L 13 BA 582/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 5098/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 BA 582/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin in der Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2015 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Der Streitwert wird endgültig für beide Rechtszüge auf 5000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die beigeladene Musikschullehrerin in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2015 aufgrund Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.

Die klagende Stadt ist Trägerin der Musikschule H ... Nach Angaben der Klägerin waren für sie bis zum Jahr 2015 38 angestellte Musiklehrer und 7 Honorarkräfte tätig. Grundlage des Unterrichts an der Musikschule seien die Lehrpläne des Verbandes deutscher Musikschulen e.V. (VdM).

Die Beigeladene ist Diplom-Musikschullehrerin und schloss mit der Klägerin ab dem Jahr 2000 Honorarverträge ab, wonach sie sich verpflichtete, Unterricht im Fach Klavier/Keyboard zu erteilen. Dem ersten Vertrag vom 4. Oktober 2000 (Bl. 76/77 SG-Akten) folgten die Verträge vom 10. Juni 2011 für die Zeit vom 1. September 2011 bis 31. August 2012 (Bl. 74/75 SG-Akten), vom 29. Juni 2012 für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. Juli 2013 (Bl. 72/73 SG-Akten), vom 10. Juni 2013 für die Zeit vom 1. September 2013 bis 31. Juli 2014 (Bl. 70/71 SG-Akten) und vom 28. Juli 2014 für die Zeit vom 15. September 2014 bis zum 31. Juli 2015 (Bl. 67/69 SG-Akten). Kennzeichnend für die Verträge war jeweils, dass ausdrücklich festgehalten wurde, dass ein Arbeitsverhältnis durch die Vereinbarung nicht begründet werde. Die Beigeladene habe die Tätigkeit persönlich auszuüben. Das Honorar wurde jeweils (ab dem Vertrag vom 10. Juni 2011) gestaffelt nach Einzelunterricht oder Gruppenunterricht pro Unterrichtsstunde (45 Minuten) festgelegt. Die auf das Honorar entfallende Einkommensteuer habe die Beigeladene selbst abzuführen und für Krankenversicherung und Altersvorsorgeversorgung selbst Sorge zu tragen. Eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wurde ausgeschlossen, ebenfalls ein Urlaubsanspruch. Die Beigeladene verpflichtete sich erstmals mit dem Vertrag vom 10. Juni 2011 mindestens einmal im Jahr Schülervorspiele durch Proben vorzubereiten und durchzuführen und an den Gesamtlehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen jeweils zweimal im Jahr teilzunehmen. Für die Teilnahme an Konferenzen, Veranstaltungen und Proben wurde ein Honorar von 19 EUR, mit Vertrag vom 28. Juli 2014 mit 20 EUR pro 60 Minuten vergütet. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die zitierten Verträge Bezug genommen.

Am 26. Mai 2014 beantragte die Beigeladene die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beigeladene teilte auf Anfrage der Beklagten unter anderem schriftlich mit, der Unterricht finde zu festen Zeiten in den Räumen der Musikschule H. statt. Bei großen Musikveranstaltungen sei sie, wie sie meine, in gleicher Weise wie die angestellten Kollegen tätig. Für den Fall, dass ein Schüler den Unterricht nicht besuche, erhalte sie ein Ausfallhonorar. Auf Frage, ob Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt würden, hat die Beigeladene mitgeteilt, es würden die Räume und teilweise die Instrumente (Klaviere, Keyboard, Hocker) zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin äußerte sich u.a. dahingehend, bei Unterrichtsausfall wegen Verhinderung der Honorarkraft könnte diese den Unterricht nachholen, eine Verpflichtung bestehe hierzu jedoch nicht. Die Beigeladene arbeite bei Veranstaltungen nicht mit fest angestellten Mitarbeitern zusammen. Sofern sie freiwillig daran teilnehme, könne sie Schüler betreuen. Fest angestellte Mitarbeiter müssten an allen Fachbereichskonferenzen und Gesamtlehrerkonferenzen teilnehmen, was nicht zusätzlich vergütet werde. Die Klägerin erstelle einen Stundenplan. Sie biete der Beigeladenen aber lediglich Schüler an, die sie unterrichten könne. Dies stelle keine Zuteilung dar, sondern lediglich das Angebot, Schüler zu unterrichten. Die Rahmenlehrpläne des VdM bildeten lediglich die Grundlage für den Unterricht und dienten der Bestimmung der vertraglichen Leistung. In der weiteren inhaltlichen und methodischen Gestaltung sei die Beigeladene frei und damit einem einseitigen Direktionsrecht des Auftraggebers entzogen. Nur fest angestellte Mitarbeiter müssten Zusammenhangstätigkeiten, unter anderem Abhalten von Sprechstunden, Mitwirkung an Musikwettbewerben, Teilnahme an Musikschulfreizeiten, erbringen. Nur fest angestellte Lehrer hätten jährliche Beurteilungsgespräche zu absolvieren. Fest angestellte Lehrkräfte hätten nicht, wie die Honorarkräfte, die Möglichkeit, Schüler abzulehnen. Das Honorar werde nur für tatsächlich gegebene Unterrichtseinheiten gezahlt. Es gebe keine Urlaubsansprüche und keine Vergütung im Krankheitsfall.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2015 stellte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen und der Klägerin fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Musiklehrerin für Klavier und Keyboard bei der Musikschule H. seit dem 4. Oktober 2000 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 4. Oktober 2000. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, die Beigeladene habe auf der Grundlage der vom VdM herausgegebenen Richtlinien und Strukturplänen unterrichtet. Für ausgefallene Unterrichtsstunden erhalte sie ein Ausfallhonorar. Sie sei in die betriebliche Organisation funktionsgerecht dienend eingegliedert. Die Arbeitszeiten habe sie nicht frei gestalten können. Die Beigeladene erhalte auch eine nach der Dauer der Arbeitsleistung bemessene Vergütung. Es stehe der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Krankheitsfall nicht erfolge, keine Urlaubsregelung vereinbart worden sei und die Abführung der Steuer- und Sozialabgaben der Lehrkraft dieser eigenverantwortlich oblägen.

