Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 364/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1549/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 31.03.2020 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerinnen vom 19.03.2019 wird angeordnet. Die Antragsgegnerinnen tragen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Antragsteller war bis 16.02.2010 als Bezieher von Arbeitslosengeld II bei der Antragsgegnerin zu 1) gesetzlich krankenversichert. Anschließend war er nach eigenen Angaben nicht mehr krankenversichert. Am 28.11.2018 unterschrieb der Antragsteller einen Prüfbogen der Antragsgegnerinnen zur Feststellung der Anspruchsberechtigung auf Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Antragsgegnerinnen führten den Antragsteller daraufhin für die Zeit ab 17.02.2010 als versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V. Für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 und ab 01.06.2019 bestand bzw besteht Versicherungspflicht als Arbeitslosengeld II-Bezieher.
Die Antragsgegnerinnen kamen am 26.02.2019 ausweislich der Ausführungen in dem Formular "Niederschlagung/Erlass" (Bl 6 der Verwaltungsakte) zu dem Ergebnis, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 17.02.2010 bis 31.12.2013 verjährt seien und nicht angefordert werden könnten. Mit Schreiben vom selben Tag teilten sie dem Antragsteller mit, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Beitragsermäßigung für den im Schreiben selbst nicht näher bezeichneten, aber im beigefügten Vordruck einer Verzichtserklärung mit 01.01.2014 bis 31.10.2018 angegebenen Nacherhebungszeitraum möglich sei. Voraussetzungen sei, dass der Antragsteller auf seinen Leistungsanspruch in diesem Zeitraum verzichte. Der Antragsteller reagierte hierauf nicht.
Mit insgesamt sechs Bescheiden vom 19.03.2019 setzten die Antragsgegnerinnen jeweils für die Kalenderjahre 2014 bis einschließlich 2019 die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der Mindestbemessungsgrundlage fest, weil die monatlichen Einnahmen geringer seien als die Mindestbemessungsgrundlage. Mit Schreiben vom 24.05.2019 erinnerten sie den Antragsteller an offene Zahlungen. Der Rückstand setze sich zusammen aus Beiträge für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.10.2018 iHv 10.025,42 EUR, Säumniszuschlägen iHv 174 EUR (davon neu berechnete Säumniszuschläge iHv 87 EUR) sowie (Mahn-)Gebühren iHv 55 EUR. Es ergab sich ein Gesamtsaldo iHv 10.254,42 EUR. Eine weitere Aufschlüsselung der Beträge erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 25.06.2019 teilte das Hauptzollamt L. den Antragsgegnerinnen bezugnehmend auf ein Vollstreckungsersuchen/eine Vollstreckungsanordnung vom 24.05.2019 mit, die Vollstreckungsanordnung zurückzugeben, weil die Antragsgegnerinnen die Vollstreckung der Forderung schon mit einer anderen Vollstreckungsanordnung angeordnet hätten. Weiteren Schriftverkehr zur Vollstreckung von Beitragsforderungen enthält die Verwaltungsakte nicht.
Der Antragsteller erhob mit am 02.11.2019 per Fax eingegangenem Schreiben vom 28.10.2019 Widerspruch gegen die Beitragserhebung für die Jahre 2014 bis 2019. Er führte aus, bei einem Besuch der Geschäftsstelle sei ihm eröffnet worden, dass noch Beiträge für diese Jahre offen wären. Richtig sei jedoch, dass seitens der Antragsgegnerinnen ab dem Jahr 2010 eine Kündigung vorliege und von ihm am 28.11.2018 ein Vorvertrag abgeschlossen worden sei mit der eindeutigen Willenserklärung, dass bei den Antragsgegnerinnen eine gesetzliche Pflichtversicherung ab dem ersten Monat der Arbeitslosengeldzahlung laufen solle. Bei Verneinung dieses Sachverhalts komme kein Vertrag zustande. Es bestehe in Deutschland ein Rückwirkungsverbot. In den Jahren 2010 bis 2019 seien keine Beiträge verlangt worden, somit sei Gewohnheitsrecht entstanden. Er habe in den Jahren 2010 bis 2018 keinen Arztbesuch auf Kosten der D. getätigt und rückwärtsgewandt sei auch keiner mehr möglich. Es liege daher eine ungerechtfertigte Bereicherung vor. Ab dem Jahr 2018 sei er pflichtversichert, das JobCenter habe Beiträge abgeführt. Mit Schreiben vom 07.11.2019 teilten die Antragsgegnerinnen dem Antragsteller mit, das Fax nicht lesen zu können, er möge das Schreiben per Post übersenden. Eine Erinnerung erfolgte unter dem 06.02.2020.
Am 13.02.2020 hat der Antragsteller Klage (Az S 16 KR 426/20) zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zugleich den hiesigen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az S 16 KR 364/20) gestellt. Er hat "Vollstreckungsschutz" geltend gemacht und ausgeführt, die Antragsgegnerinnen würden ab 2014 Beiträge für eine nie abgeschlossene private freiwillige Versicherung erheben. Dies sei nicht korrekt, da er von 2014 bis November 2018 keinen Versicherungsschutz gehabt habe und die Antragsgegnerinnen die Versicherung ab 2010 gekündigt hätten. Es liege für die Zeit von 2014 bis November 2018 eine ungerechtfertigte Bereicherung vor. Für die Zeit ab November 2018 bestehe keine Forderung, da Beiträge für eine gesetzliche Versicherung flössen.
