Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 466/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3724/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. September 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Vormerkung der Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 als beitragsgeminderte Zeit.
Der geborene Kläger bestand am 7. Juni 2006 die Abiturprüfung. Vom 2. Mai 2007 bis 29. Juni 2007 absolvierte der Kläger ein Praktikum zum Kennenlernen und Durchführen von Grundfertigkeiten der Metallbearbeitung bei der BZW. Am 1. Oktober 2007 nahm der Kläger das Bachelor-Studium Mechatronik des Fachbereichs VII, Elektrotechnik und Feinwerktechnik auf. Im Rahmen dieses Studiums absolvierte der Kläger vom 18. Februar 2008 bis 20. März 2008 ein Praktikum bei der C. GmbH. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums am 18. März 2011 absolvierte der Kläger vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 ein Praktikum bei der D.r AG. Dort war er innerhalb des Bereiches Produktionsplanung Aggregate beschäftigt, wofür er monatlich 768,83 EUR Entgelt (insgesamt 4.613 EUR) erhielt. Danach war der Kläger arbeitslos und nahm bei der L. GmbH & Co. KG, einem Automobilzulieferer, eine Tätigkeit als Reklamationsbearbeiter im Bereich Zweimassenschwungrad auf (s. Blatt 20 der Senatsakten).
Am 15. August 2017 beantragte der Kläger Kontenklärung und legte u. a. ein Zeugnis der D. AG vom 30. September 2011 vor. Mit Bescheid vom 9. November 2017 stellte die Beklagte gem. § 149 Abs. 5 SGB VI Zeiten bis 31. Dezember 2010 verbindlich fest. Die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 wurde als Pflichtbeitragszeit, jedoch nicht als beitragsgeminderte Zeit anerkannt.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. November 2017 Widerspruch. Die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 sei als Praktikum als berufliche Ausbildung anzuerkennen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 7. Februar 2018 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, im Gegensatz zum Praktikum 2008 sei das streitgegenständliche Praktikum nicht versicherungsfrei gewesen, sondern habe der Versicherungspflicht unterlegen. Das Praktikum habe der zusätzlichen Vermittlung von Kenntnissen gedient und sei als berufliche Ausbildung anzuerkennen. Der Begriff einer Berufsausbildung richte sich nach § 7 Abs. 2 SGB IV und nicht nach § 48 SGB VI. Der Erwerb beruflicher Kenntnisse habe im Vordergrund gestanden bei niedrigem Entgelt. Die Ausbildung sei innerhalb eines Betriebes erfolgt, weshalb der Zeitraum als berufliche Ausbildung zusätzlich zu kennzeichnen sei. Die Beklagte hat vorgetragen, das streitgegenständliche Praktikum sei nicht laut Studienordnung vorgeschrieben gewesen, sondern nur ein Vorpraktikum. Es sei auch nicht belegt, dass das Praktikum für die anschließende Ausübung eines Berufes oder für einen Ausbildungsgang zwingend notwendig gewesen sei. Es reiche nicht aus, dass die erworbenen Kenntnisse für eine Beschäftigung wünschenswert und förderlich seien.
Mit Urteil vom 7. September 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Kriterien des Bundessozialgerichts (BSG) zur Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung im Sinne von § 48 SGB VI seien auch bei der Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung im Sinne von § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI heranzuziehen. Hiernach sei eine Berufsausbildung nur anzunehmen, wenn die für den erwähnten Beruf notwendigen, nicht nur nützlichen, wünschenswerten oder förderlichen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten vermittelt würden und dies mindestens 20 Stunden wöchentlich beanspruche. Das streitgegenständliche Praktikum sei aber nach der Studienordnung nicht vorgeschrieben gewesen; es sei auch nicht ersichtlich, dass das Praktikum für die anschließende Ausübung eines Berufs oder einer Ausbildung notwendig gewesen sei.
