L 12 AS 3549/19 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 3031/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3549/19 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.09.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig, da Berufungsausschließungsgründe nicht vorliegen (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in Verbindung mit § 144 Abs. 1 SGG). In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes zu Recht abgelehnt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 SGG; denn für das Begehren des Klägers wäre in der Hauptsache die (allgemeine) Leistungsklage bzw. Unterlassungsklage statthaft. Wie sich insbesondere aus der Antragschrift des Antragstellers vom 16.09.2019 ergibt, wendet sich dieser im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen das seiner Antragsschrift beigefügte Schreiben des Antragsgegners vom 10.09.2019, mit dem er zur Vorlage der aktuellen Heiz- und Nebenkostenabrechnungen 2017/2018 und 2018/2019 aufgefordert worden ist. Mit der Beschwerde hat er zudem klargestellt, dass er mit einer Anforderung der Nebenkostenabrechnungen beim Vermieter nicht einverstanden ist und vom Antragsgegner Auskunft über die Gründe für das Erfordernis der Vorlage der Abrechnungen begehrt. Auch dieses Begehren wäre in der Hauptsache im Wege der (allgemeinen) Leistungsklage bzw. Unterlassungsklage zu verfolgen.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.07.1996, 1 BvR 638/96; BVerfG, Beschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02; BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, alle in juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 22.11.2011, L 12 AS 5199/11 ER-B; Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2005, L 7 AS 2875/05 ER-B, juris).

Dabei müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02; BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03, beide in juris), wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt, und dessen Bedeutung insbesondere im Hinblick auf Fragen des Grundrechtsschutzes zu orientieren. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.11.2002, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt zunächst gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung des SG Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung eigener Gründe ab. Auch aus Sicht des Senats ist nicht erkennbar, dass es dem Antragsteller nicht zuzumuten wäre, die geforderten Nebenkostenabrechnungen vorzulegen. Hinsichtlich des geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist schon nicht erkennbar, dass der Antragsgegner nicht bereit wäre, dem Antragsteller Auskunft über die Gründe für das Erfordernis der Vorlage von Nebenkostenabrechnungen zu erteilen. Soweit sich der Antragsteller gegen eine (beabsichtigte) Anforderung der Abrechnungen direkt beim Vermieter wendet, fehlt es jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Datenerhebung nach Maßgabe des § 67a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) aa) Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zulässig wäre. Im Übrigen hat es der Antragsteller selbst in der Hand, eine Datenerhebung bei Dritten dadurch abzuwenden, dass er seine gegenüber dem Antragsteller bestehenden Mitwirkungspflichten erfüllt.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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