Die Antragsgegnerinnen haben geltend gemacht, es fehle am Anordnungsanspruch für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestünden. Ab dem 01.01.2014 bis 31.10.2018 sei die Beitragseinstufung nach der Beitragsbemessungsgrenze erfolgt. Die jeweiligen Bescheide seien am 19.03.2019 erlassen worden. Der Antragsteller habe entgegen seiner Behauptung die Einstufungsbescheide bereits postalisch am 19.03.2019 erhalten. Ein Postrückläufer wegen falscher Anschrift habe nicht verzeichnet werden können. Einen Zustellnachweis gebe es nicht. Aufgrund eines Kundenkontakts im Servicezentrum seien ihm die Bescheide am 02.10.2019 erneut ausgehändigt worden. Das begehrte Kündigungsschreiben aus dem Jahr 2010 könne aufgrund der verjährten Aufbewahrungsfrist nicht vorgelegt werden. Über das JobCenter M. sei für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 und 01.06.2019 eine Anmeldung zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V erfolgt und die Beiträge direkt an die Antragsgegnerin abgeführt worden. Das JobCenter M. habe erst am 10.04.2019 bzw 28.05.2019 für den Antragsteller Versicherungspflicht ab dem 01.11.2018 gemeldet. Die erfolgte Beitragseinstufung vom 19.03.2019 habe sich überschnitten. Der rückwirkende Arbeitslosengeld II-Bezug sei den Antragsgegnerinnen am 10.04.2019 bekannt geworden. Am 07.06.2019 habe sie nach dem Versicherungsverhältnis ab 01.05.2019 gefragt, nachdem am 28.05.2019 eine Arbeitslosengeld II-Abmeldung erfolgt sei. Ein Änderungs-/Aufhebungsbescheid zum Beitragsbescheid für das Jahr 2019 existiere nicht. Über das Hauptzollamt L. seien die Vollstreckungsmaßnahmen für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.10.2018 mit Bescheid vom 27.05.2019 eingeleitet worden. Es würden Ausdrucke über die maschinellen Protokolle zur eingeleiteten Vollstreckung beigefügt. Auf die Vollstreckung könne nicht verzichtet werden. Sobald ihnen ein lesbarer Widerspruch zugehe, würden sie ihn als Überprüfungsantrag werten.
Das SG hat mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass der Widerspruch am 02.11.2019 als fristgerecht anzusehen sei. Sollten sich die Antragsgegnerinnen dieser Auffassung nicht anschließen, sei ebenfalls über den Widerspruch zu entscheiden und ggf das Schreiben vom 02.11.2019 als Überprüfungsantrag zu werten. Sollte ein Absehen von der Zwangsvollstreckung nicht möglich sein, werde noch um Stellungnahme zu den Beitragsansprüchen aus dem Jahr 2014 gebeten, diese dürften zum Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung verjährt gewesen sein.
Mit Schreiben vom 17.03.2020 haben die Antragsgegnerinnen mitgeteilt, die Vollstreckungsmaßnahmen auszusetzen. Die Beiträge seien bis 30.11.2014 verjährt, da der Dezemberbeitrag im Januar 2015 fällig werden, die Beiträge seien ausgebucht worden. Sobald die Verzichtserklärung des Antragstellers vorliege, würden die Beiträge neu berechnet werden.
Mit Beschluss vom 31.03.2020 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mangels Rechtsschutzbedürfnisses ablehnt, weil die Antragsgegnerinnen erklärt haben, dass die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt werden. Gegen den am 02.04.2020 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 04.05.2020 (Montag) beim SG Beschwerde erhoben, die an das Landessozialgericht weitergeleitet worden ist. Der Antragsteller hat geltend gemacht, das SG habe nicht beachtet, dass die Antragsgegnerinnen Beiträge trotz ausgesprochener Kündigung haben wollten. Auch die darin zu sehende ungerechtfertigte Bereicherung sei nicht beachtet worden. Es liege culpa in contrahendo vor.
Die Antragsgegnerinnen haben anschließend im Klageverfahren S 16 KR 426/20 noch einen Bescheid vom 03.04.2020 vorgelegt. Hierin haben sie ausgeführt, den Widerspruch als Überprüfungsantrag zu werten. Für die Zeit vom 17.02.2010 bis 31.10.2018 habe eine versicherungspflichtige Mitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V bestanden, für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 habe Versicherungspflicht als Arbeitslosengeld II-Bezieher nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V bestanden, gleiches gelte für die Zeit vom 01.06.2019 bis laufend. Die Beiträge für die Zeit vom 17.02.2010 bis 31.12.2013 seien niedergeschlagen worden. Für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.10.2018 sei eine Beitragseinstufung nach der Mindestbemessungsgrundlage erfolgt, für den Zeitraum 01.01.2014 bis 30.11.2014 seien die Beiträge niedergeschlagen worden. Für die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.10.2018 seien die Beiträge noch offen. Die Verzichtserklärung habe der Antragsteller bisher nicht zurückgesandt. Die Beitragseinstufung für die Zeiträume ab 01.01.2014 sei am 19.03.2019 durch verschiedene Einstufungsbescheide erfolgt.
Im hiesigen Beschwerdeverfahren haben die Antragsgegnerinnen noch mitgeteilt, der Widerspruchsausschuss werde voraussichtlich in seiner Sitzung am 11.08.2020 entscheiden. Die Aussetzung der Vollziehung bleibe bis zur Erstellung eines rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheides bestehen. Bezugnehmend auf den von der Berichterstatterin geforderten Bescheid vom 27.05.2019 über die Einleitung der Zwangsvollstreckung haben die Antragsgegnerinnen mitgeteilt, die Vollstreckungen würden nur noch über ein maschinelles Meldeverfahren angestoßen, und auf Bl. 21 der Verwaltungsakte verwiesen, das mit "Partnerkonto anzeigen – Vollstreckungen ( Konto suchen" überschrieben und als "Arbeitsversion" gekennzeichnet ist. Die Antragsgegnerinnen haben ein Schreiben des Hauptzollamts L. vom 19.03.2020 vorgelegt, in dem in Bezug auf das Vollstreckungsersuchen/Vollstreckungsanordnung vom 24.05.2019 mitgeteilt worden ist, dass die Antragsgegnerinnen dies zurückgenommen hätten.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 31.03.2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide vom 19.03.2019 anzuordnen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Antragsgegnerinnen sowie die Akten des Beschwerdeverfahrens als auch die Akten des Sozialgerichts Mannheim zum Klageverfahren Az S 16 KR 426/20 als auch zum Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Az S 16 KR 364/20 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
Der Senat entscheidet durch Beschluss (§ 176 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )). Eine mündliche Verhandlung wird nicht für erforderlich gehalten (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 3 SGG). Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) und auch ansonsten nach § 172 SGG statthafte Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet.
