Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 2864/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 660/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.01.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine in der Schweiz durchgeführte stationäre Krankenhausbehandlung einschließlich vorstationärer Untersuchung geltend.
Der 1961 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse krankenversichert. Vom 10.05. bis 12.05.2017 erfolgte in der Klinik L. (Schlaflabor) eine schlafmedizinische Untersuchung, bei der eine beatmungspflichtige obstruktive Schlafapnoe festgestellt und eine Heimbeatmungstherapie mittels CPAP erfolgreich angepasst wurde. Am 26.05.2017 stellte sich der Kläger vorstationär in der Klinik Professor S. in Zürich vor, wo ua ein schwergradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom, Rücklage des Ober- und Unterkieferkomplexes, Hypoplasie beider Kieferköpfchen, extrem enge oropharyngeale Atemwege (3,2 mm Durchmesser), CPAP-Maskenunverträglichkeit und Septumdeviation diagnostiziert wurde. Vom 08.06. bis 10.06.2017 ließ sich der Kläger sodann in der Klinik Professor S. operieren; es wurde eine Umstellungsosteotomie der Kiefer (counterclockwise Rotation beider Kiefer) durchgeführt.
Mit Schreiben vom 13.07.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Erstattung der Kosten für diese Behandlung geltend. Wegen der Dringlichkeit habe er die Operation am 08.06.2017 durchführen lassen und sei in Vorkasse getreten. Hierzu hat er zwei Rechnungen über eine Behandlung am 26.05.2017 iHv 1.856,25 SFr und eine Behandlung in der Zeit vom 08.06. bis 10.06.2017 iHv 92.399,75 SFr vorgelegt.
Mit Bescheid vom 10.08.2017 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Eine Rückfrage beim schweizerischen Sozialversicherungsträger habe ergeben, dass keine Erstattung erfolgen könne. Auf dem beigefügten Formular E126 war insoweit angegeben, dass es sich um keine Pflichtleistung der Krankenpflegeversicherung CH handele und zudem die Rechnungsstellung nicht nach schweizerischem Krankenversicherungstarif erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 24.08.2017 erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, es handele sich um eine Behandlung, die nur außerhalb des Bundesgebiets durchgeführt werden könne. Prof. S. habe die Methode "Rotation Advancement" vor ca 20 Jahren entwickelt. Es handele sich um eine hundertprozentige Heilung der Schlafapnoe. Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Im Gutachten vom 19.01.2018 führte Dr. F. aus, die Operation (chirurgische Vorverlagerung von Unter- und Oberkiefer) sei medizinisch nicht notwendig gewesen, es bestehe die Möglichkeit der apparativen Therapie (CPAP, Maskenanpassung). Der operative Eingriff könne technisch auch in einer Mund-Kiefer-Gesichtschirurgischen Klinik in Deutschland ausgeführt werden, zB im Klinikum S ...
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Anspruch auf Krankenbehandlung ruhe, solange sich Versicherte im Ausland aufhielten. Krankenhausleistungen könnten nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen auch in einem anderen Mitgliedstaat der Union oder der Schweiz in Anspruch genommen werden. Der Antrag auf Kostenübernahme für die vor- und stationäre Behandlung in der Schweiz sei am 13.07.2017 gestellt worden, die Krankenhausaufenthalte hätten jedoch schon am 26.05.2017 und vom 08.06. bis 10.06.2017 stattgefunden. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse habe nicht mehr erfolgen können. Schon aus diesem Grund scheide die Kostenübernahme aus. Dennoch habe die Beklagte den MDK die Unterlagen prüfen lassen. Auch im Hinblick auf dessen Ausführungen sei keine Kostenerstattung möglich. Auf Nachfrage des Klägers Anfang September 2017 bezüglich der ausstehenden Entscheidung übersandte die Beklagte den Widerspruchsbescheid mit Schreiben vom 10.09.2018.
