwerten anzumieten. Schließlich könne sich die Klägerin hinsichtlich der Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie wusste, zumindest aber hätte wissen müssen, dass der aus dem Bescheid vom 7. Juli 2016 folgende Anspruch infolge ihres Umzugs teilweise weggefallen sei. Da sie in der Vergangenheit bereits umgezogen sei und vor dem Umzug in die vorherige Wohnung langjährig nach einer Wohnung innerhalb der Angemessenheitsgrenzen gesucht habe, seien ihr sowohl das Verwaltungsverfahren, das bei einem Umzug einzuhalten sei, als auch die geltenden Höchstwerte für angemessenen Wohnraum bekannt gewesen. Sie habe auch gewusst oder aufgrund einer Verletzung der erforderlichen Sorgfalt nicht gewusst, dass die für die zuvor bewohnte Wohnung bewilligten Mietkosten nicht auch für die nunmehr angemietete Wohnung gelten konnten.
Am 27. Februar 2017 hat die Klägerin gegen diesen Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben, die zunächst unter dem Az. S 52 SO 115/17 geführt worden ist.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2017 und erkannte auch in diesem Zeitraum nur Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro an. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 8. Februar 2017 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2017 (Az. W/RA4/599/2017) als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte die Beklagte ihre Argumentation aus dem Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2017, dass die Aufwendungen der neuen Unterkunft unangemessen seien und mangels Zustimmung zum Umzug nicht übernommen werden könnten.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 18. Mai 2017 ebenfalls Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben, die unter dem Az. S 52 SO 243/17 erfasst worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klagen S 52 SO 115/17 und S 52 SO 243/17 mit Beschluss vom 27. Dezember 2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und das Verfahren unter dem Az. S 52 SO 243/17 weitergeführt.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass sie die Wohnung aus gesundheitlichen Gründen habe verlassen müssen. Hierzu legte sie ein Schreiben ihrer behandelnden Ärztin Dr. E. vom 28. April 2016 vor. Danach habe sich bei der Klägerin in den letzten Monaten eine tiefgreifende, ausgeprägte depressive Verstimmung mit Panikattacken, sozialen Rückzugstendenzen, massiven Schlafstörungen, Kraft- und Antriebslosigkeit, Unruhezuständen, zunehmender Isolation und Notwendigkeit zur permanenten Begleitung außerhalb der Wohnung entwickelt. Diese Krise beruhe nach den Angaben der Klägerin auf der inzwischen völlig verfahrenen Wohnungssituation. Ihr sei die Wohnung als "ruhige Seniorenwohnung mit Park" vermietet worden. Seit ihrem Einzug bestehe jedoch eine tagtägliche, hohe und nicht tolerabele Lärmbelastung direkt vor der Wohnung durch eine große Anzahl spielender Kinder sowie sich lautstark unterhaltende Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen. Diese Lärmbelastung könne die Klägerin weder auf dem Balkon noch in der Wohnung ertragen. Sie befinde sich daher in einem permanenten Stresszustand, der offensichtlich letztendlich zu ihrer gegenwärtigen kritischen seelischen Situation geführt habe. Sollte es nicht zu einer baldigen Auflösung der Belastungssituation durch einen die Vorgaben der Klägerin berücksichtigenden Wohnungswechsel kommen, sei das Risiko einer Dekompensation und einer daraus resultierenden notfallmäßigen stationären Behandlung sehr hoch.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bewilligungsbescheide sowie der Aufhebungsbescheid seien rechtmäßig. Die Klägerin habe weder für die Zeit von November 2016 bis Juli 2017 einen Anspruch auf die Übernahme der Unterkunftskosten über einen Betrag von 633,50 Euro monatlich hinaus noch sei die Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 7. Juli 2017 für die Zeit ab November 2016 zu beanstanden. Zur Begründung hat das Gericht auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat das Gericht darauf hingewiesen, dass nicht überzeugend dargelegt worden sei, warum der Umzug von der B. Straße in den H. überhaupt erforderlich gewesen sei und warum die Klägerin keine Möglichkeit gehabt haben sollte, die vorherige Zustimmung der Beklagten einzuholen. Zwischen Vertrags-unterzeichnung und Benachrichtigung der Beklagten hätten mehr als fünf Wochen gelegen. Mangels rechtzeitiger Benachrichtigung sei es der Beklagten auch kaum möglich, die – nunmehr – behaupteten Gründe für einen Umzug zu verifizieren. Dies könne nach dem erfolgten Umzug nun auch nicht mehr nachgeholt werden.
Die Klägerin hat am 23. November 2018 Berufung gegen das ihr am 6. November 2018 zugestellte Urteil eingelegt. Sie macht geltend, dass der Umzug für sie dringend erforderlich gewesen sei, da sie aus gesundheitlichen Gründen in ruhiger Umgebung wohnen müsse. Die Lärmbelästigungen seien für sie psychisch unerträglich gewesen, so dass sie aus medizinischen Gründen so schnell wie möglich habe umzuziehen müssen, um weiteren Schaden an ihrer Gesundheit zu vermeiden. Die Klägerin trägt außerdem vor, dass hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnung nicht auf die fachlichen Weisungen der Beklagten abzustellen sei, da sich die Leistungshöhe nach dem SGB XII gem. § 9 SGB XII nach den Besonderheiten des Einzelfalles richte. Insoweit sei den aus ihrer schweren Erkrankung resultierenden Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Diesbezüglich hat sie ein Attest ihrer behandelnden Nervenärztin, Dr. E., vom 5. September 2014 eingereicht, aus dem sich ergebe, dass sie aufgrund ihrer gravierenden Angststörungen auf eine Wohnung angewiesen sei, deren Wohnfläche erheblich über den diesbezüglichen Höchstgrenzen der Fachanweisungen liege. Dem Attest ist insbesondere zu entnehmen, dass nur ein umgehender Umzug zu einer Entlastung der psychosozialen Situation der Klägerin führen könne. Um eine Zunahme der Angststörung zu vermeiden, solle nach Möglichkeit darauf geachtet werden, dass die Wohnung eine ausreichende Größe von 55-60 m2 habe und in ruhiger Umgebung liege. Daneben beruft sich die Klägerin auf Vertrauensschutzgesichtspunkte, da sie seit 1998 immer in Wohnungen mit zwei Zimmern und einer Wohnfläche von mindestens 60 m2 gewohnt habe, deren Kosten jeweils über den Angemessenheitsgrenzen lagen. Sie sei auch bereits mehrfach ohne Zustimmung umgezogen. Die Umzüge und Mietkosten seien jeweils nach Einholung eines Gutachtens durch das Gesundheitsamt akzeptiert worden, so dass sie auch für den jetzigen Umzug davon ausgegangen sei, dass es nicht erforderlich gewesen sei, zunächst die Zustimmung der Beklagten einzuholen. Sie habe jedoch ohnehin keine vorherige Zustimmung zum Umzug einholen können, da sie den Mietvertrag sofort habe unterzeichnen müssen. Der Makler habe ihr keine Zeit eingeräumt, mit der Beklagten zu klären, ob diese dem Umzug zustimme. Diesbezüglich sei auch zu berücksichtigen, dass sie nur sehr eingeschränkt in der Lage sei, sich auf dem freien Wohnungsmarkt um Wohnungen zu bemühen. Schließlich hat sich die Klägerin zur Begründung der Berufung darauf gestützt, dass ihr Antrag auf Übernahme der vollen Mietkosten hilfsweise als Antrag auf Gewährung einer Teilhabeleistung in Form der Gewährung von Eingliederungshilfe zu bewerten sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 13. Oktober 2016, vom 11. November 2016, dieser in Gestalt des Änderungsbescheides vom 7. Dezember 2016, vom 24. November 2016, dieser in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23. Dezember 2016, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2017, sowie des Bescheides vom 19. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2017 zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 860,00 Euro monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie beruft sich auf ihren bisherigen Vortrag sowie die Begründung des angefochtenen Urteils und verweist insbesondere auf den eindeutigen Wortlaut des § 35 Abs. 2 SGB XII. Danach sei der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme der angemessenen Aufwendungen verpflichtet, soweit nach einem Umzug die Aufwendungen der neuen Unterkunft unangemessen hoch seien und er den darüberhinausgehenden Aufwendungen nicht vorher zugestimmt habe. Zum Vortrag der Klägerin, dass der über der Angemessenheitsgrenze liegende Anteil der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen sei, hat sie darauf hingewiesen, dass nach § 55 Abs. 2 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) a.F. im Rahmen der Eingliederungshilfe nur Unterkunftskosten übernommen werden könnten, wenn und soweit die Leistungsberechtigten von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgeschlossen seien. Der Klägerin würden jedoch Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung gewährt.
