L 19 AS 512/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 41 AS 889/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 512/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.03.2020 geändert. Der Bescheid vom 30.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2019 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger. Die Auferlegung von Kosten nach § 192 SGG wird aufgehoben. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 30.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2019, mit dem ihre Leistungsansprüche für die Zeit vom 01.04.2016 bis 30.09.2016 abschließend auf 0,00 EUR monatlich festgesetzt werden.

Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. sind verheiratet. Bei den Klägerinnen zu 3. und zu 4. handelt es sich um ihre gemeinsamen Kinder. Ab dem 01.01.2018 bezog der Kläger zu 1. für beide Kinder Kindergeld i.H.v. von jeweils 194,00 EUR monatlich.

Die Kläger bezogen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten bis 2016 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Teilweise wurden die Grundsicherungsleistungen wegen schwankenden Einkommens des Klägers zu 1. aus Erwerbstätigkeit vorläufig bewilligt. Es erfolgten endgültige Festsetzungen.

Seit dem 10.07.2017 war der Kläger zu 1. bei der Firma B GmbH mit schwankendem Einkommen beschäftigt. Auf den Konto des Klägers zu 1. erfolgten in der Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 folgende Gutschriften:

11.04. 997,71 Lohn 3/08
26.04. 800,00 Abschlag
11.05 1.147,22 Lohn 4/2018
24.05 800,00 Abschlag
07.06. 798,12 EUR Obj. Abrg.30.06.2017
11.06 1.276,53 EUR Lohn 5/2018
22.06 800,00 EUR Abschlag
10.07 1.328,65 EUR Lohn 6/2018
25.07 800,00 EUR Abschlag
08.08 1.095,85 EUR Einkommenssteuer
10.08 1.329,32 EUR Lohn 7/18
20.08. 214,27 EUR Einkommenssteuer
27.08 800,00 EUR Abschlag
10.09 1.420,09 EUR Lohn 8/18
25.09. 800,00 EUR Abschlag

Ab Oktober 2017 bezogen die Kläger Grundsicherungsleistungen vom Beklagten.

Am 05.04.2018 beantragte der Kläger zu 1. unter Vorlage von Lohnabrechnungen für die Monate Januar 2018 und Februar 2018 die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Mit Bescheid vom 06.04.2018, mit der Überschrift "Bescheid über die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen gemäß § 41a SGB II" , adressiert an den Kläger zu 1, teilte der Beklagte mit, dass er auf Grundlage des bisherigen Verdienstes des Klägers in den letzten zwei Monaten ein Durchschnittseinkommen i.H.v. 1.583,20 EUR gebildet habe, welches er vorläufig auf seine Leistungen anrechnen werde. In dem Bescheid heißt es unter der Überschrift "Hinweis" u.a ...:

" Die abschließende und endgültige Bewilligung der Leistung erfolgt nach Beendigung des Bewilligungszeitraums unter Berücksichtigung des tatsächlichen Durchschnittseinkommens/Gewinns auf der Grundlage der von Ihnen ein-gereichten Lohn-/Gewalt Gehaltsabrechnungen/Gewinnberechnung. Um zeitnah die endgültige Festsetzung des tatsächlichen Durchschnittseinkommens vornehmen zu können, bitte ich Sie, die Einkommensnachweise regelmäßig der Sozialagentur vorzulegen. Für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 reichen Sie die Einkommensnachweise spätestens bis zum 20. des jeweiligen Folgemonats ein. Wie sich ihr vorläufiger Leistungsanspruch im Einzelnen zusammensetzt, bitte ich dem gesonderten Bescheid über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Bewilligungszeitraum zu entnehmen (maschineller Leistungsbescheid)."

