Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 283/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1111/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 03.02.2020 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.03.2019.
Mit der Klage S 8 KR 284/20, die am 17.01.2020 beim Sozialgericht Ulm (SG) eingereicht wurde und noch dort anhängig ist, wendet sich der Antragsteller gegen die Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.03.2019 (Beitragsbescheid vom 22.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2019, Beitragsbescheid vom 27.12.2019 für die Zeit ab 01.01.2020). Parallel dazu hat er Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 8 KR 283/20 ER). Mit Beschluss vom 03.02.2020 hat das SG das Begehren des Antragstellers als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgelegt und diesen wegen fehlender Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens abgelehnt. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 05.02.2020 durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 23.03.2020, das am 30.03.2020 beim SG einging, hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und hierin u.a. eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips sowie des Rechts auf ein menschwürdiges Existenzminium geltend gemacht. Er habe die Beschwerde wegen einer Bronchitis nicht eher einlegen können.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 03.02.2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage S 8 KR 284/20 gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2019 in der Fassung des Bescheides vom 27.12.2019 anzuordnen und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Antragsgegner ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 500.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft für die Verantwortlichen bis zu 60 Monate zu verhängen.
Die Antragsgegner haben auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses verwiesen und im Übrigen keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die Beschwerde war wegen Verfristung zu verwerfen.
Gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 Satz 2 SGG). Der Beschluss des SG ist dem Antragsteller am 05.02.2020 - mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) - durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung (§ 63 Abs 2 Satz 1 SGG iVm §§ 176, 180 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) im Inland wirksam zugestellt worden (§ 142 Abs 1 iVm § 135 SGG). Damit begann die einmonatige Beschwerdefrist am 06.03.2020 (§ 64 Abs 1 SGG) und lief am 05.03.2020 ab (§ 64 Abs 2 Satz 1, Abs 2 SGG). Die Beschwerde ist jedoch erst am 30.03.2020 beim SG und damit verspätet eingegangen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Gemäß § 67 Abs 1 SGG ist demjenigen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Vorliegend hat der Antragsteller die Frist jedoch schuldhaft versäumt. Er hat zwar ausführlich geschildert, inwiefern und in welchen Zeiträumen er durch eine hartnäckige Bronchitis in der Zeit ab etwa Ende Januar 2020 daran gehindert gewesen sei, das Haus zu verlassen und ausführliche Schreiben aufzusetzen, und dass er zudem krankheitsbedingt gezwungen gewesen sei, sich auf Wichtiges zu konzentrieren, und deshalb der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen das Jobcenter Vorrang gegenüber der hiesigen Beschwerde eingeräumt habe. Krankheit schließt das Verschulden einer Fristversäumnis jedoch nur aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 67 Rn 7c mwN). Ein solcher Sachverhalt liegt hier offensichtlich nicht vor. Wie sich dem Vortrag des Antragstellers entnehmen lässt, war er in der Lage, am 10.02.2020 - und damit während der Rechtsmittelfrist - die Polizeibehörde in E. zu kontaktieren, am 12.02.2020 das Jobcenter E. aufzusuchen, am 17.02.2020 Feststellungsklage beim SG (S 8 AS 517/20) zu erheben sowie einzukaufen und am 18.02.2020 erneut persönlich beim Jobcenter zu erscheinen. Zwischen dem 20.02. und 25.02.2020 sei es ihm zwar gesundheitlich schlechter gegangen, doch habe er in dieser Zeit eine Meldebestätigung seiner Gemeinde besorgt und dort Kopien seiner Kontoauszüge anfertigen lassen sowie ein Schreiben an den Sachbearbeiter des Jobcenters verfasst. Zwischen dem 25.02. und 28.02.2020 seien die Beschwerden wieder erträglich gewesen, so dass er am 27.02.2020 habe einkaufen gehen und zudem ein weiteres Schreiben beim SG habe abgeben können. Am 28.02.2020 (Freitag) hätten ihn Ärzte wegen Coronaverdachts unter Quarantäne gestellt, am 02.03.2020 (Montag) sei die Quarantäne wieder aufgehoben worden. In der Zeit vom 01.03.2020 bis 08.03.2020 habe er sich geschont und am 05.03.2020 nur ein Schreiben ans SG verfasst und versandt als Reaktion auf ein Erinnerungsschreiben. Einen weiteren Brief ans Jobcenter habe er am 09.03.2020 geschrieben und am Folgetag versandt. Zwischen dem 11.03.2020 und dem 22.03.2020 habe er - unterbrochen durch Tage der Erholung - mit der Abfassung des ausführlichen hiesigen Beschwerdeschreibens begonnen und dieses am 22.03.2020 fertigstellen können. Der vom Antragsteller geschilderte Ablauf zeigt anschaulich, dass dieser - allenfalls mit Ausnahme des Quarantäne-Wochenendes - gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, schriftlich oder auch durch persönliche Vorsprache rechtzeitig Beschwerde gegen den Beschluss des SG einzureichen, die - wie sich aus der Rechtsmittelbelehrung ergibt - nicht notwendigerweise zu begründen ist. Vielmehr hätte ein kurzer Einzeiler, dass der Antragsteller mit dem Beschluss nicht einverstanden sei, genügt. Für ein solches Kurzschreiben hätten auch bei Priorisierung der Jobcenter-Angelegenheiten zweifellos sowohl Zeit als auch Kraft ausgereicht. Falls gewünscht, hätte eine ausführliche Begründung ohne Weiteres zunächst lediglich angekündigt und später nachgereicht werden können. Die Frist zur Beschwerdeeinlegung hat der Antragsteller somit schuldhaft versäumt.
Da eine Wiedereinsetzung somit ausscheidet, war die verfristete Beschwerde zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.03.2019.
