Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 826/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1619/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 08.04.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen etwaige Beitragsforderungen der Antragsgegnerin und eine Zwangsvollstreckung.
Der 1951 geborene Kläger heiratete am 30.12.2014 die bei der Antragsgegnerin versicherte W. S ... Am 18.09.2017 beantragte er die Durchführung einer Familienversicherung. Im vorgelegten Fragebogen wurden keine Angaben zu sonstigen Einkünften (Vermietung/Verpachtung, geringfügige Beschäftigung) gemacht. Mit Bescheid vom 10.10.2017 stellte die Antragsgegnerin das Bestehen einer Familienversicherung rückwirkend ab 30.12.2014 fest. Im Rahmen nachfolgender Einkommensprüfungen erhielt die Antragsgegnerin die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2013 (vom 26.03.2016), 2014 (vom 19.08.2016), 2015 (vom 12.04.2017) und 2016 (vom 05.02.2018), aus denen sich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ergaben, welche die Einkommensgrenzen für die Familienversicherung überschritten.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 16.10.2018 hob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27.11.2018 die Familienversicherung rückwirkend ab 30.12.2014 auf. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Widerspruch vom 29.04.2019.
Seit 01.10.2018 bezieht der Antragsteller Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Mit Bescheid vom 23.10.2018 lehnte die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab, da der Antragsteller nicht die erforderliche Vorversicherungszeit erfülle. Nach weiterer Prüfung der Versicherungszeiten lehnte die Beklagte die Aufnahme in die KVdR nochmals mit Bescheid vom 19.09.2019 ab. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Widerspruch vom 21.10.2019.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2020 wies die Antragsgegnerin beide Widersprüche als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Familienversicherung hätten von Anfang an nicht vorgelegen, da die zulässigen monatlichen Gesamteinkommensgrenzen überschritten seien. Der Bescheid habe nach § 45 Abs 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden können. Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der KVdR lägen nicht vor. In der zweiten Hälfte der Rahmenfrist (28.09.1993 bis 22.10.2018) müssten Vorversicherungszeiten von mindestens 8.127 Tagen liegen, nachgewiesen seien jedoch nur 1.889 Tage.
Hiergegen richtet sich die am 20.03.2020 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (anhängig unter Az: S 10 KR 827/20), mit welcher der Antragsteller bezüglich seines Klageantrags Ziff 3 zugleich einstweiligen Rechtsschutz beantragt hat. Ziff 3 lautet: "Etwaige Beitragsforderungen der Beklagten gegenüber dem Kläger bestehen nicht. Entgegenstehende Beitragsbescheide werden aufgehoben. Die Beklagte kann daraus keinerlei Rechte herleiten. Eine Zwangsvollstreckung hat zu unterbleiben."
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs des Antragstellers gegen die Feststellung der Beendigung seiner Familienversicherung bislang kein Beitragsbescheid ergangen sei und während der Dauer des Hauptsacheverfahrens auch nicht beabsichtigt sei, Beiträge zu erheben.
Mit Beschluss vom 08.04.2020 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Ein Beitragsbescheid sei nicht ergangen. Damit könne der Antragsteller keinen Rechtsbehelf erheben, dessen aufschiebende Wirkung nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angeordnet werden könnte. Auch für eine einstweilige Anordnung im Wege des vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Antragsgegnerin mitgeteilt habe, dass für die Dauer des Hauptsachverfahrens der Erlass von Beitragsbescheiden nicht beabsichtigt sei. Im Übrigen weise das SG daraufhin, dass Rechtsschutz solcher Art ohnehin nur ausnahmsweise zu gewähren sei. Vorrang vor vorbeugendem Rechtsschutz gegen den Erlass eines Verwaltungsaktes habe daher insbesondere ein Antrag nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, sobald der Verwaltungsakt erlassen worden sei.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 15.04.2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am 15.05.2020 beim SG eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Das SG habe den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass ein Beitragsbescheid nicht ergangen sei. Sogar die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass es einen Beitragsbescheid vom 27.11.2018 und einen Widerspruchsbescheid vom 20.02.2020 gebe. Es sei deshalb völlig unverständlich, wenn das SG die Ansicht vertrete, dass der Beitragsbescheid keinen Bescheid darstellen solle. Es seien noch nicht einmal Ansatzpunkte vorhanden, den Bescheid und den Widerspruchsbescheid nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Da das SG erkennbar von falschen Voraussetzungen ausgehe, sei antragsgemäß zu entscheiden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) und auch ansonsten nach § 172 SGG statthafte Beschwerde, über die der Senat durch Beschluss entscheidet (§ 176 SGG), ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Das Begehren des Antragstellers, wie er es in Ziff 3 seines Klageantrags formuliert hat, kann im Rahmen der Auslegung des gestellten Antrags so verstanden werden, dass es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen Beitragsbescheid geht, wobei der Antragsteller offensichtlich davon ausgeht, dass es sich bei dem Bescheid vom 27.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2020 um einen derartigen Beitragsbescheid handelt (dazu unter 1.). Daneben geht es dem Antragsteller um die Vermeidung einer Zwangsvollstreckung durch die Antragsgegnerin (dazu unter 2.).
1. Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Ein Beitragsbescheid ist vorliegend noch nicht ergangen. Dabei verkennt der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass nicht die Qualifizierung des Bescheids vom 27.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2020 als Verwaltungsakt vom SG infrage gestellt worden ist, sondern dessen Regelungsinhalt keine Fragen der Beitragspflicht betrifft. Nachdem die Antragsgegnerin die Familienversicherung mit Bescheid festgestellt hat, kann die Beendigung der Familienversicherung ebenfalls nur mit Bescheid erfolgen, hier auf der Grundlage von § 45 SGB X. Lediglich die Beendigung der Familienversicherung mit Rückwirkung zum 30.12.2014 ist Gegenstand des Bescheids vom 27.11.2018. Die Anfechtung dieses Bescheids hat jedoch aufschiebende Wirkung. Es handelt sich insoweit nicht um eine Entscheidung über die Versicherungspflicht iSv § 86a Abs 2 Nr 1 SGG (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 07.04.2011, L 5 KR 107/11 B ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 86a Rn 13a; Richter in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand 16.08.2017 § 86a Rn 35; Wahrendorf in Beck-OK Roos/Wahrendorf, SGG § 86a Rn 44). Die Antragsgegnerin hat ausdrücklich mitgeteilt, dass sie wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die Familienversicherung für den Antragsteller "wieder geöffnet" hat und für die Dauer des Rechtsstreits keine Beiträge angefordert werden (Schreiben an das SG vom 07.04. und 08.04.2020). Insoweit besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (vgl dazu Keller, aaO, § 86b Rn 15) gegen den Bescheid wegen Beendigung der Familienversicherung, da die Antragsgegnerin den Eintritt der aufschiebenden Wirkung überhaupt nicht in Zweifel zieht.
2. Soweit der Antragsteller vorbeugenden Rechtsschutz geltend macht in Bezug auf eine künftige Zwangsvollstreckung besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsgegnerin hat bereits klargestellt, dass sie bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens keine Beiträge fordern wird. Damit besteht auch kein Bedarf für eine gerichtliche Entscheidung. Abgesehen davon liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht einmal ein Beitragsbescheid als Grundlage einer Zwangsvollstreckung vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen etwaige Beitragsforderungen der Antragsgegnerin und eine Zwangsvollstreckung.
Der 1951 geborene Kläger heiratete am 30.12.2014 die bei der Antragsgegnerin versicherte W. S ... Am 18.09.2017 beantragte er die Durchführung einer Familienversicherung. Im vorgelegten Fragebogen wurden keine Angaben zu sonstigen Einkünften (Vermietung/Verpachtung, geringfügige Beschäftigung) gemacht. Mit Bescheid vom 10.10.2017 stellte die Antragsgegnerin das Bestehen einer Familienversicherung rückwirkend ab 30.12.2014 fest. Im Rahmen nachfolgender Einkommensprüfungen erhielt die Antragsgegnerin die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2013 (vom 26.03.2016), 2014 (vom 19.08.2016), 2015 (vom 12.04.2017) und 2016 (vom 05.02.2018), aus denen sich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ergaben, welche die Einkommensgrenzen für die Familienversicherung überschritten.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 16.10.2018 hob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27.11.2018 die Familienversicherung rückwirkend ab 30.12.2014 auf. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Widerspruch vom 29.04.2019.
Seit 01.10.2018 bezieht der Antragsteller Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Mit Bescheid vom 23.10.2018 lehnte die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab, da der Antragsteller nicht die erforderliche Vorversicherungszeit erfülle. Nach weiterer Prüfung der Versicherungszeiten lehnte die Beklagte die Aufnahme in die KVdR nochmals mit Bescheid vom 19.09.2019 ab. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Widerspruch vom 21.10.2019.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2020 wies die Antragsgegnerin beide Widersprüche als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Familienversicherung hätten von Anfang an nicht vorgelegen, da die zulässigen monatlichen Gesamteinkommensgrenzen überschritten seien. Der Bescheid habe nach § 45 Abs 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden können. Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der KVdR lägen nicht vor. In der zweiten Hälfte der Rahmenfrist (28.09.1993 bis 22.10.2018) müssten Vorversicherungszeiten von mindestens 8.127 Tagen liegen, nachgewiesen seien jedoch nur 1.889 Tage.
Hiergegen richtet sich die am 20.03.2020 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (anhängig unter Az: S 10 KR 827/20), mit welcher der Antragsteller bezüglich seines Klageantrags Ziff 3 zugleich einstweiligen Rechtsschutz beantragt hat. Ziff 3 lautet: "Etwaige Beitragsforderungen der Beklagten gegenüber dem Kläger bestehen nicht. Entgegenstehende Beitragsbescheide werden aufgehoben. Die Beklagte kann daraus keinerlei Rechte herleiten. Eine Zwangsvollstreckung hat zu unterbleiben."