Mit Bescheid vom 24.04.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 i.H.v. insgesamt 324,84 EUR monatlich nach § 41a Abs. 1 SGB II. Auf den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft rechnete der Beklagte ein monatliches Einkommen des Klägers zu 1. i.H.v. 1.253,20 EUR und Kindergeld i.H.v. insgesamt 388,00 EUR an. Auf dem Konto des Klägers zu 1. erfolgten folgende Gutschriften

10.04 324,84 EUR Alg II 04/2018 für: C, N
30.04 324,84 EUR Gutschrift, Überw: Stadt N1 Begst: C N
30.05 324,84 EUR Vermerk wie 30.04
29.06 324,84 EUR Vermerk wie 30.04
30.07 324,84 EUR Vermerk wie 30.04
31.08 324,84 EUR Vermerk wie 30.04

Mit Schreiben vom 10.10.2018 forderte der Beklagte den Kläger zu 1. zur Vorlage der Lohnabrechnungen für die Monate März 2018 bis September 2018 auf. Nach Vorlage der angeforderten Lohnabrechnungen erließ der Beklagte den Bescheid vom 30.10.2018, adressiert an den Kläger zu 1., mit der Überschrift "endgültige Festsetzung der Grundsicherungsleistungen gemäß § 41 Abs. 3 und 4 SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 1.4.2018 bis 30.9.2018 - mein Bescheid vom 6.4.2018 über die vorläufige Bewilligung von Grundsicherungsleistungen". In dem Bescheid heißt es:

"Mit Bescheid vom 06.04.2018 i.V.m. dem Bescheid vom 24.04.2018 wurden ihnen Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.9.2018 - aufgrund Ihres monatlich schwankenden Einkommens - vorläufig bewilligt. Zur Berechnung des monatlichen Leistungsanspruches wurde zunächst ein vorläufiges durchschnittliches Einkommen i.H.v. 1583,20 EUR berücksichtigt. Nach den von Ihnen vorgelegten Lohnabrechnungen haben Sie in der Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 tatsächlich ein durchschnittliches Einkommen i.H.v. 2049,92 EUR erzielt. Das tatsächliche monatliche Durchschnittseinkommen überschreitet das bei der vorläufigen Entscheidung zugrunde gelegte Durchschnittseinkommen, sodass eine endgültige Festsetzung Berechnung der Leistungen für den Bewilligungszeitraum erforderlich ist. Für den betreffenden Zeitraum wurden Ihnen - unter Berücksichtigung des vorläufig angerechneten durchschnittlichen Einkommens - Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuche i.H.v. 1949,04 EUR bewilligt. Der tatsächliche Leistungsanspruch unter Berücksichtigung des endgültig festgesetzten durchschnittlichen Erwerbseinkommen für den betreffenden Zeitraum beläuft sich auf 0,00 EUR. Die Ihnen soweit zu viel gezahlten Leistungen i.H.v. 1949,04 EUR sind von Ihnen gemäß § 41 Abs. 6 SGB II zu erstatten. Über die Rückforderung erhalten Sie einen gesonderten Bescheid."

Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Sie trugen vor, dass der Bescheid vom 24.04.2018 ihnen nicht zugegangen und damit nicht wirksam sei. Lediglich der Bescheid vom 06.04.2018 sei ihnen zugegangen. In diesem Bescheid sei keine Leistungsbewilligung vorgenommen, sondern seitens des Beklagten lediglich die Höhe des vorläufig anzurechnenden Einkommens bestimmt worden. Es seien für den streitbefangenen Zeitraum Leistungen ohne Verwaltungsakt endgültig erbracht worden, eine Rückabwicklung habe nach Maßgabe der §§ 45 ff. SGB X zu erfolgen. Der Vorläufigkeitsvorbehalt hinsichtlich der Leistungen sei mangels Zugang nicht wirksam. Die ohne Verwaltungsakt erbrachten Leistungen seien einer endgültigen Festsetzung nicht zugänglich. Der Bescheid vom 30.10.2018 nehme entgegen seiner Ankündigung auch keine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs, sondern lediglich eine endgültige Festsetzung des monatlichen Durchschnittseinkommens vor. Eine individualrechtliche verbindliche monatliche Festsetzung des Leistungsanspruchs ihres Leistungsanspruches sei dem Bescheid beigefügten "Protokoll Sozialwesen" nicht zu entnehmen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2019 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte u. a. aus, dass der wohl nicht erfolgte Zugang des monatlichen Leistungsbescheides vom 24.04.2018 die endgültige Festsetzung der Leistungen per se nicht unwirksam mache. Entscheidend sei nämlich der Bescheid vom 06.04.2018. Dort sei geregelt, dass die Leistungen vorläufig gewährt werden. Es werde dort festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung vorlägen, da die Einnahmen aus Erwerbstätigkeit bei der Firma B GmbH in unterschiedlicher Höhe zuflössen. Damit sei dem Vorläufigkeitsvorbehalt auch Genüge getan. Der monatliche Leistungsbescheid vom 24.04.2018 stelle in diesem Fall lediglich eine Wiederholung dessen dar. Dort würden die Leistungen wie in jedem weiteren Leistungsbescheid im Einzelnen aufgeführt und auf Seite 1 werde mitgeteilt, dass die Bewilligung gemäß § 41a Abs. 1 SGB II vorläufig erfolge. Zurecht habe der Kläger festgestellt, dass der Bescheid vom 30.10.2018 keine endgültige Festsetzung der Leistungen vornehme, sondern eine Festsetzung des monatlichen Durchschnittseinkommens. Die vorläufig bewilligten Leistungen würden mit diesem Bescheid gemäß seiner Ankündigung auch endgültig festgesetzt. Die Rückforderung bleibe einem gesonderten Schreiben vorbehalten.

Am 23.02.2019 haben die Kläger gegen den Festsetzung- und Erstattungsbescheid vom 30.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2019 Klage erhoben. Sie haben vorgetragen, dass sie den Bescheid vom 24.04.2018 nicht erhalten hätten. Deshalb sei die endgültige Festsetzung von Leistungen durch den Bescheid vom 30.10.2018 rechtswidrig, weil ihr keine wirksame vorläufige Leistungsbewilligung zugrunde liege. Der Bescheid vom 06.04.2018 erfülle die Voraussetzungen eines vorläufigen Bewilligungsbescheides nicht, da sich sein Regelungsgehalt auf die Festsetzung eines vorläufig anzurechnenden Einkommens beschränke. Dem vorläufig anzurechnenden Einkommen werde an keiner Stelle ein ihnen in dieser Zeit zustehender SGB II-Bedarf zum Lebensunterhalt und für die Miete gegenübergestellt. Damit fehle es diesem Bescheid, wenn er als Bewilligungsbescheid dienen solle, an hinreichender Bestimmtheit. Mangels vorläufiger Bewilligung könnten die an sie ohne Verwaltungsakt geleisteten Zahlungen nur nach Maßgabe der §§ 45 ff. SGB X aufgehoben werden. Dies sei gerade bislang nicht erfolgt, ein Austausch der Normen sei nicht zulässig. Ein Ermessensausfall sei allenfalls bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens heilbar.

Die Kläger haben beantragt,

den Festsetzungsbescheid vom 30.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2019 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat den Bescheid vom 06.04.2018 als vorläufige Bewilligung und den Bescheid vom 24.04.2018 als monatlichen Bewilligungsbescheid im Klageverfahren bezeichnet.

Mit Urteil vom 06.03.2020 hat das Sozialgericht Duisburg die Klage abgewiesen und den Klägern Kosten nach § 192 SGG i.H.v. 500 EUR auferlegt. Der Klage fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn selbst wenn die streitige endgültige Festsetzung vom 30.10.2018 aufgehoben werde, weil es an einer vorläufigen Festsetzung mangele, könne der Beklagte eine Erstattungsforderung zwar nicht auf 41 Abs. 6 SGB II, jedoch auf § 50 Abs. 2 SGB X stützen. Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 2 SGB X lägen vor. Das allein hinter der Klage stehende wirtschaftliche Interesse der Kläger, keiner Erstattungsforderung ausgesetzt zu sein, gehe in jedem Fall fehl.

