L 3 U 99/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 115 U 457/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 99/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen eines Arbeitsunfalles vom 30. Juni 1995 die Gewährung einer höheren Verletztenrente unter Zugrundelegung eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV).

Der im Jahr 1967 geborene Kläger hatte bereits während seiner Tätigkeit als angestellter Profi-Eishockeyspieler bis 1994 (bis Juni 1988 in der ehemaligen DDR, danach in der BRD, zuletzt in der Spielsaison vom 01. Juli 1993 bis zum 31. Mai 1994 beim Schlittschuhverein SV B e.V.) diverse Arbeitsunfälle (01. Oktober 1985, 19. Oktober 1991, 29. Januar 1993 und 28. November 1993), für die er Leistungen von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) erhält. Er bezog von April 1994 bis Januar 1995 Arbeitslosengeld (vgl. Bescheid des Arbeitsamtes L vom 01. Februar 1995) und nahm ab dem 01. Februar 1995 eine selbstständige Tätigkeit in der Gebäudereinigung (Reinigungsfirma U K Hstr. in B) auf, mit der er als Unternehmer bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bau-BG H, deren Bezirksverwaltung damals in der Hstr. 28/30 in B residierte, zum Mindestbetrag versichert war.

Am 30. Juni 1995 erlitt der zu dieser Zeit in der Hstr. in B lebende Kläger beim Reinigen einer Gaststätte in B einen weiteren Arbeitsunfall, als er mit dem linken Fuß ausrutschte und umknickte (vgl. Unfallanzeige vom 31. Juli 1995, Durchgangsarzt (DA)-Bericht vom 05. Juli 1995). Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 05. November 1995 (DA-Bericht vom 03. November 1995). Auf die Anfrage der Beklagten vom 31. Dezember 1996 zu den insgesamt im Zeitraum vom 01. Juni 1994 bis zum 31. Mai 1995 erzielten Arbeitsentgelten und Arbeitseinkommen erklärte der Kläger unter dem 14. Januar 1997, erst arbeitslos und ab dem 01. Februar 1995 zunächst in der Reinigung und dann auch als "Versicherung, Immobilien-Makler, Unternehmensberatung" selbstständig tätig gewesen zu sein. Als erlernte Berufe gab er "Maschinenschlosser, Verwaltungsfachangestellter" an. Auf Veranlassung der Beklagten erstatteten die Chirurgen Dr. H /Dr. P ein Erstes Rentengutachten vom 14. Mai 1997, in dem sie die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen der verbleibenden Unfallfolgen mit 10 v.H. einschätzten. Die Beklagte zog Unterlagen der VBG bei, die mit Bescheid vom 07. Februar 1995 eine Verletztenrente wegen des am 01. Oktober 1985 im Rahmen der Tätigkeit als Eishockeyspieler beim EHC E B e.V. erlittenen Arbeitsunfalls (Kniebinnenschaden rechts) abgelehnt und mit Schreiben vom 19. Januar 1998 eine bleibende MdE von 10 v.H. bestätigt hatte. Zudem ermittelte sie für den Kläger als selbstversicherten Unternehmer eine Versicherungssumme von 32.400 DM als JAV im Sinne von §§ 571, 575 Reichsversicherungsordnung (RVO).

Mit Bescheid vom 25. Februar 1998 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall vom 30. Juni 1995 und als dessen Folgen "nach Bandschaden am linken Sprunggelenk eine mäßige Instabilität des linken Sprunggelenkes sowie die im Röntgenbild erkennbaren Veränderungen" an. Zudem gewährte sie dem Kläger eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab dem 06. November 1995 ausgehend von einer MdE von 10 v.H. und unter Zugrundelegung eines JAV von 32.400 DM. Auch die VBG gewährte dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 01. Oktober 1985 nun eine Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. ab dem 30. Juni 1995 (Bescheid vom 18. März 1998).

Im Rahmen seines Antrages vom Februar 1998 auf Abfindung der Verletztenrente legte der Kläger eine Gewerbeanmeldung vom 01. Juli 1997 als Makler (Vermittlung von gewerblichen Räumen und Wohnräumen) in W vor. Nach einer weiteren Begutachtung gewährte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Oktober 1998 dem Kläger die beantragte Abfindung der Rente nach einer MdE von 10 v.H. auf Lebenszeit mit einem Betrag von 47.247,74 DM (= 24.157,39 EUR).

Ebenso entsprach die VBG mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 dem Antrag des Klägers auf Abfindung der wegen des Arbeitsunfalls vom 01. Oktober 1985 gewährten Verletztenrente auf Lebenszeit mit einem Auszahlungsbetrag von 38.035,29 DM.

Von Mai 2003 bis Dezember 2004 befand sich der Kläger nach seinen Angaben in R (T) in Untersuchungshaft und konnte erst im Juli 2005 ausreisen, nachdem er durch rechtskräftiges Urteil des Stadtgerichts N vom April 2005 zu 1 Jahr und 7 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Wegen eines parallel in B laufenden Ermittlungsverfahrens erfolgte in dem vom Kläger zu diesem Zeit bewohnten Haus in der Kstraße in B eine gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchung und Beschlagnahme von 12 Leitzordnern mit persönlichen Unterlagen (vgl. Polizeiprotokoll vom 02. Juli 2003 zum Aktenzeichen 1 , vorgelegt vom Kläger in dem ebenfalls beim entscheidenden Senat anhängigen Verfahren L 3 U 2/18).

Seit dem 01. Oktober 2005 bezieht der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Im November 2006 beantragte der Kläger, vertreten durch den Rentenberater G, eine Wiedergewährung der Verletztenrente wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen, die jetzt mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten sei, was die Beklagte nach Durchführung einer Begutachtung, die eine MdE von 15 v.H. ergab, mit Bescheid vom 27. März 2007 ablehnte.

Im Juli 2007 beantragte der nun anwaltlich vertretene Kläger das Wiederaufleben der Rente nach § 77 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Verweis auf seine Stützrenten aus den anderen Arbeitsunfällen (bei der VBG wurden bzgl. abgefundener Renten ebensolche Anträge gestellt), dem die Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2007 zunächst mit Wirkung ab dem 01. Dezember 2006 unter teilweiser monatlicher Aufrechnung der Abfindungssumme entsprach.

Einen Antrag des Klägers auf Aussetzung der Aufrechnung aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten (Kreditaufnahme wegen diverser von ihm geführter Zivilprozesse) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2011, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 01. Juni 2011, ab. Zur Begründung seines Antrages hatte der Kläger u.a. vorgetragen, die erhaltene Abfindungssumme habe er in den Kauf eines Hausgrundstückes (Kstraße in B) investiert.

