Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 2620/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1433/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 17.03.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung bzw Kostenübernahme/Bereitstellung einer Haushaltshilfe gemäß § 38 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), über einen Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und sonstige Leistungen.
Der am 04.08.1976 geborene Kläger war vom 13.07.2008 bis 31.12.2018 bei den Beklagten zu 2) und 3) gesetzlich kranken- und pflegeversichert und ist seit dem 01.01.2019 bei der Beklagten zu 1) gesetzlich krankenversichert. Er steht unter rechtlicher Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt (Bestellungsurkunde Bl 71 SG-Akte) und bezieht seit Januar 2002 eine Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Zahlbetrag in Höhe von monatlich 499,99 EUR (Stand 01.07.1999).
Er beantragte am 26.01.2016 bei der Beklagten zu 3) Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI in Form von Pflegegeld und Kombinationsleistungen. Die Beklagte zu 3) veranlasste zunächst eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Der Gutachter F. (Pflegefachkraft) kam in seinem Gutachten vom 16.02.2016 nach Durchführung eines Hausbesuchs zu einem Hilfebedarf im Bereich der Mobilität in Höhe von 2 Minuten und im Bereich der Hauswirtschaft von 32 Minuten pro Tag. Eine Pflegestufe liege nicht vor. Im Hinblick auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte zu 3) mit Bescheid vom 17.02.2016 Leistungen der Pflegeversicherung ab. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22.02.2016 Widerspruch und wies insbesondere auf die Folgen eines Unfalls am 10.10.2014 hin, bei dem es im Rahmen einer Fahrkartenkontrolle während einer Busfahrt nach einem Sturz zu einer Fraktur des oberen Sprunggelenkes gekommen war, die operativ versorgt werden musste. Schuld an dem Unfall sei der SWU-Kontrolleur H ... Die Beklagte holte daraufhin ein weiteres MDK-Gutachten vom 05.04.2016 ein, in dem die Pflegefachkraft H. nach einem erneuten Hausbesuch keinen Pflegebedarf feststellen konnte und den Hilfebedarf im Bereich der Hauswirtschaft mit 30 Minuten pro Tag bezifferte. Die Beklagte zu 3) wies anschließend den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2016 zurück.
Am 18.01.2019 stellte der Kläger bei der Beklagten zu 1) ua einen "Antrag gemäß § 38 SGB V" und anschließend im Vordruck der Beklagten zu 1) einen Antrag auf Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 10.10.2014 bis 04.08.2076 (100. Geburtstag). In dem Antrag gab er an, er benötige die Haushaltshilfe nach einem Krankenhausaufenthalt wegen akuter schwerer Erkrankung täglich von montags bis freitags jeweils von 8:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Seine gesundheitlichen Einschränkungen resultierten aus einem Unfall mit Körperverletzung vom 10.10.2014. Dem Antrag beigefügt war eine Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. K. vom 25.02.2019, der darin angab, eine Haushaltshilfe sei nicht erforderlich. Der Kläger sei voll mobil.
Mit Bescheid vom 28.02.2019 lehnte die Beklagte zu 1) den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung aus, die Leistung hätte vor Inanspruchnahme beantragt und genehmigt werden müssen. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13.03.2019 Widerspruch ein, den die Beklagte zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2019 zurückwies mit der Begründung, der Kläger habe seinen Antrag auf Kostenerstattung für die selbstbeschaffte Haushaltshilfe rückwirkend erst nach erfolgter Inanspruchnahme gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Kostenerstattung in derartigen Fällen ausgeschlossen, sodass eine Kostenerstattung bereits vor diesem Hintergrund ausscheide. Für die Zeit ab Antragstellung lägen auch die sonstigen Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer Haushaltshilfe nicht vor. Ausweislich der vorliegenden ärztlichen Bescheinigung sei der Kläger mobil und aus medizinischer Sicht eine Haushaltshilfe nicht erforderlich.