Hiergegen richtet sich die am 17.09.2018 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, die Operation sei aufgrund der Schwere der Erkrankung und der damit verbundenen Folgen und Risiken dringlich gewesen. Die beim Kläger vorliegende obstruktive Schlafapnoe sei lebensbedrohlich und führe zu einer verkürzten Lebenserwartung. Zudem werde die beim Kläger vorgenommene Behandlung weltweit nur durch die Klinik Professor S. durchgeführt. Die einmalige Operation der Kiefer sei mit hoher Wahrscheinlichkeit kostengünstiger als eine lebenslange CPAP-Behandlung. Die Behandlung sei zu 100% erfolgreich gewesen. Schließlich sei von einer fiktiven Genehmigung der Erstattungsleistung auszugehen, da die Beklagte nicht innerhalb von drei Wochen über den Antrag des Klägers vom 13.07.2017 entschieden habe. Beim Kläger habe ein Behandlungsbedarf Grad 5 nach den Kfo-Richtlinien vorgelegen, so dass die streitgegenständliche Behandlung des Klägers dem Bereich der Leistungspflichten der Beklagten unterfalle. Von den Kosten der stationären Behandlung sei von Seiten der privaten Krankenversicherung C. ein Teilbetrag iHv 51.339,86 EUR übernommen worden. Offen seien somit noch 28.967,51 EUR sowie die Kosten der Voruntersuchung in Höhe von 1.856,25 SFr.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) komme nicht in Betracht, da dieser lediglich Leistungsanträge erfasse. Rechtsgrundlage des Anspruchs sei § 13 Abs 3 SGB V. Eine unaufschiebbare Leistung habe nicht vorgelegen, denn die Operation sei planbar gewesen und habe nicht ohne jegliche weitere zeitliche Verzögerung durchgeführt werden müssen. Die Kosten seien dem Kläger auch nicht durch eine rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse entstanden, denn die Behandlung sei bereits vor Antragstellung durchgeführt worden. Eine Kostenerstattung scheitere damit an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Der Gerichtsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 24.01.2020 zugestellt worden.
Am 24.02.2020 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Auch der Antrag auf Kostenerstattung sei ein Leistungsantrag iSv § 13 Abs 3a SGB V. Der Zweck der Beschleunigung von Bewilligungsverfahren sei hier zu berücksichtigen. Die Genehmigungsfiktion greife daher. Unabhängig davon handele es sich um eine unaufschiebbare Leistung. Aus dem Attest von Prof. S. vom 02.06.2017 ergebe sich, dass ohne entsprechende Therapie die obstruktive Schlafapnoe lebensbedrohlich sei und zu einer verkürzten Lebenserwartung führe, zumal bei dem Kläger eine Maskenunverträglichkeit bestanden habe. Der Kläger habe bereits einen Schlaganfall erlitten (2013). Durch die Behandlung bei Prof. S. sei die Ursache der Erkrankung beseitigt worden und nicht nur die bloße Symptomatik. Ein Zuwarten sei dem Kläger nicht zumutbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.01.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die stationäre Behandlung in der Schweiz vom 08.06. bis 10.06.2017 Kosten iHv 28.967,51 EUR und für die Voruntersuchung iHv 1.856,25 SFr zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. § 13 Abs 3a SGB V umfasse Kostenerstattungsanträge nicht. Die Behandlung sei auch nicht unaufschiebbar gewesen. Schon zwischen der vorstationären Behandlung am 26.05.2017 und der Operation habe ein Zeitraum von fast zwei Wochen gelegen. Ein entsprechender Antrag habe durchaus gestellt werden können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist gemäß den §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 SGG zulässig, sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 10.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.05.2018, mit dem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der durch seine stationäre und vorstationäre Behandlung in der Schweiz im Mai und Juni 2017 entstandenen Kosten abgelehnt hat. Zulässige Klageart ist die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Seitens des Klägers ist auch die bei Zahlungsklagen grundsätzlich erforderliche Bezifferung des Anspruchs erfolgt. Betrifft ein Zahlungsanspruch einen abgeschlossenen Vorgang aus der Vergangenheit, ist er zur Vermeidung eines ansonsten im Raum stehenden zusätzlichen Streits über die Höhe des Anspruchs konkret zu beziffern; es muss also grundsätzlich ein bestimmter (bezifferter) Zahlungsantrag gestellt und dargelegt werden, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt (Bundessozialgericht (BSG) 10.04.2008, B 3 KR 20/07 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 15; BSG 20.11.2008, B 3 KR 25/07 R, SozR 4-2500 § 133 Nr 3). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.