Nachdem die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen eines weiteren Arbeitsunfalls vom 03. Februar 2002 nach einer MdE von 20 v.H. in einem zuletzt vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) geführten Rechtsstreit (L 31 U 508/08) rückwirkend für die Zeit ab dem 11. Dezember 2002 anerkannt hatte, bewilligte die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom März 2012 das rückwirkende Wiederaufleben der abgefundenen Rente bereits ab dem 01. Januar 2003 (Bescheid vom 26. Juli 2012).

Am 14. Mai 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), den Bescheid vom 25. Februar 1998 über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit zu überprüfen. Er machte geltend, dass seinerzeit der JAV zu niedrig festgestellt worden sei. Hierzu übersandte er diverse Einkommensbelege in Kopie, u.a. - vier von ihm selbst ausgestellte und nur von ihm unterzeichnete Quittungen (Vordrucke der Fa. Avery Zweckform GmbH "Quittung 1250 aus 100% Altpapier", seit Januar 1992 im Handel erhältlich) über von ihm im Jahre 1995 erzielte Maklerprovisionen aus Immobilienvermittlungen i.H.v. 65.000 DM, 35.000 DM, 50.000 DM und 45.000 DM; - eine Einkommenssteuererklärung (amtliche Vordrucke für das Jahr 1998, handschriftlich auf 1995 abgeändert und ohne Abgabedatum), die bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer die Einträge "Immobilienunternehmer" und "195.000,- DM" enthält; - Bescheide des Arbeitsamtes Lübeck vom 01. Februar 1995 (Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung zum 31. Januar 1995) und vom 16. Februar 1995 (Überbrückungsgeld ab dem 01. Februar 1995); - Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 1995 (Dauer des Dienstverhältnisses: 01. bis 31. Dezember 1995, Bruttoarbeitslohn 4.000,- DM, Arbeitgeber: X-Press Marketing GmbH in B).

Mit Bescheid vom 17. Juni 2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides vom 25. Februar 1998 und Neufeststellung des JAV ab. Der Kläger sei zum Zeitpunkt seines Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 aufgrund der satzungsgemäßen Unternehmerversicherung versichert gewesen. Gemäß der damals geltenden Rechtslage sei der JAV nach der satzungsgemäß festgelegten Versicherungssumme festzustellen gewesen. Diese sei im Fall des Klägers mit einem JAV von 32.400 DM korrekt und im Einklang mit der geltenden Rechtslage festgestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 11. August 2013, den er am 23. Dezember 2014 im Wesentlichen damit begründete, dass er am 17. Mai 1995 einen Antrag auf eine Versicherung nach der satzungsgemäßen Höchstsumme (Mitgliedsnummer 95 101 300 46) gestellt habe. Da auf eine Prüfung nach § 45 Abs. 2 der damals geltenden Fassung der Satzung der Beklagten (Nachweis, dass der Antrag auf Höherversicherung die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers wiedergibt) verzichtet worden sei, sei dem Bescheid vom 25. Februar 1998 ein JAV nach der Höchstversicherungssumme zugrunde zu legen. Zum Beweis legte er einen maschinenschriftlich mit dem Datum "17.o5.1995" verfassten "Antrag, Zusatzversicherung zum Höchstbetrag" in Kopie bei, auf dem ein handschriftlicher Vermerk angebracht ist: "Dieses Schreiben persönlich bei der BG (Bauberufsgenossenschaft) Hildegardstraße 29/30 10715 Berlin, am 17. Mai 1995 in den Hausbriefkasten der Berufsgenossenschaft eingeworfen. [Unterschrift] 17.05.1995 F H B Kallee."

Die Ermittlungen der Beklagten hierzu ergaben, dass die Mitgliedsakten nicht mehr existierten, in den gespeicherten Datensätzen lediglich eine Mitgliedschaft des Klägers in der Zeit vom 01. Februar 1995 bis zum 16. Mai 1996 mit einer persönlichen Versicherung zu einer Versicherungssumme von 16.566 EUR (= 32.400 DM) im Jahr 1995 und 17.486 EUR (= 34.200 DM) im Jahr 1996 vermerkt sowie der Eingang eines Antrages auf Versicherung zum Höchstbetrag im Mai 1995 nirgendwo festzustellen war.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 06. August 2015 zurück. Da die Mitgliedschaft bzw. Versicherung des Klägers bereits am 16. Mai 1996 erloschen sei, sei die entsprechende Mitglieds- bzw. Versicherungsakte gemäß § 110b Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vernichtet worden. In der elektronischen Akte seien lediglich die entscheidungserheblichen Daten gespeichert, z.B. Beginn und Ende der Mitgliedschaft und Versicherung, sowie die Höhe der Versicherungssumme. Aus den vorliegenden Daten lasse sich nicht bestätigen, dass ein Antrag auf Höherversicherung bei ihr, der Beklagten, eingegangen sei. Es lasse sich jedoch aus den vorhandenen Daten herleiten, dass ein solcher Antrag, sollte er eingegangen sein, nicht positiv beschieden worden sei. Auch die Durchsicht der Unfallakte lasse keinen Anhalt für einen solchen Antrag oder seine Bewilligung erkennen. Im Bescheid vom 25. Februar 1998 sei der JAV i.H.v. 32.400 DM auf der ersten Seite ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe der Kläger keinen Widerspruch eingelegt. Bei lebensnaher Betrachtung erscheine es wenig glaubhaft, dass es ihm nicht aufgefallen wäre, wenn man seinerzeit einen falschen JAV zugrunde gelegt hätte. Dagegen spreche auch, dass der Kläger in seinem Antrag auf Überprüfung nicht die Feststellung des JAV nach der Höchstversicherungssumme begehrt habe, sondern eine Neufeststellung nach den damaligen tatsächlichen Einkommensverhältnissen. Es lasse sich im Ergebnis nicht beweisen, dass dem Kläger aufgrund eines Antrags vom 17. Mai 1995 eine satzungsgemäße Unternehmerversicherung nach der Höchstversicherungssumme bewilligt worden sei. Wenn sich jedoch nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten eine anspruchsbegründende Tatsache nicht beweisen lasse, so gehe diese Beweislosigkeit zulasten desjenigen, um dessen Ansprüche es gehe.

