L 11 SF 318/18 EK KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 SF 318/18 EK KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist unzulässig. Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Amtshaftungsklage wird an das Landgericht Essen verwiesen.

Gründe:

Das Gericht spricht nach Anhörung der Beteiligten in entsprechender Anwendung der § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aus und verweist das Antragsverfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine von dem Antragsteller beabsichtigte "Amtshaftungsklage gegen das Land Nordrhein-Westfalen" an das zuständige Landgericht Essen.

1. Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG). Der Senat wendet diese Vorschrift in Verfahren über vorab gestellte isolierte Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entsprechend an. Dies ist im Interesse effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) zur Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte sachgerecht (so auch Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 11. Juli 2017 - X ARZ 76/17 -, NJW-RR 2017, 1215 = juris, Rn. 12 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2020 - 4 D 137/20 -, juris, Rn. 3; umfassend hierzu bereits Verwaltungsgericht (VG) Aachen, Beschluss vom 18. November 2003 - 6 K 575/03 - juris, Rn. 23 ff.; vgl. zum Erfordernis der Verweisung eines isolierten Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. April 2002 - 3 B 137/01 -, NVwZ 2002, 992 = juris, Rn. 13; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 41/§§ 17-17b GVG, Rn. 4; Ziekow, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 5. Aufl. 2018, § 17 GVG Rn. 12 f.; zur Anwendbarkeit des § 98 SGG im Rahmen eines isolierten Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 98 Rn. 10). Für eine entsprechende Anwendung des § 17a Abs. 2 GVG auf isolierte Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe spricht, dass das zuständige Gericht der Hauptsache im Rahmen der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 117 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) auch bei schwierigen und ungeklärten Fragen über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu befinden hat (zu dieser Erwägung auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2020 - 4 D 137/20 -, juris, Rn. 3). In eine Sachprüfung kann ein Gericht erst eintreten, wenn es zuvor seine Zuständigkeit - mithin auch die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges - bejaht hat. Dies rechtfertigt eine Verweisung eines isolierten Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe an dieses Gericht, sofern deren Gewährung nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Eine Bindung an die Verweisung tritt auch im Prozesskostenhilfeverfahren ein, in dem der Antragsteller möglichst zeitnah in die Lage versetzt werden soll, Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren zu erlangen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2020 - 4 D 137/20 - mit umfangreichen weiteren Nachweisen).

Die Interessenlage im Prozesskostenhilfeverfahren unterscheidet sich zwar von derjenigen im Hauptsacheverfahren, auf die die Regelungen der §§ 17a f. GVG zugeschnitten sind. Insbesondere erwächst ein Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht in materieller Rechtskraft. Durch eine Verweisung im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren ergibt sich auch keine Bindungswirkung für ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2009 - Xa ARZ 1677/09 - NJW-RR 2010, 209; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 41/§§ 17-17b GVG, Rn. 4). Die Verweisung kann aber auch im (isolierten) Prozesskostenhilfeverfahren dem Ziel der Regelung entsprechen, Gerichtsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, indem ohne langwierige Zuständigkeitsstreitigkeiten Klarheit über den zulässigen Rechtsweg erlangt werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2020 - 4 D 137/20 -, Rn. 7 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 11. Juli 2017 - X ARZ 76/17 - NJW-RR 2017, 1215 -, juris, Rn. 12). Die Verweisung ermöglicht die verbindliche Klärung, in welchem Gerichtszweig über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden ist, und schließt damit einen negativen Kompetenzkonflikt jedenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren aus. Dem Interesse der unbemittelten Partei an einer Klärung der Zuständigkeit für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird hier durch eine bindende Verweisung Rechnung getragen. Bei einer Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags wegen fehlender Rechtswegzuständigkeit müsste der Antragsteller erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen, die unter Umständen erneut wegen fehlender Zuständigkeit abgelehnt werden könnte. Es dient der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, wenn Vorkehrungen getroffen werden, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zum Gericht ermöglichen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2020 - 4 D 137/20 -, Rn. 9 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 17. April 2002 - 3 B 137.01 -, NVwZ 2002, 992 m. w. N.).

2. Für die von dem Antragsteller nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe beabsichtigte Verfolgung eines Amtshaftungsanspruch gegen das Land Nordrhein-Westfalen ist gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG erstinstanzlich ausschließlich und ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes das Landgericht zuständig. Örtlich zuständig ist Landgericht Essen. Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird nämlich durch den Sitz der Behörde bestimmt, die die Körperschaft in dem Rechtsstreit zu vertreten hat (§ 18 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Die Möglichkeit der Zulassung der Beschwerde an den obersten Gerichtshof des Bundes nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG besteht im Prozesskostenhilfeverfahren weder unmittelbar noch entsprechend. Die Bestimmungen über die Rechtswegentscheidung nach § 17a GVG sind im Prozesskosthilfeverfahren nicht entsprechend anwendbar (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - IX ZB 61/15 -, juris, Rn. 6 ff.; OVG Münster, Beschluss vom 20. August 2020 - 4 D 137/20 und 4 B 1169/20 -).
Rechtskraft
Aus
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