Gegen das dem Kläger am 19. September 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Oktober 2018 Berufung eingelegt und in der Folge damit begründet, dass sich die Anerkennung einer beruflichen Ausbildung grundsätzlich nach § 7 Abs. 2 SGB IV richte. Eine Beschäftigung zur Berufsausbildung könne nur ausgeschlossen werden, wenn es an der Eingliederung und einem Weisungsrecht fehle oder aber es sich um eine rein schulische Ausbildung handele, was beides nicht vorliege. Das streitgegenständliche Praktikum habe offensichtlich nicht nur der Erkennung von Neigungen sondern hauptsächlich dem Erwerb von praktischen Kenntnissen gedient, die für die spätere Berufsausübung notwendig gewesen seien. Die Vergütung habe deutlich unter dem Verdienst eines ungelernten Arbeiters gelegen. Die Arbeitsleistung sei im Hintergrund gestanden. Die für den erwähnten Beruf notwendigen praktischen Fähigkeiten seien von einer qualifizierten Ausbildungsinstitution planmäßig vermittelt worden. Das Praktikum könne zumindest als Anlernzeit im Umfang von mindestens drei Monaten anerkannt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. September 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2018 zu verurteilen, den Zeitraum vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 als beitragsgeminderte Zeit vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat von der D. AG die Auskunft vom 28. Mai 2019 eingeholt; wegen der Auskunft wird auf Bl. 27 der Gerichtsakten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg verwiesen.
Die Beteiligten haben anschließend einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 als beitragsgeminderte Zeit.
Das SG hat die dem geltend gemachten Anspruch zu Grunde liegenden Rechtsgrundlagen und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG zutreffend dargelegt und überzeugend ausgeführt, dass das Praktikum bei der D. AG vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 nicht als beitragsgeminderte Zeit gemäß § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2005 gilt, weshalb eine Vormerkung gem. § 149 Abs. 5 SGB VI nicht erfolgen kann. § 54 Abs. 3 S. 3 SGB VI, wonach die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung galten, wurde aufgehoben; die Übergangsvorschrift des § 246 SGB VI ist für den Kläger nicht relevant, da er eine Rente vor dem 1. Januar 2009 nicht bezogen hat.
Als beitragsgeminderte Zeit gelten gemäß § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung). Der Kläger hat von April bis September 2011 zwar Pflichtbeiträge vorzuweisen; doch hat er keine Berufsausbildung durchlaufen. Unter beruflicher Ausbildung ist in Abgrenzung zur schulischen Ausbildung der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung zu verstehen. Was unter beruflicher Ausbildung im Einzelnen gemeint ist, richtet sich grundsätzlich nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Danach ist Berufsausbildung die erstmalige, breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendige Fachbildung in einem geordneten Ausbildungsgang und einem Berufsausbildungsverhältnis, wobei eine Umschulung gleichgestellt ist, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nach den Vorschriften des BBiG durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 KR 7/00 R, m. w. N., juris; § 1 Abs. 3 BBiG: Vermittlung notwendiger Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang). Darüber hinaus ist jedoch auch der Erwerb der für die Ausübung eines gegen Entgelt auszuübenden Berufs erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch theoretischen Unterricht oder durch praktische Unterweisung ausreichend, um eine Berufsausbildung annehmen zu können. Der Auszubildende muss aber in einem rechtlich geordneten Ausbildungsverhältnis stehen, woran der Ausbilder und der nach bestimmtem Lehrplan Auszubildende beteiligt sind (BSG, Urteil vom18. September 1975, 4 RJ 295/74, juris). Der Erwerb von nützlichen, wünschenswerten oder förderlichen Kenntnissen oder praktischen Fertigkeiten reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 31. August 2000, B 4 RA 5/00 R, m. w.N., juris). Die Fiktion des § 7 Abs. 2 SGB IV, wonach der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung als Beschäftigung gilt, kann hier nicht herangezogen werden, da sie nämlich bereits nach dem Wortlaut nicht eine Berufsausbildung, sondern ein Beschäftigungsverhältnis fingiert (vgl. nur Kasseler Kommentar, § 1 SGB VI Rdnr. 13).