Das Passivrubrum war dahin zu berichtigen, dass nicht nur die Antragsgegnerin zu 1), sondern auch die Antragsgegnerin zu 2) Beteiligte des Rechtsstreits ist (§ 69 Nr 2 SGG). Der Antragsteller hat sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gewandt. Der Senat geht daher davon aus, dass sich der Antragsteller auch gegen die Antragsgegnerin zu 2) wendet. Es kann daher offen bleiben, ob die Bescheide vom 19.03.2019 im Namen der Pflegekasse ergangen sind (vgl § 46 Abs 2 Sätze 4, 5 Sozialgesetzbuch Elftes Buch ( SGB XI )). Zwar hat die Antragsgegnerin zu 1) in ihrem Hinweisblatt (Blatt 15 der Verwaltungsakte) im letzten Absatz ausgeführt, den Bescheid auch im Namen der Pflegekasse zu zu erstellen. Ob jedem Bescheid vom 19.03.2019 ein Exemplar beigefügt worden ist, lässt sich jedoch nicht ersehen und bedarf weiterer Aufklärung. Dafür spricht, dass das Hinweisblatt die Paginierung "Seite 3/4" und "Seite 4/4" trägt, während die Bescheide jeweils gekennzeichnet sind mit "Seite 1/4" und "Seite 2/4". Allerdings befindet sich in der Verwaltungsakte lediglich ein Exemplar dieser Hinweise, abgeheftet nach dem Bescheid vom 19.03.2019 über die Beiträge für das Jahr 2019. Die Erteilung eines einzigen Hinweisschreibens würde angesichts der darin enthaltenen Bezugnahme auf einen einzigen Bescheid ("Wir erstellen diesen Bescheid auch im Namen der D.-Pflegekasse.") nicht genügen.
Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; 31.07.2015, L 11 R 2693/15 ER-B, juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Grundsätzlich fehlt es zwar an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen einen Beitragsbescheid, wenn sich der jeweilige Antragsgegner bereit erklärt, den Vollzug der Beitragsforderung auszusetzen, sodass aktuell und in näherer Zukunft kein Vollzug der streitgegenständlichen Beitragsforderung und Säumniszuschläge droht (Senatsbeschlüsse vom 31.07.2015, L 11 R 2693/15 ER-B; vom 29.08.2018, L 11 KR 2686/18 ER-B). Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.
Die Antragsgegnerinnen haben sich lediglich bereit erklärt, die Vollziehung bis zur Erstellung eines rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheides (nicht einmal bis zur Bekanntgabe) auszusetzen. Da der Widerspruchsausschuss nach Angaben der Antragsgegnerinnen voraussichtlich am 11.08.2020 entscheiden wird, ist in näherer Zukunft mit einem Vollzug der streitgegenständlichen Forderung nebst Säumniszuschlägen zu rechnen. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerinnen in der Vergangenheit bereits einen Vollstreckungsauftrag erteilt haben, der vom Hauptzollamt zurückgegeben werden musste, weil die Antragsgegnerinnen selbst bereits wegen derselben Forderung einen Vollstreckungsauftrag erteilt haben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Vollziehung unterbleiben wird.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch nicht deshalb, weil die Bescheide von 19.03.2019 bestandskräftig wären. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller fristgerecht Widerspruch erhoben hat. Der Antragsteller hat angegeben, die Bescheide vom 19.03.2019 erst am 02.10.2019 anlässlich einer Vorsprache im Kundencenter erhalten zu haben. Ein früherer Zugang und damit eine frühere Bekanntgabe (§ 37 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB X )) ist nicht nachgewiesen. Ein Absendevermerk befindet sich auf den in der Verwaltungsakte enthaltenen Abschriften nicht, ein fehlender postalischer Rücklauf genügt nicht (LSG Rheinland-Pfalz 25.08.2009, L 1 AL 18/09, juris Rn 23) für die Annahme des im Zweifel von der Behörde zu beweisenden Zugangs (vgl BSG 26.07.2007, B 13 R 4/06 R, SozR 4-2600 § 115 Nr 2 = juris Rn 19 ff). Da der Widerspruch des Antragstellers am 02.11.2019 bei den Antragsgegnerinnen eingegangen ist, wurde die einmonatige Widerspruchsfrist (§ 84 Abs 1 Satz 1 SGG) gewahrt. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob die Monatsfrist gilt. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist ebenfalls in dem Hinweisblatt im letzten Absatz unter "Rechtliche Hinweise" enthalten. Es ist aber – wie bereits dargelegt – nicht ersichtlich, ob dieses Hinweisblatt jedem Bescheid beigefügt worden ist und ob der Antragsteller jeweils über die Monatsfrist belehrt worden ist.
