Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AS 3197/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1395/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 15.09.2020 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vom 01.09.2020 bis zum 28.02.2021, längstens bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens, darlehensweise Leistungen iHv monatlich 347,35 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat die Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt Unterkunftskosten und Krankenversicherungsbeiträge im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes.
Der am 00.00.1989 geborene alleinstehende Antragsteller ist Student der Rechtswissenschaften im 18. Fachsemester. Bis 2015 bezog er Leistungen nach dem BAföG. Anschließend erhielt der Antragsteller einen KfW-Studienkredit und ging zeitweilig verschiedenen Studentenjobs nach. Er bewohnt ein möbliertes Zimmer in einem Studentenwohnheim in L. Die Unterkunftskosten inklusive aller Betriebs-, Heiz-, Strom- und Internetkosten betragen monatlich 152 EUR. Die Eltern des Antragstellers leben mit einer Schwester des Antragstellers in einer 50 m²- Mietwohnung in C. Die Mutter des Antragstellers geht einer Vollzeitbeschäftigung als Raumpflegerin nach. Der Vater des Antragstellers ist geringfügig beschäftigt.
Der Antragsteller hat seit Sommer 2018 alle erforderlichen universitären Leistungen erbracht und sich 2019 zur Ersten Juristischen Staatsprüfung angemeldet. Mit Schreiben vom 27.04.2020 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass er die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden hat. Ein letzter Wiederholungsversuch kann nach einer Bescheinigung der Universität zu L voraussichtlich erst 2021 durchgeführt werden. Bei erfolgreicher Wiederholung der Prüfung könne das Studium im August 2021 abgeschlossen werden.
Der Antragsteller hat bei dem Antragsgegner im August 2020 beantragt, ihm Leistungen - ggfs. darlehensweise - zu bewilligen. Aufgrund seines Alters könne er kein BAföG mehr beziehen. Seine Eltern seien nach der erfolglosen Examensprüfung nicht mehr bereit, für seine Miete und die Krankenversicherung aufzukommen. Er verfüge nicht über Einkommen oder Vermögen.
Mit Bescheid vom 13.08.2020 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Hiergegen legte der Antragsteller fristgerecht Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.
Am 01.09.2020 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Köln beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm zuschussweise, hilfsweise darlehensweise Leistungen zu zahlen. Er verfüge nicht über Einkommen oder Vermögen, um seinen laufenden Lebensunterhalt, inklusive der Kranken- und Pflegeversicherung für Studenten (160,31 EUR + 35,04 EUR, insgesamt 195,35 EUR) zu bestreiten. Er habe am 24.07.2020 ein Mahnschreiben über 405,18 EUR von seiner Krankenkasse erhalten, weil er mit zwei Monatsbeiträgen in Rückstand sei.
Mit Beschluss vom 15.09.2020 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 27 Abs. 3 SGB II lägen nicht vor.
Hiergegen hat der Antragsteller am 21.09.2020 Beschwerde eingelegt. Aufgrund seiner Examensanmeldung sei er keiner Beschäftigung mehr nachgegangen. Zuletzt habe er auf seine Bewerbungen nur noch Absagen erhalten. Seine Eltern könnten ihn hinsichtlich Krankenversicherung und Miete nicht unterstützen, was sie ihm im Sommer 2020 auch mitgeteilt hätten. Er sei insoweit auf Leistungen des Jobcenters angewiesen. Seinen "Naturalunterhalt" könnten - wie bisher - seine Eltern übernehmen. Ein Umzug in die Wohnung seiner Eltern sei aber nicht möglich, da er angesichts der Schließung der Universitäten und Bibliotheken dort nicht lernen könne.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 06.09.2019 - L 7 AS 1114/19 B ER und vom 02.10.2019 - L 7 AS 1147/19 B ER).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch für die von ihm begehrten Unterkunftskosten und Krankenversicherungsbeiträge glaubhaft gemacht. Dieser ergibt sich aus § 27 Abs. 3 SGB II. Hiernach können Leistungen für Regelbedarfe, den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7, Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeutet. Der Begriff der besonderen Härte ist als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll überprüfbar (Silbermann, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 27 Rn 34). Maßgeblich ist, ob der Ausschluss von Leistungen auch unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 5 SGB II zugrunde liegenden Zwecks, eine verdeckte Ausbildungsförderung (über Leistungen nach dem BAföG hinaus) nach dem SGB II zu verhindern, übermäßig hart, d.h. unzumutbar und in hohem Maße unbillig erscheint (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 28/07 R). Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn - wie hier - wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden ist, der nicht anderweitig gedeckt werden kann und begründeter Anlass für die Annahme besteht, die vor dem Abschluss stehende Ausbildung werde ohne die Zubilligung von Leistungen nicht beendet (Söhngen, in: Juris-PK SGB II, § 27 Rn. 31). Dies ist hier bei summarischer Prüfung zu bejahen. Es ist wegen der Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden, der nicht mehr durch Leistungen nach dem BAföG, Studienkredite, eigenes Einkommen oder Vermögen, familiäre Unterstützung oder sonstige Finanzierungsquellen gedeckt werden kann. Es besteht daher begründeter Anlass zu der Annahme, dass die Ausbildung nicht beendet werden kann. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass sein rechtswissenschaftliches Studium vor dem Abschluss steht. Er hat sämtliche zur Examensanmeldung erforderlichen Studienleistungen erbracht und befindet sich unmittelbar in der Prüfungsvorbereitung. Zwar ist der Antragsteller zur Wiederholungsprüfung noch nicht angemeldet, jedoch hat er glaubhaft gemacht, dass er sich Anfang 2021 zur Prüfung anmelden wird und eine Anmeldung zur Pflichtfachprüfung lediglich drei Monate vor der Ablegung möglich ist.
Da bei Leistungen nach § 27 SGB II keine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II besteht, weil diese Leistungen nicht als Alg II gelten (§ 27 Abs. 1 Satz 2 SGB II) und wegen der Überschreitung der Altersgrenze auch keine Pflichtversicherung als Student nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB II vorliegt, hat der Antragsteller auch einen Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht.
Soweit der Antrag des Antragstellers dahingehend verstanden werden sollte, dass er Leistungen rückwirkend ab dem 01.08.2020 begehrt, ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zugesprochen werden, sondern sind mangels Eilbedürfnis in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas Anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Hierzu ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Mietschulden liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Beitragsschulden zur Kranken- und Pflegeversicherung kann der Antragsteller mittels der Nachzahlungen für September 2020 und Oktober 2020 ausgleichen. Soweit der Antragsteller Leistungen als Zuschuss begehrt, hat er einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II Leistungen nur als Darlehen vorsieht. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt Unterkunftskosten und Krankenversicherungsbeiträge im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes.
Der am 00.00.1989 geborene alleinstehende Antragsteller ist Student der Rechtswissenschaften im 18. Fachsemester. Bis 2015 bezog er Leistungen nach dem BAföG. Anschließend erhielt der Antragsteller einen KfW-Studienkredit und ging zeitweilig verschiedenen Studentenjobs nach. Er bewohnt ein möbliertes Zimmer in einem Studentenwohnheim in L. Die Unterkunftskosten inklusive aller Betriebs-, Heiz-, Strom- und Internetkosten betragen monatlich 152 EUR. Die Eltern des Antragstellers leben mit einer Schwester des Antragstellers in einer 50 m²- Mietwohnung in C. Die Mutter des Antragstellers geht einer Vollzeitbeschäftigung als Raumpflegerin nach. Der Vater des Antragstellers ist geringfügig beschäftigt.
Der Antragsteller hat seit Sommer 2018 alle erforderlichen universitären Leistungen erbracht und sich 2019 zur Ersten Juristischen Staatsprüfung angemeldet. Mit Schreiben vom 27.04.2020 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass er die staatliche Pflichtfachprüfung nicht bestanden hat. Ein letzter Wiederholungsversuch kann nach einer Bescheinigung der Universität zu L voraussichtlich erst 2021 durchgeführt werden. Bei erfolgreicher Wiederholung der Prüfung könne das Studium im August 2021 abgeschlossen werden.
Der Antragsteller hat bei dem Antragsgegner im August 2020 beantragt, ihm Leistungen - ggfs. darlehensweise - zu bewilligen. Aufgrund seines Alters könne er kein BAföG mehr beziehen. Seine Eltern seien nach der erfolglosen Examensprüfung nicht mehr bereit, für seine Miete und die Krankenversicherung aufzukommen. Er verfüge nicht über Einkommen oder Vermögen.
Mit Bescheid vom 13.08.2020 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Hiergegen legte der Antragsteller fristgerecht Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.