Am 21. August 2015 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und sein Begehren auf Zugrundelegung eines höheren JAV weiterverfolgt. Seine Einkünfte hätten sich im Jahr 1995 auf einen Betrag von 195.000 DM belaufen unter Berücksichtigung seiner Einnahmen als Makler für Wohn- und Geschäftsräume und Unternehmensberater in Höhe von 16.250 DM monatlich. Einen diesen Einkünften korrespondierenden Antrag auf Versicherung zum Höchstbetrag habe er am 17. Mai 1995 gestellt. Dies könne der Zeuge F H belegen. Gemäß der damals geltenden Satzung der Beklagten belaufe sich der Höchstbetrag der Versicherungssumme auf 108.000 DM. Ab dem 01. Januar 2009 belaufe sich der Höchst-JAV auf 62.400 EUR.

Im Erörterungstermin vor dem SG vom 19. April 2017 hat der Kläger erklärt, dass die die weiteren Verdienste aus einer Tätigkeit als Immobilienmakler belegenden Quittungen, auf die die Beantragung der Versicherung zum Höchstbetrag zurückgehe, lange nicht auffindbar gewesen seien. Dies habe u.a. an seiner Gefangenschaft in R gelegen. Beim Finanzamt in E habe er die Quittungen erst mehr als 10 Jahre später eingereicht, so dass er aus Verjährungsgründen nicht mehr habe veranlagt werden können und über keinen Steuerbescheid verfüge. Herrn H kenne er noch vom Sport aus DDR-Zeiten. Er habe ihm vor der Sitzung das Schriftstück vom 17. Mai 1995 gezeigt, damit er sich an den Vorgang erinnern könne. Er sei gelernter Verwaltungsangestellter und in schriftlichen Dingen seit jeher absolut akkurat. Dass das Beibringen von Nachweisen sehr wichtig sei, sei ihm schon immer bekannt gewesen.

Das SG hat im Erörterungstermin vom 19. April 2017 den Zeugen H vernommen und ihn eine Schriftprobe fertigen lassen; hinsichtlich der Einzelheiten der Vernehmung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Zudem haben die Beteiligten ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Ausgehend von dem Antrag des Klägers, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2015 zu verpflichten, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 25. Februar 1998 ab dem 01. Januar 2009 eine Verletztenrente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 nach einem höheren JAV als (ursprünglich) 32.400 DM zu gewähren, hat das SG durch Urteil vom 03. Mai 2017 die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 25. Februar 1998 ab dem 01. Januar 2009 eine Verletztenrente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 nach einem höheren JAV als (ursprünglich) 32.400 DM zu gewähren. Gemäß § 44 SGB X sei ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien, auch nach seiner Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X würden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden sei. Diese an die Rücknahme eines Verwaltungsaktes zu stellenden Voraussetzungen lägen im Falle des Klägers nicht vor, da der Bescheid vom 25. Februar 1998 rechtmäßig sei. Es habe sich nicht feststellen lassen, dass der Kläger am 17. Mai 1995 bei der Beklagten einen Antrag auf Versicherung zum Höchstbetrag gestellt habe. Den Kläger treffe insoweit die objektive Beweislast für das Vorliegen der von ihm geltend gemachten Anspruchsvoraussetzungen. Dieser Beweislast habe er nicht genügen können. Zum einen verweise die Kammer gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden. Zum anderen habe auch die Einvernahme des Klägers in dem am 19. April 2017 durchgeführten Erörterungstermin sowie die in diesem Termin durchgeführte Zeugenvernehmung des F H nicht den erforderlichen Nachweis zu erbringen vermocht. Der Kläger selbst habe nur noch anhand seiner Unterlagen nachvollziehen können, welchen Antrag er am 17. Mai 1995 gestellt haben wolle, sich selbst aber nicht mehr an Einzelheiten erinnern können. Zwar sei der Kläger davon überzeugt, dass das Schriftstück vom 17. Mai 1995 mit dem Vermerk des Zeugen F H über den Einwurf in den Briefkasten der Beklagten authentisch sei. Diese Überzeugung teile die Kammer indes nicht. Zum einen erscheine es der Kammer bereits lebensfern, weshalb auf diesem Schriftstück durch den als Boten beauftragten Zeugen H der Umstand des Einwurfs in den Briefkasten akribisch niedergeschrieben worden sei. Der Kläger habe zwar angegeben, als gelernter Verwaltungsfachangestellter in schriftlichen Dingen seit jeher absolut akkurat zu sein. Ihm sei schon immer bekannt gewesen, dass das Beibringen von Nachweisen sehr wichtig sei. Allerdings stehe dies im Widerspruch zu dem Umstand, dass der Kläger vier Quittungen über von ihm im Jahre 1995 erzielte Maklerprovisionen aus Immobilienvermittlungen über 65.000 DM, 35.000 DM, 50.000 DM und 45.000 DM erst über 10 Jahre später wieder aufgefunden haben wolle. In dieser wirtschaftlich sehr bedeutsamen Angelegenheit lasse der Kläger die von ihm behauptete durchgängige Akkuratesse in schriftlichen Angelegenheiten vermissen. Ob dies vor dem Hintergrund geschehen sei, dass die Quittungen erst dann aufgefunden werden sollten, wenn die 10-jährige Festsetzungsfrist zur Erhebung von Steuern abgelaufen sei, könne für die Kammer offenbleiben. Das Bedauern des Klägers hinsichtlich des Umstandes, dass ihm die Zahlungen von Steuern nunmehr wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist verwehrt seien, halte die Kammer für vorgeschoben und gekünstelt. Jedenfalls bestehe ein augenfälliger Widerspruch zwischen dieser großen Nachlässigkeit in einem finanziell sehr bedeutsamen Sachverhalt und der angeblich durchgängig bestehenden – und unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers fast zur Zwanghaftigkeit übersteigerten – Präzision in schriftlichen Angelegenheiten, die den Kläger dazu bewogen haben wolle, den Einwurf des Schriftstücks vom 17. Mai 1995 durch einen Boten akribisch dokumentieren zu lassen, ja sich überhaupt eines Boten zu bedienen, um für diesen Briefeinwurf gegebenenfalls einen Zeugen präsentieren zu können. Dabei bestünden aus einer ex-ante-Sicht überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass und weshalb dieses angeblich direkt in den Briefkasten eingeworfene Schreiben der Beklagten nicht hätte zugehen sollen. Des Eindrucks einer nachträglichen Konstruktion lediglich fiktiver Vorgänge könne sich die Kammer auch nach der Vernehmung des Zeugen F H nicht erwehren. Der Zeuge H habe sich angeblich genau daran erinnern können, am 17. Mai 1995 das besagte Schriftstück in den Briefkasten der Berufsgenossenschaft geworfen zu haben. Befragt nach den Geschehnissen an weiteren Tagen in den Jahren 1995 und 1996 habe der Zeuge indes keine Erinnerung gehabt. Er habe auch nicht anzugeben vermocht, welche weiteren Schriftstücke er in den vergangenen 25 Jahren in welche Briefkästen geworfen haben will. Ebenso wenig habe er zu sagen gewusst, ob er später noch einmal Schriftstücke für den Kläger in Briefkästen geworfen habe oder nicht. Selbstverständlich sei sich die Kammer des Umstandes bewusst, dass Erinnerungen an nicht allzu spektakuläre Vorgänge, die über 20 Jahre zurücklägen, in aller Regel nicht mehr präsent seien. Der Zeuge F H habe jedoch diesen in der Natur der menschlichen Erinnerung liegenden Umstand in Bezug auf den Einwurf des Schriftstücks vom 17. Mai 1995 nicht eingeräumt, sondern habe der Kammer den – nicht nach vollziehbaren – Eindruck vermitteln wollen, er könne sich an diesen Vorgang noch genau erinnern. Auf eine entsprechende Anmerkung des Vorsitzenden hin habe der Kläger die Angaben des Zeugen H nachgebessert, indem er angegeben habe, er und der Zeuge H hätten sich vor dem gerichtlichen Erörterungstermin hinsichtlich des Einwurfs des Schriftstücks in den Briefkasten der Berufsgenossenschaft am 17. Mai 1995 unterhalten und die Erinnerung des Zeugen habe sich maßgeblich aus dieser Unterhaltung ergeben. Auf die für den Zeugen H scheinbar belanglose Frage hin, ob er den Kläger am 17. Mai 1995 denn auch getroffen habe, habe dieser angegeben, dies nicht zu wissen. Als sich an einer anderen Stelle der Vernehmung die Frage des Vorsitzenden direkt auf die Übergabe des Schriftstücks vom 17. Mai 1995 bezogen habe, habe der Zeuge H auf einmal genau zu wissen gewollt, dass er dieses durch den Kläger persönlich ausgehändigt bekommen habe. Da das Schreiben ausweislich seiner Datumsangabe am 17. Mai 1995 verfasst worden sei und es auch am gleichen Tag durch den Zeugen H eingeworfen worden sein solle, setze dies nach den Behauptungen des Klägers und des Zeugen H allerdings zwingend ein persönliches Treffen der beiden am 17. Mai 1995 voraus. Insofern ergebe sich ein Widerspruch in der Aussage des Zeugen H, wenn er – in scheinbar bedeutungslosem Zusammenhang – äußere, er wisse nicht, ob er den Kläger am 17. Mai 1995 getroffen habe, an anderer – aus seiner Sicht für das Begehren des Klägers bedeutsamer Stelle – jedoch genau die persönliche Übergabe dieses Schriftstücks durch den Kläger an ihn erinnern wolle. Dies werte die Kammer als Ausweis dafür, dass die Aussage des Zeugen H durch die ihm bekannten Interessen des Klägers geleitet gewesen seien. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass beide einander offensichtlich langjährig verbunden seien. Sie seien Sportskameraden gewesen und hätten sich noch aus Zeiten der DDR gekannt. Nach alledem habe die Kammer erhebliche Zweifel an der Darstellung des Sachverhalts durch den Kläger, so dass ein durch ihn am 17. Mai 1995 gestellter Antrag auf Versicherung nach einem höheren JAV nicht habe nachgewiesen werden können.