Ende 2018 hat der Vermieter der Klägerin wegen Eigenbedarfs gekündigt. Im Rahmen der durch den Vermieter erhobenen Räumungsklage (anhängig beim Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Az. 816 C 34/19) ist die Klägerin durch den Psychiater Dr. L. begutachtet worden. Aus dem Gutachten von Dr. L. vom 10. April 2020 ergibt sich, dass die Klägerin unter einem komplexen psychiatrischen Krankheitsbild leide, dass sich aus einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer bipolaren Störung, gegenwärtig als schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, einer Agoraphobie, einer Panikstörung und einer somatischen Belastungsstörung zusammensetze. Dieses Krankheitsbild sei chronifiziert und bestehe bereits seit langer Zeit, so dass eine Verbesserung oder gar Heilung unmöglich sei. Auch wenn es der Klägerin in der Vergangenheit möglich gewesen sei, mehrere Wohnungswechsel herbeizuführen, müsse nunmehr davon ausgegangen werden, dass eine schwere Dekompensation eintrete, wenn sie die Wohnung verliere, da sie durch die derzeitige Wohnung einen Schutz erfahre, der sie stabilisiere und vor einer weiteren Dekompensation schütze. Im Gegensatz zu den bisherigen Wohnungen, in denen die Klägerin nicht zurechtgekommen sei, habe sie in der aktuellen Wohnung eine Heimat gefunden. Der Sachverständige hat sich daher der Einschätzung der behandelnden Fachärzte der Klägerin angeschlossen, dass ein Verlust der Wohnung durch die damit verbundene Entwurzelung der Klägerin zu einer deutlichen Verschlechterung ihres psychischen Zustandes führen würde. Da bei der Klägerin zudem ein hohes Risiko für eine Alterssuizidalität anzunehmen sei, müsse, für den Fall, dass sie ihre Wohnung verliere, mit einer suizidalen Handlung gerechnet werden, die auch durch eine geschlossene Unterbringung nicht abgewendet werden könne. Dieser psychische Zustand der Klägerin sei unabänderlich. Auch durch eine adäquate psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung könne kein Zustand erreicht werden, in dem sich die Klägerin mit der Notwendigkeit, sich in einem anderen Wohnumfeld zurecht zu finden, arrangieren könne. Theoretisch wäre diese Situation aus psychiatrischer Sicht nur dadurch zu lösen, dass der Klägerin eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden würde, die der gegenwärtigen im Wesentlichen entspreche. Wichtig seien insoweit ein sehr ruhiges Wohnumfeld, eine gewisse Weite der Räumlichkeiten und die Möglichkeit, dass die Klägerin ihre behandelnden Ärzte zeitnah erreichen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand des Verfahrens sind die Bewilligungsbescheide vom 13. Oktober 2016, 24. November 2016 und vom 23. Dezember 2016 sowie der Aufhebungsbescheid vom 11. November 2016 in der Fassung des Bescheids vom 07. Dezember 2016, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2017, und der Bewilligungsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2017.
Die Klägerin konnte ihre Klagen zulässigerweise auf die Höhe der Kosten der Unterkunft beschränken (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.4.2011 – B 8 SO 18/09 R).
II. Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist aber nur teilweise begründet.
Die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen sind als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG in Verbindung mit § 56 SGG statthaft. Auch die Klage vom 18. Mai 2018 ist, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, fristgerecht erhoben. Gründe für eine sonstige Unzulässigkeit der Klagen sind nicht ersichtlich.
In der Sache hat die Klägerin für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017 einen Anspruch auf Übernahme von Kosten der Unterkunft in Höhe der bisher anerkannten Kosten von 726,54 Euro (1.). Damit ist auch der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 11. November 2016 in der Gestalt des Umdeutungsbescheides vom 7. Dezember 2016 rechtswidrig (2.).
1. Nach § 42 Nr. 4 1. Halbsatz i.V.m. § 35 SGB XII, jeweils in der vom 1. Januar 2016 bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2015, bzw. nach § 42 Nr. 4a SGB XII i.V.m. § 42 a SGB XII, jeweils in der vom 1. Juli 2017 bis zum 5. Dezember 2019 geltenden Fassung vom 22. Dezember 2016 i.V.m. § 35 SGB XII in der vom 1. Juli 2017 bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung vom 22. Dezember 2016, sind Leistungsberechtigten neben dem Regelsatz und Mehrbedarf Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Dabei werden die Bedarfe für die Unterkunft nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII (sowohl in der Fassung vom 21.12.2015 als auch in der Fassung vom 22.12.2016) grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt. Abweichend hiervon ist der Träger der Sozialhilfe nach § 35 Abs. 2 S. 4 SGB XII (in beiden für den streitgegenständlichen Zeitraum relevanten Fassungen) nach einem Umzug in eine neue Unterkunft, deren Aufwendungen unangemessen hoch sind, nur zur Übernahme der angemessenen Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüberhinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt. Hier sind die Kosten für die Wohnung im H. nur in Höhe von 726,54 Euro und nicht in voller Höhe angemessen (a), so dass eine Zustimmung der Beklagten zu den darüberhinausgehenden Aufwendungen erforderlich wäre, damit die Klägerin Anspruch auf die vollständige Übernahme ihrer Unterkunftskosten hätte. Eine Zustimmung der Beklagten wurde jedoch weder erteilt noch hat die Klägerin Anspruch auf die Erteilung der Zustimmung (b). Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Übernahme der die angemessenen Kosten übersteigenden Aufwendungen im Rahmen der Eingliederungshilfe (c).
a) Nach Auffassung des Senats sind die Unterkunftskosten in Höhe von 726,54 Euro, die die Beklagte bis zum Umzug der Klägerin in den H. als angemessen erachtet und übernommen hat, weiterhin angemessen und zu übernehmen.
Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Konkretisierung durch die Verwaltung grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar ist (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18, Rn. 16ff.). Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete) zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (BSG, aaO, Rn. 19 m.w.N.).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat hierbei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, in dem insbesondere die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept festzulegen ist (BSG, aaO, Rn. 20 ff. m.w.N.). Ob die Fachanweisung der Beklagten zu § 35 SGB XII diesen Anforderungen genügt, kann hier jedoch dahinstehen, da die sich aus der Fachanweisung in der hier maßgeblichen Fassung vom 18. Januar 2017 ergebende (abstrakte) Angemessenheitsgrenze von 633,50 Euro für die Wohnung der Klägerin nach Auffassung des Senats nicht ausreichend ist, um den konkreten Wohnbedarf der Klägerin zu decken. Vielmehr sind unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und insbesondere der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin höhere konkrete Unterkunftskosten als die von der Beklagten unter Bezugnahme auf die fachlichen Weisungen abstrakt ermittelten Kosten für einen Ein-Personen-Haushalt als angemessen anzuerkennen. Denn aus dem im Sozialhilferecht geltenden Bedarfsdeckungsprinzip folgt, dass abstrakte Betrachtungsweisen, wie die der abstrakten Angemessenheit von Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft, letztlich unerheblich sind, wenn im konkreten Einzelfall eine andere Beurteilung notwendig ist, damit ein sozialhilferechtlicher Bedarf gedeckt wird (Wrackmeyer-Schoene in: Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Aufl., § 35 Rn. 24). Daher können im Einzelfall auch höhere Unterkunftskosten angemessen sein, etwa für behinderte oder pflegebedürftige Menschen (Falterbaum in: Hauck/Noftz, SGB, 10/18, § 35 SGB XII, Rn. 44).
Diesbezüglich ist sowohl den Attesten der behandelnden Ärzte der Klägerin als auch dem Gutachten von Dr. L. zu entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Angsterkrankung einer ausreichend großen Wohnung bedarf. So hat die die Klägerin langjährig behandelnde Ärztin Dr. E. schon in ihrem Attest vom 05.09.2014 ausgeführt, dass nach Möglichkeit darauf geachtet werden solle, dass die Wohnung eine Größe von 55 – 60 m2 habe und in ruhiger Umgebung liege, um eine Zunahme der Angststörung zu vermeiden. Auch Dr. L. benennt als wesentliche Kriterien für eine der Erkrankung der Klägerin angemessene Wohnung ein sehr ruhiges Wohnumfeld und eine gewisse Weite der Räumlichkeiten. Schließlich ist einzubeziehen, dass die Klägerin zuvor immer Wohnungen mit 2 Zimmern und einer Größe über 60 m2 bewohnt hat, deren Mieten die Beklagte jeweils übernommen hat, auch wenn diese nach den jeweiligen Fachanweisungen nicht angemessen waren.