Als Anspruchsgrundlage kommen allein § 13 Abs 4 und 5 SGB V in Betracht. § 13 Abs 3 SGB V ist neben diesen Regelungen, die zur Umsetzung der passiven EU-Dienstleistungsfreiheit erlassen worden sind, nicht anwendbar (Wagner in Krauskopf, § 13 SGB V Rn 57 unter Hinweis auf BSG 30.6.2009, B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 21).
Auch ein Anspruch auf der Grundlage von § 13 Abs 3a SGB V kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift findet nur auf Sachleistungsansprüche Anwendung, nicht auf Geldleistungen wie die hier streitigen Kostenerstattungsansprüche (BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 33 Rn 11; vgl aber zur Inanspruchnahme von Sachleistungen im EU-Ausland: BSG 27.08.2019, B 1 KR 36/18 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 48). Zudem besteht kein Kostenerstattungsanspruch, wenn sich Versicherte die Leistung bereits vor Fristablauf – oder wie hier gar vor Antragstellung – selbst beschaffen (BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 34).
Nach § 13 Abs 4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
Nach § 13 Abs 5 SGB V idF von Art 4 Nr 3 Buchst a) Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.06.2011 (BGBl I S 1202) können abweichend von Absatz 4 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann. Der Inhalt des § 13 Abs 5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs 4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der Krankenkasse für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen; die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V bleiben unberührt (BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
§ 13 Abs 5 SGB V vollzieht die Rechtsprechung des EuGH nach und verstößt weder gegen die Freizügigkeit noch die Dienstleistungsfreiheit (vgl EuGH 12.07.2001, C-157/99, Slg 2001, I-5473 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 = NJW 2001, 3391 [Smits/Peerbooms]; EuGH 13.05.2003, C-385/99, Slg 2003, I-4509 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 = NJW 2003, 2298 [Müller-Faure/van Riet]). In diesen Urteilen hat der EuGH nationale Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen für vereinbar mit den Art 49 und 50 EGV (jetzt Art 56 f AEUV) gehalten. Eine Beeinträchtigung der Binnenmarktfreiheiten könne gerechtfertigt sein, wenn anderenfalls die finanzielle Stabilität der Krankenversicherungssysteme der Mitgliedstaaten gefährdet ist. Das hat der EuGH bei Krankenhausleistungen bejaht (vgl auch Art 8 Abs 2 Buchst a i) RL 2011/24/EU, ABl L 88 vom 04.04.2011, S 45).
Der Kläger gehört nicht zum Personenkreis derer, für die Behandlungen im anderen Staat auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten sind oder auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliegen (Residenten) und deren koordinationsrechtliche Sachleistungsansprüche den Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 4 und 5 SGB V verdrängen (§ 13 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Denn er hat seinen Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Deutschland. Die Klinik Professor S. ist auch ein zulässiger Leistungserbringer für einen Anspruch gemäß § 13 Abs 4 iVm Abs 5 SGB V. Da diese Kostenerstattungsansprüche nicht an die Einbindung in ein Sachleistungssystem anknüpfen, sondern die Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit in das deutsche Recht umsetzen, ist die Einbindung des ausländischen Leistungserbringers in ein solches System keine notwendige Anspruchsvoraussetzung (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 23 = BSGE 104, 1). Es genügt insoweit bereits, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Privatklinik in diesem Mitgliedstaat ebenfalls Qualitätskontrollen unterliegt und dass die in diesem Staat niedergelassenen Ärzte, die in dem genannten Krankenhaus tätig sind, gleiche berufliche Garantien wie die im Inland niedergelassenen Ärzte bieten (Senatsurteile vom 17.04.2018, L 11 KR 3833/17, KHE 2018/9 und 23.07.2029, L 11 KR 498/19). Bezüglich der Klinik Professor S. in Zürich/Schweiz bestehen insoweit keine Bedenken. Eine Zulassung zum deutschen Versorgungssystem ist nicht erforderlich.