Mit der Klage S 8 KR 284/20, die am 17.01.2020 beim Sozialgericht Ulm (SG) eingereicht wurde und noch dort anhängig ist, wendet sich der Antragsteller gegen die Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.03.2019 (Beitragsbescheid vom 22.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2019, Beitragsbescheid vom 27.12.2019 für die Zeit ab 01.01.2020). Parallel dazu hat er Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 8 KR 283/20 ER). Mit Beschluss vom 03.02.2020 hat das SG das Begehren des Antragstellers als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgelegt und diesen wegen fehlender Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens abgelehnt. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 05.02.2020 durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 23.03.2020, das am 30.03.2020 beim SG einging, hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und hierin u.a. eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips sowie des Rechts auf ein menschwürdiges Existenzminium geltend gemacht. Er habe die Beschwerde wegen einer Bronchitis nicht eher einlegen können.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 03.02.2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage S 8 KR 284/20 gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2019 in der Fassung des Bescheides vom 27.12.2019 anzuordnen und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Antragsgegner ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 500.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft für die Verantwortlichen bis zu 60 Monate zu verhängen.
Die Antragsgegner haben auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses verwiesen und im Übrigen keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die Beschwerde war wegen Verfristung zu verwerfen.
Gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 Satz 2 SGG). Der Beschluss des SG ist dem Antragsteller am 05.02.2020 - mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) - durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung (§ 63 Abs 2 Satz 1 SGG iVm §§ 176, 180 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) im Inland wirksam zugestellt worden (§ 142 Abs 1 iVm § 135 SGG). Damit begann die einmonatige Beschwerdefrist am 06.03.2020 (§ 64 Abs 1 SGG) und lief am 05.03.2020 ab (§ 64 Abs 2 Satz 1, Abs 2 SGG). Die Beschwerde ist jedoch erst am 30.03.2020 beim SG und damit verspätet eingegangen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Gemäß § 67 Abs 1 SGG ist demjenigen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Vorliegend hat der Antragsteller die Frist jedoch schuldhaft versäumt. Er hat zwar ausführlich geschildert, inwiefern und in welchen Zeiträumen er durch eine hartnäckige Bronchitis in der Zeit ab etwa Ende Januar 2020 daran gehindert gewesen sei, das Haus zu verlassen und ausführliche Schreiben aufzusetzen, und dass er zudem krankheitsbedingt gezwungen gewesen sei, sich auf Wichtiges zu konzentrieren, und deshalb der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen das Jobcenter Vorrang gegenüber der hiesigen Beschwerde eingeräumt habe. Krankheit schließt das Verschulden einer Fristversäumnis jedoch nur aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 67 Rn 7c mwN). Ein solcher Sachverhalt liegt hier offensichtlich nicht vor. Wie sich dem Vortrag des Antragstellers entnehmen lässt, war er in der Lage, am 10.02.2020 - und damit während der Rechtsmittelfrist - die Polizeibehörde in E. zu kontaktieren, am 12.02.2020 das Jobcenter E. aufzusuchen, am 17.02.2020 Feststellungsklage beim SG (S 8 AS 517/20) zu erheben sowie einzukaufen und am 18.02.2020 erneut persönlich beim Jobcenter zu erscheinen. Zwischen dem 20.02. und 25.02.2020 sei es ihm zwar gesundheitlich schlechter gegangen, doch habe er in dieser Zeit eine Meldebestätigung seiner Gemeinde besorgt und dort Kopien seiner Kontoauszüge anfertigen lassen sowie ein Schreiben an den Sachbearbeiter des Jobcenters verfasst. Zwischen dem 25.02. und 28.02.2020 seien die Beschwerden wieder erträglich gewesen, so dass er am 27.02.2020 habe einkaufen gehen und zudem ein weiteres Schreiben beim SG habe abgeben können. Am 28.02.2020 (Freitag) hätten ihn Ärzte wegen Coronaverdachts unter Quarantäne gestellt, am 02.03.2020 (Montag) sei die Quarantäne wieder aufgehoben worden. In der Zeit vom 01.03.2020 bis 08.03.2020 habe er sich geschont und am 05.03.2020 nur ein Schreiben ans SG verfasst und versandt als Reaktion auf ein Erinnerungsschreiben. Einen weiteren Brief ans Jobcenter habe er am 09.03.2020 geschrieben und am Folgetag versandt. Zwischen dem 11.03.2020 und dem 22.03.2020 habe er - unterbrochen durch Tage der Erholung - mit der Abfassung des ausführlichen hiesigen Beschwerdeschreibens begonnen und dieses am 22.03.2020 fertigstellen können. Der vom Antragsteller geschilderte Ablauf zeigt anschaulich, dass dieser - allenfalls mit Ausnahme des Quarantäne-Wochenendes - gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, schriftlich oder auch durch persönliche Vorsprache rechtzeitig Beschwerde gegen den Beschluss des SG einzureichen, die - wie sich aus der Rechtsmittelbelehrung ergibt - nicht notwendigerweise zu begründen ist. Vielmehr hätte ein kurzer Einzeiler, dass der Antragsteller mit dem Beschluss nicht einverstanden sei, genügt. Für ein solches Kurzschreiben hätten auch bei Priorisierung der Jobcenter-Angelegenheiten zweifellos sowohl Zeit als auch Kraft ausgereicht. Falls gewünscht, hätte eine ausführliche Begründung ohne Weiteres zunächst lediglich angekündigt und später nachgereicht werden können. Die Frist zur Beschwerdeeinlegung hat der Antragsteller somit schuldhaft versäumt.
Da eine Wiedereinsetzung somit ausscheidet, war die verfristete Beschwerde zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SG).
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