Der Kläger hat am 21.06.2019 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Diese richte sich gegen den Bescheid vom 20.06.2019 "gemäß §§ 44, 44a SGB V, § 60 SGB V, § 45 SGB VII, § 11b Satz 3 SGB V und § 47 SGB V aus Pflegeleistungen und Pflegebedarf und nicht zumutbare Zustände und die Hilflose Lage gemäß § 221 StGB. Gemäß §§ 280 ( ) wegen Leistung wie geschuldet nicht erbrachte Leistung. Wegen mangelhafte medizinische Behandlung vom 10.01.2014 bis 24.10.2014 Uniklinik nach Körperverletzung am 10.10.2014 und SWU-Kontrolleur D. C. H. ( )". Tatsächlich sei der Kläger seit 10.10.2014 bis 10.10.2076 pflegebedürftig, seit 10.10.2014 bestehe eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit. Er und seine Mutter erhielten Erwerbsminderungsrenten, beide seien nicht ordnungsgemäß von der Betreuungsbehörde betreut worden, er sei mit der Pflege seiner Mutter psychisch, finanziell und materiell überfordert. Ergänzend hat der Kläger dargelegt, die Klage richte sich auch gegen die Bescheide vom 26.02.2016 (gemeint ist wohl 28.02.2016) und 22.04.2016 (?). Er erhebe zudem Einspruch gegen den Bescheid vom 28.08.2017 und beantrage die "entsprechende Zwangsvollstreckung und Schadenersatz ab 2006 bis 2017 wegen fehlerhafter Rechnungsauslegung und Pflichtverletzung bzw Vermögenslosigkeit des Mundels". Er fordere die Betreuer auf, die korrekte Rechnungsauslegung bei Vormundschaft vorzuweisen, und bitte um Schadensregulierung.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.03.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) sei dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen den Bescheid vom 17.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2016 richte. Diese Klage sei bereits unzulässig mangels Einhaltung der Klagefrist, die bereits am 15.08.2016 abgelaufen sei, so dass die erst am 21.06.2019 erhobene Klage nicht fristgemäß erhoben worden sei. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme bzw Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 10.10.2014 bis 04.08.2076 habe. Nach der einzig in Betracht kommenden Vorschrift des § 38 Abs 1 Satz 3 SGB V erhielten Versicherte, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des SGB XI bestehe, Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich sei, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Ausweislich der Bestätigung des Dr. K. vom 25.02.2019 sei eine Haushaltshilfe nicht erforderlich, da der Kläger voll mobil sei.
Gegen den ihm am 04.04.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06.04.2020 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der "Bitte um Wiederherstellung-Ausgleich wegen finanzielle und materielle Schaden und Invaliditätsanspruch" unter Wiederholung der bisherigen Begründung. Ergänzend hat der Kläger auf eine Augenerkrankung in Form eines Venenastverschlusses eines retinalen Gefäßes, auf eine Verletzung gemäß § 280, § 281 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und eine Pflichtverletzung durch das zuständige Arbeitsamt R. und U. und das Versorgungsamt R. und U. hingewiesen. Er sei gemäß § 221 Strafgesetzbuch (StGB) in eine hilflose Lage ausgesetzt worden, auch sei die finanzielle Versorgung gemäß § 9 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) und § 44 SVG gemäß § 30, 31 zum größten Teil entzogen worden. Es lägen Bilanzdelikte und handelsrechtliche Straftatbestände vor.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 17.03.2020 aufzuheben und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2019 die Kosten für eine Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 10.10.2014 bis 04.08.2076 zu erstatten,
Die Beklagten zu 1), 2) und 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie haben auf den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Schreiben vom 20.07.2020 hat der Kläger sodann um mündliche Verhandlung gebeten. Die Akten seien bereits an die A.-Rechtsschutzversicherung übersendet worden, um die Sache zu klären.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) ist bereits unzulässig, die Klage gegen die Beklagte zu 1) zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 28.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2019. Soweit der Kläger zunächst noch Pflegeleistungen begehrt hat und sich die Klage - nach Auslegung des Klägerbegehrens vor dem Hintergrund, dass es keinen Bescheid vom 26.02.2016 und 22.05.2016 gibt - gegen den Bescheid der Beklagten zu 3) vom 17.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2016 richtete, ist dieses Begehren in der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiterverfolgt worden. Diese Klage wäre wegen Verfristung ohnehin bereits unzulässig, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
In Bezug auf den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 28.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2019 ist die Klage unbegründet. Auch diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt (§ 153 Abs 2 SGG). Ergänzend sei noch auf Folgendes hingewiesen: Gemäß § 38 Abs 1 SGB V erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder § 41 die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Darüber hinaus erhalten Versicherte, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, auch dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Gemäß § 38 Abs 2 SGB V kann die Satzung bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Kann die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten (§ 38 Abs 4 SGB V).
