Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 92/17
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid der Beklagten vom 29.12.2016 und der Widerspruchsbescheid vom 15.2.2017 werden dahingehend abgeändert, dass die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld erst ab 4.4.2016 erfolgt. 2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 3. Die Beklagte erstattet dem Kläger 1/20 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Angefochten ist der Bescheid vom 29.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.2.2017. Durch diese Bescheide hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld von Anfang an ab 1.4.2016 auf und forderte von dem Kläger gezahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 2260,80 EUR sowie entrichtete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 869,62 EUR (insgesamt 3130,42 EUR) zurück. Maßgebend für diese Entscheidung war, dass der Kläger nach Ansicht der Beklagten ab 1.4.2016 eine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit als Fachkraft für Arbeitssicherheit ausgeübt hat. Der Kläger habe die Aufnahme dieser Tätigkeit erst ab 1.6.2016 mitgeteilt. In seinem Antrag auf Arbeitslosengeld habe er angegeben, die Tätigkeit nebenberuflich mit einem zeitlichen Umfang von unter 15 Wochenstunden auszuüben. Aus den im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Gründungszuschuss eingereichten Unterlagen ergebe sich jedoch ein anderes Bild. In der Zeit vom 4.4. bis 10.4.2016 sei der Kläger bundesweit zur Ausübung der Tätigkeit im Einsatz gewesen. So sei er am 4.4.2016 um 6:00 Uhr in G. um 12:00 Uhr in K., um 15:00 Uhr bei der Firma T.-GmbH in E. und um 17:00 Uhr bei der Firma T1 GmbH in F. im Einsatz gewesen. Auch in den Folgetagen sei der Kläger bundesweit ganztägig im Einsatz gewesen. Aus eingereichten Hotelrechnungen unter anderem vom 8. und 20.4.2016 würden sich weitere ganztägige Abwesenheiten ergeben. Der Kläger habe auch eine Auflistung der von zurückgelegten Kilometer vorgelegt. Hieraus gehe hervor, dass der Kläger bundesweit Wegstrecken von insgesamt 3484 km gefahren sei. Zudem habe der Kläger die mehrtägigen Ortsabwesenheiten der Agentur nicht mitgeteilt.
Der Kläger hat gegen die genannten Bescheide am 6.3.2017 Klage erhoben. Er behauptet, er habe die selbständige Tätigkeit im April 2016 und Mai 2016 lediglich nebenberuflich in einem zeitlichen Umfang von regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt. Tatsächlich habe er im April lediglich 6,5 Stunden und im Mai 3,75 Stunden gegenüber seinen Kunden abgerechnet. Zum Teil habe er die Firmen zu Bewerbungsgesprächen aufgesucht. Er sei auch die gesamte Zeit für die Beklagte verfügbar gewesen. Man hätte ihn problemlos jederzeit telefonisch erreichen können und über etwaige Briefpost wäre er informiert worden. Er habe nämlich dafür Sorge getragen, dass sein Briefkasten regelmäßig täglich geleert und er über die empfangene Post in Kenntnis gesetzt werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.12.2016 und den Widerspruchsbescheid vom 15.2.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Erreichbarkeitsanordnung. Der Kläger habe die auswärtigen Aufenthalte erst im Nachhinein mitgeteilt, so dass zuvor keine Zustimmung habe erfolgen können. Der Kläger sei während der auswärtigen Aufenthalte postalisch nicht erreichbar gewesen. Eine telefonische Erreichbarkeit oder die Leerung des Briefkastens durch Dritte reiche für die Erreichbarkeit nicht aus.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie für den gesamten Sachverhalt wird auf die beigezogenen Unterlagen und auf die Prozessakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand Entscheidung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im tenoriertem Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Die vom 1.4.2016 bis 3.4.2016 erfolgte Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten aus den §§ 137 und 138 SGB III. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit als Fachkraft für Arbeitssicherheit in diesen drei Tagen bereits hauptberuflich aufgenommen hat, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Ortsabwesenheit für diese drei Tage ist ebenfalls nicht dokumentiert. Der Kläger war somit arbeitslos und hatte Anspruch auf das für diese 3 Tage gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 113,04 EUR (täglicher Leistungssatz 37,68 EUR; Bescheid vom 18.3.2016).
Hinsichtlich der Aufhebung ab 4.4.2016 sind die angefochtenen Bescheide hingegen nicht zu beanstanden, weil der Kläger ab diesen Zeitraum wegen der nicht genehmigten Ortsabwesenheit den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stand (§ 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Abs. 1 Satz zwei der Erreichbarkeits-Anordnung). Eine telefonische Erreichbarkeit oder die Leerung des Briefkastens durch Dritte, reicht für die Erreichbarkeit nicht aus. Der Arbeitslose muss sicherstellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Erneute persönliche Arbeitslosmeldungen im Anschluss an die jeweiligen verfügbarkeitsschädlichen Ortsabwesenheiten gab es nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz eins SGG.