Gegen die feststellende Entscheidung der Beklagten hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Die Klägerin hat unter anderem vorgetragen, aus den Verträgen mit der Beigeladenen gehe eindeutig hervor, dass die Vertragsparteien eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin vereinbaren hätten wollen. Eine dem Vertragscharakter als selbstständige Tätigkeit widersprechende tatsächliche Vertragspraxis habe nie stattgefunden. Die Tätigkeit der Beigeladenen habe sich auf die reine Unterrichtserteilung und auf die zweimalige Teilnahme an Lehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen jährlich begrenzt; die Teilnahme an den Konferenzen sei zusätzlich vergütet worden. Eine Eingliederung in den Betrieb sei deshalb nicht erfolgt. Die Klägerin habe auf die Arbeitskraft der Beigeladenen außerhalb des Unterrichts nicht zurückgreifen können. Entgegen den Verpflichtungen der angestellten Lehrkräfte habe die Honorarkraft keine schultypischen Verwaltungstätigkeiten ausüben müssen (z.B. Sichtung von Notenmaterial, Führen von Mitarbeitergesprächen mit der Schulleitung). Bei den Lehrplänen des Verbandes der Musikschulen handle es sich um allgemein anerkannte Grundsätze über die Gestaltung des Musikschulunterrichts. Der Umstand, dass der Unterricht in den Räumen der Musikschule H. erteilt worden sei, beruhe nicht auf dem Weisungsrecht der Klägerin, sondern sei ausdrücklich Bestandteil des Honorarvertrags. Die Arbeitszeit sei auch nicht einseitig durch den von der Schulleitung erlassenen Stundenplan festgelegt worden. Der Honorarvertrag habe vielmehr vorgesehen, dass die Unterrichtszeiten einvernehmlich zu regeln gewesen seien.

Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten und u.a. ausgeführt, der Rahmenlehrplan des VdM spreche für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Klägerin sei im Verband deutscher Musikschulen organisiert, deren Richtlinien den zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossenen Verträge zufolge bei der Unterrichtsgestaltung zu berücksichtigen seien. Es habe für die Beigeladene die Verpflichtung bestanden, an Gesamtlehrer- und Fachbereichskonferenzen teilzunehmen und an Musikveranstaltungen der Musikschule und Schülervorspielen mitzuwirken.