Hiernach ist das streitgegenständliche Praktikum keine Berufsausbildung. Zwar hat die D. AG mit dem Kläger einen Praktikumsvertrag geschlossen. Doch sind keine Kenntnisse oder praktische Fertigkeiten vermittelt worden, die für den angestrebten Beruf notwendig waren; auch erfolgte das Praktikum nicht im Rahmen eines Ausbildungsplanes. Die D. AG hat in ihrer Auskunft vom 28. Mai 2019 ausgeführt, dass das Praktikum keine spezifische Ausbildung für den anschließend vom Kläger ergriffenen Beruf des Reklamationsbearbeiters im Bereich Zweimassenschwungrad darstellt, sondern lediglich praktische Erfahrungen im Bereich Produktionsplanung Aggregate (s. auch das Zeugnis vom 30. September 2011, Blatt 37 der Verwaltungsakten der Beklagten) ermöglicht hat. Einen Ausbildungsplan gab es nicht. Die D. AG hat auch darauf hingewiesen, dass es in der Automobilbranche nicht allgemein erwartet wird, ein Praktikum in dieser Branche vorzuweisen. Die von der D. AG beschriebene Nützlichkeit für den beruflichen Lebensweg ist nachvollziehbar, aber nicht ausreichend (s.o.). Das Praktikum war nach alledem nicht für den erwählten Beruf erforderlich. Zudem war es auch nicht in der Studienordnung vorgesehen; die Studienordnung (Bl. 15 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten hinterer Teil) machte lediglich ein Vorpraktikum vor dem Studium zur Zulassungsbedingung.
Soweit sich der Kläger auf Gemeinsame Rechtliche Arbeitsanweisungen der Rentenversicherung (GRA) bezieht, sind diese nicht rechtsgestaltend. Aus diesen Darstellungen kann der Kläger keine weiteren Rechte ableiten, als ihm das Gesetz vermittelt. Zudem bezieht sich der Kläger zu Unrecht auf das dort erwähnte Berufspraktikum (§ 54 SGB VI Anm. R3.1 und § 48 SGB VI Anlage 1 R41 "Praktikanten", aber auch § 48 SGB VI Anm. R5.1.2 der GRA). Weder ist das Praktikum zwingend vorgeschrieben noch hat eine Hochschule das streitgegenständliche Praktikum gewünscht. Das Praktikum kann auch nicht als "Anlernen" als Berufsausbildung berücksichtigt werden. Die Anlernzeit ist nach den GRA nur ausnahmsweise Berufsausbildung (§ 48 SGB VI Anm. R5.1.2 und § 48 SGB VI Anlage 1 R3 "Anlernlinge"). Ein Anlernen für den ausgewählten Beruf hat jedenfalls nicht stattgefunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Vormerkung der Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 als beitragsgeminderte Zeit.
Der geborene Kläger bestand am 7. Juni 2006 die Abiturprüfung. Vom 2. Mai 2007 bis 29. Juni 2007 absolvierte der Kläger ein Praktikum zum Kennenlernen und Durchführen von Grundfertigkeiten der Metallbearbeitung bei der BZW. Am 1. Oktober 2007 nahm der Kläger das Bachelor-Studium Mechatronik des Fachbereichs VII, Elektrotechnik und Feinwerktechnik auf. Im Rahmen dieses Studiums absolvierte der Kläger vom 18. Februar 2008 bis 20. März 2008 ein Praktikum bei der C. GmbH. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums am 18. März 2011 absolvierte der Kläger vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 ein Praktikum bei der D.r AG. Dort war er innerhalb des Bereiches Produktionsplanung Aggregate beschäftigt, wofür er monatlich 768,83 EUR Entgelt (insgesamt 4.613 EUR) erhielt. Danach war der Kläger arbeitslos und nahm bei der L. GmbH & Co. KG, einem Automobilzulieferer, eine Tätigkeit als Reklamationsbearbeiter im Bereich Zweimassenschwungrad auf (s. Blatt 20 der Senatsakten).