Die Berufung war gemäß § 144 SGG für die Beklagte nicht zulassen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt. Es geht für sie nur noch um das Arbeitslosengeld vom 1. bis 3.4.2016; dies sind 113,04 EUR zuzüglich der Beiträge in Höhe von 14,49 EUR. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Angefochten ist der Bescheid vom 29.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.2.2017. Durch diese Bescheide hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld von Anfang an ab 1.4.2016 auf und forderte von dem Kläger gezahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 2260,80 EUR sowie entrichtete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 869,62 EUR (insgesamt 3130,42 EUR) zurück. Maßgebend für diese Entscheidung war, dass der Kläger nach Ansicht der Beklagten ab 1.4.2016 eine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit als Fachkraft für Arbeitssicherheit ausgeübt hat. Der Kläger habe die Aufnahme dieser Tätigkeit erst ab 1.6.2016 mitgeteilt. In seinem Antrag auf Arbeitslosengeld habe er angegeben, die Tätigkeit nebenberuflich mit einem zeitlichen Umfang von unter 15 Wochenstunden auszuüben. Aus den im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Gründungszuschuss eingereichten Unterlagen ergebe sich jedoch ein anderes Bild. In der Zeit vom 4.4. bis 10.4.2016 sei der Kläger bundesweit zur Ausübung der Tätigkeit im Einsatz gewesen. So sei er am 4.4.2016 um 6:00 Uhr in G. um 12:00 Uhr in K., um 15:00 Uhr bei der Firma T.-GmbH in E. und um 17:00 Uhr bei der Firma T1 GmbH in F. im Einsatz gewesen. Auch in den Folgetagen sei der Kläger bundesweit ganztägig im Einsatz gewesen. Aus eingereichten Hotelrechnungen unter anderem vom 8. und 20.4.2016 würden sich weitere ganztägige Abwesenheiten ergeben. Der Kläger habe auch eine Auflistung der von zurückgelegten Kilometer vorgelegt. Hieraus gehe hervor, dass der Kläger bundesweit Wegstrecken von insgesamt 3484 km gefahren sei. Zudem habe der Kläger die mehrtägigen Ortsabwesenheiten der Agentur nicht mitgeteilt.
Der Kläger hat gegen die genannten Bescheide am 6.3.2017 Klage erhoben. Er behauptet, er habe die selbständige Tätigkeit im April 2016 und Mai 2016 lediglich nebenberuflich in einem zeitlichen Umfang von regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt. Tatsächlich habe er im April lediglich 6,5 Stunden und im Mai 3,75 Stunden gegenüber seinen Kunden abgerechnet. Zum Teil habe er die Firmen zu Bewerbungsgesprächen aufgesucht. Er sei auch die gesamte Zeit für die Beklagte verfügbar gewesen. Man hätte ihn problemlos jederzeit telefonisch erreichen können und über etwaige Briefpost wäre er informiert worden. Er habe nämlich dafür Sorge getragen, dass sein Briefkasten regelmäßig täglich geleert und er über die empfangene Post in Kenntnis gesetzt werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.12.2016 und den Widerspruchsbescheid vom 15.2.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Erreichbarkeitsanordnung. Der Kläger habe die auswärtigen Aufenthalte erst im Nachhinein mitgeteilt, so dass zuvor keine Zustimmung habe erfolgen können. Der Kläger sei während der auswärtigen Aufenthalte postalisch nicht erreichbar gewesen. Eine telefonische Erreichbarkeit oder die Leerung des Briefkastens durch Dritte reiche für die Erreichbarkeit nicht aus.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie für den gesamten Sachverhalt wird auf die beigezogenen Unterlagen und auf die Prozessakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand Entscheidung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im tenoriertem Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Die vom 1.4.2016 bis 3.4.2016 erfolgte Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten aus den §§ 137 und 138 SGB III. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit als Fachkraft für Arbeitssicherheit in diesen drei Tagen bereits hauptberuflich aufgenommen hat, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Ortsabwesenheit für diese drei Tage ist ebenfalls nicht dokumentiert. Der Kläger war somit arbeitslos und hatte Anspruch auf das für diese 3 Tage gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 113,04 EUR (täglicher Leistungssatz 37,68 EUR; Bescheid vom 18.3.2016).
Hinsichtlich der Aufhebung ab 4.4.2016 sind die angefochtenen Bescheide hingegen nicht zu beanstanden, weil der Kläger ab diesen Zeitraum wegen der nicht genehmigten Ortsabwesenheit den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stand (§ 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Abs. 1 Satz zwei der Erreichbarkeits-Anordnung). Eine telefonische Erreichbarkeit oder die Leerung des Briefkastens durch Dritte, reicht für die Erreichbarkeit nicht aus. Der Arbeitslose muss sicherstellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Erneute persönliche Arbeitslosmeldungen im Anschluss an die jeweiligen verfügbarkeitsschädlichen Ortsabwesenheiten gab es nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz eins SGG.
Die Berufung war gemäß § 144 SGG für die Beklagte nicht zulassen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt. Es geht für sie nur noch um das Arbeitslosengeld vom 1. bis 3.4.2016; dies sind 113,04 EUR zuzüglich der Beiträge in Höhe von 14,49 EUR. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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