Folglich genügen die in den Fachanweisungen ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenzen für einen durchschnittlichen Ein-Personen-Haushalt nicht, um den sozialhilferechtlich relevanten Bedarf der Klägerin an einer vom Wohnflächenbedarf eines typischen Ein-Personen-Haushalts abweichenden größeren Wohnung mit 2 Zimmern und einer Wohnfläche von 55-60 m2 zu decken.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zuletzt der Anmietung der 61 m2 großen Wohnung in der B. Straße mit nach abstrakten Maßstäben unangemessenen Gesamtaufwendungen in Höhe von 726,54 Euro zugestimmt hat und somit diesen Betrag unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands der Klägerin und ihrer Schwierigkeiten, geeigneten Wohnraum innerhalb der Angemessenheitsgrenze zu finden, als (subjektiv) angemessen anerkannt hat.
Da in der gesundheitlichen Situation der Klägerin keine Änderung eingetreten ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die von der Klägerin geschilderten Schwierigkeiten, eine Wohnung im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen zu finden, zwischenzeitlich entfallen wären, da sich auch insoweit die Umstände nicht geändert haben, ist kein Grund dafür ersichtlich, die für die Klägerin anerkannte Angemessenheitsgrenze von 726,54 Euro nach ihrem Umzug in eine teurere Wohnung nicht mehr zugrunde zu legen.
Für die Weitergewährung der bisher als angemessen erachteten Wohnungsaufwendungen spricht zudem, dass im Rahmen des § 35 SGB XII im Gegensatz zu der entsprechenden Regelung in § 22 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) nach einem nicht erforderlichen Umzug keine strikte Begrenzung auf die bisherigen Aufwendungen vorgesehen ist, um den Besonderheiten im Sozialhilferecht Rechnung zu tragen und insbesondere das in § 9 Abs. 2 SGB XII verankerte Wunsch- und Wahlrecht zu berücksichtigen. Würde die Klägerin nun aber auf die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro verwiesen, obwohl in der Vergangenheit bereits höhere subjektiv angemessene Aufwendungen für die Unterkunft anerkannt waren, wäre die Regelung für sie im Ergebnis strenger als diejenige im SGB II, nach der sie zumindest weiterhin die bisherigen Kosten der Unterkunft in Höhe von 726,54 Euro beanspruchen könnte.
Folglich hält der Senat den bislang als angemessen anerkannten Betrag für die Unterkunftskosten unverändert für maßgeblich.
Die Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung im H. als angemessen kommt hingegen nicht in Betracht, da die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass sie nur diese Wohnung anmieten konnte, weil anderweitiger bedarfsgerechter und kostengünstigerer Wohnraum nicht zur Verfügung gestanden hat. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie wiederum große Schwierigkeiten gehabt habe, eine geeignete Wohnung zu finden und nur sehr eingeschränkt in der Lage sei, sich auf dem freien Wohnungsmarkt um Wohnungen zu bemühen. Sie hat jedoch weder nachgewiesen, dass sie – im Rahmen des ihr gesundheitlich möglichen – intensiv nach einer neuen Wohnung innerhalb der (subjektiven) Angemessenheitsgrenze gesucht hat noch dass sie sich auf andere Wohnungen erfolglos beworben hat. So hat sie im gesamten Zeitraum von annährend einem Jahr, in dem sie angegeben hat, auf Wohnungssuche gewesen zu sein, bei der Beklagten kein einziges Wohnungsangebot mit der Bitte um Zustimmung zur Übernahme der Aufwendungen vorgelegt. Sie hat auch zu keinem Zeitpunkt dargelegt, dass im Internet und den üblichen Zeitungen keine geeigneten Wohnungen angeboten werden. Der Senat konnte sich daher nicht davon überzeugen, dass zum Zeitpunkt des Umzugs nur die Wohnung im H., deren Kosten auch die subjektiv für die Klägerin geltende Angemessenheitsgrenze erheblich übersteigen, ihren sozialhilferechtlichen Wohnbedarf hätte decken können.
Auch aus dem Gutachten von Dr. L. vom 10. April 2020 folgt nicht, dass die Mietkosten der jetzt bewohnten Wohnung, die den Bedürfnissen der Klägerin entspricht, im streitgegenständlichen Zeitraum als angemessen anzuerkennen und daher in voller Höhe zu übernehmen wären. Zwar geht Dr. L. aktuell davon aus, dass ohne gesundheitliche Gefährdung der Klägerin nur ein Umzug in eine Wohnung möglich wäre, die der jetzigen im Wesentlichen entspricht. Dies resultiert nach Auffassung des Sachverständigen allerdings daraus, dass die Klägerin inzwischen in der derzeitigen Wohnung verwurzelt sei und in ihr eine Heimat gefunden habe. Insoweit weist er auch darauf hin, dass es der Klägerin in der Vergangenheit möglich gewesen sei, mehrere Wohnungswechsel herbeizuführen. Daher erscheint es nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass es auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum, in dem die Klägerin die Wohnung gerade erst bezogen hatte, keine andere, kostengünstigere Wohnung gegeben hätte, die den Bedürfnissen der Klägerin ebenfalls hätte gerecht werden und so eine Heimat für sie werden können. Hier gilt wiederum, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass keine andere, kostengünstigere Wohnung hätte angemietet werden können, die ihren Bedürfnissen ebenfalls entsprochen hätte.
Schließlich führt auch der Vortrag der Klägerin, dass der Umzug für sie aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlich gewesen sei, zu keiner anderen Beurteilung. Zwar dürfte der Umzug im Sinne eines notwendigen Auszugs aus der bisherigen Wohnung erforderlich gewesen sein, weil diese den Unterkunftsbedarf der Klägerin als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermochte, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Wohnung verbleiben konnte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 107/10 R, Rn. 15). Neben der Notwendigkeit des Auszugs ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Umzug nur dann notwendig ist, wenn neben der Notwendigkeit des Auszugs aus der bisherigen Wohnung der Einzug in eine kostenangemessene Wohnung erfolgt (ganz hM; BSG, Urteil vom 06. August 2014 – B 4 AS 37/13 R, Rn. 20; Berlit in LPK-SGB XII, 12. Aufl., § 35 Rn. 88; Gebhardt in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, § 35 Rn. 20; Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII, Rn. 185). Denn ein Umzug in eine unangemessen teure Wohnung, die auf Dauer nicht gehalten werden kann, so dass ein weiterer Umzug absehbar ist, kann nicht notwendig sein. Somit war zwar der Auszug aus der Wohnung in der B. Straße aus gesundheitlichen Gründen notwendig, der Einzug in die konkret angemietete Wohnung, deren Kosten wie bereits dargestellt nicht vollumfänglich angemessen sind, jedoch nicht.
b) Ein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Wohnung im H. in tatsächlicher Höhe von 860 Euro besteht auch nicht deshalb, weil die Beklagte den die Angemessenheit übersteigenden Aufwendungen zugestimmt hat oder hätte zustimmen müssen.
Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Abschluss des Mietvertrages über die neue Unterkunft im H. nicht gem. § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII über die Höhe der entstehenden Aufwendungen in Kenntnis gesetzt, sondern den Mietvertrag am 28. Juli 2016 unterschrieben und erst am 5. September 2016 eine Kostenzusage für die Anmietung der Wohnung beantragt. Die Beklagte hat die Zustimmung mit Schreiben vom 28. September 2016 mit der Begründung verweigert, dass die Kosten der Kaltmiete erheblich über den Höchstwerten lägen.
Dies ist nicht zu beanstanden. Gem. § 35 Abs. 2 S. 6 SGB XII soll die Zustimmung erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Da die Beklagte den Umzug nicht veranlasst hat, kommt nur die Notwendigkeit des Umzugs aus anderen Gründen in Betracht. Diese liegt jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht vor.
Folglich bleibt es dabei, dass die Klägerin gem. § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII nach dem Umzug in die Wohnung im H. lediglich einen Anspruch auf Übernahme der angemessenen Aufwendungen in Höhe von 762,54 Euro hat.
c) Daneben besteht kein Anspruch auf die Übernahme der die angemessenen Aufwendungen übersteigenden Kosten der Unterkunft im Rahmen der Eingliederungshilfe.
Zwar können Bedarfe für Kosten der Unterkunft für behinderte Menschen auch zuschussweise durch Leistungen der Eingliederungshilfe zu decken sein, soweit Kosten betroffen sind, die behinderungsbedingt über den abstrakt angemessenen Wohnkosten liegen (BSG, Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 12/17 R). Die Klägerin gehört aufgrund ihrer schweren seelischen Behinderung auch zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis. Allerdings sind Leistungen der Eingliederungshilfe dort nicht notwendig (§ 4 SGB IX), wo sie durch Ansprüche auf andere Sozialleistungen abgedeckt werden. Insoweit gehen die Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII möglichen Ansprüchen auf Leistungen der Eingliederungshilfe vor, soweit sie das Grundbedürfnis des Wohnens für behinderte als auch nicht behinderte Menschen gleichermaßen abdecken. Die Deckung auch behinderungsbedingt entstehender Kosten der Unterkunft durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entspricht dabei der gesetzlichen Grundkonzeption, wonach Aufwendungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind, ohne dass es insoweit einer gesonderten Regelung für einen behinderungsbedingten Mehrbedarf bedürfte (vgl. zur Berücksichtigung u.a. von Behinderungen bei der Prüfung der konkret angemessenen Kosten der Unterkunft BSG, Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R, Rn. 20 ff.). Gleichwohl verbleibt aber ein Bedarf unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe dort, wo allein behinderungsbedingt weitere Kosten für Wohnbedarf entstehen, die – sei es ausnahmsweise oder im Regelfall – von Leistungen des Lebensunterhalts nicht, nicht vollständig oder nicht ohne Einschränkungen umfasst werden (BSG, aaO, Rn. 29).
