L 11 KR 547/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 48/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 547/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.01.2020/13.01.2020 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Mahngebühren und Säumniszuschlägen.

Der Kläger war bis 31.07.2018 bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert. Mit Bescheid vom 17.05.2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die eingereichte Lastschrift für die Zahlung der Beiträge sei ihrem Konto nicht gutgeschrieben worden. Aufgrund der Rücklastschrift müsse sie Säumniszuschläge in Höhe von 1,50 EUR berechnen. Dem Bescheid fügte die Beklagte eine Forderungsübersicht bei, wonach der Mitgliedsbeitrag für April 2018 in Höhe von 177,63 EUR offen war sowie eine Mahngebühr für April 2018 in Höhe von 5,00 EUR, Säumniszuschläge in Höhe von 1,50 EUR und eine weitere Gebühr aufgrund der Rücklastschrift in Höhe von 3,00 EUR. Die mit dem Bescheid von der Beklagten geltend gemachten Gebühren beliefen sich somit auf insgesamt 9,50 EUR.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 24.05.2018 Widerspruch ein, soweit die Beklagte Säumniszuschläge erhoben habe. Zur Begründung führte er aus, das Geldinstitut führe ggf belastende Buchungen nicht aus, um ihn mit Rücklastgebühren zu belasten. Es sei der Schluss zu ziehen, dass er genötigt werden solle, das Konto zu kündigen. Da er weiterhin belastendes Material gegen die Bank sammle, habe er diesen Vorgang bislang nicht abschließen können. Daher gestehe er der Beklagten nur die Rücklastgebühr zu. Seinem Widerspruchsschreiben fügte der Kläger außerdem ein ausgefülltes SEPA-Lastschriftmandat bei.

Mit Bescheid vom 19.06.2018 teilte die Beklagte dem Kläger einen Forderungsrückstand in Höhe von 372,76 EUR mit. Dieser setzte sich aus den Mitgliedsbeiträgen für April und Mai 2018 in Höhe von jeweils 177,63 EUR, Mahngebühren für April und Mai 2018 in Höhe von jeweils 5,00 EUR, einer Rücklastschriftgebühr in Höhe von 3,00 EUR und Säumniszuschlägen für April 2018 in Höhe von 3,00 EUR und für Mai 2018 in Höhe von 1,50 EUR zusammen. Zur Begründung des hiergegen am 10.07.2018 eingelegten Widerspruchs führt der Kläger aus, die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, die fälligen Beiträge von seinem Konto abzubuchen. Da sie diese nicht genutzt habe, sei er nicht in Verzug.

Mit Bescheid vom 19.07.2018 teilte die Beklagte dem Kläger den Gesamtrückstand in Höhe von 559,89 EUR mit und setzte Mahngebühren in Höhe von 5,00 EUR für Juni 2018 und weitere Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 4,50 EUR für April bis Juni 2018 fest. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch vom 14.08.2018 wiederholte der Kläger im Wesentlichen seine Ausführungen aus seinem Widerspruchsschreiben vom 10.07.2018.

Mit Teilabhilfebescheid vom 11.09.2018 erließ die Beklagte die Säumniszuschläge und Mahngebühren für die Zeit vom 01.04. bis 14.10.2018, da sie dem Wunsch des Klägers, die Beiträge abzubuchen, nicht nachgekommen sei. Die noch von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderung belief sich noch auf 713,52 EUR (Mitgliedsbeitrag für April bis Juli 2018 in Höhe von jeweils 177,63 EUR = 710,52 EUR, zzgl 3,00 EUR Rücklastschriftgebühr). Außerdem forderte die Beklagte den Kläger auf, die offene Forderung bis spätestens 15.10.2018 zu überweisen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Mitgliedschaft bei ihr habe bis zum 31.07.2018 bestanden, weshalb Beiträge bis zu diesem Zeitpunkt zu zahlen seien. In einem Telefonat am 06.09.2018 habe der Kläger mitgeteilt, die Beitragsforderungen nicht zu entrichten, weshalb keine weiteren Abbuchungen von der Beklagten erfolgt seien. Mit Schreiben vom 11.09.2018 habe der Kläger jedoch die Möglichkeit erhalten, die Beiträge bis spätestens 15.10.2018 einzuzahlen. Diese Zahlung sei jedoch ausgeblieben.