Am 01.09.2020 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Köln beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm zuschussweise, hilfsweise darlehensweise Leistungen zu zahlen. Er verfüge nicht über Einkommen oder Vermögen, um seinen laufenden Lebensunterhalt, inklusive der Kranken- und Pflegeversicherung für Studenten (160,31 EUR + 35,04 EUR, insgesamt 195,35 EUR) zu bestreiten. Er habe am 24.07.2020 ein Mahnschreiben über 405,18 EUR von seiner Krankenkasse erhalten, weil er mit zwei Monatsbeiträgen in Rückstand sei.
Mit Beschluss vom 15.09.2020 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 27 Abs. 3 SGB II lägen nicht vor.
Hiergegen hat der Antragsteller am 21.09.2020 Beschwerde eingelegt. Aufgrund seiner Examensanmeldung sei er keiner Beschäftigung mehr nachgegangen. Zuletzt habe er auf seine Bewerbungen nur noch Absagen erhalten. Seine Eltern könnten ihn hinsichtlich Krankenversicherung und Miete nicht unterstützen, was sie ihm im Sommer 2020 auch mitgeteilt hätten. Er sei insoweit auf Leistungen des Jobcenters angewiesen. Seinen "Naturalunterhalt" könnten - wie bisher - seine Eltern übernehmen. Ein Umzug in die Wohnung seiner Eltern sei aber nicht möglich, da er angesichts der Schließung der Universitäten und Bibliotheken dort nicht lernen könne.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 06.09.2019 - L 7 AS 1114/19 B ER und vom 02.10.2019 - L 7 AS 1147/19 B ER).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch für die von ihm begehrten Unterkunftskosten und Krankenversicherungsbeiträge glaubhaft gemacht. Dieser ergibt sich aus § 27 Abs. 3 SGB II. Hiernach können Leistungen für Regelbedarfe, den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7, Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeutet. Der Begriff der besonderen Härte ist als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll überprüfbar (Silbermann, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 27 Rn 34). Maßgeblich ist, ob der Ausschluss von Leistungen auch unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 5 SGB II zugrunde liegenden Zwecks, eine verdeckte Ausbildungsförderung (über Leistungen nach dem BAföG hinaus) nach dem SGB II zu verhindern, übermäßig hart, d.h. unzumutbar und in hohem Maße unbillig erscheint (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 28/07 R). Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn - wie hier - wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden ist, der nicht anderweitig gedeckt werden kann und begründeter Anlass für die Annahme besteht, die vor dem Abschluss stehende Ausbildung werde ohne die Zubilligung von Leistungen nicht beendet (Söhngen, in: Juris-PK SGB II, § 27 Rn. 31). Dies ist hier bei summarischer Prüfung zu bejahen. Es ist wegen der Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden, der nicht mehr durch Leistungen nach dem BAföG, Studienkredite, eigenes Einkommen oder Vermögen, familiäre Unterstützung oder sonstige Finanzierungsquellen gedeckt werden kann. Es besteht daher begründeter Anlass zu der Annahme, dass die Ausbildung nicht beendet werden kann. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass sein rechtswissenschaftliches Studium vor dem Abschluss steht. Er hat sämtliche zur Examensanmeldung erforderlichen Studienleistungen erbracht und befindet sich unmittelbar in der Prüfungsvorbereitung. Zwar ist der Antragsteller zur Wiederholungsprüfung noch nicht angemeldet, jedoch hat er glaubhaft gemacht, dass er sich Anfang 2021 zur Prüfung anmelden wird und eine Anmeldung zur Pflichtfachprüfung lediglich drei Monate vor der Ablegung möglich ist.
Da bei Leistungen nach § 27 SGB II keine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II besteht, weil diese Leistungen nicht als Alg II gelten (§ 27 Abs. 1 Satz 2 SGB II) und wegen der Überschreitung der Altersgrenze auch keine Pflichtversicherung als Student nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB II vorliegt, hat der Antragsteller auch einen Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht.
Soweit der Antrag des Antragstellers dahingehend verstanden werden sollte, dass er Leistungen rückwirkend ab dem 01.08.2020 begehrt, ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zugesprochen werden, sondern sind mangels Eilbedürfnis in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas Anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Hierzu ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Mietschulden liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Beitragsschulden zur Kranken- und Pflegeversicherung kann der Antragsteller mittels der Nachzahlungen für September 2020 und Oktober 2020 ausgleichen. Soweit der Antragsteller Leistungen als Zuschuss begehrt, hat er einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II Leistungen nur als Darlehen vorsieht. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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