Da hier die besonderen Bedürfnisse der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung schon bei der Ermittlung der in ihrem Fall konkret angemessenen Kosten der Unterkunft berücksichtigt wurden, verbleibt hier kein ungedeckter Bedarf, der noch im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen sein könnte. Dies kommt im Übrigen auch in der Neuregelung in den §§ 76 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 77 und 78 SGB IX, alle in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) zum Ausdruck, die die Kosten für den behinderungsbedingt angemessenen Wohnraum den Kosten der Unterkunft nach § 42a SGB XII und – laufende – Mehrkosten für Wohnraum wegen einer Assistenz der Eingliederungshilfe zuordnen (BSG, aaO, Rn. 30).
2. Da die Klägerin somit auch in den Monaten November 2016 bis Januar 2017 einen Anspruch auf Übernahme der bereits mit Bescheid vom 7. Juli 2016 gewährten Unterkunftskosten in Höhe von 726,54 Euro hat, ist der insoweit ergangene Aufhebungsbescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2017 rechtswidrig und war aufzuheben. Der Klägerin stehen auch über den 31. Oktober 2016 hinaus die mit Bescheid vom 7. Juli 2016 gewährten Regelleistungen, Krankenversicherungs-und Pflegeversicherungsbeiträge einschließlich des Zusatzbeitrags, der Mehrbedarfszuschlag für das Merkzeichen G und Unterkunftskosten zu.
Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung ist § 48 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Hier ist die Klägerin zwar nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 7. Juli 2016 in eine andere Wohnung umgezogen, so dass eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist. Diese Änderung ist jedoch nicht wesentlich im Sinne von § 48 SGB X und somit nicht rechtlich relevant. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt nur dann vor, wenn sich die für den Erlass des Verwaltungsakts entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände so erheblich verändert haben, dass sie rechtlich anders zu bewerten sind und daher der Verwaltungsakt unter Zugrundelegung des geänderten Sachverhalts so wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, stRspr, so z.B. BSG, Urteil vom 7.5.2020 – B 3 KS 3/18 R Rn. 14; Schütze in: Schütze, SGB X, 9. Aufl., § 48 Rn. 15). Die Änderung muss sich also nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken.
Da beide Wohnungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten und insbesondere des Bezirksamts Wandsbek liegen, so dass die Beklagte für die Leistungen nach dem SGB XII an die Klägerin weiterhin zuständig ist, und der Klägerin auch nach dem Umzug in den H. Unterkunftskosten in der bisherigen Höhe zustehen, wirkt sich der Umzug der Klägerin nicht auf die Höhe der ihr zu gewährenden Leistungen nach dem SGB XII aus, so dass auch keine wesentliche Änderung eingetreten ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin etwa zur Hälfte obsiegt hat. Zwar hat sie rein rechnerisch von den begehrten Mehraufwendungen für die Wohnung in Höhe von 226,50 Euro (860 Euro – 633,50 Euro) nur etwas weniger als 100 Euro monatlich erreicht. Andererseits war aber zu berücksichtigen, dass der Aufhebungsbescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 07. Dezember 2016, gegen den die Klägerin ebenfalls im Wege der Anfechtungsklage vorgegangen ist, vollumfänglich rechtswidrig gewesen ist und daher aufzuheben war. Dies rechtfertigt es, der Beklagten insgesamt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu übernehmenden Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017.
Die am xxxxx1950 geborene Klägerin bezieht laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie leidet u.a. an einer schweren psychischen Erkrankung und ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 80 und dem Merkzeichen G anerkannt.
Im Mai 2015 zog die Klägerin mit vorher erteilter Zustimmung der Beklagten in eine Mietwohnung in der B., deren Kosten mit 726,54 Euro über der Angemessenheitsgrenze in der Fachanweisung der Beklagten zu § 35 SGB XII lagen. Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 20. Mai 2015 wurde dem Umzug aufgrund der psychischen Behinderung der Klägerin, dem seit Jahren laufenden Rechtsstreit der Klägerin mit ihrem bisherigen Vermieter sowie der nach dem nervenärztlichen Gutachten vom 29. Januar 2015 zu erwartenden gesundheitlichen Besserung durch einen Umzug zugestimmt.
Zuletzt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Juli 2016 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. August 2016 bis zum 31. Januar 2017 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der B. Straße in Höhe von 726,54 Euro monatlich.
Im Rahmen einer Budgetkonferenz am 21. Juli 2016 teilte die Klägerin mit, dass sie in ihrer aktuell bewohnten Wohnung in der B. Straße erheblichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt sei. Unterhalb ihrer Fenster und des Balkons befinde sich eine Freifläche, auf der sich Kinder und Jugendliche treffen und Lärm verursachen würden. Außerdem fänden dort Freizeitaktivitäten von Erwachsenen wie beispielsweise Grillen statt. Sie sei jedoch aufgrund ihrer Erkrankung sehr ruhebedürftig sei und habe dies bei der Anmietung der Wohnung auch dem Vermieter bzw. der beauftragten Verwaltungsfirma mitgeteilt. Dieser habe ihr daraufhin zugesagt, dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt würden und ihr die Wohnung im "Seniorenwohnen am Park" vermietet. Da sich nunmehr herausgestellt habe, dass die Wohnung nicht so ruhig liege, wie ihr zugesichert worden sei, könne sie nicht zur Ruhe kommen und befinde sich in einem immerwährenden Ausnahme- und Anspannungszustand. Sie suche deshalb erneut nach einer geeigneten Wohnung und habe hierbei die bereits 2014 geäußerten Schwierigkeiten, dass sie aufgrund des Bezugs von Transferleistungen von Vermietern nicht als potentielle Mieterin wahrgenommen werde und keine Möglichkeit habe, einen Makler zu finanzieren. Die Wohnungssuche koste sie viel Zeit und Kraft, so dass ihre Aktivitäten derzeit auf die Wohnungssuche und Arztbesuche beschränkt seien.
Am 28. Juli 2016 unterzeichnete die Klägerin, ohne zuvor die Beklagte unterrichtet oder eine Zusicherung eingeholt zu haben, einen ab dem 1. Oktober 2016 geltenden Mietvertrag für eine 2-Zimmer-Wohnung im H. mit einer Wohnfläche von ca. 64 m2. Die Gesamtkosten für die Wohnung betrugen im streitigen Zeitraum 860 Euro monatlich. Hiervon entfielen 600 Euro auf die Nettomiete, 110 Euro auf die Betriebs- und 150 Euro auf die Heizkosten.
Am 5. September 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Kostenzusage für die Anmietung dieser Wohnung. Mit Schreiben vom 28. September 2016 verweigerte die Beklagte die Zustimmung. Dies begründete sie damit, dass die Kosten der Kaltmiete erheblich über den Höchstwerten lägen.
Am 13. Oktober 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen für den Monat November 2016 und berücksichtigte bei der Leistungshöhe nur noch eine Miete in Höhe des sich aus ihrer Fachanweisung ergebenden Höchstbetrags von 633,50 Euro. Außerdem rechnete sie ein einmaliges Einkommen in Höhe von 93,04 Euro an. Hierzu wies sie darauf hin, dass im Oktober 2016 noch die Mietkosten der Wohnung in der B. Straße berücksichtigt worden seien, obwohl die angemessenen Kosten der Unterkunft für die Wohnung im H. zu berücksichtigen gewesen wären. Dadurch sei es zu einer Überzahlung in Höhe von 93,04 Euro gekommen, die im November verrechnet werde. Zum 1. November 2016 zog die Klägerin in die Wohnung im H. ein. Dort wohnt sie nach wie vor.
Mit Schreiben vom 4. November 2016 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2016 und wandte sich zum einen gegen die Verrechnung in Höhe von 93,04 Euro für Oktober 2016 und zum anderen dagegen, dass für November 2016 nur eine Miete in Höhe von 633,50 Euro anerkannt worden war. Hierzu trug sie vor, dass ihr mit Leistungsbescheid vom 7. Juli 2016 bis zum 31. Januar 2017 eine Miete in Höhe von 726,54 Euro monatlich bewilligt worden sei und dieser Bescheid weder für Oktober noch für November 2016 aufgehoben worden sei. Zudem sei sie erst zum 1. November 2016 in die Wohnung im H. umgezogen, so dass für Oktober keine Überzahlung eingetreten sei. Für November begehre sie die Übernahme der tatsächlichen Mietkosten in Höhe von 860 Euro brutto/warm zuzüglich der noch aufzugebenden Wasserkosten.