Am 15. August 2017 beantragte der Kläger Kontenklärung und legte u. a. ein Zeugnis der D. AG vom 30. September 2011 vor. Mit Bescheid vom 9. November 2017 stellte die Beklagte gem. § 149 Abs. 5 SGB VI Zeiten bis 31. Dezember 2010 verbindlich fest. Die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 wurde als Pflichtbeitragszeit, jedoch nicht als beitragsgeminderte Zeit anerkannt.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. November 2017 Widerspruch. Die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 sei als Praktikum als berufliche Ausbildung anzuerkennen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 7. Februar 2018 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, im Gegensatz zum Praktikum 2008 sei das streitgegenständliche Praktikum nicht versicherungsfrei gewesen, sondern habe der Versicherungspflicht unterlegen. Das Praktikum habe der zusätzlichen Vermittlung von Kenntnissen gedient und sei als berufliche Ausbildung anzuerkennen. Der Begriff einer Berufsausbildung richte sich nach § 7 Abs. 2 SGB IV und nicht nach § 48 SGB VI. Der Erwerb beruflicher Kenntnisse habe im Vordergrund gestanden bei niedrigem Entgelt. Die Ausbildung sei innerhalb eines Betriebes erfolgt, weshalb der Zeitraum als berufliche Ausbildung zusätzlich zu kennzeichnen sei. Die Beklagte hat vorgetragen, das streitgegenständliche Praktikum sei nicht laut Studienordnung vorgeschrieben gewesen, sondern nur ein Vorpraktikum. Es sei auch nicht belegt, dass das Praktikum für die anschließende Ausübung eines Berufes oder für einen Ausbildungsgang zwingend notwendig gewesen sei. Es reiche nicht aus, dass die erworbenen Kenntnisse für eine Beschäftigung wünschenswert und förderlich seien.
Mit Urteil vom 7. September 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Kriterien des Bundessozialgerichts (BSG) zur Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung im Sinne von § 48 SGB VI seien auch bei der Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung im Sinne von § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI heranzuziehen. Hiernach sei eine Berufsausbildung nur anzunehmen, wenn die für den erwähnten Beruf notwendigen, nicht nur nützlichen, wünschenswerten oder förderlichen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten vermittelt würden und dies mindestens 20 Stunden wöchentlich beanspruche. Das streitgegenständliche Praktikum sei aber nach der Studienordnung nicht vorgeschrieben gewesen; es sei auch nicht ersichtlich, dass das Praktikum für die anschließende Ausübung eines Berufs oder einer Ausbildung notwendig gewesen sei.
Gegen das dem Kläger am 19. September 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Oktober 2018 Berufung eingelegt und in der Folge damit begründet, dass sich die Anerkennung einer beruflichen Ausbildung grundsätzlich nach § 7 Abs. 2 SGB IV richte. Eine Beschäftigung zur Berufsausbildung könne nur ausgeschlossen werden, wenn es an der Eingliederung und einem Weisungsrecht fehle oder aber es sich um eine rein schulische Ausbildung handele, was beides nicht vorliege. Das streitgegenständliche Praktikum habe offensichtlich nicht nur der Erkennung von Neigungen sondern hauptsächlich dem Erwerb von praktischen Kenntnissen gedient, die für die spätere Berufsausübung notwendig gewesen seien. Die Vergütung habe deutlich unter dem Verdienst eines ungelernten Arbeiters gelegen. Die Arbeitsleistung sei im Hintergrund gestanden. Die für den erwähnten Beruf notwendigen praktischen Fähigkeiten seien von einer qualifizierten Ausbildungsinstitution planmäßig vermittelt worden. Das Praktikum könne zumindest als Anlernzeit im Umfang von mindestens drei Monaten anerkannt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. September 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2018 zu verurteilen, den Zeitraum vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 als beitragsgeminderte Zeit vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat von der D. AG die Auskunft vom 28. Mai 2019 eingeholt; wegen der Auskunft wird auf Bl. 27 der Gerichtsakten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg verwiesen.
Die Beteiligten haben anschließend einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 als beitragsgeminderte Zeit.
Das SG hat die dem geltend gemachten Anspruch zu Grunde liegenden Rechtsgrundlagen und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG zutreffend dargelegt und überzeugend ausgeführt, dass das Praktikum bei der D. AG vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 nicht als beitragsgeminderte Zeit gemäß § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2005 gilt, weshalb eine Vormerkung gem. § 149 Abs. 5 SGB VI nicht erfolgen kann. § 54 Abs. 3 S. 3 SGB VI, wonach die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung galten, wurde aufgehoben; die Übergangsvorschrift des § 246 SGB VI ist für den Kläger nicht relevant, da er eine Rente vor dem 1. Januar 2009 nicht bezogen hat.