Mit Bescheid vom 17.10.2018 setzte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 6,00 EUR für die Zeit von April bis Juli 2018, fällig am 16.10.2018, sowie eine Mahngebühr in Höhe von 5,00 EUR für denselben Zeitraum, fällig am 17.10.2018, fest. Unter Berücksichtigung der Rücklastschriftgebühr in Höhe von 3,00 Euro und der Mitgliedsbeiträge für April bis Juli 2018 belief sich die Gesamtforderung auf 724,52 EUR. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2018 zurück und verwies zur Begründung insbesondere auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 05.11.2018. Außerdem habe sie die Höhe der Mitgliedsbeiträge mit Verwaltungsakt vom 27.12.2017 festgesetzt. An der Höhe der Beitragsforderungen hätten sich keine Änderungen ergeben. Eine Anhörung sei nicht erforderlich gewesen, da Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen worden seien.

Mit Schreiben vom 31.12.2018 (Eingangsstempel 02.01.2019) hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 05.11.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Mit Schreiben vom 07.02.2019 (Eingang beim SG am 08.02.2019) hat er die Klage erweitert und den Widerspruchsbescheid vom 10.12.2018 ebenfalls zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der Kläger trägt vor, er habe die Klageschrift eigenhändig am 31.12.2018 in den Nachtbriefkasten des SG eingeworfen. Mit Ergehen des Bescheids vom 11.09.2018 seien die Rücklastschriftgebühren nicht mehr angefallen, da sie durch die Aufwendungen des Klägers im Widerspruchsverfahren aufgewogen worden seien. Mit seiner Klage wende er sich gegen die Zahlung von Versicherungsbeiträgen ab Wirksamwerden der Verfügung vom 19.06.2018 am 22.06.2018 bis zum Versicherungsende. Was den übrigen Zeitraum von April bis 22.06.2018 angehe, so habe die Beklagte kein Interesse an der Zahlung, so lange sie nicht auch Zahlungen für den Zeitraum ab dem 22.06.2018 erhalte. Die Bescheide beruhten nicht auf Zahlungsverzug, sondern auf dem erklärten Willen, ihm mit einem rechtswidrigen Bescheid und daraus resultierenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu traktieren. Mit derartigen kriminellen Machenschaften sei die Beklagte nur zum Schein eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er wende sich daher gegen die Forderung insgesamt.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.01.2020 (so das Datum im elektronisch übermittelten Dokument; in der SG-Akte: 13.01.2020) hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide vom 17.05.2018, 19.06.2018 und 19.07.2018 in der Form des Teilabhilfebescheids vom 11.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2018 enthielten nach Erlass des Teilabhilfebescheids keine Beschwer mehr, so dass das Rechtsschutzbedürfnis fehle und die fristgerecht erhobene Klage damit unzulässig sei. Hinsichtlich der Rücklastschriftgebühr sei der Bescheid vom 17.05.2018 bestandskräftig geworden, denn der Kläger habe seinen Widerspruch entsprechend beschränkt. Gegen die Erhebung der Mitgliedsbeiträge an sich könne sich der Kläger nicht zulässigerweise wenden. Über die Mitgliedsbeiträge habe die Beklagte in den streitigen Bescheiden keine Regelung getroffen; die Beitragshöhe sei bereits mit früheren Bescheiden festgesetzt worden. Insoweit handele es sich lediglich um Zahlungserinnerungen. Soweit sich der Kläger gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen und Mahngebühren durch Bescheid vom 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2018 richte, sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen und Mahngebühren sei rechtmäßig.

Gegen den ihm am 15.01.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.02.2020 Berufung eingelegt, hilfsweise Beschwerde gegen die Nichtzulassung. Die Berufung sei entgegen der Entscheidung des SG zulassungsfrei. Die geltend gemachte Forderung habe am 20.03.2019 819,59 EUR zzgl Nebenforderungen betragen, sie erhöhe sich jeden Monat.