Mit Bescheid vom 11. November 2016 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2016 zunächst für die Zeit ab dem 1. Oktober 2016 auf. Dies begründete sie damit, dass durch die Anmietung der Wohnung im H. eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sei, so dass der Bescheid gem. § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben gewesen sei. Aufgrund des Widerspruches der Klägerin vom 17. November 2016, mit dem sie erneut darauf hinwies, dass sie erst zum 1. November in die Wohnung im H. umgezogen sei, zahlte die Beklagte die verrechnete Überzahlung in Höhe von 93,04 Euro nach und erließ "im Wege einer Umdeutung gem. § 43 SGB X" den Bescheid vom 7. Dezember 2016, mit dem der Bewilligungsbescheid vom 7. Juli erst zum 1. November aufgehoben wurde. Auch diesem Bescheid widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2016.
Am 24. November 2016 bewilligte die Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 31. Januar 2017 und berücksichtigte weiterhin nur Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro. Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 2. Dezember 2017 machte die Klägerin wiederum geltend, dass ab November 2016 Mietkosten in Höhe von 860 Euro brutto/warm zu übernehmen seien. Die Einholung einer Zustimmung zum Umzug vor Abschluss des Mietvertrages sei ihr nicht möglich gewesen. Sie habe bereits etwa ein Jahr intensiv nach einer neuen Wohnung gesucht, da sie in der bisherigen Wohnung tagsüber hohen Geräuschbelästigungen ausgesetzt gewesen sei, die ihre Gesundheit erheblich beeinträchtigt hätten, und großes Glück gehabt, dass ihr die Wohnung im H. angeboten worden sei. Sie habe den Mietvertrag sofort abschließen müssen, da die Wohnung sonst anderweitig vergeben worden wäre. Am 23. Dezember 2016 erging schließlich ein weiterer Bescheid über Grundsicherungsleistungen für Januar 2017, in dem gegenüber dem Bescheid vom 24. November 2016 zwar ein höherer Regelsatz und Mehrbedarfszuschlag, aber weiterhin nur Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro berücksichtigt wurden. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 4. Januar 2017 auch gegen diesen Bescheid Widerspruch.
Die Beklagte entschied mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2017 (Az. W/RA 4/2313/2016) über alle Widersprüche, die den Zeitraum bis Januar 2017 betrafen. Die Widersprüche vom 22. Dezember 2016 und vom 4. Januar 2017 verwarf die Beklagte als unzulässig, da die angegriffenen Bescheide Gegenstand der Widerspruchsverfahren vom 4. November, 17. November und 2. Dezember 2016 geworden seien und ein erneuter Widerspruch daher nicht zulässig sei. Die Widersprüche vom 4. und 17. November sowie vom 2. Dezember 2016 wies die Beklagte als unbegründet zurück, soweit ihnen nicht bereits durch den Bescheid vom 7. Dezember 2016 abgeholfen worden war. Hierzu führte sie aus, dass die Klägerin ab dem Umzug im November 2016 nur noch einen Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe der angemessenen Kosten habe. Dabei stützte sie sich auf § 48 SGB X und § 35 Abs. 2 S. 4 SGB XII. Durch den Umzug sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die dazu führe, dass bei der Bedarfsberechnung nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen seien. Für die Klägerin gelte insoweit die bis zum 18. Januar 2017 geltende Fachanweisung weiter, weil diese für die Klägerin günstiger sei als die zum 19. Januar 2017 in Kraft getretene Neuregelung. Danach sei eine Netto-Kaltmiete in Höhe von 373,50 Euro zuzüglich der tatsächlichen Neben- und Heizkosten von 260 Euro angemessen, mithin ein Gesamtbetrag in Höhe von 633,50 Euro. Nach der neueren Fachanweisung hätten lediglich eine Brutto-Kaltmiete von 463,50 Euro zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten anerkannt werden können. Die Übernahme der tatsächlichen, die Grenze des Angemessenen erheblich überschreitenden Unterkunftskosten der neuen Wohnung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte dem Umzug nicht zugestimmt habe. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, die vorherige Einholung der behördlichen Zustimmung sei ihr nicht möglich gewesen, habe dies keine Auswirkung auf die Rechtsfolgen der Nichteinholung der Zustimmung. Auch der Umstand, dass die Beklagte im Wege der Einzelfallentscheidung der Übernahme unangemessen hoher Kosten für die Wohnung in der B. Straße zugestimmt habe, führe zu keiner anderen Bewertung. Diese Einzelfallentscheidung führe nicht zu einem pauschalen Recht, Wohnungen aus einem Preissegment über den in Hamburg geltenden Höchstwerten anzumieten. Schließlich könne sich die Klägerin hinsichtlich der Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie wusste, zumindest aber hätte wissen müssen, dass der aus dem Bescheid vom 7. Juli 2016 folgende Anspruch infolge ihres Umzugs teilweise weggefallen sei. Da sie in der Vergangenheit bereits umgezogen sei und vor dem Umzug in die vorherige Wohnung langjährig nach einer Wohnung innerhalb der Angemessenheitsgrenzen gesucht habe, seien ihr sowohl das Verwaltungsverfahren, das bei einem Umzug einzuhalten sei, als auch die geltenden Höchstwerte für angemessenen Wohnraum bekannt gewesen. Sie habe auch gewusst oder aufgrund einer Verletzung der erforderlichen Sorgfalt nicht gewusst, dass die für die zuvor bewohnte Wohnung bewilligten Mietkosten nicht auch für die nunmehr angemietete Wohnung gelten konnten.
Am 27. Februar 2017 hat die Klägerin gegen diesen Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben, die zunächst unter dem Az. S 52 SO 115/17 geführt worden ist.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2017 und erkannte auch in diesem Zeitraum nur Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro an. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 8. Februar 2017 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2017 (Az. W/RA4/599/2017) als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte die Beklagte ihre Argumentation aus dem Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2017, dass die Aufwendungen der neuen Unterkunft unangemessen seien und mangels Zustimmung zum Umzug nicht übernommen werden könnten.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 18. Mai 2017 ebenfalls Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben, die unter dem Az. S 52 SO 243/17 erfasst worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klagen S 52 SO 115/17 und S 52 SO 243/17 mit Beschluss vom 27. Dezember 2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und das Verfahren unter dem Az. S 52 SO 243/17 weitergeführt.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass sie die Wohnung aus gesundheitlichen Gründen habe verlassen müssen. Hierzu legte sie ein Schreiben ihrer behandelnden Ärztin Dr. E. vom 28. April 2016 vor. Danach habe sich bei der Klägerin in den letzten Monaten eine tiefgreifende, ausgeprägte depressive Verstimmung mit Panikattacken, sozialen Rückzugstendenzen, massiven Schlafstörungen, Kraft- und Antriebslosigkeit, Unruhezuständen, zunehmender Isolation und Notwendigkeit zur permanenten Begleitung außerhalb der Wohnung entwickelt. Diese Krise beruhe nach den Angaben der Klägerin auf der inzwischen völlig verfahrenen Wohnungssituation. Ihr sei die Wohnung als "ruhige Seniorenwohnung mit Park" vermietet worden. Seit ihrem Einzug bestehe jedoch eine tagtägliche, hohe und nicht tolerabele Lärmbelastung direkt vor der Wohnung durch eine große Anzahl spielender Kinder sowie sich lautstark unterhaltende Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen. Diese Lärmbelastung könne die Klägerin weder auf dem Balkon noch in der Wohnung ertragen. Sie befinde sich daher in einem permanenten Stresszustand, der offensichtlich letztendlich zu ihrer gegenwärtigen kritischen seelischen Situation geführt habe. Sollte es nicht zu einer baldigen Auflösung der Belastungssituation durch einen die Vorgaben der Klägerin berücksichtigenden Wohnungswechsel kommen, sei das Risiko einer Dekompensation und einer daraus resultierenden notfallmäßigen stationären Behandlung sehr hoch.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bewilligungsbescheide sowie der Aufhebungsbescheid seien rechtmäßig. Die Klägerin habe weder für die Zeit von November 2016 bis Juli 2017 einen Anspruch auf die Übernahme der Unterkunftskosten über einen Betrag von 633,50 Euro monatlich hinaus noch sei die Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 7. Juli 2017 für die Zeit ab November 2016 zu beanstanden. Zur Begründung hat das Gericht auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat das Gericht darauf hingewiesen, dass nicht überzeugend dargelegt worden sei, warum der Umzug von der B. Straße in den H. überhaupt erforderlich gewesen sei und warum die Klägerin keine Möglichkeit gehabt haben sollte, die vorherige Zustimmung der Beklagten einzuholen. Zwischen Vertrags-unterzeichnung und Benachrichtigung der Beklagten hätten mehr als fünf Wochen gelegen. Mangels rechtzeitiger Benachrichtigung sei es der Beklagten auch kaum möglich, die – nunmehr – behaupteten Gründe für einen Umzug zu verifizieren. Dies könne nach dem erfolgten Umzug nun auch nicht mehr nachgeholt werden.