Jedoch liegt die nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V erforderliche vorherige Zustimmung der Beklagten zur Behandlung nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Voraussetzung der Erteilung einer vorherigen Zustimmung teleologisch auf den Regelfall beschränkt, in dem sich ein Versicherter zur Krankenhausbehandlung ins Ausland begibt (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO). Genau dieser Fall liegt hier vor, denn der in Deutschland wohnhafte Kläger hat sich zur Behandlung in die Schweiz begeben. Es liegt allerdings kein Notfall dergestalt vor, dass der Kläger aus Krankheitsgründen gehindert war, eine vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Dies folgt bereits aus dem zeitlichen Ablauf, denn zwischen vorstationärer Behandlung und tatsächlicher Aufnahme lagen nahezu zwei Wochen, so dass es sich ersichtlich um einen elektiven Eingriff gehandelt hat. Bestätigt wird dies auch durch den eigenen Vortrag des Klägers, denn er begründet die Dringlichkeit nur abstrakt mit dem Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung, die zu einer verkürzten Lebenserwartung führe. Ein akuter, sofortiger Behandlungsbedarf des schwergradigen obstruktiven Schlafapnoesyndroms wird damit jedoch gerade nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Läge ein solcher vor, würde sicherlich auch nicht eine Klinik aufgesucht, die vom Wohnort ca 260 km entfernt liegt mit einer Fahrzeit mit dem Auto von über drei Stunden. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger ein Zuwarten auf eine Entscheidung der Beklagten nicht zumutbar gewesen wäre.
Ein Systemversagen liegt nicht vor. Es ist überhaupt nichts dafür ersichtlich, dass die kieferchirurgische Operation (Umstellungsosteotomie) nicht auch in einem deutschen Krankenhaus hätte erfolgen können. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des MDK vom 19.01.2018.
Ermessensfehler der Beklagten liegen nicht vor. Zwar steht die Entscheidung der Krankenkasse über die Erteilung der Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im EU-Ausland bzw in der Schweiz in deren Ermessen. Da die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung angesichts der bereits abgeschlossenen Behandlung jedoch nicht mehr über eine vorherige Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im Ausland befinden konnte, sondern nur noch über die Frage, ob ohne vorherige Genehmigung ein Anspruch auf Kostenerstattung bestand, handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung (Senatsurteile vom 17.04.2018, L 11 KR 3833/17 und vom 23.07.2019, L 11 KR 498/19).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine in der Schweiz durchgeführte stationäre Krankenhausbehandlung einschließlich vorstationärer Untersuchung geltend.
Der 1961 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse krankenversichert. Vom 10.05. bis 12.05.2017 erfolgte in der Klinik L. (Schlaflabor) eine schlafmedizinische Untersuchung, bei der eine beatmungspflichtige obstruktive Schlafapnoe festgestellt und eine Heimbeatmungstherapie mittels CPAP erfolgreich angepasst wurde. Am 26.05.2017 stellte sich der Kläger vorstationär in der Klinik Professor S. in Zürich vor, wo ua ein schwergradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom, Rücklage des Ober- und Unterkieferkomplexes, Hypoplasie beider Kieferköpfchen, extrem enge oropharyngeale Atemwege (3,2 mm Durchmesser), CPAP-Maskenunverträglichkeit und Septumdeviation diagnostiziert wurde. Vom 08.06. bis 10.06.2017 ließ sich der Kläger sodann in der Klinik Professor S. operieren; es wurde eine Umstellungsosteotomie der Kiefer (counterclockwise Rotation beider Kiefer) durchgeführt.
Mit Schreiben vom 13.07.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Erstattung der Kosten für diese Behandlung geltend. Wegen der Dringlichkeit habe er die Operation am 08.06.2017 durchführen lassen und sei in Vorkasse getreten. Hierzu hat er zwei Rechnungen über eine Behandlung am 26.05.2017 iHv 1.856,25 SFr und eine Behandlung in der Zeit vom 08.06. bis 10.06.2017 iHv 92.399,75 SFr vorgelegt.