Auf den mit der Eingangsverfügung erteilten Hinweis, dass die bedingte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (Hilfsantrag) unzulässig sein dürfte, hat der Kläger "die Mitglieder des 11. Senates wegen Besorgnis der Befangenheit" abgelehnt. Den Befangenheitsantrag hat der Senat mit Beschluss vom 11.03.2020 als unzulässig verworfen. Die dagegen erhobene Anhörungsrüge hat der Senat mit Beschluss vom 29.04.2020 (L 11 KR 1114/20 RG) als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 09.03.2020 hat der Kläger dargelegt, dass mit seinem Hilfsantrag eine unbedingte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigt gewesen sei. Es habe lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollen, dass sich die Nichtzulassungsbeschwerde erledigt habe, wenn die Berufung auch ohne Zulassung statthaft sei. Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird unter dem Az L 11 KR 861/20 geführt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.01.2020/13.01.2020 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 11.09.2018 für nichtig zu erklären, hilfsweise den Bescheid vom 11.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2018 aufzuheben sowie den Bescheid vom 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Mit Schreiben vom 28.05.2020 hat der Senat eine Entscheidung nach § 158 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Aussicht gestellt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.06.2020 gegeben. Mit Schreiben vom 24.06.2020 hat der Kläger die mit seinem Verfahren befassten Richter des 11. Senats erneut wegen Befangenheit abgelehnt. Ihm sei aufgegeben worden, sich mit rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen, was ihm wegen der Corona-Krise nicht möglich sei. Ein faires Verfahren solle verhindert werden. Er sei bei keiner K. Bücherei Mitglied, für Nichtmitglieder sei der freie Zugang zu Bücherregalen auf unabsehbare Zeit nicht möglich. Auf seine Frage, ob sich sämtliche Schriftstücke, auf die er Bezug nehme, in den Akten befänden, habe er keine Antwort erhalten. Dies sei ein weiterer Ablehnungsgrund den Berichterstatter betreffend. Er beantrage daher Fristverlängerung um zunächst drei Monate und vollständige Einsicht in alle Akten, die zu diesem Zweck an ein Karlsruher Gericht zu übersenden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft und daher gemäß § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat kann in der genannten Besetzung entscheiden, denn das wiederholte Ablehnungsgesuch des Klägers ist unzulässig. In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichtshöfe und des BVerfG ist anerkannt, dass rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche Ablehnungsgesuche ausnahmsweise im vereinfachten Ablehnungsverfahren in der geschäftsplanmäßigen Besetzung des Gerichts unter Beteiligung der abgelehnten Richter behandelt werden können, wenn für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Dies ist der Fall, wenn das Gericht einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts für sachfremde Zwecke verhindern will oder lediglich eine bloße Formalentscheidung über ein offensichtlich unzulässiges Gesuch trifft, die keinerlei Beurteilung des eigenen Verhaltens durch die entscheidenden Richter und kein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erfordert (BSG 19.01.2010, B 11 AL 13/09 C, SozR 4-1500 § 60 Nr 7; BVerfG 11.03.2013, 1 BvR 2853/11, NJW 2013, 1665). So liegt der Fall hier. Der Kläger reagiert auf jegliche richterliche Handlung oder Unterlassung einer vermeintlich gebotenen richterlichen Handlung mit Befangenheitsanträgen: &61485;&61472;rechtlicher Hinweis des SG vom 21.03.2019 &8594; Befangenheitsgesuch mit Schreiben vom 26.03.2019 &61485;&61472;Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs mit Beschluss vom 24.04.2019 &8594; Befangenheitsgesuch gegen Richterin B. und Vizepräsident S. und Anhörungsrüge mit Schreiben vom 13.05.2019 &61485;&61472;Zurückweisung der Ablehnungsgesuche mit Beschlüssen vom 16.05 und 17.05.2019 &8594; Ablehnungsgesuch gegen RiSG N. und Vizepräsident S. und Anhörungsrüge mit Schreiben vom 03.06.2019 &61485;&61472;Rechtlicher Hinweis und Anhörung nach § 105 SGG vom 27.06.2019 &8594; Ablehnungsgesuche gegen Richterin B., Vizepräsident S. und RiSG N. mit Schreiben vom 22.07.2019 &61485;&61472;Eingangsverfügung LSG mit rechtlichem Hinweis vom 14.02.2020 &8594; Ablehnungsgesuch mit Schreiben vom 09.03.2020 &61485;&61472;Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs mit Beschluss vom 11.03.2020 &8594; Anhörungsrüge mit Befangenheitsgesuchen gegen VRLSG K., RinLSG N. und RinLSG V. mit Schreiben vom 13.05.2019 &61485;&61472;Anhörung nach § 158 SGG vom 28.05.2020 &8594; Ablehnungsgesuch gegen VRLSG K., RinLSG N. und RinLSG V. mit Schreiben vom 24.06.2020.