Die Klägerin hat am 23. November 2018 Berufung gegen das ihr am 6. November 2018 zugestellte Urteil eingelegt. Sie macht geltend, dass der Umzug für sie dringend erforderlich gewesen sei, da sie aus gesundheitlichen Gründen in ruhiger Umgebung wohnen müsse. Die Lärmbelästigungen seien für sie psychisch unerträglich gewesen, so dass sie aus medizinischen Gründen so schnell wie möglich habe umzuziehen müssen, um weiteren Schaden an ihrer Gesundheit zu vermeiden. Die Klägerin trägt außerdem vor, dass hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnung nicht auf die fachlichen Weisungen der Beklagten abzustellen sei, da sich die Leistungshöhe nach dem SGB XII gem. § 9 SGB XII nach den Besonderheiten des Einzelfalles richte. Insoweit sei den aus ihrer schweren Erkrankung resultierenden Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Diesbezüglich hat sie ein Attest ihrer behandelnden Nervenärztin, Dr. E., vom 5. September 2014 eingereicht, aus dem sich ergebe, dass sie aufgrund ihrer gravierenden Angststörungen auf eine Wohnung angewiesen sei, deren Wohnfläche erheblich über den diesbezüglichen Höchstgrenzen der Fachanweisungen liege. Dem Attest ist insbesondere zu entnehmen, dass nur ein umgehender Umzug zu einer Entlastung der psychosozialen Situation der Klägerin führen könne. Um eine Zunahme der Angststörung zu vermeiden, solle nach Möglichkeit darauf geachtet werden, dass die Wohnung eine ausreichende Größe von 55-60 m2 habe und in ruhiger Umgebung liege. Daneben beruft sich die Klägerin auf Vertrauensschutzgesichtspunkte, da sie seit 1998 immer in Wohnungen mit zwei Zimmern und einer Wohnfläche von mindestens 60 m2 gewohnt habe, deren Kosten jeweils über den Angemessenheitsgrenzen lagen. Sie sei auch bereits mehrfach ohne Zustimmung umgezogen. Die Umzüge und Mietkosten seien jeweils nach Einholung eines Gutachtens durch das Gesundheitsamt akzeptiert worden, so dass sie auch für den jetzigen Umzug davon ausgegangen sei, dass es nicht erforderlich gewesen sei, zunächst die Zustimmung der Beklagten einzuholen. Sie habe jedoch ohnehin keine vorherige Zustimmung zum Umzug einholen können, da sie den Mietvertrag sofort habe unterzeichnen müssen. Der Makler habe ihr keine Zeit eingeräumt, mit der Beklagten zu klären, ob diese dem Umzug zustimme. Diesbezüglich sei auch zu berücksichtigen, dass sie nur sehr eingeschränkt in der Lage sei, sich auf dem freien Wohnungsmarkt um Wohnungen zu bemühen. Schließlich hat sich die Klägerin zur Begründung der Berufung darauf gestützt, dass ihr Antrag auf Übernahme der vollen Mietkosten hilfsweise als Antrag auf Gewährung einer Teilhabeleistung in Form der Gewährung von Eingliederungshilfe zu bewerten sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 13. Oktober 2016, vom 11. November 2016, dieser in Gestalt des Änderungsbescheides vom 7. Dezember 2016, vom 24. November 2016, dieser in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23. Dezember 2016, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2017, sowie des Bescheides vom 19. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2017 zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 860,00 Euro monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie beruft sich auf ihren bisherigen Vortrag sowie die Begründung des angefochtenen Urteils und verweist insbesondere auf den eindeutigen Wortlaut des § 35 Abs. 2 SGB XII. Danach sei der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme der angemessenen Aufwendungen verpflichtet, soweit nach einem Umzug die Aufwendungen der neuen Unterkunft unangemessen hoch seien und er den darüberhinausgehenden Aufwendungen nicht vorher zugestimmt habe. Zum Vortrag der Klägerin, dass der über der Angemessenheitsgrenze liegende Anteil der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen sei, hat sie darauf hingewiesen, dass nach § 55 Abs. 2 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) a.F. im Rahmen der Eingliederungshilfe nur Unterkunftskosten übernommen werden könnten, wenn und soweit die Leistungsberechtigten von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgeschlossen seien. Der Klägerin würden jedoch Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung gewährt.
Ende 2018 hat der Vermieter der Klägerin wegen Eigenbedarfs gekündigt. Im Rahmen der durch den Vermieter erhobenen Räumungsklage (anhängig beim Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Az. 816 C 34/19) ist die Klägerin durch den Psychiater Dr. L. begutachtet worden. Aus dem Gutachten von Dr. L. vom 10. April 2020 ergibt sich, dass die Klägerin unter einem komplexen psychiatrischen Krankheitsbild leide, dass sich aus einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer bipolaren Störung, gegenwärtig als schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, einer Agoraphobie, einer Panikstörung und einer somatischen Belastungsstörung zusammensetze. Dieses Krankheitsbild sei chronifiziert und bestehe bereits seit langer Zeit, so dass eine Verbesserung oder gar Heilung unmöglich sei. Auch wenn es der Klägerin in der Vergangenheit möglich gewesen sei, mehrere Wohnungswechsel herbeizuführen, müsse nunmehr davon ausgegangen werden, dass eine schwere Dekompensation eintrete, wenn sie die Wohnung verliere, da sie durch die derzeitige Wohnung einen Schutz erfahre, der sie stabilisiere und vor einer weiteren Dekompensation schütze. Im Gegensatz zu den bisherigen Wohnungen, in denen die Klägerin nicht zurechtgekommen sei, habe sie in der aktuellen Wohnung eine Heimat gefunden. Der Sachverständige hat sich daher der Einschätzung der behandelnden Fachärzte der Klägerin angeschlossen, dass ein Verlust der Wohnung durch die damit verbundene Entwurzelung der Klägerin zu einer deutlichen Verschlechterung ihres psychischen Zustandes führen würde. Da bei der Klägerin zudem ein hohes Risiko für eine Alterssuizidalität anzunehmen sei, müsse, für den Fall, dass sie ihre Wohnung verliere, mit einer suizidalen Handlung gerechnet werden, die auch durch eine geschlossene Unterbringung nicht abgewendet werden könne. Dieser psychische Zustand der Klägerin sei unabänderlich. Auch durch eine adäquate psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung könne kein Zustand erreicht werden, in dem sich die Klägerin mit der Notwendigkeit, sich in einem anderen Wohnumfeld zurecht zu finden, arrangieren könne. Theoretisch wäre diese Situation aus psychiatrischer Sicht nur dadurch zu lösen, dass der Klägerin eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden würde, die der gegenwärtigen im Wesentlichen entspreche. Wichtig seien insoweit ein sehr ruhiges Wohnumfeld, eine gewisse Weite der Räumlichkeiten und die Möglichkeit, dass die Klägerin ihre behandelnden Ärzte zeitnah erreichen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand des Verfahrens sind die Bewilligungsbescheide vom 13. Oktober 2016, 24. November 2016 und vom 23. Dezember 2016 sowie der Aufhebungsbescheid vom 11. November 2016 in der Fassung des Bescheids vom 07. Dezember 2016, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2017, und der Bewilligungsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2017.
Die Klägerin konnte ihre Klagen zulässigerweise auf die Höhe der Kosten der Unterkunft beschränken (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.4.2011 – B 8 SO 18/09 R).
II. Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist aber nur teilweise begründet.
Die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen sind als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG in Verbindung mit § 56 SGG statthaft. Auch die Klage vom 18. Mai 2018 ist, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, fristgerecht erhoben. Gründe für eine sonstige Unzulässigkeit der Klagen sind nicht ersichtlich.
In der Sache hat die Klägerin für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Juli 2017 einen Anspruch auf Übernahme von Kosten der Unterkunft in Höhe der bisher anerkannten Kosten von 726,54 Euro (1.). Damit ist auch der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 11. November 2016 in der Gestalt des Umdeutungsbescheides vom 7. Dezember 2016 rechtswidrig (2.).