Gegen das ihm am 09. Mai 2017 zugestellte Urteil richtet sich der weiterhin anwaltlich vertretene Kläger mit seiner am 01. Juni 2017 beim LSG eingelegten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Entgegen der Auffassung des SG seien die Angaben des Zeugen H glaubhaft und schlüssig. Aufgrund des lange zurückliegenden Einzelvorgangs reiche es aus, dass der Zeuge den Einwurfvorgang und seine Unterschrift bestätigt habe, sich allgemein aufgrund besonderer Umstände noch an seine Boteneigenschaft auch bei anderen damaligen geschäftlichen Angelegenheiten habe erinnern können, ohne sich konkret an den Einzelvorgang zu erinnern. Dem Zeugen sei als Geschäftsmann die Bedeutung einer Botenzustellung bekannt gewesen. Es sei auch im Geschäftsleben üblich einen Botenvermerk auf einem Schriftstück zu Beweiszwecken anzubringen. Zur Zeit der Steuererklärung für 1995 und auch bei Feststellung des JAV 1998 seien die Quittungen nicht auffindbar gewesen. Daher habe er die Mindesteinstufung durch die BG hinnehmen müssen. Auf die Idee, Ersatz für die verlorengegangenen Belege zu besorgen, sei er damals nicht gekommen. Nach Auftauchen der Quittungen im Keller habe er sich entschlossen, auf der Grundlage seines damals gestellten Antrages seine Rente zum Höchst-JAV gegenüber der BG geltend zu machen. Dies habe vorausgesetzt, dass er sich gegenüber dem Finanzamt in Form einer Selbstanzeige steuerlich "ehrlich mache", um dadurch mit der berichtigten Steuerfestsetzung in Verbindung mit den aufgefundenen Quittungen den erforderlichen Nachweis seiner tatsächlichen Einkünfte gegenüber der BG zu erbringen. Entgegen der Würdigung des SG habe der Zeuge sich gerade nicht an den genauen Tag des Vorgangs im Mai 1995 erinnert, sondern lediglich erklärt, er entnehme die Erinnerung an diesen Tag ausschließlich aus dem von ihm angefertigten Einwurfvermerk. Richtig sei, dass der Zeuge in diesem Zusammenhang geäußert habe, er habe das Schriftstück damals beschrieben, um zu bestätigen, dass er es eingesteckt habe. Dies sei die einzige Erinnerung des Zeugen an den 17. Mai 1995. Auch habe das Gericht davon ausgehen müssen, dass dem Zeugen im Vorfeld der Verhandlung seine damalige Erklärung als Gedächtnisstütze präsentiert werde. Schließlich sei die Klägerseite vor Benennung eines Zeugen ohnehin verpflichtet, die Eignung eines Zeugen vorab zu prüfen. Hierbei sei es sogar angebracht, dem Zeugen eine 22 Jahre zurückliegende Erklärung vorzulegen. Von einem konstruierten Sachverhalt könne hier nicht ausgegangen werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. Mai 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 25. Februar 1998 eine Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 nach einem ursprünglichen Höchst-JAV i.H.v. 108.000 DM ab dem 01. Januar 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und reicht auszugsweise die Satzung ihrer Rechtsvorgängerin, der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover, vom 28. Juni 1978 in der Fassung des 11. Nachtrages vom Juni 1992, die bis zum 31. Dezember 1995 galt (im Folgenden: Satzung Bau-BG), in Kopie zur Gerichtsakte.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2020 nochmals den Zeugen F Hohenstein vernommen; hinsichtlich der Einzelheiten seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen, den Rechtsstreit des Klägers gegen die VBG betreffende Gerichtsakte L3 U 2/18 einschließlich der hierzu gehörenden Verwaltungsakten der VBG, die in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung vorlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat zutreffend mit Urteil vom 03. Mai 2017 die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) des Klägers abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2015 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 25. Februar 1998 abzuändern und dem Kläger eine Verletztenrente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 nach einem höheren JAV als (ursprünglich) 32.400 DM ab dem 01. Januar 2009 zu gewähren, da die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht erfüllt sind.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nach seiner Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden sei. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird bzw. der der Rücknahme vorangegangene Antrag gestellt worden ist (§ 44 Abs. 4 S. 2 und 3 SGB X).

Wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, ist bei Erlass des Bescheides vom 25. Februar 1998 von der Beklagten weder das Recht unrichtig angewandt worden noch ist sie von einem Sachverhalt (JAV) ausgegangen, der sich als unrichtig erweist.

Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 25. Februar 1998 sind die bei seinem Erlass maßgeblichen Vorschriften heranzuziehen. Gemäß § 214 Abs. 3 S. 1 SGB VII gelten die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen sind. Leistungen sind zu dem Zeitpunkt "erstmals festzusetzen" im Sinne des § 214 Abs. 3 S. 1 SGB VII, zu dem die Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs erfüllt sind und der Versicherte daher einen Anspruch auf Feststellung des Leistungsrechts hat (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. September 2010 – B 2 U 3/10 R -, in SozR4- 2000 § 214 Nr. 1 Rz. 13 bzw. juris Rz. 13 ff). Da hier der versicherte Arbeitsunfall am 30. Juni 1995 eingetreten war und ein Anspruch auf Verletztenrente bereits ab dem 06. November 1995 bestanden hatte, waren bei Erlass des Bescheides am 25. Februar 1998 noch die Vorschriften der zum 01. Januar 1997 außer Kraft getretenen Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden.

Gem. § 581 Abs. 1 RVO werden als Verletztenrente gewährt solange in Folge des Arbeitsunfalls 1. der Verletzte seine Erwerbsfähigkeit verloren hat, 2/3 des JAV (Vollrente), 2. die Erwerbsfähigkeit wenigstens um 1/5 gemindert ist, der Teil der Vollrente, der dem Grad der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit entspricht (Teilrente).

Ist die Erwerbsfähigkeit des Verletzten in Folge mehrerer Arbeitsunfälle gemindert und erreichen die Hundertsätze der durch die einzelnen Arbeitsunfälle verursachten Minderungen wenigstens die Zahl "20", so ist für jeden, auch einen früheren Arbeitsunfall Verletztenrente zu gewähren (§ 581 Abs. 3 S. 1 RVO). Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn Sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10/100 mindern (§ 581 Abs. 3 S. 2 RVO).

Nach § 214 Abs. 2 S. 1 SGB VII gelten die Vorschriften über den JAV auch für Versicherungsfälle, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn der JAV nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals oder – vorliegend nicht von Bedeutung - aufgrund des § 90 neu festgesetzt wird. Insoweit hat das BSG es bisher offengelassen, ob es im Fall der erstmaligen Festsetzung der im Schrifttum vertretenen Meinung, nicht der Zeitpunkt der tatsächlichen Entscheidung durch den Unfallversicherungsträger mittels Verwaltungsakt sei maßgebend sondern der Zeitpunkt, an dem der Unfallversicherungsträger den JAV hätte festsetzen können, folgt oder nicht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 15/02 R -, in juris Rz. 24). Auch der Senat kann diese Frage letztlich offenlassen, da im vorliegenden Fall sowohl die Vorschriften der RVO (§§ 571, 575) zum JAV als auch die Vorschriften des SGB VII (§§ 82, 83, 85) zum JAV - jeweils in Verbindung mit den Regelungen der Satzung der Beklagten – zum gleichen Ergebnis führen.

Nach § 571 Abs. 1 RVO gilt der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Verletzten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Arbeitsunfall eingetreten ist, als JAV. Hierbei bleiben die gem. §§ 632, 671 Nr. 9 RVO und § 846 RVO über den JAV erlassenen Satzungsbestimmungen unberührt (§ 571 Abs. 3 RVO). Gemäß § 575 Abs. 1 RVO beträgt der JAV für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, mindestens 60/100 der im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls maßgebende Bezugsgröße (§ 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)). Nach § 575 Abs. 3 S. 1 RVO beträgt der JAV höchstens 36.000 DM, wobei die Satzung einen höheren Betrag bestimmen kann. Gemäß § 632 S. 1 RVO kann die Satzung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen die versicherten Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten auf Antrag mit einem höheren JAV versichert werden (Zusatzversicherung).

Nach § 82 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist der JAV der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte (§ 14 SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Der JAV beträgt gem. § 85 Abs. 1 S. 1 SGB VII mindestens für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 15., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, 40 vom Hundert (Nr. 1) und für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls das 18. Lebensjahr vollendet haben, 60 vom Hundert (Nr. 2) der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebenden Bezugsgröße. Der JAV beträgt gemäß § 85 Abs. 2 S. 1 SGB VII jedoch höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebenden Bezugsgröße. Die Satzung kann eine höhere Obergrenze bestimmen (§ 85 Abs. 2 S. 2 SGB VII). Für kraft Gesetzes versicherte selbständig Tätige, für kraft Satzung versicherte Unternehmer und Ehegatten oder Lebenspartner und für freiwillig Versicherte hat die Satzung des Unfallversicherungsträgers die Höhe des JAV zu bestimmen (§ 83 S. 1 SGB VII). Sie hat ferner zu bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen die kraft Gesetzes versicherten selbständig Tätigen und die kraft Satzung versicherten Unternehmer und Ehegatten oder Lebenspartner auf ihren Antrag mit einem höheren JAV versichert werden (§ 83 S. 2 SGB VII).

Vorliegend war der zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 in der Hstraße, B ansässige Kläger bei der für ihn gemäß §§ 543, 646 RVO i.V.m. §§ 7, 43 der Satzung der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover vom 28. Juni 1978 in der Fassung des 11. Nachtrages vom Juni 1992, die bis zum 31. Dezember 1995 galt (im Folgenden: Satzung Bau-BG), als Unternehmer eines Unternehmens, das Reinigungsarbeiten aller Art an und in Gebäuden ausführt (Reinigungsfirma U K Hstr. in B), kraft Satzung versichert.