Auch sei die Klage evident unbegründet. Dies gelte auch dann, wenn den Klägern der Bescheid vom 24.04.2018 über die Höhe der bewilligten Leistung tatsächlich nicht zugegangen sei. Denn in jedem Fall habe eine Verbescheidung des Vorläufigkeitsvorbehaltes sowie eine konkludente Verbescheidung der Leistungshöhe vorgelegen. Der Bescheid vom 06.04.2018 stelle sich als Verwaltungsakt dar, der eine Regelung zwar nicht im Hinblick auf die Leistungshöhe, jedoch hinsichtlich des Vorläufigkeitsvorbehaltes treffe. Nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten sei somit zweifelsfrei, dass die Kläger auch zukünftig vorläufig bewilligte Leistungen erhalten sollten. Es liege auch offensichtlich eine Verbescheidung im Hinblick auf die Leistungshöhe vor, nämlich in Gedanken - konkludent - durch die weiterhin auch für die Zeit ab April 2018 erfolgte Auszahlung der Leistungen. Der Beklagte habe im Zeitraum von April bis September 2018 Leistungen an die Kläger ausgezahlt, deren Zuordnung zu dem im Bescheid vom 06.04.2018 mitgeteilten Vorläufigkeitsvorbehaltes für die Kläger offensichtlich gewesen sei.

Gegen das am 25.03.2020 zugestellte Urteil haben die Kläger am 25.03.2020 beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt.

Sie tragen vor, dass entgegen des Auffassung des Gerichts sie durch den angefochtenen Festsetzung-und Erstattungsbescheid vom 30.10.2018 i.H.v. 1583,20 EUR beschwert seien, weil der angefochtene Bescheid nicht nur die Leistungen endgültig festsetze, sondern auch die Erstattung des Betrages von ihnen fordere. Ihr Rechtsschutzbedürfnis sei durch die Suspendierung dieses Festsetzung-und Erstattungsbescheides Genüge getan. Ihr Rechtsschutzbedürfnis nach Anfechtung des Bescheides entfalle nicht, weil der Beklagte im Falle seiner Suspendierung einen neuen Bescheid gemäß § 50 Abs. 2 SGB X erlassen könne. Die bloße Möglichkeit der Behörde, nach Aufhebung eines streitgegenständlichen Bescheides diesen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, lasse ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Bei einer Aufhebung nach § 50 Abs. 2 SGB X, bei der die §§ 45, 48 SGB X entsprechend gelten, wäre Ermessen auszuüben gewesen, welches vorliegend bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides nicht erkannt und nicht ausgeübt worden sei. Auch müsse der Beklagte bei einem Bescheid nach §§ 45 ff. SGB X ihnen Bösgläubigkeit bei Zugang der von ihm persönlich beantragten Grundsicherungsleistungen nachweisen. Selbst wenn der Beklagte nach Aufhebung des streitbefangenen Bescheides diesen durch einen neuen Bescheid ersetze, könne im vorliegenden Verfahren nicht ihre Verpflichtung zur Erstattung vorweggenommen werden. Denn ein neuer, von dem Beklagten zu erlassender Bescheid müsse sich zunächst als rechtmäßig erweisen, was das Gericht ohne Angaben von Gründen unterstelle. Allein eine materiell-rechtlich zutreffend ermittelte Überzahlung genüge gemäß §§ 45 ff. SGB X nicht, eine Erstattungsforderung rechtmäßig festzustellen. Der Bescheid vom 06.04.2018 genüge nicht für eine vorläufige Bewilligung die Grundlage einer endgültigen Festsetzung sei. Im Hinblick auf die dem Gericht bekannten persönlichen Hintergründe der Kläger - aktuell von Kurzarbeit betroffen - sei die Festsetzung von Mutwillenskosten i.H.v. 500 EUR unangemessen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.03.2020 aufzuheben und den Festsetzungs- und Erstattungsbescheid vom 30.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2019 aufzuheben sowie die Festsetzung von Kosten nach § 192 SGG aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen:

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt er vor, dass bei einer Entscheidung nach § 50 Abs. 2 SGB X kein Ermessen auszuüben sei. Auch sei streitig zwischen den Beteiligten ob der Bescheid vom 24.04.2018 dem Kläger zu 1. zugegangen sei.