Auch inhaltlich liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung vor, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide vom 19.03.2020 bestehen. Die Rechtswidrigkeit der Bescheide ergibt sich schon daraus, dass die Antragsgegnerinnen weiterhin Beiträge für die Jahre 2014 bis 2019 vollständig verlangen, da eine (teilweise) Aufhebung nicht erfolgt ist, obwohl teilweise Verjährung eingetreten ist und Beiträge durch das JobCenter gezahlt worden sind. Wie die Antragsgegnerinnen eingestanden haben, ist für die Zeit bis 30.11.2014 bereits Verjährung gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) eingetreten. Auch wurde der Bescheid in Bezug auf das Jahr 2019 nicht, auch nicht teilweise aufgehoben, obwohl das JobCenter die Beiträge entrichtet. Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass dem Antragsteller die Bescheide entgegengehalten werden. Daran ändert es nichts, dass die Antragsgegnerinnen die Bescheide als "Einstufungsbescheide" bezeichnen und damit den Anschein erwecken, es ginge hiermit noch keine Beitragsforderung einher. Aus dem Wortlaut der Bescheide ergibt sich eindeutig, dass mit ihnen eine Zahlungspflicht verbunden sein soll. Der Antragsteller wurde jeweils aufgefordert, die Beiträge zu entrichten. Einen weiteren Bescheid, der die zu zahlenden Beiträge auflistet, die Gesamtsumme nachvollziehbar erläutert und damit Grundlage für einen Zahlungsanspruch sein könnte, befindet sich nicht in der Verwaltungsakte und wurde auch auf Nachfrage von den Antragsgegnerinnen nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom 24.05.2019 haben die Antragsgegnerinnen an offene Zahlungen erinnert, sodass sie mangels anderweitiger Bescheide wohl auch selbst davon ausgehen, dass die Bescheide vom 19.03.2019 eine Zahlungspflicht begründen.
Auch mit dem im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bescheid vom 03.04.2020 wurden die Bescheide vom 19.03.2019 nicht aufgehoben oder abgeändert. Es wurde lediglich mitgeteilt, wie die Beitragseinstufungen erfolgt sind und welche Beiträge niedergeschlagen worden sind. Zwar wurde mit Bescheid vom 04.03.2020 mitgeteilt, die geltend gemachten Ansprüche für die Zeit vom 17.02.2010 bis 30.11.2014 seien niedergeschlagen worden. Da aber die Niederschlagung die Durchsetzbarkeit der Forderung nicht berührt und es sich nur um eine verwaltungsinterne Maßnahme handelt (von Boetticher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 76 SGB IV (Stand: 01.03.2016), Rn 31), ändert dies inhaltlich nichts an den Bescheiden vom 19.03.2019 und es bleibt weiterhin bei der teilweisen Rechtswidrigkeit. Vielmehr müssten insoweit die Bescheide vom 19.03.2019 aufgehoben werden, weil die Ansprüche verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar sind (vgl hierzu LSG Rheinland-Pfalz,15.08.2018, L 6 AS 152/18, juris Rn 19 ff).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in seinem Widerspruchsschreiben mitgeteilt hat, in den Jahren 2010 bis 2018 keinen Arztbesuch auf Kosten der D. getätigt zu haben und rückwärtsgewandt sei auch keiner mehr möglich. Hierin könnte – was im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Entscheidung bedarf – die von den Antragsgegnerinnen geforderte Verzichtserklärung für die Entscheidung über eine Beitragsermäßigung (§ 256a SGB V iVm den Einheitlichen Grundsätzen zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden des GKV-Spitzenverbandes) zu sehen sein, sodass sich auch hieraus erhebliche Anhaltspunkte für einen Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache ergeben.
Nach alledem ist daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide anzuordnen. Sofern der Antragsteller die Klage S 16 KR 426/20 aufrecht erhalten haben sollte, wird der Widerspruchsbescheid Gegenstand des Klageverfahrens, sodass es keiner weiteren Handlungen mehr bedarf, um die aufschiebende Wirkung auch für das Klageverfahren aufrecht zu erhalten. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung im hiesigen Beschluss entfaltet Wirkung über den Zeitpunkt der Klageerhebung hinaus. Die durch Beschluss angeordnete aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dauert, wenn das Gericht sie nicht befristet, bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts/Hauptsacheentscheidung an (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Saarland, 12.03.2019, L 1 R 7/18 B ER, juris Rn 21; LSG Berlin-Brandenburg, 13.09.2019, L 1 BA 75/19 B ER, juris Rn. 16; LSG Baden-Württemberg, 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris Rn 16). Die aufschiebende Wirkung endet nicht mit dessen Zurückweisung durch Widerspruchsbescheid und muss nicht für die Phase des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens neu begründet werden (so aber Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 86b SGG (Stand: 15.06.2020), Rn 216). Andernfalls könnte in der Zeit zwischen Erlass des Widerspruchsbescheids und Klageerhebung eine Rechtsschutzlücke entstehen, die mit dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar wäre. Wenn sich aus dem Widerspruchsbescheid ggf neue rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte ergeben (vgl Burkiczak aaO), sind die Antragsgegnerinnen nicht gehindert, einen Antrag auf Abänderung der Entscheidung gemäß § 86b Abs 1 Satz 4 SGG zu stellen. Sollte der Antragsteller zwischenzeitlich die Klage zurückgenommen haben, bleibt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für ein sich anschließendes Klageverfahren aufrechterhalten, soweit der Kläger Klage erhebt.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Voraussetzung für die Einleitung der Verwaltungsvollstreckung ua ein Leistungsbescheid ist, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (§ 3 Abs 2 Buchst a) Verwaltungsvollstreckungsgesetz - VwVG). Bei einem Leistungsbescheid handelt es sich um eine Aufstellung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge, mit der der Adressat zur Zahlung des Saldos aufgefordert wird (vgl BGH 25.02.2016, V ZB 25/15, MDR 2016, 751). Ein solcher Bescheid wurde nicht vorgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Antragsteller war bis 16.02.2010 als Bezieher von Arbeitslosengeld II bei der Antragsgegnerin zu 1) gesetzlich krankenversichert. Anschließend war er nach eigenen Angaben nicht mehr krankenversichert. Am 28.11.2018 unterschrieb der Antragsteller einen Prüfbogen der Antragsgegnerinnen zur Feststellung der Anspruchsberechtigung auf Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Antragsgegnerinnen führten den Antragsteller daraufhin für die Zeit ab 17.02.2010 als versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V. Für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 und ab 01.06.2019 bestand bzw besteht Versicherungspflicht als Arbeitslosengeld II-Bezieher.