1. Nach § 42 Nr. 4 1. Halbsatz i.V.m. § 35 SGB XII, jeweils in der vom 1. Januar 2016 bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2015, bzw. nach § 42 Nr. 4a SGB XII i.V.m. § 42 a SGB XII, jeweils in der vom 1. Juli 2017 bis zum 5. Dezember 2019 geltenden Fassung vom 22. Dezember 2016 i.V.m. § 35 SGB XII in der vom 1. Juli 2017 bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung vom 22. Dezember 2016, sind Leistungsberechtigten neben dem Regelsatz und Mehrbedarf Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Dabei werden die Bedarfe für die Unterkunft nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII (sowohl in der Fassung vom 21.12.2015 als auch in der Fassung vom 22.12.2016) grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt. Abweichend hiervon ist der Träger der Sozialhilfe nach § 35 Abs. 2 S. 4 SGB XII (in beiden für den streitgegenständlichen Zeitraum relevanten Fassungen) nach einem Umzug in eine neue Unterkunft, deren Aufwendungen unangemessen hoch sind, nur zur Übernahme der angemessenen Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüberhinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt. Hier sind die Kosten für die Wohnung im H. nur in Höhe von 726,54 Euro und nicht in voller Höhe angemessen (a), so dass eine Zustimmung der Beklagten zu den darüberhinausgehenden Aufwendungen erforderlich wäre, damit die Klägerin Anspruch auf die vollständige Übernahme ihrer Unterkunftskosten hätte. Eine Zustimmung der Beklagten wurde jedoch weder erteilt noch hat die Klägerin Anspruch auf die Erteilung der Zustimmung (b). Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Übernahme der die angemessenen Kosten übersteigenden Aufwendungen im Rahmen der Eingliederungshilfe (c).
a) Nach Auffassung des Senats sind die Unterkunftskosten in Höhe von 726,54 Euro, die die Beklagte bis zum Umzug der Klägerin in den H. als angemessen erachtet und übernommen hat, weiterhin angemessen und zu übernehmen.
Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Konkretisierung durch die Verwaltung grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar ist (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18, Rn. 16ff.). Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete) zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (BSG, aaO, Rn. 19 m.w.N.).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat hierbei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, in dem insbesondere die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept festzulegen ist (BSG, aaO, Rn. 20 ff. m.w.N.). Ob die Fachanweisung der Beklagten zu § 35 SGB XII diesen Anforderungen genügt, kann hier jedoch dahinstehen, da die sich aus der Fachanweisung in der hier maßgeblichen Fassung vom 18. Januar 2017 ergebende (abstrakte) Angemessenheitsgrenze von 633,50 Euro für die Wohnung der Klägerin nach Auffassung des Senats nicht ausreichend ist, um den konkreten Wohnbedarf der Klägerin zu decken. Vielmehr sind unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und insbesondere der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin höhere konkrete Unterkunftskosten als die von der Beklagten unter Bezugnahme auf die fachlichen Weisungen abstrakt ermittelten Kosten für einen Ein-Personen-Haushalt als angemessen anzuerkennen. Denn aus dem im Sozialhilferecht geltenden Bedarfsdeckungsprinzip folgt, dass abstrakte Betrachtungsweisen, wie die der abstrakten Angemessenheit von Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft, letztlich unerheblich sind, wenn im konkreten Einzelfall eine andere Beurteilung notwendig ist, damit ein sozialhilferechtlicher Bedarf gedeckt wird (Wrackmeyer-Schoene in: Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Aufl., § 35 Rn. 24). Daher können im Einzelfall auch höhere Unterkunftskosten angemessen sein, etwa für behinderte oder pflegebedürftige Menschen (Falterbaum in: Hauck/Noftz, SGB, 10/18, § 35 SGB XII, Rn. 44).
Diesbezüglich ist sowohl den Attesten der behandelnden Ärzte der Klägerin als auch dem Gutachten von Dr. L. zu entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Angsterkrankung einer ausreichend großen Wohnung bedarf. So hat die die Klägerin langjährig behandelnde Ärztin Dr. E. schon in ihrem Attest vom 05.09.2014 ausgeführt, dass nach Möglichkeit darauf geachtet werden solle, dass die Wohnung eine Größe von 55 – 60 m2 habe und in ruhiger Umgebung liege, um eine Zunahme der Angststörung zu vermeiden. Auch Dr. L. benennt als wesentliche Kriterien für eine der Erkrankung der Klägerin angemessene Wohnung ein sehr ruhiges Wohnumfeld und eine gewisse Weite der Räumlichkeiten. Schließlich ist einzubeziehen, dass die Klägerin zuvor immer Wohnungen mit 2 Zimmern und einer Größe über 60 m2 bewohnt hat, deren Mieten die Beklagte jeweils übernommen hat, auch wenn diese nach den jeweiligen Fachanweisungen nicht angemessen waren.
Folglich genügen die in den Fachanweisungen ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenzen für einen durchschnittlichen Ein-Personen-Haushalt nicht, um den sozialhilferechtlich relevanten Bedarf der Klägerin an einer vom Wohnflächenbedarf eines typischen Ein-Personen-Haushalts abweichenden größeren Wohnung mit 2 Zimmern und einer Wohnfläche von 55-60 m2 zu decken.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zuletzt der Anmietung der 61 m2 großen Wohnung in der B. Straße mit nach abstrakten Maßstäben unangemessenen Gesamtaufwendungen in Höhe von 726,54 Euro zugestimmt hat und somit diesen Betrag unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands der Klägerin und ihrer Schwierigkeiten, geeigneten Wohnraum innerhalb der Angemessenheitsgrenze zu finden, als (subjektiv) angemessen anerkannt hat.
Da in der gesundheitlichen Situation der Klägerin keine Änderung eingetreten ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die von der Klägerin geschilderten Schwierigkeiten, eine Wohnung im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen zu finden, zwischenzeitlich entfallen wären, da sich auch insoweit die Umstände nicht geändert haben, ist kein Grund dafür ersichtlich, die für die Klägerin anerkannte Angemessenheitsgrenze von 726,54 Euro nach ihrem Umzug in eine teurere Wohnung nicht mehr zugrunde zu legen.
Für die Weitergewährung der bisher als angemessen erachteten Wohnungsaufwendungen spricht zudem, dass im Rahmen des § 35 SGB XII im Gegensatz zu der entsprechenden Regelung in § 22 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) nach einem nicht erforderlichen Umzug keine strikte Begrenzung auf die bisherigen Aufwendungen vorgesehen ist, um den Besonderheiten im Sozialhilferecht Rechnung zu tragen und insbesondere das in § 9 Abs. 2 SGB XII verankerte Wunsch- und Wahlrecht zu berücksichtigen. Würde die Klägerin nun aber auf die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 633,50 Euro verwiesen, obwohl in der Vergangenheit bereits höhere subjektiv angemessene Aufwendungen für die Unterkunft anerkannt waren, wäre die Regelung für sie im Ergebnis strenger als diejenige im SGB II, nach der sie zumindest weiterhin die bisherigen Kosten der Unterkunft in Höhe von 726,54 Euro beanspruchen könnte.
Folglich hält der Senat den bislang als angemessen anerkannten Betrag für die Unterkunftskosten unverändert für maßgeblich.
Die Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung im H. als angemessen kommt hingegen nicht in Betracht, da die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass sie nur diese Wohnung anmieten konnte, weil anderweitiger bedarfsgerechter und kostengünstigerer Wohnraum nicht zur Verfügung gestanden hat. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie wiederum große Schwierigkeiten gehabt habe, eine geeignete Wohnung zu finden und nur sehr eingeschränkt in der Lage sei, sich auf dem freien Wohnungsmarkt um Wohnungen zu bemühen. Sie hat jedoch weder nachgewiesen, dass sie – im Rahmen des ihr gesundheitlich möglichen – intensiv nach einer neuen Wohnung innerhalb der (subjektiven) Angemessenheitsgrenze gesucht hat noch dass sie sich auf andere Wohnungen erfolglos beworben hat. So hat sie im gesamten Zeitraum von annährend einem Jahr, in dem sie angegeben hat, auf Wohnungssuche gewesen zu sein, bei der Beklagten kein einziges Wohnungsangebot mit der Bitte um Zustimmung zur Übernahme der Aufwendungen vorgelegt. Sie hat auch zu keinem Zeitpunkt dargelegt, dass im Internet und den üblichen Zeitungen keine geeigneten Wohnungen angeboten werden. Der Senat konnte sich daher nicht davon überzeugen, dass zum Zeitpunkt des Umzugs nur die Wohnung im H., deren Kosten auch die subjektiv für die Klägerin geltende Angemessenheitsgrenze erheblich übersteigen, ihren sozialhilferechtlichen Wohnbedarf hätte decken können.