Vorliegend scheitert ein Anspruch auf die Gewährung einer Haushaltshilfe als Sachleistung (Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 38 SGB V [Stand: 15.06.2020], Rn 38) für die Vergangenheit bereits daran, dass die Krankenkasse rückwirkend keine Sachleistung mehr erbringen, dh keine Haushaltshilfe mehr stellen kann. Aber auch eine Kostenerstattung nach § 38 Abs 4 SGB V für die Vergangenheit scheidet aus, da offensichtlich in der Vergangenheit keine Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe angefallen sind. Insofern kann offenbleiben, ob der Kläger unmittelbar nach seinem Unfall im Jahr 2014 einen Anspruch auf Bereitstellung einer Haushaltshilfe gehabt hätte. Für die Zukunft scheidet eine Versorgung mit einer Haushaltshilfe aus, weil der Kläger – wie Dr. K. vorgetragen hat – voll mobil ist und somit jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine schwere Erkrankung bzw keine akute Verschlimmerung einer Krankheit vorliegt, wie sie § 38 Abs 1 Satz 3 SGB V voraussetzt.
Soweit der Kläger im Übrigen Ansprüche nach unterschiedlichsten Gesetzen und Vorschriften aneinanderreiht und sich finanzielle Unterstützung erhofft, ist die Klage unzulässig. Aufgabe des LSG ist es, den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht zu prüfen (§ 157 SGG) und hier vor allem Bescheide von Sozialversicherungsträgern zu überprüfen (vgl §§ 54 Abs 1 SGG, 51 Abs 1 SGG). Liegen (noch) keine Bescheide der entsprechenden Behörden vor oder ist – wie hier in Bezug auf den Bescheid vom 17.02.2016 (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2019) – die Klagefrist abgelaufen, erfolgt auch durch das Gericht keine inhaltliche Prüfung (mehr). Sofern der Kläger somit Ansprüche gegen seine Kranken- oder Pflegeversicherung, das Jobcenter, das Versorgungsamt oder ähnliche Behörden durchsetzen will, muss er sich zunächst an die Behörde wenden und eine Entscheidung erwirken. Erst nach abgeschlossenem Verwaltungsverfahren ist der Rechtsweg innerhalb der Rechtsmittelfrist eröffnet.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung bzw Kostenübernahme/Bereitstellung einer Haushaltshilfe gemäß § 38 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), über einen Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und sonstige Leistungen.
Der am 04.08.1976 geborene Kläger war vom 13.07.2008 bis 31.12.2018 bei den Beklagten zu 2) und 3) gesetzlich kranken- und pflegeversichert und ist seit dem 01.01.2019 bei der Beklagten zu 1) gesetzlich krankenversichert. Er steht unter rechtlicher Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt (Bestellungsurkunde Bl 71 SG-Akte) und bezieht seit Januar 2002 eine Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Zahlbetrag in Höhe von monatlich 499,99 EUR (Stand 01.07.1999).
Er beantragte am 26.01.2016 bei der Beklagten zu 3) Leistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI in Form von Pflegegeld und Kombinationsleistungen. Die Beklagte zu 3) veranlasste zunächst eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Der Gutachter F. (Pflegefachkraft) kam in seinem Gutachten vom 16.02.2016 nach Durchführung eines Hausbesuchs zu einem Hilfebedarf im Bereich der Mobilität in Höhe von 2 Minuten und im Bereich der Hauswirtschaft von 32 Minuten pro Tag. Eine Pflegestufe liege nicht vor. Im Hinblick auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte zu 3) mit Bescheid vom 17.02.2016 Leistungen der Pflegeversicherung ab. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22.02.2016 Widerspruch und wies insbesondere auf die Folgen eines Unfalls am 10.10.2014 hin, bei dem es im Rahmen einer Fahrkartenkontrolle während einer Busfahrt nach einem Sturz zu einer Fraktur des oberen Sprunggelenkes gekommen war, die operativ versorgt werden musste. Schuld an dem Unfall sei der SWU-Kontrolleur H ... Die Beklagte holte daraufhin ein weiteres MDK-Gutachten vom 05.04.2016 ein, in dem die Pflegefachkraft H. nach einem erneuten Hausbesuch keinen Pflegebedarf feststellen konnte und den Hilfebedarf im Bereich der Hauswirtschaft mit 30 Minuten pro Tag bezifferte. Die Beklagte zu 3) wies anschließend den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2016 zurück.
