L 11 KR 1604/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 559/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1604/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.04.2020 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt eine Feststellungsklage gegen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK).

In seiner Klageschrift vom 17.02.2020 - eingegangen beim Sozialgericht Freiburg (SG) am 22.02.2020 – hat der Kläger wörtlich beantragt, "festzustellen, dass das Gutachten der MDK Baden-Württemberg vom 27.10.2015 erstellt von den nach Auffassung des Juden v. A. durch den MDK-Wissenschaftler, und treuen Mitarbeiter nicht nur der MDK sondern auch der gesetzlichen Krankenkassen Dr. S., der durch diesen Gefälligkeitsgutachten, aus unserer Sicht gefälschten Gesundheitszeugnis, dass Anspruch und Recht des Juden v. A., ein Menschenwürdigen Leben zu führen, per diesen Gefälschten Gesundheitszeugnis, weggenommen hat ..."

Mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Unabhängig davon, dass bereits erhebliche Schwierigkeiten bei der Erkennung eines konkreten Klagebegehrens bestünden, sei jedenfalls nicht ersichtlich, inwieweit die sozialgesetzliche Rechtsposition des Klägers im vorliegenden Fall durch ein Eingreifen des SG gesichert oder erweitert werden könne. Es bestehe der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen dürfe. Die sich hieraus ergebende Sachentscheidungsvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses begründe sich aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben, dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns. Insbesondere dürften prozessuale Rechte nicht zu Lasten der Funktionsfähigkeit des staatlichen Rechtspflegeapparats missbraucht werden. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei etwa dann nicht gegeben, wenn das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers unzweifelhaft nicht verbessern würde. Auf den vorliegenden Fall angewendet führten diese Grundsätze zur Klageabweisung, da die sinngemäß begehrte gerichtliche Feststellung von behaupteten, aber nicht ansatzweise substantiell glaubhaft gemachten Unzulänglichkeiten eines rund fünf Jahre alten MDK-Gutachtens weder die rechtliche noch die wirtschaftliche Stellung des Klägers in einer für die Kammer erkennbaren Weise verbessern könne. Soweit - was in der Klageschrift weder vorgetragen werde noch sonst irgendwie ersichtlich sei - das Gutachten Gegenstand von den Kläger belastenden Verwaltungsentscheidungen gewesen sein sollte, wären zuvörderst diese mit den entsprechenden Rechtsbehelfen anzugreifen. Es sei nicht erkennbar, aus welchem Grund der Kläger hierzu die Hilfe der Sozialgerichtsbarkeit in Gestalt einer Feststellungsentscheidung benötige. Davon abgesehen gebe der Kläger in der Klageschrift auf Seite 7 selbst an, dass das besagte Gutachten bereits Gegenstand eines Gerichtsverfahrens gewesen sei. Schließlich fänden sich in der Klageschrift auch derart viele persönliche Beleidigungen (Seite 5: "Pseudoärzte"; Seite 6: "NS-Monster"; Seite 7 ff: zahlreiche Vergleiche des Präsidenten des Sozialgerichts Freiburg mit dem Präsidenten des Volksgerichtshofes R. F.) und substanzlose Unterstellungen (Seite 3: "Gefälligkeitsgutachten"; Seite 3: "gefälschte(s) Gesundheitszeugnis; Seite 4: " ...Gutachten manipuliert ..."), dass die Kammer auch ernstliche Zweifel habe, ob es dem Kläger vorliegend tatsächlich um eine inhaltliche und sachliche Aufarbeitung der Dokumentation seiner Krankheitshistorie gehe.

Gegen den seiner Betreuerin und Generalbevollmächtigten am 12.05.2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 18.05.2020 eingelegte Berufung des Klägers. Der Gerichtsbescheid sei offensichtlich fehlerhaft und sowohl willkürlich als auch rechtsbeugend und verletze die Rechte des Klägers. Es wird die Feststellung beantragt, dass der Gerichtsbescheid das Ergebnis rassistisch und NS-motivierter Handlungen sei, da keine anderen Gründe für diese eklatante Verletzung der Rechte des Juden festgestellt werden könnten. Es wird weiter beantragt, "mit diesen beispiellosen rassistisch bzw NS-Motivierten Handlungen endlich aufzuhören. Mit diesen aus Sicht des Juden seelischen Vergewaltigung seitens des Personals dieser privatisierten Justizorgan endlich aufzuhören, denn wir haben viele andere bessere Sachen zu tun, als dass wir uns mit Fertigung von Klagen und Anträgen zu beschäftigen!!!"

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat erwidert, es fehle an substantiierten Berufungsanträgen. Er schließe sich im Übrigen dem angefochtenen Gerichtsbescheid an.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden, da diese in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Die Terminsmitteilung ist beiden Beteiligten ordnungsgemäß zugestellt worden. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht nach Lage der Akten (§ 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG) oder aufgrund "einseitiger" mündlicher Verhandlung entscheiden (Bundessozialgericht [BSG] 26.05.2014, B 12 KR 67/13 B; BSG 07.07.2011, B 14 AS 35/11 B; 19.03.1992, 12 RK 62/91, SozR 3-1500 § 110 Nr 3).

Die Berufung ist unzulässig, da ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Zwar ist der Kläger formell beschwert, da seine Klage vor dem SG keinen Erfolg hatte. Trotz Vorliegens der Beschwer kann in seltenen Ausnahmefällen das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird. Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BSG 08.05.2007, B 2 U 3/06 R, SozR 4-2700 § 136 Nr 3 Rn 13; BSG 05.06.2014, B 4 AS 349/13 B, juris Rn 10).

Dies ist hier der Fall. Aus der Berufungsbegründung ist keinerlei sachlicher Kern für ein konkretes Rechtsschutzbegehren zu entnehmen. Stattdessen enthält auch die Berufungsschrift zahlreiche Beleidigungen (Seite 8: "schlimmere Entscheidungen als der ehrenwerte Volksgerichtshofspräsident R. F."; Seite 8: "beim SG Freiburg ansässige Rassisten und Antisemiten Bösartigen Richterinnen und Richtern des SG Freiburg, die das Recht beugen"; Seite 9: "vielleicht besoffen oder hat er seinen NS-Gesinnung freien Lauf gegeben" etc). Anstatt sein Rechtsschutzbegehren zu konkretisieren, führt der Kläger aus: " muss wirklich ein blöde Idiot sein um nicht verstehen zu können, was mit der Klage begehrt wurde!!! Und dass was für NS-Gesinnte Richter nicht ersichtlich ist, dann zeichnen wir es, dass es eine erheblich nichtabweisbare Rechtsschutzinteresse des Juden Alfred v. A. bestehe und dass dieser durch Einholung eines neutralen Gutachtens ins Licht gerückt wäre, der Wissenschaftler dachte er bleibe im dunklen, keine wird seine an dem tage gelegten Rassismus und Antisemitismus verstehen, wie hier für alle ersichtlich, denn Juden kann man nichts geheim halten zumal er selbst von der Geheimdienst stammt!!!" Ein konkreter Bezug zum materiellen Recht, welcher einen Streitgegenstand erkennen ließe, ist aus alledem nicht ersichtlich.

Auch wenn die Berufung als zulässig angesehen würde, hätte sie in der Sache keinen Erfolg, denn dann wäre sie unbegründet, da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids wird insoweit Bezug genommen (§ 153 Abs 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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