Allein diese Aufzählung macht mehr als deutlich, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich prozessuale Rechte zu verfahrensfremden Zwecken ausnutzt.

Dem Kläger war auch keine weitere Fristverlängerung zu gewähren. Die Begründung, er könne derzeit keine juristische Fachliteratur einsehen, ist offensichtlich vorgeschoben. Die K. Bibliotheken haben zu den üblichen Öffnungszeiten geöffnet. Selbst wenn zutreffen sollte, dass nur Mitglieder Zutritt zur Bücherei erhalten und er kein Mitglied ist, ist nicht ersichtlich, warum sich der Kläger keinen Bibliotheksausweis besorgt. Dies ist für K. Bürger wie den Kläger ohne weiteres möglich (vgl https://www.karlsruhe.de/b2/bibliotheken/stadtbibliothek/ bibliotheksausweise und ausleihen.de).

Soweit der Kläger nunmehr kurz vor Ablauf der gesetzten Frist Akteneinsicht beantragt, ist auch diesem Antrag nicht stattzugeben. In seinem Schriftsatz vom 13.02.2020 hat der Kläger wörtlich ausgeführt: "Hinsichtlich der Zulassung der Berufung wird der Berichterstatter um Mitteilung gebeten, ob sich sämtliche Schriftstücke, auf die ich in meiner Schrift Bezug nehme, bei den von der Bekl. vorgelegten Akten befinden. Sollte dies nicht der Fall sein, so wären die vorgelegten Akten unvollständig. Ich selbst kann dies aus arbeitstechnischen Gründen derzeit nicht überprüfen, da ich durch insgesamt sieben Gerichtsverfahren überlastet bin." Er begründet seinen Antrag auf Akteneinsicht damit, dass er hierauf keine Antwort erhalten habe. Auf die Frage, ob die von ihm genannten Schriftstücke in der Verwaltungsakte enthalten sind, kommt es indes überhaupt nicht an. Dem Kläger sind sämtliche Schriftstücke bekannt, er benennt sie selbst. Demnach kann er auch selbst die entsprechenden Bescheide vorlegen und ins gerichtliche Verfahren einführen. Genau dies hat er bereits im erstinstanzlichen Verfahren getan, weitere Bescheide hat die Beklagte zur Akte des SG gegeben. Die Entscheidungsgrundlage des SG ist dem Kläger damit bekannt, unabhängig davon, welchen Inhalt die Verwaltungsakte hat. Hinzu kommt, dass der Kläger bereits vor dem SG Akteneinsicht beantragt hat, die ihm mit Schreiben vom 21.02.2019 auf der Geschäftsstelle des SG angeboten wurde. Gleichwohl hat der Kläger die Möglichkeit der Akteneinsicht zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen. Gesundheitliche Gründe hat er dabei nur für die erste Zeit angeführt. Nahezu elf Monate bis zur Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid hätte der Kläger die Akten einsehen können. Der neuerliche Antrag kurz vor Ablauf der Stellungnahmefrist nach § 158 SGG dient daher erkennbar rechtmissbräuchlich lediglich der Verschleppung des Verfahrens, um die im Raum stehende Verwerfung der Berufung zu verhindern.

Der Senat macht von dem ihm in § 158 Satz 2 SGG eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch, dass die Entscheidung vorliegend durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ergeht. Der Kläger ist hierzu angehört worden. Nach den Grundsätzen über die Gewährung rechtlichen Gehörs ist der Berufungskläger vor der Entscheidung darauf hinzuweisen, dass die Berufung unzulässig sein könnte, aus welchem Grund dies der Fall und dass eine Entscheidung durch Beschluss beabsichtigt ist. Ihm ist hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (s hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 158 Rn 8 mwN). Dies ist vorliegend mit dem Schreiben des Gerichts vom 28.05.2020 erfolgt.