Am 18.01.2019 stellte der Kläger bei der Beklagten zu 1) ua einen "Antrag gemäß § 38 SGB V" und anschließend im Vordruck der Beklagten zu 1) einen Antrag auf Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 10.10.2014 bis 04.08.2076 (100. Geburtstag). In dem Antrag gab er an, er benötige die Haushaltshilfe nach einem Krankenhausaufenthalt wegen akuter schwerer Erkrankung täglich von montags bis freitags jeweils von 8:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Seine gesundheitlichen Einschränkungen resultierten aus einem Unfall mit Körperverletzung vom 10.10.2014. Dem Antrag beigefügt war eine Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. K. vom 25.02.2019, der darin angab, eine Haushaltshilfe sei nicht erforderlich. Der Kläger sei voll mobil.
Mit Bescheid vom 28.02.2019 lehnte die Beklagte zu 1) den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung aus, die Leistung hätte vor Inanspruchnahme beantragt und genehmigt werden müssen. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13.03.2019 Widerspruch ein, den die Beklagte zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2019 zurückwies mit der Begründung, der Kläger habe seinen Antrag auf Kostenerstattung für die selbstbeschaffte Haushaltshilfe rückwirkend erst nach erfolgter Inanspruchnahme gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Kostenerstattung in derartigen Fällen ausgeschlossen, sodass eine Kostenerstattung bereits vor diesem Hintergrund ausscheide. Für die Zeit ab Antragstellung lägen auch die sonstigen Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer Haushaltshilfe nicht vor. Ausweislich der vorliegenden ärztlichen Bescheinigung sei der Kläger mobil und aus medizinischer Sicht eine Haushaltshilfe nicht erforderlich.
Der Kläger hat am 21.06.2019 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Diese richte sich gegen den Bescheid vom 20.06.2019 "gemäß §§ 44, 44a SGB V, § 60 SGB V, § 45 SGB VII, § 11b Satz 3 SGB V und § 47 SGB V aus Pflegeleistungen und Pflegebedarf und nicht zumutbare Zustände und die Hilflose Lage gemäß § 221 StGB. Gemäß §§ 280 ( ) wegen Leistung wie geschuldet nicht erbrachte Leistung. Wegen mangelhafte medizinische Behandlung vom 10.01.2014 bis 24.10.2014 Uniklinik nach Körperverletzung am 10.10.2014 und SWU-Kontrolleur D. C. H. ( )". Tatsächlich sei der Kläger seit 10.10.2014 bis 10.10.2076 pflegebedürftig, seit 10.10.2014 bestehe eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit. Er und seine Mutter erhielten Erwerbsminderungsrenten, beide seien nicht ordnungsgemäß von der Betreuungsbehörde betreut worden, er sei mit der Pflege seiner Mutter psychisch, finanziell und materiell überfordert. Ergänzend hat der Kläger dargelegt, die Klage richte sich auch gegen die Bescheide vom 26.02.2016 (gemeint ist wohl 28.02.2016) und 22.04.2016 (?). Er erhebe zudem Einspruch gegen den Bescheid vom 28.08.2017 und beantrage die "entsprechende Zwangsvollstreckung und Schadenersatz ab 2006 bis 2017 wegen fehlerhafter Rechnungsauslegung und Pflichtverletzung bzw Vermögenslosigkeit des Mundels". Er fordere die Betreuer auf, die korrekte Rechnungsauslegung bei Vormundschaft vorzuweisen, und bitte um Schadensregulierung.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.03.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) sei dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen den Bescheid vom 17.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2016 richte. Diese Klage sei bereits unzulässig mangels Einhaltung der Klagefrist, die bereits am 15.08.2016 abgelaufen sei, so dass die erst am 21.06.2019 erhobene Klage nicht fristgemäß erhoben worden sei. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme bzw Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 10.10.2014 bis 04.08.2076 habe. Nach der einzig in Betracht kommenden Vorschrift des § 38 Abs 1 Satz 3 SGB V erhielten Versicherte, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des SGB XI bestehe, Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich sei, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Ausweislich der Bestätigung des Dr. K. vom 25.02.2019 sei eine Haushaltshilfe nicht erforderlich, da der Kläger voll mobil sei.