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs des Antragstellers gegen die Feststellung der Beendigung seiner Familienversicherung bislang kein Beitragsbescheid ergangen sei und während der Dauer des Hauptsacheverfahrens auch nicht beabsichtigt sei, Beiträge zu erheben.
Mit Beschluss vom 08.04.2020 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Ein Beitragsbescheid sei nicht ergangen. Damit könne der Antragsteller keinen Rechtsbehelf erheben, dessen aufschiebende Wirkung nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angeordnet werden könnte. Auch für eine einstweilige Anordnung im Wege des vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Antragsgegnerin mitgeteilt habe, dass für die Dauer des Hauptsachverfahrens der Erlass von Beitragsbescheiden nicht beabsichtigt sei. Im Übrigen weise das SG daraufhin, dass Rechtsschutz solcher Art ohnehin nur ausnahmsweise zu gewähren sei. Vorrang vor vorbeugendem Rechtsschutz gegen den Erlass eines Verwaltungsaktes habe daher insbesondere ein Antrag nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, sobald der Verwaltungsakt erlassen worden sei.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 15.04.2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am 15.05.2020 beim SG eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Das SG habe den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass ein Beitragsbescheid nicht ergangen sei. Sogar die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass es einen Beitragsbescheid vom 27.11.2018 und einen Widerspruchsbescheid vom 20.02.2020 gebe. Es sei deshalb völlig unverständlich, wenn das SG die Ansicht vertrete, dass der Beitragsbescheid keinen Bescheid darstellen solle. Es seien noch nicht einmal Ansatzpunkte vorhanden, den Bescheid und den Widerspruchsbescheid nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Da das SG erkennbar von falschen Voraussetzungen ausgehe, sei antragsgemäß zu entscheiden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) und auch ansonsten nach § 172 SGG statthafte Beschwerde, über die der Senat durch Beschluss entscheidet (§ 176 SGG), ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Das Begehren des Antragstellers, wie er es in Ziff 3 seines Klageantrags formuliert hat, kann im Rahmen der Auslegung des gestellten Antrags so verstanden werden, dass es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen Beitragsbescheid geht, wobei der Antragsteller offensichtlich davon ausgeht, dass es sich bei dem Bescheid vom 27.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2020 um einen derartigen Beitragsbescheid handelt (dazu unter 1.). Daneben geht es dem Antragsteller um die Vermeidung einer Zwangsvollstreckung durch die Antragsgegnerin (dazu unter 2.).
1. Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Ein Beitragsbescheid ist vorliegend noch nicht ergangen. Dabei verkennt der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass nicht die Qualifizierung des Bescheids vom 27.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2020 als Verwaltungsakt vom SG infrage gestellt worden ist, sondern dessen Regelungsinhalt keine Fragen der Beitragspflicht betrifft. Nachdem die Antragsgegnerin die Familienversicherung mit Bescheid festgestellt hat, kann die Beendigung der Familienversicherung ebenfalls nur mit Bescheid erfolgen, hier auf der Grundlage von § 45 SGB X. Lediglich die Beendigung der Familienversicherung mit Rückwirkung zum 30.12.2014 ist Gegenstand des Bescheids vom 27.11.2018. Die Anfechtung dieses Bescheids hat jedoch aufschiebende Wirkung. Es handelt sich insoweit nicht um eine Entscheidung über die Versicherungspflicht iSv § 86a Abs 2 Nr 1 SGG (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 07.04.2011, L 5 KR 107/11 B ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 86a Rn 13a; Richter in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand 16.08.2017 § 86a Rn 35; Wahrendorf in Beck-OK Roos/Wahrendorf, SGG § 86a Rn 44). Die Antragsgegnerin hat ausdrücklich mitgeteilt, dass sie wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die Familienversicherung für den Antragsteller "wieder geöffnet" hat und für die Dauer des Rechtsstreits keine Beiträge angefordert werden (Schreiben an das SG vom 07.04. und 08.04.2020). Insoweit besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (vgl dazu Keller, aaO, § 86b Rn 15) gegen den Bescheid wegen Beendigung der Familienversicherung, da die Antragsgegnerin den Eintritt der aufschiebenden Wirkung überhaupt nicht in Zweifel zieht.
2. Soweit der Antragsteller vorbeugenden Rechtsschutz geltend macht in Bezug auf eine künftige Zwangsvollstreckung besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragsgegnerin hat bereits klargestellt, dass sie bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens keine Beiträge fordern wird. Damit besteht auch kein Bedarf für eine gerichtliche Entscheidung. Abgesehen davon liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht einmal ein Beitragsbescheid als Grundlage einer Zwangsvollstreckung vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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