Die Antragsgegnerinnen kamen am 26.02.2019 ausweislich der Ausführungen in dem Formular "Niederschlagung/Erlass" (Bl 6 der Verwaltungsakte) zu dem Ergebnis, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 17.02.2010 bis 31.12.2013 verjährt seien und nicht angefordert werden könnten. Mit Schreiben vom selben Tag teilten sie dem Antragsteller mit, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Beitragsermäßigung für den im Schreiben selbst nicht näher bezeichneten, aber im beigefügten Vordruck einer Verzichtserklärung mit 01.01.2014 bis 31.10.2018 angegebenen Nacherhebungszeitraum möglich sei. Voraussetzungen sei, dass der Antragsteller auf seinen Leistungsanspruch in diesem Zeitraum verzichte. Der Antragsteller reagierte hierauf nicht.
Mit insgesamt sechs Bescheiden vom 19.03.2019 setzten die Antragsgegnerinnen jeweils für die Kalenderjahre 2014 bis einschließlich 2019 die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der Mindestbemessungsgrundlage fest, weil die monatlichen Einnahmen geringer seien als die Mindestbemessungsgrundlage. Mit Schreiben vom 24.05.2019 erinnerten sie den Antragsteller an offene Zahlungen. Der Rückstand setze sich zusammen aus Beiträge für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.10.2018 iHv 10.025,42 EUR, Säumniszuschlägen iHv 174 EUR (davon neu berechnete Säumniszuschläge iHv 87 EUR) sowie (Mahn-)Gebühren iHv 55 EUR. Es ergab sich ein Gesamtsaldo iHv 10.254,42 EUR. Eine weitere Aufschlüsselung der Beträge erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 25.06.2019 teilte das Hauptzollamt L. den Antragsgegnerinnen bezugnehmend auf ein Vollstreckungsersuchen/eine Vollstreckungsanordnung vom 24.05.2019 mit, die Vollstreckungsanordnung zurückzugeben, weil die Antragsgegnerinnen die Vollstreckung der Forderung schon mit einer anderen Vollstreckungsanordnung angeordnet hätten. Weiteren Schriftverkehr zur Vollstreckung von Beitragsforderungen enthält die Verwaltungsakte nicht.
Der Antragsteller erhob mit am 02.11.2019 per Fax eingegangenem Schreiben vom 28.10.2019 Widerspruch gegen die Beitragserhebung für die Jahre 2014 bis 2019. Er führte aus, bei einem Besuch der Geschäftsstelle sei ihm eröffnet worden, dass noch Beiträge für diese Jahre offen wären. Richtig sei jedoch, dass seitens der Antragsgegnerinnen ab dem Jahr 2010 eine Kündigung vorliege und von ihm am 28.11.2018 ein Vorvertrag abgeschlossen worden sei mit der eindeutigen Willenserklärung, dass bei den Antragsgegnerinnen eine gesetzliche Pflichtversicherung ab dem ersten Monat der Arbeitslosengeldzahlung laufen solle. Bei Verneinung dieses Sachverhalts komme kein Vertrag zustande. Es bestehe in Deutschland ein Rückwirkungsverbot. In den Jahren 2010 bis 2019 seien keine Beiträge verlangt worden, somit sei Gewohnheitsrecht entstanden. Er habe in den Jahren 2010 bis 2018 keinen Arztbesuch auf Kosten der D. getätigt und rückwärtsgewandt sei auch keiner mehr möglich. Es liege daher eine ungerechtfertigte Bereicherung vor. Ab dem Jahr 2018 sei er pflichtversichert, das JobCenter habe Beiträge abgeführt. Mit Schreiben vom 07.11.2019 teilten die Antragsgegnerinnen dem Antragsteller mit, das Fax nicht lesen zu können, er möge das Schreiben per Post übersenden. Eine Erinnerung erfolgte unter dem 06.02.2020.
Am 13.02.2020 hat der Antragsteller Klage (Az S 16 KR 426/20) zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zugleich den hiesigen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az S 16 KR 364/20) gestellt. Er hat "Vollstreckungsschutz" geltend gemacht und ausgeführt, die Antragsgegnerinnen würden ab 2014 Beiträge für eine nie abgeschlossene private freiwillige Versicherung erheben. Dies sei nicht korrekt, da er von 2014 bis November 2018 keinen Versicherungsschutz gehabt habe und die Antragsgegnerinnen die Versicherung ab 2010 gekündigt hätten. Es liege für die Zeit von 2014 bis November 2018 eine ungerechtfertigte Bereicherung vor. Für die Zeit ab November 2018 bestehe keine Forderung, da Beiträge für eine gesetzliche Versicherung flössen.
