Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 418/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 6/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04. Dezember 2019 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 8.460,61 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04. Dezember 2019, in dem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11. November 2019 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2019 für das Beitragsjahr 2011 abgelehnt worden ist, ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend kommt dem Widerspruch der Antragstellerin vom 11. November 2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2019, mit dem Beiträge für das Jahr 2011 auf 36.819,49 Euro an Stelle von 2.977,03 Euro (Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2014) neu festgesetzt und geltend gemacht werden, entgegen § 86a Absatz 1 Satz 1 SGG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, weil nach § 86a Absatz 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung bei der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt.
Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht nach § 86b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist in den Fällen des § 86a Absatz 2 Nr. 1 SGG, dass das Interesse des durch den Verwaltungsakt Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das kraft Gesetzes als vorrangig angesehene öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt (vgl. zum Ganzen: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn.12b und c, m.w.N.). Grundsätzlich besteht bei der Prüfung von § 86b Abs. 1 SGG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis im Sinne eines Suspensiveffektes mit der Folge, dass im Zweifel das Vollziehungsinteresse den Vorrang hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch einen Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12a, 12c und 12e m.w.N.). In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG sind zudem die Kriterien des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten (vgl. Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 2012 - L 8 R 164/12 B ER -, juris; Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12f, jeweils m.w.N.). Somit ist zu prüfen, ob ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit in diesem Sinne liegen vor, wenn nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg des Widerspruchs bzw. des Klageverfahrens wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Diesbezüglich nimmt der Senat vollumfänglich Bezug auf die Ausführungen in der angefochtenen sozialgerichtlichen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Das Sozialgericht führt darin zutreffend aus, dass die (auch vom Senat nachvollzogenen) Ermittlungen des Hauptzollamts nach dem Gesamtbild drückende Anhaltspunkte dafür geben, dass die Antragstellerin unter Einsatz von als Subunternehmen bezeichnete Schein- bzw. Servicefirmen (zum Begriff vgl. ausführlich auch Finanzgericht (FG) Düsseldorf, Beschluss vom 03. März 1999 - 5 V 7436/98 A (U) -, juris, insbesondere Rn. 22 ff) und von diesen erstellte "Abdeckrechnungen" (solche, bei der ein tatsächlich entstandener Aufwand - hier für Schwarzlohnzahlungen - als Betriebsausgabe zum Ansatz gebracht wird und die tatsächlich entstandenen Ausgaben in der Buchführung unter Zuhilfenahme dieser Rechnung "abgedeckt" werden) die Beschäftigung von Arbeitnehmern verschleiert hat, so dass die Antragsgegnerin zur Beseitigung der Beitragserstfestsetzung und - ohne, dass ihr hierbei Ermessen zustand (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, juris) -Neufestsetzung der Beiträge für das Jahr 2011 berechtigt war. Gründe für eine unbillige Härte waren nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin hat die Beschwerde trotz (zunächst) beantragter und entsprechend gewährter Fristverlängerungen (bis zum 31. März 2020) nicht begründet. Nach erneuter stillschweigender Fristverlängerung durch den Senat ist die Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 gebeten worden, die Beschwerde bis zum 03. November zu begründen. Das Schreiben enthielt den Hinweis, es sei anderenfalls eine Entscheidung beabsichtigt. Auch darauf reagierte die Antragstellerin nicht, sodass sich der Senat zu einer anderen rechtlichen Einschätzung nicht veranlasst sah.
Es ist auch weiterhin nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, sodass die aufschiebende Wirkung auch dann nicht anzuordnen wäre, sofern von wenigstens offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin ausgegangen werden könnte. Diese hat trotz (erneuter) Aufforderung im Beschwerdeverfahren weiterhin nicht einmal mitgeteilt und glaubhaft gemacht, inwieweit sie bei Vollstreckung der Forderung von Insolvenz bedroht wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 63 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Abänderung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Die Höhe des festzusetzenden Streitwerts ergibt sich gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG aus der Höhe der geltend gemachten bezifferten Beitragsleistung. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war der Streitwert, auf ein Viertel der Beitragsnachforderung für das Jahr 2011 (36.819,49 Euro abzüglich von 2.977,03 Euro = 33.842,46 Euro), hier mithin auf 8.460,61 Euro festzusetzen. Die Bemessung auf ein Viertel des Regressbetrags entspricht der sonstigen gerichtlichen Handhabung bei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 2017 [Stand März 2017] unter Nr. 10.2 zu Verfahren gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 und § 86b Abs. 2 SGG; BSG, Beschluss vom 29. August 2011 - B 6 KA 18/11 R -, SozR 4-1500 § 86a Nr. 2, Rn. 21).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04. Dezember 2019, in dem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11. November 2019 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2019 für das Beitragsjahr 2011 abgelehnt worden ist, ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend kommt dem Widerspruch der Antragstellerin vom 11. November 2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2019, mit dem Beiträge für das Jahr 2011 auf 36.819,49 Euro an Stelle von 2.977,03 Euro (Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2014) neu festgesetzt und geltend gemacht werden, entgegen § 86a Absatz 1 Satz 1 SGG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, weil nach § 86a Absatz 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung bei der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt.
Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht nach § 86b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist in den Fällen des § 86a Absatz 2 Nr. 1 SGG, dass das Interesse des durch den Verwaltungsakt Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das kraft Gesetzes als vorrangig angesehene öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt (vgl. zum Ganzen: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn.12b und c, m.w.N.). Grundsätzlich besteht bei der Prüfung von § 86b Abs. 1 SGG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis im Sinne eines Suspensiveffektes mit der Folge, dass im Zweifel das Vollziehungsinteresse den Vorrang hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch einen Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12a, 12c und 12e m.w.N.). In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG sind zudem die Kriterien des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten (vgl. Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 2012 - L 8 R 164/12 B ER -, juris; Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12f, jeweils m.w.N.). Somit ist zu prüfen, ob ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit in diesem Sinne liegen vor, wenn nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg des Widerspruchs bzw. des Klageverfahrens wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Diesbezüglich nimmt der Senat vollumfänglich Bezug auf die Ausführungen in der angefochtenen sozialgerichtlichen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Das Sozialgericht führt darin zutreffend aus, dass die (auch vom Senat nachvollzogenen) Ermittlungen des Hauptzollamts nach dem Gesamtbild drückende Anhaltspunkte dafür geben, dass die Antragstellerin unter Einsatz von als Subunternehmen bezeichnete Schein- bzw. Servicefirmen (zum Begriff vgl. ausführlich auch Finanzgericht (FG) Düsseldorf, Beschluss vom 03. März 1999 - 5 V 7436/98 A (U) -, juris, insbesondere Rn. 22 ff) und von diesen erstellte "Abdeckrechnungen" (solche, bei der ein tatsächlich entstandener Aufwand - hier für Schwarzlohnzahlungen - als Betriebsausgabe zum Ansatz gebracht wird und die tatsächlich entstandenen Ausgaben in der Buchführung unter Zuhilfenahme dieser Rechnung "abgedeckt" werden) die Beschäftigung von Arbeitnehmern verschleiert hat, so dass die Antragsgegnerin zur Beseitigung der Beitragserstfestsetzung und - ohne, dass ihr hierbei Ermessen zustand (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 2/08 R -, juris) -Neufestsetzung der Beiträge für das Jahr 2011 berechtigt war. Gründe für eine unbillige Härte waren nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin hat die Beschwerde trotz (zunächst) beantragter und entsprechend gewährter Fristverlängerungen (bis zum 31. März 2020) nicht begründet. Nach erneuter stillschweigender Fristverlängerung durch den Senat ist die Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 gebeten worden, die Beschwerde bis zum 03. November zu begründen. Das Schreiben enthielt den Hinweis, es sei anderenfalls eine Entscheidung beabsichtigt. Auch darauf reagierte die Antragstellerin nicht, sodass sich der Senat zu einer anderen rechtlichen Einschätzung nicht veranlasst sah.
Es ist auch weiterhin nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, sodass die aufschiebende Wirkung auch dann nicht anzuordnen wäre, sofern von wenigstens offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin ausgegangen werden könnte. Diese hat trotz (erneuter) Aufforderung im Beschwerdeverfahren weiterhin nicht einmal mitgeteilt und glaubhaft gemacht, inwieweit sie bei Vollstreckung der Forderung von Insolvenz bedroht wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 63 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Abänderung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Die Höhe des festzusetzenden Streitwerts ergibt sich gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG aus der Höhe der geltend gemachten bezifferten Beitragsleistung. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war der Streitwert, auf ein Viertel der Beitragsnachforderung für das Jahr 2011 (36.819,49 Euro abzüglich von 2.977,03 Euro = 33.842,46 Euro), hier mithin auf 8.460,61 Euro festzusetzen. Die Bemessung auf ein Viertel des Regressbetrags entspricht der sonstigen gerichtlichen Handhabung bei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 2017 [Stand März 2017] unter Nr. 10.2 zu Verfahren gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 und § 86b Abs. 2 SGG; BSG, Beschluss vom 29. August 2011 - B 6 KA 18/11 R -, SozR 4-1500 § 86a Nr. 2, Rn. 21).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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