Als beitragsgeminderte Zeit gelten gemäß § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung). Der Kläger hat von April bis September 2011 zwar Pflichtbeiträge vorzuweisen; doch hat er keine Berufsausbildung durchlaufen. Unter beruflicher Ausbildung ist in Abgrenzung zur schulischen Ausbildung der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung zu verstehen. Was unter beruflicher Ausbildung im Einzelnen gemeint ist, richtet sich grundsätzlich nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Danach ist Berufsausbildung die erstmalige, breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendige Fachbildung in einem geordneten Ausbildungsgang und einem Berufsausbildungsverhältnis, wobei eine Umschulung gleichgestellt ist, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nach den Vorschriften des BBiG durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 KR 7/00 R, m. w. N., juris; § 1 Abs. 3 BBiG: Vermittlung notwendiger Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang). Darüber hinaus ist jedoch auch der Erwerb der für die Ausübung eines gegen Entgelt auszuübenden Berufs erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch theoretischen Unterricht oder durch praktische Unterweisung ausreichend, um eine Berufsausbildung annehmen zu können. Der Auszubildende muss aber in einem rechtlich geordneten Ausbildungsverhältnis stehen, woran der Ausbilder und der nach bestimmtem Lehrplan Auszubildende beteiligt sind (BSG, Urteil vom18. September 1975, 4 RJ 295/74, juris). Der Erwerb von nützlichen, wünschenswerten oder förderlichen Kenntnissen oder praktischen Fertigkeiten reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 31. August 2000, B 4 RA 5/00 R, m. w.N., juris). Die Fiktion des § 7 Abs. 2 SGB IV, wonach der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung als Beschäftigung gilt, kann hier nicht herangezogen werden, da sie nämlich bereits nach dem Wortlaut nicht eine Berufsausbildung, sondern ein Beschäftigungsverhältnis fingiert (vgl. nur Kasseler Kommentar, § 1 SGB VI Rdnr. 13).
Hiernach ist das streitgegenständliche Praktikum keine Berufsausbildung. Zwar hat die D. AG mit dem Kläger einen Praktikumsvertrag geschlossen. Doch sind keine Kenntnisse oder praktische Fertigkeiten vermittelt worden, die für den angestrebten Beruf notwendig waren; auch erfolgte das Praktikum nicht im Rahmen eines Ausbildungsplanes. Die D. AG hat in ihrer Auskunft vom 28. Mai 2019 ausgeführt, dass das Praktikum keine spezifische Ausbildung für den anschließend vom Kläger ergriffenen Beruf des Reklamationsbearbeiters im Bereich Zweimassenschwungrad darstellt, sondern lediglich praktische Erfahrungen im Bereich Produktionsplanung Aggregate (s. auch das Zeugnis vom 30. September 2011, Blatt 37 der Verwaltungsakten der Beklagten) ermöglicht hat. Einen Ausbildungsplan gab es nicht. Die D. AG hat auch darauf hingewiesen, dass es in der Automobilbranche nicht allgemein erwartet wird, ein Praktikum in dieser Branche vorzuweisen. Die von der D. AG beschriebene Nützlichkeit für den beruflichen Lebensweg ist nachvollziehbar, aber nicht ausreichend (s.o.). Das Praktikum war nach alledem nicht für den erwählten Beruf erforderlich. Zudem war es auch nicht in der Studienordnung vorgesehen; die Studienordnung (Bl. 15 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten hinterer Teil) machte lediglich ein Vorpraktikum vor dem Studium zur Zulassungsbedingung.
Soweit sich der Kläger auf Gemeinsame Rechtliche Arbeitsanweisungen der Rentenversicherung (GRA) bezieht, sind diese nicht rechtsgestaltend. Aus diesen Darstellungen kann der Kläger keine weiteren Rechte ableiten, als ihm das Gesetz vermittelt. Zudem bezieht sich der Kläger zu Unrecht auf das dort erwähnte Berufspraktikum (§ 54 SGB VI Anm. R3.1 und § 48 SGB VI Anlage 1 R41 "Praktikanten", aber auch § 48 SGB VI Anm. R5.1.2 der GRA). Weder ist das Praktikum zwingend vorgeschrieben noch hat eine Hochschule das streitgegenständliche Praktikum gewünscht. Das Praktikum kann auch nicht als "Anlernen" als Berufsausbildung berücksichtigt werden. Die Anlernzeit ist nach den GRA nur ausnahmsweise Berufsausbildung (§ 48 SGB VI Anm. R5.1.2 und § 48 SGB VI Anlage 1 R3 "Anlernlinge"). Ein Anlernen für den ausgewählten Beruf hat jedenfalls nicht stattgefunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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