Die Antragsgegnerinnen haben geltend gemacht, es fehle am Anordnungsanspruch für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestünden. Ab dem 01.01.2014 bis 31.10.2018 sei die Beitragseinstufung nach der Beitragsbemessungsgrenze erfolgt. Die jeweiligen Bescheide seien am 19.03.2019 erlassen worden. Der Antragsteller habe entgegen seiner Behauptung die Einstufungsbescheide bereits postalisch am 19.03.2019 erhalten. Ein Postrückläufer wegen falscher Anschrift habe nicht verzeichnet werden können. Einen Zustellnachweis gebe es nicht. Aufgrund eines Kundenkontakts im Servicezentrum seien ihm die Bescheide am 02.10.2019 erneut ausgehändigt worden. Das begehrte Kündigungsschreiben aus dem Jahr 2010 könne aufgrund der verjährten Aufbewahrungsfrist nicht vorgelegt werden. Über das JobCenter M. sei für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 und 01.06.2019 eine Anmeldung zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V erfolgt und die Beiträge direkt an die Antragsgegnerin abgeführt worden. Das JobCenter M. habe erst am 10.04.2019 bzw 28.05.2019 für den Antragsteller Versicherungspflicht ab dem 01.11.2018 gemeldet. Die erfolgte Beitragseinstufung vom 19.03.2019 habe sich überschnitten. Der rückwirkende Arbeitslosengeld II-Bezug sei den Antragsgegnerinnen am 10.04.2019 bekannt geworden. Am 07.06.2019 habe sie nach dem Versicherungsverhältnis ab 01.05.2019 gefragt, nachdem am 28.05.2019 eine Arbeitslosengeld II-Abmeldung erfolgt sei. Ein Änderungs-/Aufhebungsbescheid zum Beitragsbescheid für das Jahr 2019 existiere nicht. Über das Hauptzollamt L. seien die Vollstreckungsmaßnahmen für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.10.2018 mit Bescheid vom 27.05.2019 eingeleitet worden. Es würden Ausdrucke über die maschinellen Protokolle zur eingeleiteten Vollstreckung beigefügt. Auf die Vollstreckung könne nicht verzichtet werden. Sobald ihnen ein lesbarer Widerspruch zugehe, würden sie ihn als Überprüfungsantrag werten.
Das SG hat mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass der Widerspruch am 02.11.2019 als fristgerecht anzusehen sei. Sollten sich die Antragsgegnerinnen dieser Auffassung nicht anschließen, sei ebenfalls über den Widerspruch zu entscheiden und ggf das Schreiben vom 02.11.2019 als Überprüfungsantrag zu werten. Sollte ein Absehen von der Zwangsvollstreckung nicht möglich sein, werde noch um Stellungnahme zu den Beitragsansprüchen aus dem Jahr 2014 gebeten, diese dürften zum Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung verjährt gewesen sein.
Mit Schreiben vom 17.03.2020 haben die Antragsgegnerinnen mitgeteilt, die Vollstreckungsmaßnahmen auszusetzen. Die Beiträge seien bis 30.11.2014 verjährt, da der Dezemberbeitrag im Januar 2015 fällig werden, die Beiträge seien ausgebucht worden. Sobald die Verzichtserklärung des Antragstellers vorliege, würden die Beiträge neu berechnet werden.
Mit Beschluss vom 31.03.2020 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mangels Rechtsschutzbedürfnisses ablehnt, weil die Antragsgegnerinnen erklärt haben, dass die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt werden. Gegen den am 02.04.2020 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 04.05.2020 (Montag) beim SG Beschwerde erhoben, die an das Landessozialgericht weitergeleitet worden ist. Der Antragsteller hat geltend gemacht, das SG habe nicht beachtet, dass die Antragsgegnerinnen Beiträge trotz ausgesprochener Kündigung haben wollten. Auch die darin zu sehende ungerechtfertigte Bereicherung sei nicht beachtet worden. Es liege culpa in contrahendo vor.
Die Antragsgegnerinnen haben anschließend im Klageverfahren S 16 KR 426/20 noch einen Bescheid vom 03.04.2020 vorgelegt. Hierin haben sie ausgeführt, den Widerspruch als Überprüfungsantrag zu werten. Für die Zeit vom 17.02.2010 bis 31.10.2018 habe eine versicherungspflichtige Mitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V bestanden, für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 habe Versicherungspflicht als Arbeitslosengeld II-Bezieher nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V bestanden, gleiches gelte für die Zeit vom 01.06.2019 bis laufend. Die Beiträge für die Zeit vom 17.02.2010 bis 31.12.2013 seien niedergeschlagen worden. Für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.10.2018 sei eine Beitragseinstufung nach der Mindestbemessungsgrundlage erfolgt, für den Zeitraum 01.01.2014 bis 30.11.2014 seien die Beiträge niedergeschlagen worden. Für die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.10.2018 seien die Beiträge noch offen. Die Verzichtserklärung habe der Antragsteller bisher nicht zurückgesandt. Die Beitragseinstufung für die Zeiträume ab 01.01.2014 sei am 19.03.2019 durch verschiedene Einstufungsbescheide erfolgt.
Im hiesigen Beschwerdeverfahren haben die Antragsgegnerinnen noch mitgeteilt, der Widerspruchsausschuss werde voraussichtlich in seiner Sitzung am 11.08.2020 entscheiden. Die Aussetzung der Vollziehung bleibe bis zur Erstellung eines rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheides bestehen. Bezugnehmend auf den von der Berichterstatterin geforderten Bescheid vom 27.05.2019 über die Einleitung der Zwangsvollstreckung haben die Antragsgegnerinnen mitgeteilt, die Vollstreckungen würden nur noch über ein maschinelles Meldeverfahren angestoßen, und auf Bl. 21 der Verwaltungsakte verwiesen, das mit "Partnerkonto anzeigen – Vollstreckungen ( Konto suchen" überschrieben und als "Arbeitsversion" gekennzeichnet ist. Die Antragsgegnerinnen haben ein Schreiben des Hauptzollamts L. vom 19.03.2020 vorgelegt, in dem in Bezug auf das Vollstreckungsersuchen/Vollstreckungsanordnung vom 24.05.2019 mitgeteilt worden ist, dass die Antragsgegnerinnen dies zurückgenommen hätten.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 31.03.2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide vom 19.03.2019 anzuordnen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Antragsgegnerinnen sowie die Akten des Beschwerdeverfahrens als auch die Akten des Sozialgerichts Mannheim zum Klageverfahren Az S 16 KR 426/20 als auch zum Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Az S 16 KR 364/20 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
Der Senat entscheidet durch Beschluss (§ 176 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )). Eine mündliche Verhandlung wird nicht für erforderlich gehalten (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 3 SGG). Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) und auch ansonsten nach § 172 SGG statthafte Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet.