Mit Bescheid vom 10.08.2017 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Eine Rückfrage beim schweizerischen Sozialversicherungsträger habe ergeben, dass keine Erstattung erfolgen könne. Auf dem beigefügten Formular E126 war insoweit angegeben, dass es sich um keine Pflichtleistung der Krankenpflegeversicherung CH handele und zudem die Rechnungsstellung nicht nach schweizerischem Krankenversicherungstarif erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 24.08.2017 erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, es handele sich um eine Behandlung, die nur außerhalb des Bundesgebiets durchgeführt werden könne. Prof. S. habe die Methode "Rotation Advancement" vor ca 20 Jahren entwickelt. Es handele sich um eine hundertprozentige Heilung der Schlafapnoe. Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Im Gutachten vom 19.01.2018 führte Dr. F. aus, die Operation (chirurgische Vorverlagerung von Unter- und Oberkiefer) sei medizinisch nicht notwendig gewesen, es bestehe die Möglichkeit der apparativen Therapie (CPAP, Maskenanpassung). Der operative Eingriff könne technisch auch in einer Mund-Kiefer-Gesichtschirurgischen Klinik in Deutschland ausgeführt werden, zB im Klinikum S ...
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Anspruch auf Krankenbehandlung ruhe, solange sich Versicherte im Ausland aufhielten. Krankenhausleistungen könnten nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen auch in einem anderen Mitgliedstaat der Union oder der Schweiz in Anspruch genommen werden. Der Antrag auf Kostenübernahme für die vor- und stationäre Behandlung in der Schweiz sei am 13.07.2017 gestellt worden, die Krankenhausaufenthalte hätten jedoch schon am 26.05.2017 und vom 08.06. bis 10.06.2017 stattgefunden. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse habe nicht mehr erfolgen können. Schon aus diesem Grund scheide die Kostenübernahme aus. Dennoch habe die Beklagte den MDK die Unterlagen prüfen lassen. Auch im Hinblick auf dessen Ausführungen sei keine Kostenerstattung möglich. Auf Nachfrage des Klägers Anfang September 2017 bezüglich der ausstehenden Entscheidung übersandte die Beklagte den Widerspruchsbescheid mit Schreiben vom 10.09.2018.
Hiergegen richtet sich die am 17.09.2018 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, die Operation sei aufgrund der Schwere der Erkrankung und der damit verbundenen Folgen und Risiken dringlich gewesen. Die beim Kläger vorliegende obstruktive Schlafapnoe sei lebensbedrohlich und führe zu einer verkürzten Lebenserwartung. Zudem werde die beim Kläger vorgenommene Behandlung weltweit nur durch die Klinik Professor S. durchgeführt. Die einmalige Operation der Kiefer sei mit hoher Wahrscheinlichkeit kostengünstiger als eine lebenslange CPAP-Behandlung. Die Behandlung sei zu 100% erfolgreich gewesen. Schließlich sei von einer fiktiven Genehmigung der Erstattungsleistung auszugehen, da die Beklagte nicht innerhalb von drei Wochen über den Antrag des Klägers vom 13.07.2017 entschieden habe. Beim Kläger habe ein Behandlungsbedarf Grad 5 nach den Kfo-Richtlinien vorgelegen, so dass die streitgegenständliche Behandlung des Klägers dem Bereich der Leistungspflichten der Beklagten unterfalle. Von den Kosten der stationären Behandlung sei von Seiten der privaten Krankenversicherung C. ein Teilbetrag iHv 51.339,86 EUR übernommen worden. Offen seien somit noch 28.967,51 EUR sowie die Kosten der Voruntersuchung in Höhe von 1.856,25 SFr.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) komme nicht in Betracht, da dieser lediglich Leistungsanträge erfasse. Rechtsgrundlage des Anspruchs sei § 13 Abs 3 SGB V. Eine unaufschiebbare Leistung habe nicht vorgelegen, denn die Operation sei planbar gewesen und habe nicht ohne jegliche weitere zeitliche Verzögerung durchgeführt werden müssen. Die Kosten seien dem Kläger auch nicht durch eine rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse entstanden, denn die Behandlung sei bereits vor Antragstellung durchgeführt worden. Eine Kostenerstattung scheitere damit an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Der Gerichtsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 24.01.2020 zugestellt worden.