Gegen den ihm am 04.04.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06.04.2020 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der "Bitte um Wiederherstellung-Ausgleich wegen finanzielle und materielle Schaden und Invaliditätsanspruch" unter Wiederholung der bisherigen Begründung. Ergänzend hat der Kläger auf eine Augenerkrankung in Form eines Venenastverschlusses eines retinalen Gefäßes, auf eine Verletzung gemäß § 280, § 281 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und eine Pflichtverletzung durch das zuständige Arbeitsamt R. und U. und das Versorgungsamt R. und U. hingewiesen. Er sei gemäß § 221 Strafgesetzbuch (StGB) in eine hilflose Lage ausgesetzt worden, auch sei die finanzielle Versorgung gemäß § 9 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) und § 44 SVG gemäß § 30, 31 zum größten Teil entzogen worden. Es lägen Bilanzdelikte und handelsrechtliche Straftatbestände vor.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 17.03.2020 aufzuheben und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2019 die Kosten für eine Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 10.10.2014 bis 04.08.2076 zu erstatten,
Die Beklagten zu 1), 2) und 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie haben auf den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Schreiben vom 20.07.2020 hat der Kläger sodann um mündliche Verhandlung gebeten. Die Akten seien bereits an die A.-Rechtsschutzversicherung übersendet worden, um die Sache zu klären.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) ist bereits unzulässig, die Klage gegen die Beklagte zu 1) zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 28.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2019. Soweit der Kläger zunächst noch Pflegeleistungen begehrt hat und sich die Klage - nach Auslegung des Klägerbegehrens vor dem Hintergrund, dass es keinen Bescheid vom 26.02.2016 und 22.05.2016 gibt - gegen den Bescheid der Beklagten zu 3) vom 17.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2016 richtete, ist dieses Begehren in der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiterverfolgt worden. Diese Klage wäre wegen Verfristung ohnehin bereits unzulässig, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
In Bezug auf den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 28.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2019 ist die Klage unbegründet. Auch diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt (§ 153 Abs 2 SGG). Ergänzend sei noch auf Folgendes hingewiesen: Gemäß § 38 Abs 1 SGB V erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder § 41 die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Darüber hinaus erhalten Versicherte, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, auch dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Gemäß § 38 Abs 2 SGB V kann die Satzung bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Kann die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten (§ 38 Abs 4 SGB V).
Vorliegend scheitert ein Anspruch auf die Gewährung einer Haushaltshilfe als Sachleistung (Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 38 SGB V [Stand: 15.06.2020], Rn 38) für die Vergangenheit bereits daran, dass die Krankenkasse rückwirkend keine Sachleistung mehr erbringen, dh keine Haushaltshilfe mehr stellen kann. Aber auch eine Kostenerstattung nach § 38 Abs 4 SGB V für die Vergangenheit scheidet aus, da offensichtlich in der Vergangenheit keine Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe angefallen sind. Insofern kann offenbleiben, ob der Kläger unmittelbar nach seinem Unfall im Jahr 2014 einen Anspruch auf Bereitstellung einer Haushaltshilfe gehabt hätte. Für die Zukunft scheidet eine Versorgung mit einer Haushaltshilfe aus, weil der Kläger – wie Dr. K. vorgetragen hat – voll mobil ist und somit jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine schwere Erkrankung bzw keine akute Verschlimmerung einer Krankheit vorliegt, wie sie § 38 Abs 1 Satz 3 SGB V voraussetzt.
Soweit der Kläger im Übrigen Ansprüche nach unterschiedlichsten Gesetzen und Vorschriften aneinanderreiht und sich finanzielle Unterstützung erhofft, ist die Klage unzulässig. Aufgabe des LSG ist es, den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht zu prüfen (§ 157 SGG) und hier vor allem Bescheide von Sozialversicherungsträgern zu überprüfen (vgl §§ 54 Abs 1 SGG, 51 Abs 1 SGG). Liegen (noch) keine Bescheide der entsprechenden Behörden vor oder ist – wie hier in Bezug auf den Bescheid vom 17.02.2016 (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2019) – die Klagefrist abgelaufen, erfolgt auch durch das Gericht keine inhaltliche Prüfung (mehr). Sofern der Kläger somit Ansprüche gegen seine Kranken- oder Pflegeversicherung, das Jobcenter, das Versorgungsamt oder ähnliche Behörden durchsetzen will, muss er sich zunächst an die Behörde wenden und eine Entscheidung erwirken. Erst nach abgeschlossenem Verwaltungsverfahren ist der Rechtsweg innerhalb der Rechtsmittelfrist eröffnet.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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