Das Passivrubrum war dahin zu berichtigen, dass nicht nur die Antragsgegnerin zu 1), sondern auch die Antragsgegnerin zu 2) Beteiligte des Rechtsstreits ist (§ 69 Nr 2 SGG). Der Antragsteller hat sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gewandt. Der Senat geht daher davon aus, dass sich der Antragsteller auch gegen die Antragsgegnerin zu 2) wendet. Es kann daher offen bleiben, ob die Bescheide vom 19.03.2019 im Namen der Pflegekasse ergangen sind (vgl § 46 Abs 2 Sätze 4, 5 Sozialgesetzbuch Elftes Buch ( SGB XI )). Zwar hat die Antragsgegnerin zu 1) in ihrem Hinweisblatt (Blatt 15 der Verwaltungsakte) im letzten Absatz ausgeführt, den Bescheid auch im Namen der Pflegekasse zu zu erstellen. Ob jedem Bescheid vom 19.03.2019 ein Exemplar beigefügt worden ist, lässt sich jedoch nicht ersehen und bedarf weiterer Aufklärung. Dafür spricht, dass das Hinweisblatt die Paginierung "Seite 3/4" und "Seite 4/4" trägt, während die Bescheide jeweils gekennzeichnet sind mit "Seite 1/4" und "Seite 2/4". Allerdings befindet sich in der Verwaltungsakte lediglich ein Exemplar dieser Hinweise, abgeheftet nach dem Bescheid vom 19.03.2019 über die Beiträge für das Jahr 2019. Die Erteilung eines einzigen Hinweisschreibens würde angesichts der darin enthaltenen Bezugnahme auf einen einzigen Bescheid ("Wir erstellen diesen Bescheid auch im Namen der D.-Pflegekasse.") nicht genügen.
Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; 31.07.2015, L 11 R 2693/15 ER-B, juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Grundsätzlich fehlt es zwar an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen einen Beitragsbescheid, wenn sich der jeweilige Antragsgegner bereit erklärt, den Vollzug der Beitragsforderung auszusetzen, sodass aktuell und in näherer Zukunft kein Vollzug der streitgegenständlichen Beitragsforderung und Säumniszuschläge droht (Senatsbeschlüsse vom 31.07.2015, L 11 R 2693/15 ER-B; vom 29.08.2018, L 11 KR 2686/18 ER-B). Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.
Die Antragsgegnerinnen haben sich lediglich bereit erklärt, die Vollziehung bis zur Erstellung eines rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheides (nicht einmal bis zur Bekanntgabe) auszusetzen. Da der Widerspruchsausschuss nach Angaben der Antragsgegnerinnen voraussichtlich am 11.08.2020 entscheiden wird, ist in näherer Zukunft mit einem Vollzug der streitgegenständlichen Forderung nebst Säumniszuschlägen zu rechnen. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerinnen in der Vergangenheit bereits einen Vollstreckungsauftrag erteilt haben, der vom Hauptzollamt zurückgegeben werden musste, weil die Antragsgegnerinnen selbst bereits wegen derselben Forderung einen Vollstreckungsauftrag erteilt haben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Vollziehung unterbleiben wird.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch nicht deshalb, weil die Bescheide von 19.03.2019 bestandskräftig wären. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller fristgerecht Widerspruch erhoben hat. Der Antragsteller hat angegeben, die Bescheide vom 19.03.2019 erst am 02.10.2019 anlässlich einer Vorsprache im Kundencenter erhalten zu haben. Ein früherer Zugang und damit eine frühere Bekanntgabe (§ 37 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB X )) ist nicht nachgewiesen. Ein Absendevermerk befindet sich auf den in der Verwaltungsakte enthaltenen Abschriften nicht, ein fehlender postalischer Rücklauf genügt nicht (LSG Rheinland-Pfalz 25.08.2009, L 1 AL 18/09, juris Rn 23) für die Annahme des im Zweifel von der Behörde zu beweisenden Zugangs (vgl BSG 26.07.2007, B 13 R 4/06 R, SozR 4-2600 § 115 Nr 2 = juris Rn 19 ff). Da der Widerspruch des Antragstellers am 02.11.2019 bei den Antragsgegnerinnen eingegangen ist, wurde die einmonatige Widerspruchsfrist (§ 84 Abs 1 Satz 1 SGG) gewahrt. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob die Monatsfrist gilt. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist ebenfalls in dem Hinweisblatt im letzten Absatz unter "Rechtliche Hinweise" enthalten. Es ist aber – wie bereits dargelegt – nicht ersichtlich, ob dieses Hinweisblatt jedem Bescheid beigefügt worden ist und ob der Antragsteller jeweils über die Monatsfrist belehrt worden ist.