Bei kraft Satzung versicherten Unternehmern gilt als JAV (Versicherungssumme) für die Berechnung der Beiträge und Geldleistungen ein Betrag in Höhe von 80 v. H. der örtlich maßgebenden Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV; soweit dieser Betrag nicht durch 900 teilbar ist, erhöht sich dieser auf den nächsthöheren durch 900 teilbaren Betrag (§ 44 Abs. 1 der Satzung Bau-BG). Die Berufsgenossenschaft hat der Versicherung auf schriftlichen Antrag des Unternehmers eine höhere Versicherungssumme als die in § 44 bestimmte zugrunde zu legen (§ 632 RVO), wobei die Versicherungssumme jedoch den Höchstbetrag von 108.000 DM nicht übersteigen darf (§ 45 Abs. 1 der Satzung Bau-BG – Zusatzversicherung -). Gemäß § 45 Abs. 2 der Satzung Bau-BG kann die Berufsgenossenschaft die Höhe der Versicherungssumme von dem Nachweis abhängig machen, dass diese den tatsächlichen Arbeitseinkommen aus dem bei der Berufsgenossenschaft eingetragenen Unternehmen entspricht. Sie ist berechtigt die Höhe der Versicherungssumme aufgrund der vorgelegten Unterlagen niedriger als beantragt festzusetzen. Die Festsetzung gilt rückwirkend ab Antragstellung. Gemäß § 45 Abs. 3 der Satzung Bau-BG tritt die nach Abs. 1 bzw. Abs. 2 festgestellte Versicherungssumme frühestens am Tag nach Eingang des Antrags bei der Berufsgenossenschaft an die Stelle des in § 44 genannten Betrages.

Ausgehend von diesen Regelungen hat die Beklagte im Bescheid vom 25. Februar 1998 in zutreffender Weise der Berechnung der Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 einen JAV in Höhe von 32.400 DM zugrunde gelegt. Die allgemeine Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV betrug für das Beitrittsgebiet im Jahr 1995 39.480 DM, so dass 80 v.H. einen Betrag von 31.584 DM ergaben, der nach § 44 Abs. 1 S. 2 der Satzung Bau-BG auf den nächsthöheren, durch 900 teilbaren Betrag, d. h. auf 32.400 DM aufzurunden war.

Zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 SGG) ist der Nachweis der Versicherung des Klägers als Unternehmer eines Reinigungsbetriebes im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 zu einer höheren als der nach § 44 der Satzung der Bau-BG ermittelten (Mindest-) Versicherungssumme nicht erbracht. Der Senat vermochte sich ebenso wenig wie das SG bei seiner Entscheidung am 03. Mai 2017 davon zu überzeugen, dass der Kläger – wie von ihm behauptet – mit Hilfe des Zeugen F H am 17. Mai 1995 wirksam einen Antrag auf Versicherung zum Höchstbetrag im Sinne von § 45 Abs. 1 bis 3 der Satzung Bau-BG (Zusatzversicherung) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestellt hat. Der insoweit erforderliche Vollbeweis für den Zugang eines derartigen Antrages auf Versicherung zum Höchstbetrag bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der BAU-BG Hannover, Bezirksverwaltung B, ist auch nach erneuter Anhörung des Zeugen F H im Termin zur mündlichen Verhandlung des Senats am 11. Juni 2020 nicht gelungen.

Der Vollbeweis ist erbracht, wenn sich das Gericht die volle Überzeugung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Tatsache verschaffen kann, wobei eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Hierbei sind gewisse verbleibende (Rest-) Zweifel unschädlich, sofern sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller /Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3b, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. BSG Urteile vom 15 Dezember 2016 – B 9 V 3/15 R -, in juris Rn. 26, und vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R -, in juris Rn. 28).

Vorliegend war vom Kläger zwar während des Widerspruchsverfahrens im Dezember 2014 ein maschinenschriftlich mit dem Datum "17.o5.1995" verfasster "Antrag, Zusatzversicherung zum Höchstbetrag" in Kopie vorgelegt worden, auf dem ein handschriftlicher Vermerk mit dem Wortlaut "Dieses Schreiben persönlich bei der BG (Bauberufsgenossenschaft) Hildegardstraße 29/30 10715 Berlin, am 17. Mai 1995 in den Hausbriefkasten der Berufsgenossenschaft eingeworfen. [Unterschrift] 17.05.1995 F H B Kallee." angebracht ist. Jedoch hat der Senat auch nach erneuter Vernehmung des Zeugen F H im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Juni 2020 erhebliche Zweifel an der Authentizität bzw. Existenz eines am 17. Mai 1995 gefertigten Originals dieses Schreibens und dessen Einwurf in den Briefkasten der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bau-BG H, Bezirksverwaltung B, am 17. Mai 1995.

So hat zwar der Zeuge H bei seiner Vernehmung durch den Senat - wie bereits vor dem SG Berlin im Erörterungstermin vom 19. April 2017 - bekundet, dass der handschriftliche Vermerk auf dem in Kopie vom Kläger vorgelegten Schreiben vom "17.o5.1995" von ihm stamme und er ihn erst nach dem Einwerfen im Auto angebracht habe. Er hat dann im Weiteren erklärt, dass er selbst ca. 25 Jahre selbstständig im Bau-Nebengewerbe tätig gewesen sei und damals ca. 12 Mitarbeiter beschäftigt habe. Sie seien damals überwiegend mit Malerarbeiten beschäftigt gewesen. Er habe immer alles schriftlich, also auch Telefonate etc. dokumentiert. Zu dieser Zeit habe ein Mitarbeiter von ihm bei dem Kläger gearbeitet. Er sei wohl einen Tag vorher bei dem Kläger auf der Baustelle vorbeigekommen und dieser habe ihn dort gefragt, ob er ein Schriftstück für ihn bei der Bau-BG in der Hstraße einwerfen könne. Zu diesem Zeitpunkt sei er – der Zeuge – ganz in der Nähe mit dem Umbau der "Villa Anna" zu einer Kita beschäftigt gewesen. Auf weitere Nachfragen hat der Zeuge dann erklärt, dass er normaler Weise nur die Adresse bzw. Datum, Uhrzeit und Person bei Telefonaten vermerke. Beim Kläger habe er es etwas ausführlicher gemacht. Er sei ja doch eine imposante Person. Der Kläger habe ihn aber nicht gebeten, einen Vermerk anzubringen. Auf weiteres Nachfragen hierzu durch den Vertreter der Beklagten sowie des Gerichts hat der Zeuge dann erklärt, dass das Schreiben in einem Kuvert gewesen sei und dass das Kuvert verschlossen gewesen sei. Der Kläger habe ihm eine Kopie mitgegeben, weil er darauf einen Vermerk zu dem Einwurf schreiben sollte. Er habe abends alles in den Transporter für den nächsten Morgen gepackt, und sich nicht weiter darum kümmern wollen. Die unterschriebene Kopie habe er dem Kläger wohl 1-2 Tage später zurückgegeben. Auf die Fragen des Klägers, ob er sich noch erinnern könne, dass er – der Kläger – vor dem Verschließen des Kuverts ihm das Schreiben vorgelesen und mit der Kopie verglichen hätte, hat der Zeuge erklärt, es sei schon so lange her. Es sei durchaus möglich, dass es so gewesen sei. Er hätte ein ca. 20-30 minütiges Gespräch über handwerkliche Tätigkeiten bzw. Probleme mit dem Kläger gehabt. Er - der Zeuge - habe damals immer unter starkem Zeitdruck gestanden. Auf die Frage zum genauen Datum des Einwurfes und wieso er sich daran erinnern könne, hat der Zeuge gegenüber dem Senat erklärt, das der 17. Mai ein wichtiger Tag für ihn gewesen sei, da Richtfest und Übergabe der Kita gewesen seien und er dort persönlich seine Endabrechnung habe abgeben wollen, was früher noch üblicher gewesen sei.

