L 13 AL 397/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 3905/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 397/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid Sozialgerichts Freiburg vom 24. Januar 2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten u.a. Arbeitslosengeld (Alg) ab 7. November 2018.

Der Kläger befand sich zuletzt bis zum 5. November 2018 zur Vollstreckung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Offenburg (JVA).

Bereits am 30. Juli 2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Beide Rechtsstreite sind an das zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen worden. Über das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 8 AL 3734/18 ER) ist eine ablehnende Entscheidung erfolgt (Beschluss vom 17. September 2018); die Beschwerde ist vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 25. Oktober 2018, L 8 AL 3416/18 ER, zurückgewiesen worden. Das Klageverfahren (S 8 AL 3735/18) ist noch anhängig. Damit wird u.a. auch die Teilnahme zum I.-Projekt, durchgeführt von der Sozialen Rechtspflege O. e.V., begehrt (s. insbesondere Bl. 18 der SG-Akten).

Am 3. September 2018 (Schreiben vom 15. August 2018) hat der Kläger die hier streitige Klage erhoben, diesmal zum SG. Er trägt vor, er habe von der JVA mehrfach eine Arbeitsbescheinigung bzw. eine Berichtigung verlangt, da sie erhebliche Lücken aufweise. Am 21. August 2018 habe er sich in der JVA bei einem Gespräch mit zwei Mitarbeiterinnen der Beklagten arbeitslos gemeldet und einen Antrag auf Alg gestellt. In diesem Gespräch seien Leistungen verweigert worden. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm eine berichtigte und vollständige Arbeitsbescheinigung im Sinne des § 312 SGB III auszuhändigen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der berichtigten Arbeitsbescheinigung an Eides statt zu versichern, ihm ab 7. November 2018 Alg aus der zuletzt von ihm erhaltenen Lohnstufe vier "im Sinne von §§ 49 ff. SVollzGB "zu bezahlen sowie sofort qualifizierte Vermittlungsbemühungen über das I.-Projekt zu erbringen. Mit Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich des begehrten Alg und der Vermittlungsbemühungen sei die Klage mangels entsprechender Verwaltungsentscheidung der Beklagten unzulässig. Hinsichtlich der Arbeitsbescheinigung sei die Klage unbegründet, da diese durch den Arbeitgeber auszustellen sei.

Am 4. Februar 2019 hat der Kläger hiergegen Berufung zum LSG eingelegt und an seinen Anträgen und Ansichten festgehalten. Die Arbeitsagentur F. habe im Übrigen einen Bildungsgutschein erteilt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Januar 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine berichtigte und vollständige Arbeitsbescheinigung im Sinne des § 312 SGB III auszuhändigen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der berichtigten Arbeitsbescheinigung an Eides statt zu versichern, ihm ab 7. November 2018 Arbeitslosengeld aus der zuletzt von ihm erhaltenen Lohnstufe vier im Sinne von § 43 StVollzG zu bezahlen sowie sofort qualifizierte Vermittlungsbemühungen über das I.-Projekt zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger sei inzwischen nach F. verzogen, wo am 12. November 2018 eine Antragstellung auf Alg II erfolgt sei. Dem Kläger sei bis April 2019 Alg II vorläufig bewilligt worden. Zudem sei am 16. November 2018 eine Arbeitslosmeldung und Antragstellung auf Gewährung von Alg bei der Agentur für Arbeit F. erfolgt. Der Antrag sei wegen fehlender Anwartschaftszeit abgelehnt worden (s. Bescheid vom 11. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2018). Am 10. Dezember 2018 sei dem Kläger ein Bildungsgutschein ausgegeben worden. Die Berufungsanträge des Klägers dürften sich damit erledigt haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen; der Senat sieht gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück. Ergänzend ist festzustellen, dass eine Antragstellung auf Gewährung von Alg - nach Haftentlassung - bzw. eine Arbeitslosmeldung am 21. August 2018 nicht erwiesen ist, weshalb für die Klage ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, Vor § 51 SGG Rdnr. 16a ff. m.w.N.) nicht besteht. Bereits im Beschluss vom 25. Oktober 2018, L 8 AL 3457/18 ER-B, hat das LSG überzeugend festgestellt, dass ein solcher Antrag bzw. Arbeitslosmeldung nach Aktenlage nicht erfolgt ist, sondern aus dem Aktenvermerk vom 21. August 2018 gerade das Gegenteil abzuleiten ist. Denn der Kläger wurde hiernach darauf hingewiesen, dass er die Arbeitsbescheinigung bei einer Arbeitslosmeldung mitbringen soll, was einer soeben erfolgten Arbeitslosmeldung widerspricht. Der Senat hält es auch für sehr unwahrscheinlich, dass ein Mitarbeiter der Beklagten einen mündlich gestellten Antrag des Klägers am selben Tag ohne verwaltungsmäßige Prüfung anhand der Akten mündlich verbescheidet. Zudem hätte der sehr prozesserfahrene Kläger dann mit Sicherheit Widerspruch eingelegt, was er schließlich auch gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2018 getan hat, so dass die Behauptung des Klägers auch nicht glaubhaft ist.

Die Klage bezüglich des geltend gemachten Anspruches auf Alg ab 7. November 2018 wie auch die Klage auf Gewährung qualifizierter Vermittlungsbemühungen über das I.-Projekt ist mangels Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 78 SGG unzulässig. Gemäß § 78 Satz 1 SGG ist vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren durch die Behörde nachzuprüfen. Dies gilt auch für die kombinierte Anfechtungs- und Leistungs- bzw. Verpflichtungsklage, die hier zu erheben ist. Ein solches Vorverfahren ist weder nach § 78 S. 2 SGG entbehrlich noch durchgeführt worden, so dass die von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung nicht erfüllt ist. Das Verfahren war auch nicht auszusetzen, damit das Widerspruchsverfahren nachgeholt werden kann (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 78 SGG Rdnr. 3b). Denn bezüglich des geltend gemachten Anspruches auf Alg ab 7. November 2018 gibt es auch keinen mit Widerspruch anzufechtenden mündlichen (Ausgangs-) Bescheid der Beklagten (s.o.). Hinsichtlich der Klage auf qualifizierte Vermittlungsbemühungen ist bereits eine frühere Klage anhängig (S 8 AL 3735/18), so dass die Klage insoweit auch wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) unzulässig ist. Zudem hat sich eine Qualifizierung durch die Soziale Rechtspflege O. e.V. erledigt, nachdem der Kläger nach F. verzogen ist.

Die Leistungsklage bezüglich der Arbeitsbescheinigung ist unbegründet, da der Arbeitgeber hierfür gem. § 312 SGB III zuständig ist. Das ist im Falle der Beschäftigung in der JVA nicht die Beklagte (s. auch § 312 Abs. 4 SGB III).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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