Am 24.02.2020 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Auch der Antrag auf Kostenerstattung sei ein Leistungsantrag iSv § 13 Abs 3a SGB V. Der Zweck der Beschleunigung von Bewilligungsverfahren sei hier zu berücksichtigen. Die Genehmigungsfiktion greife daher. Unabhängig davon handele es sich um eine unaufschiebbare Leistung. Aus dem Attest von Prof. S. vom 02.06.2017 ergebe sich, dass ohne entsprechende Therapie die obstruktive Schlafapnoe lebensbedrohlich sei und zu einer verkürzten Lebenserwartung führe, zumal bei dem Kläger eine Maskenunverträglichkeit bestanden habe. Der Kläger habe bereits einen Schlaganfall erlitten (2013). Durch die Behandlung bei Prof. S. sei die Ursache der Erkrankung beseitigt worden und nicht nur die bloße Symptomatik. Ein Zuwarten sei dem Kläger nicht zumutbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.01.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die stationäre Behandlung in der Schweiz vom 08.06. bis 10.06.2017 Kosten iHv 28.967,51 EUR und für die Voruntersuchung iHv 1.856,25 SFr zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. § 13 Abs 3a SGB V umfasse Kostenerstattungsanträge nicht. Die Behandlung sei auch nicht unaufschiebbar gewesen. Schon zwischen der vorstationären Behandlung am 26.05.2017 und der Operation habe ein Zeitraum von fast zwei Wochen gelegen. Ein entsprechender Antrag habe durchaus gestellt werden können.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist gemäß den §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 SGG zulässig, sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 10.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.05.2018, mit dem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der durch seine stationäre und vorstationäre Behandlung in der Schweiz im Mai und Juni 2017 entstandenen Kosten abgelehnt hat. Zulässige Klageart ist die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Seitens des Klägers ist auch die bei Zahlungsklagen grundsätzlich erforderliche Bezifferung des Anspruchs erfolgt. Betrifft ein Zahlungsanspruch einen abgeschlossenen Vorgang aus der Vergangenheit, ist er zur Vermeidung eines ansonsten im Raum stehenden zusätzlichen Streits über die Höhe des Anspruchs konkret zu beziffern; es muss also grundsätzlich ein bestimmter (bezifferter) Zahlungsantrag gestellt und dargelegt werden, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt (Bundessozialgericht (BSG) 10.04.2008, B 3 KR 20/07 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 15; BSG 20.11.2008, B 3 KR 25/07 R, SozR 4-2500 § 133 Nr 3). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.
Als Anspruchsgrundlage kommen allein § 13 Abs 4 und 5 SGB V in Betracht. § 13 Abs 3 SGB V ist neben diesen Regelungen, die zur Umsetzung der passiven EU-Dienstleistungsfreiheit erlassen worden sind, nicht anwendbar (Wagner in Krauskopf, § 13 SGB V Rn 57 unter Hinweis auf BSG 30.6.2009, B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 21).
Auch ein Anspruch auf der Grundlage von § 13 Abs 3a SGB V kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift findet nur auf Sachleistungsansprüche Anwendung, nicht auf Geldleistungen wie die hier streitigen Kostenerstattungsansprüche (BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 33 Rn 11; vgl aber zur Inanspruchnahme von Sachleistungen im EU-Ausland: BSG 27.08.2019, B 1 KR 36/18 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 48). Zudem besteht kein Kostenerstattungsanspruch, wenn sich Versicherte die Leistung bereits vor Fristablauf – oder wie hier gar vor Antragstellung – selbst beschaffen (BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 34).
Nach § 13 Abs 4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
Nach § 13 Abs 5 SGB V idF von Art 4 Nr 3 Buchst a) Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.06.2011 (BGBl I S 1202) können abweichend von Absatz 4 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann. Der Inhalt des § 13 Abs 5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs 4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der Krankenkasse für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen; die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V bleiben unberührt (BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
§ 13 Abs 5 SGB V vollzieht die Rechtsprechung des EuGH nach und verstößt weder gegen die Freizügigkeit noch die Dienstleistungsfreiheit (vgl EuGH 12.07.2001, C-157/99, Slg 2001, I-5473 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 = NJW 2001, 3391 [Smits/Peerbooms]; EuGH 13.05.2003, C-385/99, Slg 2003, I-4509 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 = NJW 2003, 2298 [Müller-Faure/van Riet]). In diesen Urteilen hat der EuGH nationale Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen für vereinbar mit den Art 49 und 50 EGV (jetzt Art 56 f AEUV) gehalten. Eine Beeinträchtigung der Binnenmarktfreiheiten könne gerechtfertigt sein, wenn anderenfalls die finanzielle Stabilität der Krankenversicherungssysteme der Mitgliedstaaten gefährdet ist. Das hat der EuGH bei Krankenhausleistungen bejaht (vgl auch Art 8 Abs 2 Buchst a i) RL 2011/24/EU, ABl L 88 vom 04.04.2011, S 45).