Zu weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der beigezogenen Akte des Sozialgerichts Duisburg, S 54 AS 5202/17, Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 30.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2019, mit dem der Beklagte die Leistungsansprüche der vier Kläger nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 auf 0,00 EUR abschließend festgesetzt hat. Der Regelungsgehalt des Bescheides beschränkt sich - entgegen der etwas widersprüchlichen Ausführungen des Beklagten auf Seite 3 des Widerspruchsbescheides "zurecht haben sie festgestellt, dass der Bescheid vom 30.10.2018 keine endgültige Festsetzung der Leistungen vornimmt sondern eine Festsetzung des monatlichen Durchschnittseinkommens. Die vorläufig bewilligten Leistungen werden mit diesem Bescheid gemäß seiner Ankündigung auch endgültig festgesetzt. Die Rückforderung bleibt einem gesonderten Schreiben vorbehalten" - nicht auf die Festsetzung des monatlichen Durchschnittseinkommens, das bei der abschließenden Feststellung nach § 41a Abs. 3 S.1 SGB II anzurechnen ist, sondern stellt eine abschließende Entscheidung über die Leistungsansprüche der Kläger dar. Die Auslegung des Bescheides ergibt nach dem für das Verständnis maßgebenden Empfängerhorizont (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28.11.2018 - B 14 AS 34/17 R m.w.N.) mit hinreichender Klarheit, dass es sich um eine abschließende Entscheidung handelt. Denn die Überschrift des Bescheides lautet "endgültige Festsetzung der Grundsicherungsleistungen gemäß § 41 Abs. 3 und 4 SGB II für den Bewilligungszeitraum Zeitraum vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 mein Bescheid vom 06.04.2018 über die vorläufige Bewilligung von Grundsicherungsleistungen", der Beklagte nennt die nach seiner Auffassung unter dem Vorläufigkeitsvorbehalt stehenden Bescheide vom 06.04.2018 und 24.04.2018, führt aus, dass sich der tatsächliche Leistungsanspruch der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung des endgültig festgesetzten durchschnittlichen Erwerbseinkommens für den betreffenden Zeitraum auf monatlich 0,00 EUR beläuft und kündigt einen gesonderten Erstattungsbescheid betreffend die zuviel gezahlten Leistungen i.H.v. 1.949,04 EUR an.

Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage abgewiesen.

Die Klage ist zulässig (A.) und begründet (B.)

A. Die Klage ist zulässig.

Die Kläger haben eine reine Anfechtungsklage i.S.v. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG erhoben. Dem Begehren der Kläger ist weder ein Leistungsantrag noch ein Verpflichtungsantrag zu entnehmen. Sie wenden sich nur dagegen, dass der angefochtene Bescheid Grundlage eines Erstattungsbescheides nach § 41a Abs. 6 S. 3 SGB II ist, die Festsetzung der Höhe ihrer Leistungsansprüche auf monatlich 0,00 EUR im Zeitraum vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 wird nicht angegriffen.

Die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG ist zulässig.