Der Senat hat im Hinblick auf die nunmehr detaillierteren Angaben des Zeugen im Vergleich zu der vor 3 Jahren durchgeführten Anhörung durch das SG B erhebliche Zweifel an deren Wahrheitsgehalt, insbesondere betreffend den Einwurf des "Original-Schreibens" zu der von ihm mit einem handschriftlichen Vermerk versehenen Kopie in den Briefkasten der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 17. Mai 1995. Diese Zweifel resultieren zum einen aus den widersprüchlichen Einlassungen des Zeugen, der zunächst danach befragt ausdrücklich angegeben hatte, dass der Kläger ihn nicht gebeten habe, einen Vermerk über den Einwurf anzubringen, und dann später bei weiterem Nachfragen von Seiten des Vertreters der Beklagten angegeben hatte, der Kläger habe ihn ausdrücklich gebeten, einen Vermerk über den Einwurf des Schreibens auf der mitgegebenen Kopie anzubringen. Zum anderen resultieren die Zweifel des Senats betreffend den Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen, er habe den Vermerk direkt nach dem Einwurf in den Briefkasten der Bau-BG in B am 17. Mai 1995 auf der Kopie des Schreibens angebracht, aus dem Umstand, dass die Anschrift der Bau-BG zur damaligen Zeit noch Hstraße 28/30 und nicht wie im handschriftlich vom Zeugen angebrachten Vermerk Hstraße 29/30 lautete. Soweit der Kläger auf entsprechende Nachfrage des Vertreters der Beklagten hierzu lapidar geäußert hatte, da habe er sich wohl geirrt, vermag das den Senat nicht zu überzeugen. Schließlich hatte der Zeuge aufgrund seines eigenen Gewerbes, in dem er nach seinen Angaben damals ca. 12 Mitarbeiter beschäftigte, regelmäßig mit der für ihn und seinen Betrieb zuständigen Bau-BG zu tun und schriftliche Meldungen (z. B. für die Erhebung der Beiträge, Lohnsummenfeststellung, Präventionsaufgaben etc.) zu machen, so dass ihm die damalige Anschrift geläufig gewesen sein musste. Weiterhin spricht gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen insbesondere der Umstand, dass dieser sich bei der Befragung durch den Senat plötzlich an vielfältige Details rund um die Übergabe des Schriftstücks am 17. Mai 1995 erinnern wollte, während er bei der Vernehmung durch das SG B im April 2017 überhaupt keine Erklärungen dafür abgeben konnte, warum er sich so genau an den Einwurf eines Schreibens am 17. Mai 1995 in den Briefkasten der Bau-BG in der Hildegardstraße in B habe erinnern können. Wenn der Zeuge, wie von ihm nun geschildert, wirklich den Einwurf eines ihm vom Kläger übergebenen Schreibens in den Briefkasten der Bau-BG am Tag des für ihn so wichtigen Richtfestes der Kindertagesstätte "Villa Anna" vorgenommen haben sollte und dies der 17. Mai 1995 gewesen sein sollte, ist für den Senat schlichtweg unverständlich, warum er dies nicht schon 3 Jahre früher vor dem SG B angeben konnte, zumal er ja dort nachdrücklich dazu befragt worden war, aufgrund welcher Umstände er sich so genau an diesen Tag im Gegensatz zu anderen Tagen erinnern könne. Die nunmehr vorgenommene Erläuterung des Zeugen, dass es früher üblicher gewesen sei, Endabrechnungen persönlich abzugeben, und es nicht so viele Richtfeste in seinem Berufsleben gegeben habe, vermag die plötzliche Erinnerungsintensität des Zeugen nicht in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Schließlich hatte er auf Nachfragen des Senats angegeben, ca. 300 bis 600 Rechnungen pro Jahr geschrieben zu haben und sich auch bzgl. seiner letzten Endabrechnung nicht mehr an das genaue Datum erinnern zu können, weil er damals schon an Hepatitis C erkrankt gewesen sei und Medikamente habe nehmen müssen. Umso fragwürdiger erscheint es dem Senat, dass sich der Zeuge nun mit Exaktheit an ein weit in der Vergangenheit zurückliegendes Ereignis erinnern will und dies mit weiteren Details ausschmückt, die ihm bei einer früheren und daher zu dem Ereignis zeitnäheren Befragung gerade nicht erinnerlich waren. Etwas Aufschluss für das Verhalten des Zeugen gibt dessen Antwort auf die Frage des Prozessbevollmächtigten des Klägers, ob er - der Zeuge - sich vor der Anhörung vor dem SG selbst erinnert habe oder sozusagen dies in seiner Erinnerung rekonstruieren musste. Hierzu hat der Zeuge geantwortet, dass die Erinnerung wieder gekommen sei, nach dem ihm das Schriftstück gezeigt worden sei. Ergänzend hat er dann noch angegeben, vor 2 Jahren im Rahmen seines Abschieds vom Berufsleben eine Zusammenkunft mit allen Auftraggebern gehabt zu haben, bei der das Gespräch auch auf das Richtfest in der "Villa Anna" gekommen sei. Dies mag vielleicht eine Erklärung dafür sein, warum der Zeuge jetzt den Einwurf des Schreibens mit dem Richtfest in der "Villa Anna" verknüpft, es macht den Zeugen für den Senat jedoch nicht glaubwürdiger.