Der Kläger gehört nicht zum Personenkreis derer, für die Behandlungen im anderen Staat auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten sind oder auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliegen (Residenten) und deren koordinationsrechtliche Sachleistungsansprüche den Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 4 und 5 SGB V verdrängen (§ 13 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Denn er hat seinen Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Deutschland. Die Klinik Professor S. ist auch ein zulässiger Leistungserbringer für einen Anspruch gemäß § 13 Abs 4 iVm Abs 5 SGB V. Da diese Kostenerstattungsansprüche nicht an die Einbindung in ein Sachleistungssystem anknüpfen, sondern die Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit in das deutsche Recht umsetzen, ist die Einbindung des ausländischen Leistungserbringers in ein solches System keine notwendige Anspruchsvoraussetzung (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 23 = BSGE 104, 1). Es genügt insoweit bereits, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Privatklinik in diesem Mitgliedstaat ebenfalls Qualitätskontrollen unterliegt und dass die in diesem Staat niedergelassenen Ärzte, die in dem genannten Krankenhaus tätig sind, gleiche berufliche Garantien wie die im Inland niedergelassenen Ärzte bieten (Senatsurteile vom 17.04.2018, L 11 KR 3833/17, KHE 2018/9 und 23.07.2029, L 11 KR 498/19). Bezüglich der Klinik Professor S. in Zürich/Schweiz bestehen insoweit keine Bedenken. Eine Zulassung zum deutschen Versorgungssystem ist nicht erforderlich.
Jedoch liegt die nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V erforderliche vorherige Zustimmung der Beklagten zur Behandlung nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Voraussetzung der Erteilung einer vorherigen Zustimmung teleologisch auf den Regelfall beschränkt, in dem sich ein Versicherter zur Krankenhausbehandlung ins Ausland begibt (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO). Genau dieser Fall liegt hier vor, denn der in Deutschland wohnhafte Kläger hat sich zur Behandlung in die Schweiz begeben. Es liegt allerdings kein Notfall dergestalt vor, dass der Kläger aus Krankheitsgründen gehindert war, eine vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen. Dies folgt bereits aus dem zeitlichen Ablauf, denn zwischen vorstationärer Behandlung und tatsächlicher Aufnahme lagen nahezu zwei Wochen, so dass es sich ersichtlich um einen elektiven Eingriff gehandelt hat. Bestätigt wird dies auch durch den eigenen Vortrag des Klägers, denn er begründet die Dringlichkeit nur abstrakt mit dem Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung, die zu einer verkürzten Lebenserwartung führe. Ein akuter, sofortiger Behandlungsbedarf des schwergradigen obstruktiven Schlafapnoesyndroms wird damit jedoch gerade nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Läge ein solcher vor, würde sicherlich auch nicht eine Klinik aufgesucht, die vom Wohnort ca 260 km entfernt liegt mit einer Fahrzeit mit dem Auto von über drei Stunden. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger ein Zuwarten auf eine Entscheidung der Beklagten nicht zumutbar gewesen wäre.
Ein Systemversagen liegt nicht vor. Es ist überhaupt nichts dafür ersichtlich, dass die kieferchirurgische Operation (Umstellungsosteotomie) nicht auch in einem deutschen Krankenhaus hätte erfolgen können. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des MDK vom 19.01.2018.
Ermessensfehler der Beklagten liegen nicht vor. Zwar steht die Entscheidung der Krankenkasse über die Erteilung der Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im EU-Ausland bzw in der Schweiz in deren Ermessen. Da die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung angesichts der bereits abgeschlossenen Behandlung jedoch nicht mehr über eine vorherige Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im Ausland befinden konnte, sondern nur noch über die Frage, ob ohne vorherige Genehmigung ein Anspruch auf Kostenerstattung bestand, handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung (Senatsurteile vom 17.04.2018, L 11 KR 3833/17 und vom 23.07.2019, L 11 KR 498/19).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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