Dem steht nicht entgegen, dass damit weder in der ersten noch in der zweiten Instanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Zwar gebietet es das Recht auf eine mündliche Verhandlung auch mit Blick auf Art 6 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) im Grundsatz, von einer Entscheidung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG abzusehen, wenn sich die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid richtet, auch wenn dies in § 158 Satz 2 SGG – anders als in § 153 Abs 4 Satz 1 SGG – nicht ausdrücklich geregelt ist (ständige Rspr, vgl BSG vom 30.10.2019, B 14 AS 7/19 B; vom 08.11.2005, B 1 KR 76/05 B, SozR 4-1500 § 158 Nr 2 Rn 7 ff; vom 12.07.2012, B 14 AS 31/12 B, SozR 4-1500 § 105 Nr 3 Rn 5; vom 08.04.2014, B 8 SO 22/14 B). Auf der anderen Seite ist in der Rspr des BSG anerkannt, dass eine Entscheidung nach § 158 Satz 2 SGG ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn sicher feststeht, dass in der Sache noch eine mündliche Verhandlung vor dem SG stattfinden wird (BSG, Beschluss vom 30.10.2019 aaO mwN). Auch wenn vorliegend keine mündliche Verhandlung vor dem SG mehr stattfinden wird, ist das Recht des Klägers auf eine mündliche Verhandlung gewahrt, weil er - entsprechend der zutreffenden Belehrung im Gerichtsbescheid vom 08.01.2020 - die Möglichkeit hatte, mündliche Verhandlung zu beantragen und damit seinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung durchzusetzen. Dass der Kläger von dieser Möglichkeit tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat, liegt allein in seinem Verantwortungsbereich und führt dazu, dass er sich auf eine Verletzung seines Rechtes auf mündliche Verhandlung nicht berufen kann. Insofern ist auch in diesem Fall eine Entscheidung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG statthaft (so auch Senatsbeschluss vom 17.04.2020, L 11 R 3832/19; LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.05.2019, L 11 AS 13/19; LSG Berlin-Brandenburg vom 18.06.2010, L 10 AS 779/10; Keller in Meyer-Ladewig ua aaO § 158 Rn 6; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 158, Rn 6; offengelassen in BSG vom 12.07.2012 aaO und vom 30.10.2019 aaO; aA Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Auflage 2014, § 158, Rn 9).

Vorliegend war die Berufung zu verwerfen, weil sie mangels Erreichens der Berufungssumme nicht statthaft ist. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nach § 144 Abs 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich nach dem Umfang, in dem das SG dem Begehren des Rechtsmittelführers nicht gefolgt ist und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird. Dem Kläger geht es um die Nichtigerklärung bzw Aufhebung von Bescheiden, mit denen Beitragsrückstände moniert werden und Säumniszuschläge und Mahngebühren festgesetzt werden. Eine Beschwer besteht hinsichtlich des Bescheids vom 11.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2018, welcher die Bescheide vom 17.05.2018, 19.06.2018 und 19.07.2018 ersetzt hat, nicht. Denn mit diesem Bescheid wurden die zuvor festgesetzten Mahngebühren und Säumniszuschläge für den Zeitraum 01.04. bis 14.10.2018 erlassen. Weitere Regelungen wurden nicht getroffen, insbesondere wurde kein Ruhen der Leistungen festgesetzt.

Der Bescheid vom 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2018 enthält die Festsetzung von 6 EUR Säumniszuschlägen und 5 EUR Mahngebühren (vgl zur Festsetzung von Mahngebühren durch Verwaltungsakt BSG 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R, SozR 4-4200 § 44b Nr 3). Der Streitwert beträgt damit 11 EUR. Soweit daneben die Beitragsrückstände bis zum Ende der Mitgliedschaft iHv 710,52 EUR sowie die Rücklastschriftgebühr iHv 3,00 EUR moniert werden, handelt es sich nicht um eine Regelung. Der Kläger wird hiermit lediglich über den bestehenden Zahlungsrückstand unterrichtet. Der Beschwerdewert von 750 EUR wird damit nicht überschritten. Die Festsetzung weiterer Mahngebühren und Säumniszuschläge für spätere Zeiträume ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn insoweit handelt es sich um zusätzliche Mahngebühren und Säumniszuschläge, welche die hier angefochtene Regelung nicht abändern oder ersetzen. Abgesehen davon wäre auch bei einer Einbeziehung der monatlichen weiteren Festsetzung von jeweils 11 EUR der Beschwerdewert von 750 EUR nicht überschritten.

Auch stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr nicht im Streit. Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen, dementsprechend ist auch die zutreffende Rechtsmittelbelehrung angefügt worden. Mangels Erreichens der Berufungssumme ist die Berufung aber nicht statthaft und war folglich als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht
Rechtskraft
Aus
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