Mit Urteil vom 21. Dezember 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, ausgehend von den vertraglich getroffenen Vereinbarungen habe die Beigeladene ihre Tätigkeit an der von der Klägerin betriebenen Musikschule jedenfalls im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilnahme am Arbeitsprozess gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV nach Weisungen der Klägerin ausgeübt. Letzterer sei nämlich zumindest die maßgebliche abstrakte Rechtsmacht eingeräumt, im Verhältnis zur Beigeladenen Anordnungen zu erteilen, die wertungsmäßig einem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht im Wesentlichen entsprochen hätten. Zur Überzeugung des SG habe die Beigeladene einer Weisungsgebundenheit inhaltlicher Hinsicht unterlegen. In den Verträgen sei jeweils bestimmt, dass Grundlage für den Unterricht die Rahmenlehrpläne des VdM seien. Damit sei die Beigeladene bei der Gestaltung ihres Unterrichts an die Rahmenpläne des VdM gebunden gewesen. Ferner sei die Beigeladene in die Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Hierfür spreche, dass für die Schülerinnen und Schüler der Musikschule nicht erkennbar gewesen sei, ob der Unterricht von einer fest angestellten Lehrkraft oder von einer auf honorarvertraglicher Grundlage für die Klägerin tätigen Lehrkraft gehalten werde. Die Verpflichtung der Beigeladenen zur Teilnahme an Gesamtlehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen zweimal jährlich sowie zur Vorbereitung und Durchführung von Schülervorspielen spreche ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung; insbesondere auch für eine Eingliederung in die schulische Gesamtorganisation der Klägerin. Ferner spreche für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit das Fehlen eines unternehmerischen Risikos.

Gegen das dem Bevollmächtigten der Klägerin am 16. Januar 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. Februar 2018 eingelegte Berufung der Klägerin.

Die Klägerin hat hierzu unter anderem dargelegt, eine dem Vertragscharakter als selbstständige Tätigkeit widersprechende Vertragspraxis habe nicht vorgelegen und habe auch vom SG nicht festgestellt werden können. Eine Eingliederung in den Betrieb habe nicht stattgefunden. Das SG habe in dem angefochtenen Urteil nicht dargelegt, worin die qualifizierte tatsächliche Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation habe bestehen sollen. Die Beigeladene sei nicht auf Grundlage von Weisungen tätig gewesen. Eine vom Vertragsinhalt abweichende Vertragspraxis habe das SG nicht festgestellt. Bei dem auf der Grundlage der Lehrpläne des VdM gehaltenen Unterrichts habe es sich um die Erfüllungshandlung der Beigeladenen aus den durch die abgeschlossenen Verträge begründeten Verpflichtungen gehandelt. Daraus ergebe sich offenkundig, dass das Tätigwerden nicht auf Grundlage von Weisungen erfolgt sei. Aus der vertraglichen Bindung an die Grundsätze des VdM könne eine Weisungsgebundenheit nicht im Wege einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess abgeleitet werden (Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. März 2018 – B 12 R 3/17 R, juris). Soweit das Sozialgericht eine örtliche Weisungsgebundenheit daraus ableite, dass die abgeschlossenen Verträge eine Unterrichtserteilung in den Räumen der Musikschule H. vorgesehen hätten, sei darauf hinzuweisen, dass der Betrieb einer kommunalen Musikschule die Schaffung gewisser Rahmenbedingungen bedinge, in denen der angebotene Unterricht geordnet stattfinden könne. Die Schule treffe auch eine Aufsichtspflicht, die sie nur ausüben könne, wenn der Unterricht auch in ihren Räumen stattfinde. Daneben seien versicherungsrechtliche Vorgaben zu beachten. Hätte die Beigeladene die Musikschüler auf eigene Rechnung außerhalb der Musikschule unterrichtet, hätte es sich um einen reinen Privatunterricht gehandelt. Die Schüler unterhielten jedoch eine vertragliche Bindung zur Musikschule H. und nicht zur Beigeladenen. Die Tätigkeit habe sich auf die reine Unterrichtserteilung sowie auf zweimalige Teilnahme an Lehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen je Jahr sowie auf das von jedem ihrer Schüler abzuhaltende so genannte Schülervorspiel beschränkt. Daraus könne eine Eingliederung in die schulische Gesamtorganisation nicht abgeleitet werden. Die Teilnahme an den Konferenzen sei im Übrigen auch zusätzlich vergütet worden, während sie bei den fest angestellten Musikschullehrern als Zusammenhangstätigkeit mit der Monatsvergütung abgegolten werde. Die Beigeladene habe auch ein hinreichendes unternehmerisches Risiko getragen. Nach den in den Honorarverträgen habe die Klägerin nur Anspruch auf Honorar für tatsächlich geleistete Unterrichtsstunden. Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub sei explizit ausgeschlossen worden. Es sei zwar ein Ausfallhonorar vereinbart worden, aber nur für den Fall, dass der Musikschüler den Ausfall zu vertreten hatte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen in der Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. Juli 2015 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Es werde entgegen der mit Schriftsatz vom 31. Mai 2018 angekündigten Absicht, kein Anerkenntnis abgegeben. Wie sich aus dem Schriftsatz der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 24. August 2018 ergebe, sei streitig, ob - anders als in dem im BSG-Urteil vom 14. März 2018 (a.a.O.) zugrundeliegenden Sachverhalt - eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Teilnahme an Gesamtlehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen bestanden habe.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie sei einer Weisungsgebundenheit unterlegen und in inhaltlicher Hinsicht, in örtlicher Hinsicht und in zeitlicher Hinsicht gebunden gewesen. Ferner habe ein unternehmerisches Risiko gefehlt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht nach § 7a SGB IV festgestellt, dass die Beigeladene in ihren Tätigkeiten für die Klägerin beschäftigt und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig war.

Nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene im Mai 2014 einen entsprechenden Antrag gestellt; ein vorrangiges Verfahren bezüglich der seit 4. Oktober 2000 ausgeübten Tätigkeit der Beigeladenen bei der Einzugs- oder Prüfstelle ist nicht ersichtlich.

Versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 16. August 2017 - B 12 KR 14/16 R - juris m.w.N und BSG Urteil vom 31.März 2017 - B 12 R 7/15 R – juris m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 - B 12 KR 9/16 R – juris). Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S. des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - m.w.N, juris ). In der Entscheidung des BSG vom 14. März 2018 (a.a.O.) hat es hierzu ausgeführt, dass dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, indizielle Bedeutung zukommt, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen.

Die Klägerin und die Beigeladene haben ein selbstständiges Dienstverhältnis vereinbart (§ 611 BGB). Die Auftraggeberin hat in den jeweiligen Verträgen die Auftragnehmerin verpflichtet, für die Musikschule H. Musikunterricht im Fach Klavier/Keyboard gegen die Zahlung eines vereinbarten Honorars zu erteilen. Die Beteiligten der Verträge haben schriftlich festgehalten, kein Arbeitsverhältnis begründen zu wollen. Die Vertragsparteien haben die vertraglichen Regelungen entsprechend dem Vertragsinhalt auch tatsächlich umgesetzt. Konkrete Umstände, die im Rahmen der Gesamtschau dazu führen würden, dass tatsächlich ein für die Beigeladene weisungsabhängiges Arbeitsverhältnis gelebt worden wäre, sind nicht ersichtlich. Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Vertragsschluss und die vereinbarten Regelungen allein aufgrund eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen oder unter Ausnutzung besonderer Umstände der Beigeladenen (z.B. Ausnutzung einer akuten Zwangslage oder Notsituation der Beigeladenen oder geschäftliche Unerfahrenheit) zustande gekommen sind, solche sind nicht erkennbar.

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 18. März 2018 (a.a.O), der sich der Senat anschließt, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) dargelegt, dass zwingendes Recht einer Qualifizierung der Vertragsverhältnisse von Musikschullehrern als freie Dienstverträge nicht entgegenstehe. Im Gegenteil nehme die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung an, dass Lehrer an Musikschulen nur dann als Arbeitnehmer anzusehen seien, wenn die Parteien dies vereinbart hätten oder im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten würden, aus denen sich ergebe, dass der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben sei. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit stehen die zwischen der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarungen, aber auch die tatsächliche Durchführung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung und- Würdigung aller Umstände mit dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien, ein freies Dienstverhältnis zu begründen, nicht im Widerspruch.

Nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Beigeladenen und der Klägerin hatte die Beigeladene Musikunterricht im Fach Klavier/Keyboard zu erteilen. Weiter verpflichtete sich die Beigeladene, zweimal im Jahr an Gesamtlehrerkonferenzen und Fachbereichskonferenzen teilzunehmen sowie Schülervorspiele mindestens einmal im Jahr durchzuführen, diese Proben vorzubereiten und dabei anwesend zu sein. Sonstige Verpflichtungen (z. B. Rufbereitschaft) haben nicht bestanden. Ansprüche auf Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die im Fall eines Arbeitsverhältnisses typisch und gesetzlich vorgeschrieben sind, haben die Vertragsparteien schriftlich ausgeschlossen. Ebenso ist schriftlich fixiert worden, dass die Beigeladene die auf das Honorar anfallende Einkommensteuer selbst abzuführen hat und auch für ihre Krankenversicherung und Altersvorsorge selbst Sorge zu tragen hat.