Auch inhaltlich liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung vor, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide vom 19.03.2020 bestehen. Die Rechtswidrigkeit der Bescheide ergibt sich schon daraus, dass die Antragsgegnerinnen weiterhin Beiträge für die Jahre 2014 bis 2019 vollständig verlangen, da eine (teilweise) Aufhebung nicht erfolgt ist, obwohl teilweise Verjährung eingetreten ist und Beiträge durch das JobCenter gezahlt worden sind. Wie die Antragsgegnerinnen eingestanden haben, ist für die Zeit bis 30.11.2014 bereits Verjährung gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) eingetreten. Auch wurde der Bescheid in Bezug auf das Jahr 2019 nicht, auch nicht teilweise aufgehoben, obwohl das JobCenter die Beiträge entrichtet. Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass dem Antragsteller die Bescheide entgegengehalten werden. Daran ändert es nichts, dass die Antragsgegnerinnen die Bescheide als "Einstufungsbescheide" bezeichnen und damit den Anschein erwecken, es ginge hiermit noch keine Beitragsforderung einher. Aus dem Wortlaut der Bescheide ergibt sich eindeutig, dass mit ihnen eine Zahlungspflicht verbunden sein soll. Der Antragsteller wurde jeweils aufgefordert, die Beiträge zu entrichten. Einen weiteren Bescheid, der die zu zahlenden Beiträge auflistet, die Gesamtsumme nachvollziehbar erläutert und damit Grundlage für einen Zahlungsanspruch sein könnte, befindet sich nicht in der Verwaltungsakte und wurde auch auf Nachfrage von den Antragsgegnerinnen nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom 24.05.2019 haben die Antragsgegnerinnen an offene Zahlungen erinnert, sodass sie mangels anderweitiger Bescheide wohl auch selbst davon ausgehen, dass die Bescheide vom 19.03.2019 eine Zahlungspflicht begründen.
Auch mit dem im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bescheid vom 03.04.2020 wurden die Bescheide vom 19.03.2019 nicht aufgehoben oder abgeändert. Es wurde lediglich mitgeteilt, wie die Beitragseinstufungen erfolgt sind und welche Beiträge niedergeschlagen worden sind. Zwar wurde mit Bescheid vom 04.03.2020 mitgeteilt, die geltend gemachten Ansprüche für die Zeit vom 17.02.2010 bis 30.11.2014 seien niedergeschlagen worden. Da aber die Niederschlagung die Durchsetzbarkeit der Forderung nicht berührt und es sich nur um eine verwaltungsinterne Maßnahme handelt (von Boetticher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 76 SGB IV (Stand: 01.03.2016), Rn 31), ändert dies inhaltlich nichts an den Bescheiden vom 19.03.2019 und es bleibt weiterhin bei der teilweisen Rechtswidrigkeit. Vielmehr müssten insoweit die Bescheide vom 19.03.2019 aufgehoben werden, weil die Ansprüche verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar sind (vgl hierzu LSG Rheinland-Pfalz,15.08.2018, L 6 AS 152/18, juris Rn 19 ff).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in seinem Widerspruchsschreiben mitgeteilt hat, in den Jahren 2010 bis 2018 keinen Arztbesuch auf Kosten der D. getätigt zu haben und rückwärtsgewandt sei auch keiner mehr möglich. Hierin könnte – was im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Entscheidung bedarf – die von den Antragsgegnerinnen geforderte Verzichtserklärung für die Entscheidung über eine Beitragsermäßigung (§ 256a SGB V iVm den Einheitlichen Grundsätzen zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden des GKV-Spitzenverbandes) zu sehen sein, sodass sich auch hieraus erhebliche Anhaltspunkte für einen Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache ergeben.
Nach alledem ist daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide anzuordnen. Sofern der Antragsteller die Klage S 16 KR 426/20 aufrecht erhalten haben sollte, wird der Widerspruchsbescheid Gegenstand des Klageverfahrens, sodass es keiner weiteren Handlungen mehr bedarf, um die aufschiebende Wirkung auch für das Klageverfahren aufrecht zu erhalten. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung im hiesigen Beschluss entfaltet Wirkung über den Zeitpunkt der Klageerhebung hinaus. Die durch Beschluss angeordnete aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dauert, wenn das Gericht sie nicht befristet, bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts/Hauptsacheentscheidung an (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Saarland, 12.03.2019, L 1 R 7/18 B ER, juris Rn 21; LSG Berlin-Brandenburg, 13.09.2019, L 1 BA 75/19 B ER, juris Rn. 16; LSG Baden-Württemberg, 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris Rn 16). Die aufschiebende Wirkung endet nicht mit dessen Zurückweisung durch Widerspruchsbescheid und muss nicht für die Phase des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens neu begründet werden (so aber Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 86b SGG (Stand: 15.06.2020), Rn 216). Andernfalls könnte in der Zeit zwischen Erlass des Widerspruchsbescheids und Klageerhebung eine Rechtsschutzlücke entstehen, die mit dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar wäre. Wenn sich aus dem Widerspruchsbescheid ggf neue rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte ergeben (vgl Burkiczak aaO), sind die Antragsgegnerinnen nicht gehindert, einen Antrag auf Abänderung der Entscheidung gemäß § 86b Abs 1 Satz 4 SGG zu stellen. Sollte der Antragsteller zwischenzeitlich die Klage zurückgenommen haben, bleibt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für ein sich anschließendes Klageverfahren aufrechterhalten, soweit der Kläger Klage erhebt.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Voraussetzung für die Einleitung der Verwaltungsvollstreckung ua ein Leistungsbescheid ist, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (§ 3 Abs 2 Buchst a) Verwaltungsvollstreckungsgesetz - VwVG). Bei einem Leistungsbescheid handelt es sich um eine Aufstellung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge, mit der der Adressat zur Zahlung des Saldos aufgefordert wird (vgl BGH 25.02.2016, V ZB 25/15, MDR 2016, 751). Ein solcher Bescheid wurde nicht vorgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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