Vielmehr drängt sich dem Senat – wie schon dem SG - bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände der Eindruck auf, dass hier der Kläger im Zusammenwirken mit dem Zeugen F H nachträglich einen Antrag auf Versicherung zum Höchstbetrag konstruiert hat, nach dem sein auf selbstgefertigte Quittungen über "Maklerprovision/Immobilienvermittlung" gestütztes Begehren auf Feststellung eines höheren JAV von der Beklagten mit Bescheid vom 17. Juli 2013 zurückgewiesen worden war. Dabei mag es durchaus sein, dass der Zeuge auf der Kopie eines auf den "17.o5.1995" datierten Schreibens des Klägers den entsprechenden Vermerk über den Einwurf des Schreibens in den Briefkasten der Bau-BG am 17. Mai 1995 angebracht hat, jedoch wohl zu einem weitaus späteren Zeitpunkt als dem 17. Mai 1995, worauf auch die unrichtige Bezeichnung der damaligen Post-/Hausanschrift der Bau-BG H, Bezirksverwaltung B, hinweist.

Wie bereits das SG hält auch der Senat es nicht für glaubhaft, dass der Kläger die "Quittungen" wie auch die Kopie eines "Antrag, Zusatzversicherung zum Höchstbetrag" vom "17.o5.1995" im Jahr 2013 bzw. 2014 aufgefunden haben will, wo er doch nach seinen eigenen Beteuerungen als ausgebildeter Verwaltungsangestellter in allen schriftlichen Dingen seit jeher absolut akkurat sei. Es ist für den Senat schlichtweg nicht nachvollziehbar, warum der Kläger weder bei Ermittlung des JAV durch die Beklagte (Schreiben vom 30. Dezember 1996) noch bei der Feststellung der Verletztenrente im Februar 1998 oder bei deren Abfindung im Oktober 1998 auf seine angeblich höheren Einkünfte vor dem Unfall bzw. einen Antrag auf Versicherung zum Höchstbetrag aus Mai 1995 hingewiesen hat. So enthält der Bescheid vom 25. Februar 1998 klare Hinweise zur Bildung des JAV und der für die kraft Satzung versicherten Unternehmer hierfür maßgeblichen Versicherungssumme. Dem Kläger dürfte es nicht an den für eine Überprüfung der Rentenhöhe und des JAV erforderlichen Fähigkeiten gemangelt haben, da er sich ja nach seinen Angaben neben dem bei der Beklagten kraft Satzung versicherten Reinigungsgewerbe auch als Selbstständiger auf den Gebieten "Versicherung, Immobilien-Makler und Unternehmensberatung" betätigt hat, was natürlich rechtliche und betriebswirtschaftliche Kenntnisse sowie ein Verständnis für versicherungsrechtliche Fragen voraussetzt. Zudem hat der Kläger – wie sich aus seinen in den Verwaltungsakten dokumentierten vielfältigen Bemühungen ergibt – immer Wert auf eine möglichst umfangreiche Entschädigung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1995 (sowie anderer Arbeitsunfälle) gelegt. Soweit er zur Erläuterung des späten "Auffindens" auf seine zeitweilige Inhaftierung in R hinweist, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen, da seine Verhaftung in T und die Hausdurchsuchung mit Beschlagnahme von Unterlagen erst einige Jahre nach der Rentenfeststellung und -abfindung im Jahr 2003 stattfand. Insbesondere ist bei der Vorgehensweise des Klägers auffällig, dass er sich nicht sofort mit seinem Überprüfungsantrag vom 14. Mai 2013 – was ja aufgrund seiner damaligen Versicherung als Unternehmer (einer Reinigungsfirma) kraft Satzung bei der Beklagten angezeigt gewesen wäre – auf einen "Antrag, Zusatzversicherung zum Höchstbetrag" vom "17.o5.1995" gestützt hat, sondern dies erst 1,5 Jahre später mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 tat. In diesem Zusammenhang kann auch die Aussage des Zeugen H, gefragt zu seiner Beziehung zum Kläger, gesehen werden, wonach nur sporadische Treffen mit dem Kläger stattgefunden hätten und es gut möglich sei, dass sie sich nach Ausbruch seiner Erkrankung im Dezember 2014 - wie auch sonst ab und zu vor Weihnachtlichen - getroffen hätten. Betrachtet man die vom Kläger im Verwaltungsverfahren in Kopie vorgelegte, ohne Abgabedatum vom Kläger unterzeichnete (nachträgliche) Einkommenssteuererklärung, ausgefüllt auf den handschriftlich auf 1995 abgeänderten amtlichen Vordrucken für das Jahr 1998, so erscheint ein Antrag auf Versicherung zum Höchstbetrag im Jahr 1995 für das allein bei der Beklagten kraft Satzung versicherte Reinigungsgewerbe des Klägers völlig unglaubwürdig. Denn nach seinen dortigen Eintragungen bei der Rubrik "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" und "Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit", sofern man deren Wahrheitsgemäßheit unterstellt, will der Kläger ausschließlich Einkünfte aus einer Tätigkeit als Immobilienmakler in Höhe von "195.000,- DM" (entspricht der Summe der vorgelegten Quittungen) neben den erhaltenen Lohnersatzleistungen in Höhe von 29.419 DM und den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 4.000 DM erzielt haben. Einkünfte aus seiner bei der Beklagten kraft Satzung versicherten Tätigkeit als (Einzel-)Unternehmer eines Reinigungsgewerbes werden vom Kläger dagegen nicht angegeben. Abgesehen davon waren bzw. sind nach allgemeiner Lebenserfahrung die Einkünfte eines 1-Personen-Unternehmens in der Gebäudereinigung bei Weitem nicht so hoch, dass sie eine Versicherung zum Höchstbetrag rechtfertigen könnten, was die Stellung eines Antrages auf Versicherung zum Höchstbetrag für das erst im Februar 1995 aufgenommene Reinigungsgewerbe ebenfalls völlig unglaubwürdig macht.

Der Senat sieht daher im Wesentlichen aus den selben Gründen wie die im Urteil des SG vom 03. Mai 2017 genannten (§ 153 Abs. 2 SGG) den Nachweis der Stellung eines Antrages auf Versicherung zum Höchstbetrag nach § 45 der Satzung Bau-BG am 17. Mai 1995 bzw. vor dem Unfall vom 30. Juni 1995 nicht als erbracht an, so dass die Berufung des Klägers zurück zu weisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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