Zwar ist gegen eine abschließende Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs/Leistungsklage zulässig, da bei einer reinen (isolierten) Anfechtungsklage der Verfügungssatz des angegriffenen Bescheides betreffend die abschließende Festsetzung eines Leistungsanspruchs insgesamt entfällt, ohne dass dem verfahrensrechtlichen Anspruch eines Klägers auf eine zutreffende abschließende Entscheidung über sein ursprüngliches Leistungsbegehren durch einen feststellenden Verwaltungsakt Rechnung getragen würde (vgl. zur Vorgängervorschrift des § 328 SGB III: BSG, Urteile vom 23.10.2018 - B 11 AL 20/17 R, vom 08.02.2017 - B 14 AS 22/16 R und vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R). Vorliegend ist aber ein Rechtschutzbedürfnis für eine Leistungs- oder Verpflichtungsklage nicht gegeben, da die Kläger - zumindest konkludent - die Auffassung vertreten, dass sie wegen Fehlens einer vorläufigen Entscheidung keinen verfahrensrechtlichen Anspruch auf eine zutreffende abschließende Entscheidung über ihr ursprüngliches Leistungsbegehren innehaben bzw. der Beklagte nicht berechtigt ist, eine Entscheidung nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II zu treffen.

Die Kläger sind klagebefugt i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Denn sie machen geltend, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen ist, eine Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II über ihre Leistungsansprüche für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018, die eine Erstattungsforderung nach § 41 Abs. 6 S. 3 SGB II begründet, zu treffen. Eine abschließende Leistungsfestsetzung durch einen gesonderten Bescheid entfaltet für die Berechnung des Erstattungsanspruchs nach § 41a Abs. 6 S. 3 SGB II Tatbestandswirkung (vgl. zur Vorgängnervorschrift des § 328 SGB III: BSG, Urteil vom 28.11.2018 - B 14 AS 34/17 R, wonach allein auf die Wirksamkeit, nicht aber die Rechtmäßigkeit des den Leistungsanspruch abschließend regelnden Bescheid abzustellen ist; Urteile des Senats vom 05.07.2019 - L 19 AS 701/19, vom 22.06.2017 - L 19 AS 2181/16 und vom 16.03.2015 - L 19 AS 2386/13 m.w.N.). Deshalb wird die Rechtmäßigkeit einer abschließenden Leistungsbewilligung nach § 41a Abs. 3 SGB II im Rahmen der Überprüfung eines Erstattungsbescheides nach § 41a Abs. 6 S. 3 SGB II nicht - auch nicht inzidenter - überprüft. Bei dem Erstattungsanspruch nach § 41a Abs. 6 S. 3 SGB handelt es sich um einen eigenständigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der kraft Gesetzes in dem Moment entsteht, in dem sich aus einem Vergleich zwischen gewährter Vorleistung und endgültig zu gewährender Leistung eine Überzahlung ergibt, ohne dass es auf die Bestandskraft der endgültigen Festsetzung ankommt (vgl. Urteil des Senats vom 16.03.2015 - L 19 AS 2386/13 m.w.N.; siehe auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 08/ 2020, § 41a SGB II Rn. 498 ff.).

Das Sozialgericht hat zu Unrecht das Rechtschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage verneint. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anfechtungsklage. Es sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte vermieden werden (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 24/10 R m.w.N.). Ein Rechtsschutzbedürfnis ist daher nicht gegeben, wenn eine Klage selbst im Falle ihres Erfolgs keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen könnte, die begehrte gerichtliche Entscheidung die Stellung eines Klägers also weder gegenwärtig noch zukünftig verbessern würde (BSG, Urteil vom 14.05.2020 - B 14 AS 7/19 R m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die von den Klägern angestrebte Aufhebung der abschließenden Entscheidung über ihre Leistungsansprüche für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II bringt für sie den rechtlichen Vorteil, dass die Grundlage für einen verschuldensunabhängigen Erstattungsanspruch nach § 41a Abs. 6 S. 3 SGB II entfällt. Das Sozialgericht hat unzutreffend darauf abstellt, dass nach dem Vortrag der Kläger als Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch die Vorschrift des § 50 Abs. 2 SGB X in Betracht kommt, sich die Kläger nicht gegen die Höhe der Erstattungsforderung wenden und deshalb das wirtschaftliche Interesse, keiner Erstattungsforderung ausgesetzt zu sein, fehl geht. Denn bei dem Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 2 SGB X handelt es um einen anderen Erstattungsanspruch, der verschuldensabhängig ist (BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 165/11 R), für den andere Fristen (§ 45 Abs. 4 SGB X) gelten und Verfahrensvorschriften, insbesondere § 24 SGB X, zu beachten sind. Es besteht ein rechtliches wie auch wirtschaftliches Interesse, in einem nachfolgenden Verfahren zu klären, ob ein vom Beklagten noch zu erlassender Erstattungsbescheid, gestützt auf § 50 Abs. 2 SGB X, rechtmäßig ist. Die bloße Ausnutzung einer Verfahrensposition, um eine die Fälligkeit einer Erstattungsforderung - wie vom Sozialgericht angenommen - hinauszuschieben, lässt das Rechtschutzbedürfnis nicht entfallen.