Auch aus dem Gutachten von Dr. L. vom 10. April 2020 folgt nicht, dass die Mietkosten der jetzt bewohnten Wohnung, die den Bedürfnissen der Klägerin entspricht, im streitgegenständlichen Zeitraum als angemessen anzuerkennen und daher in voller Höhe zu übernehmen wären. Zwar geht Dr. L. aktuell davon aus, dass ohne gesundheitliche Gefährdung der Klägerin nur ein Umzug in eine Wohnung möglich wäre, die der jetzigen im Wesentlichen entspricht. Dies resultiert nach Auffassung des Sachverständigen allerdings daraus, dass die Klägerin inzwischen in der derzeitigen Wohnung verwurzelt sei und in ihr eine Heimat gefunden habe. Insoweit weist er auch darauf hin, dass es der Klägerin in der Vergangenheit möglich gewesen sei, mehrere Wohnungswechsel herbeizuführen. Daher erscheint es nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass es auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum, in dem die Klägerin die Wohnung gerade erst bezogen hatte, keine andere, kostengünstigere Wohnung gegeben hätte, die den Bedürfnissen der Klägerin ebenfalls hätte gerecht werden und so eine Heimat für sie werden können. Hier gilt wiederum, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass keine andere, kostengünstigere Wohnung hätte angemietet werden können, die ihren Bedürfnissen ebenfalls entsprochen hätte.
Schließlich führt auch der Vortrag der Klägerin, dass der Umzug für sie aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlich gewesen sei, zu keiner anderen Beurteilung. Zwar dürfte der Umzug im Sinne eines notwendigen Auszugs aus der bisherigen Wohnung erforderlich gewesen sein, weil diese den Unterkunftsbedarf der Klägerin als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermochte, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Wohnung verbleiben konnte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 107/10 R, Rn. 15). Neben der Notwendigkeit des Auszugs ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Umzug nur dann notwendig ist, wenn neben der Notwendigkeit des Auszugs aus der bisherigen Wohnung der Einzug in eine kostenangemessene Wohnung erfolgt (ganz hM; BSG, Urteil vom 06. August 2014 – B 4 AS 37/13 R, Rn. 20; Berlit in LPK-SGB XII, 12. Aufl., § 35 Rn. 88; Gebhardt in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, § 35 Rn. 20; Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII, Rn. 185). Denn ein Umzug in eine unangemessen teure Wohnung, die auf Dauer nicht gehalten werden kann, so dass ein weiterer Umzug absehbar ist, kann nicht notwendig sein. Somit war zwar der Auszug aus der Wohnung in der B. Straße aus gesundheitlichen Gründen notwendig, der Einzug in die konkret angemietete Wohnung, deren Kosten wie bereits dargestellt nicht vollumfänglich angemessen sind, jedoch nicht.
b) Ein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Wohnung im H. in tatsächlicher Höhe von 860 Euro besteht auch nicht deshalb, weil die Beklagte den die Angemessenheit übersteigenden Aufwendungen zugestimmt hat oder hätte zustimmen müssen.
Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Abschluss des Mietvertrages über die neue Unterkunft im H. nicht gem. § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII über die Höhe der entstehenden Aufwendungen in Kenntnis gesetzt, sondern den Mietvertrag am 28. Juli 2016 unterschrieben und erst am 5. September 2016 eine Kostenzusage für die Anmietung der Wohnung beantragt. Die Beklagte hat die Zustimmung mit Schreiben vom 28. September 2016 mit der Begründung verweigert, dass die Kosten der Kaltmiete erheblich über den Höchstwerten lägen.
Dies ist nicht zu beanstanden. Gem. § 35 Abs. 2 S. 6 SGB XII soll die Zustimmung erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Da die Beklagte den Umzug nicht veranlasst hat, kommt nur die Notwendigkeit des Umzugs aus anderen Gründen in Betracht. Diese liegt jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht vor.
Folglich bleibt es dabei, dass die Klägerin gem. § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII nach dem Umzug in die Wohnung im H. lediglich einen Anspruch auf Übernahme der angemessenen Aufwendungen in Höhe von 762,54 Euro hat.
c) Daneben besteht kein Anspruch auf die Übernahme der die angemessenen Aufwendungen übersteigenden Kosten der Unterkunft im Rahmen der Eingliederungshilfe.
Zwar können Bedarfe für Kosten der Unterkunft für behinderte Menschen auch zuschussweise durch Leistungen der Eingliederungshilfe zu decken sein, soweit Kosten betroffen sind, die behinderungsbedingt über den abstrakt angemessenen Wohnkosten liegen (BSG, Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 12/17 R). Die Klägerin gehört aufgrund ihrer schweren seelischen Behinderung auch zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis. Allerdings sind Leistungen der Eingliederungshilfe dort nicht notwendig (§ 4 SGB IX), wo sie durch Ansprüche auf andere Sozialleistungen abgedeckt werden. Insoweit gehen die Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII möglichen Ansprüchen auf Leistungen der Eingliederungshilfe vor, soweit sie das Grundbedürfnis des Wohnens für behinderte als auch nicht behinderte Menschen gleichermaßen abdecken. Die Deckung auch behinderungsbedingt entstehender Kosten der Unterkunft durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entspricht dabei der gesetzlichen Grundkonzeption, wonach Aufwendungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind, ohne dass es insoweit einer gesonderten Regelung für einen behinderungsbedingten Mehrbedarf bedürfte (vgl. zur Berücksichtigung u.a. von Behinderungen bei der Prüfung der konkret angemessenen Kosten der Unterkunft BSG, Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R, Rn. 20 ff.). Gleichwohl verbleibt aber ein Bedarf unter dem Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe dort, wo allein behinderungsbedingt weitere Kosten für Wohnbedarf entstehen, die – sei es ausnahmsweise oder im Regelfall – von Leistungen des Lebensunterhalts nicht, nicht vollständig oder nicht ohne Einschränkungen umfasst werden (BSG, aaO, Rn. 29).
Da hier die besonderen Bedürfnisse der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung schon bei der Ermittlung der in ihrem Fall konkret angemessenen Kosten der Unterkunft berücksichtigt wurden, verbleibt hier kein ungedeckter Bedarf, der noch im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen sein könnte. Dies kommt im Übrigen auch in der Neuregelung in den §§ 76 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 77 und 78 SGB IX, alle in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) zum Ausdruck, die die Kosten für den behinderungsbedingt angemessenen Wohnraum den Kosten der Unterkunft nach § 42a SGB XII und – laufende – Mehrkosten für Wohnraum wegen einer Assistenz der Eingliederungshilfe zuordnen (BSG, aaO, Rn. 30).
2. Da die Klägerin somit auch in den Monaten November 2016 bis Januar 2017 einen Anspruch auf Übernahme der bereits mit Bescheid vom 7. Juli 2016 gewährten Unterkunftskosten in Höhe von 726,54 Euro hat, ist der insoweit ergangene Aufhebungsbescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 7. Dezember 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2017 rechtswidrig und war aufzuheben. Der Klägerin stehen auch über den 31. Oktober 2016 hinaus die mit Bescheid vom 7. Juli 2016 gewährten Regelleistungen, Krankenversicherungs-und Pflegeversicherungsbeiträge einschließlich des Zusatzbeitrags, der Mehrbedarfszuschlag für das Merkzeichen G und Unterkunftskosten zu.
Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung ist § 48 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Hier ist die Klägerin zwar nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 7. Juli 2016 in eine andere Wohnung umgezogen, so dass eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist. Diese Änderung ist jedoch nicht wesentlich im Sinne von § 48 SGB X und somit nicht rechtlich relevant. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt nur dann vor, wenn sich die für den Erlass des Verwaltungsakts entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände so erheblich verändert haben, dass sie rechtlich anders zu bewerten sind und daher der Verwaltungsakt unter Zugrundelegung des geänderten Sachverhalts so wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, stRspr, so z.B. BSG, Urteil vom 7.5.2020 – B 3 KS 3/18 R Rn. 14; Schütze in: Schütze, SGB X, 9. Aufl., § 48 Rn. 15). Die Änderung muss sich also nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken.
Da beide Wohnungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten und insbesondere des Bezirksamts Wandsbek liegen, so dass die Beklagte für die Leistungen nach dem SGB XII an die Klägerin weiterhin zuständig ist, und der Klägerin auch nach dem Umzug in den H. Unterkunftskosten in der bisherigen Höhe zustehen, wirkt sich der Umzug der Klägerin nicht auf die Höhe der ihr zu gewährenden Leistungen nach dem SGB XII aus, so dass auch keine wesentliche Änderung eingetreten ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin etwa zur Hälfte obsiegt hat. Zwar hat sie rein rechnerisch von den begehrten Mehraufwendungen für die Wohnung in Höhe von 226,50 Euro (860 Euro – 633,50 Euro) nur etwas weniger als 100 Euro monatlich erreicht. Andererseits war aber zu berücksichtigen, dass der Aufhebungsbescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 07. Dezember 2016, gegen den die Klägerin ebenfalls im Wege der Anfechtungsklage vorgegangen ist, vollumfänglich rechtswidrig gewesen ist und daher aufzuheben war. Dies rechtfertigt es, der Beklagten insgesamt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
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