Nach Aussage der Musikschulleiterin (Frau G.) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat diese mitgeteilt, dass sie bei angestellten Lehrern Weisungen erteile und auch Unterrichtsbesuche mache. Dies werde bei Honorarkräften nicht durchgeführt. Die Beigeladene selbst hat auch keine konkreten Weisungen beschrieben, sondern nur allgemein dargelegt, sie sei weisungsabhängig gewesen. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern Weisungen konkret erteilt worden sein sollen. Bezüglich der Zeit und Ort der Durchführung des Unterrichts sind lediglich Rahmenvorgaben vorgegeben worden. Die Unterrichtsräume sind zugewiesen worden. Je nachdem, ob freie Räume zur Verfügung gestanden hätten, wäre auch ein Wechsel des Unterrichtstages nach Aussage der Musikschulleiterin möglich gewesen. Diese organisatorischen Vorgaben hinsichtlich der Zeit und des Ortes des Unterrichts stellen jedoch keine konkreten Weisungen im arbeitsrechtlichen Sinne dar. Auch der Umstand, dass die Beigeladene gemäß den Dienstvereinbarungen jährlich je zweimal an Fachbereichskonferenzen und Gesamtlehrerkonferenzen gegen gesondertes Honorar teilzunehmen hatte, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer wesentlichen Eingliederung in den Betrieb der Musikschule. Vielmehr ergibt sich aus der geringen Zahl der Teilnahmeverpflichtungen, dass es weder beabsichtigt gewesen ist noch tatsächlich eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb stattgefunden hat.

Eine Weisungsunterworfenheit der Beigeladenen unter das Direktionsrecht der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vertragsparteien vereinbart hatten, dass nach den Vereinbarungen "Grundlage für den Unterricht die Rahmenlehrpläne des Verbandes deutscher Musikschulen" und "im Übrigen der/die Auftragnehmer/in der inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Unterrichts frei" sei. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 14. März 2018 (a.a.O.) hierzu ausgeführt:

"Dabei kann offenbleiben, ob sich das fehlende Direktionsrecht bereits daraus ergibt, dass der Geltung des Lehrplanwerks in der praktischen Unterrichtsarbeit auch aus Sicht der Schulleitung keinerlei (entscheidende) Bedeutung zukam. Jedenfalls macht der Begriff "Grundlage" den Charakter dieser Klausel als bloße, abstrakte Beschreibung der vom Beigeladenen zu 1. zu erbringenden Leistung deutlich. Der Klausel und dem Lehrplanwerk können keine detaillierten Unterrichtsvorgaben entnommen werden, welche die Schulleitung ggf. im Wege einer Weisung gegenüber dem Beigeladenen zu 1. hätte wirkmächtig durchsetzen können. Nach den Feststellungen des LSG formuliert das Lehrplanwerk lediglich "strukturierte didaktische Empfehlungen", benennt "Lernfelder" und enthält "Literaturempfehlungen". Auf dieser Basis ist nicht ersichtlich, wie die Musikschule etwa im Fall eines - wie auch immer - festgestellten Verstoßes eines Musiklehrers - in welcher Form auch immer - gegen die Rahmenvorgaben im Lehrplanwerk des VdM konkrete Weisungen hätte erteilen können. Die Vorgabe gewisser "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit können weder die Annahme von Weisungsunterworfenheit noch die Eingliederung in eine fremde Betriebsordnung im Sinn "funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess" begründen, vor allem, wenn noch Handlungsspielräume verbleiben, die arbeitnehmeruntypisch sind (vgl. BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 19; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Dies deckt sich mit aktueller arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung gerade in Bezug auf Musikschullehrer. Danach führt eine Vertragsformulierung, in der die Vertragsparteien vereinbart haben, dass die Musikschullehrer bei der Gestaltung und Durchführung ihres Unterrichtes frei und an Weisungen der Musikschule nicht gebunden sind und die Vertragspartner über die dem Unterricht zugrunde zu legenden Lehrpläne (Lehrpläne des Verbandes deutscher Musikschulen oder andere Lehrpläne) Einvernehmen herstellen, nicht zur Annahme von Weisungsrechten (vgl. BAG Urteil vom 17.10.2017 - 9 AZR 792/16 - Juris RdNr 20)." Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an.

Der erkennende Senat folgt auch der Auffassung des BSG (a.a.O.) dahingehend, dass der Umstand, dass die Beigeladene über keine eigene Betriebsstätte verfügt hat, angesichts der Natur der Tätigkeit (Musikschulunterricht) nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Die Beigeladene hatte den Unterricht in den Räumen der Klägerin zu erbringen und sich zeitlich bezüglich der Unterrichtsplanung und auch bezüglich der Unterrichtsräume an den Vorgaben der Klägerin zu orientieren. Die Beigeladene ist aber bezüglich der Unterrichtsart, der Unterrichtsmethode etc. keinem strikten einseitigen Weisungsrecht unterworfen gewesen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände kommt der Senat somit zu dem Ergebnis, dass die von der Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit als Musiklehrerin keine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV, sondern eine selbstständige Tätigkeit gewesen ist. Das Urteil des SG ist daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a i.V.m. § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG. In beiden Rechtszügen war der Auffangstreitwert festzusetzen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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