B. Die Klage ist begründet

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Der Beklagte ist nicht berechtigt gewesen, die Höhe der den Klägern für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 zustehenden Grundsicherungsleistungen auf monatlich 0,00 EUR nach § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II abschließend festzustellen. Voraussetzung für eine abschließende Feststellung von Leistungsansprüchen nach § 41a Abs. 3 S.1 SGB II ist, dass ein Leistungsträger zuvor einem Leistungsberechtigten für den entsprechenden Bewilligungszeitraum Grundsicherungsleistungen vorläufig nach § 41a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB II bewilligt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar stellt der Bescheid vom 24.04.2018 eine vorläufige Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an die Kläger für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 nach § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 2 S. 1 SGB II dar.

Dieser Bescheid ist aber gegenüber den Klägern nicht wirksam i.S.v. § 39 Abs. 1 S. 1 SGB X geworden. Danach wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes ist die zielgerichtete Mitteilung des Inhalts des Verwaltungsakts durch die Behörde an den Bekanntgabe-Empfänger; auf dessen tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an, es genügt, dass er nach dem normalen Verlauf der Umstände die Möglichkeit hatte, Kenntnis zu nehmen (BSG, Urteil vom 09.04.2014 - B 14 AS 46/13 R). Der Zeitpunkt der Bekanntgabe i.S.d. § 37 SGB X ist daher der Zeitpunkt, in dem der Verwaltungsakt dem Adressaten zugeht, er also zumindest die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat (BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 2/13 R).

Vorliegend ist der Zugang des Bescheides vom 24.04.2018 an den Kläger zu 1. als Adressat des Bescheides nicht erwiesen. Der Kläger zu 1. bestreitet den Erhalt des Bescheides. Der Beklagte verfügt über keinen Zustellungsnachweis. Auf die Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X kann sich der Beklagte nicht berufen. Die Anwendbarkeit dieser Regelung verlangt, dass die Behörde - zumeist durch einen Vermerk in den Akten - nachweisen kann, an welchem Tag sie den Bescheid bei der Post aufgegeben hat (BSG, Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 33/05 R). Fehlt ein entsprechender Vermerk über den Tag der Aufgabe des Bescheides zur Post, tritt grundsätzlich keine Bekanntgabefiktion ein (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R). Eine Aufgabe zur Post in diesem Sinne ist erst dann erfolgt, wenn der Bescheid - in den meisten Fällen durch Mitarbeiter der behördeninternen Poststelle - der Post oder einem anderen Briefzustelldienst übergeben worden ist (Beschluss des Senats vom 31.07.2018 - L 19 AS 616/18 B m.w.N.). Weder in der dem Senat zur Verfügung gestellten Verwaltungsakte noch in anderen vom Beklagten im Verfahren vorgelegten Unterlagen ist der Tag der Aufgabe des Bescheids vom 24.04.2018 dokumentiert.

Den Zugang eines Bescheides sowie den Zeitpunkt des Zugangs hat im Zweifel die Behörde zu beweisen; dieser in § 37 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 SGB X festgelegte Grundsatz gilt nicht nur bei Anwendbarkeit der Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X, sondern auch, wenn diese Fiktion nicht greift. Macht der Adressat eines (angeblich) nicht eingetroffenen Briefes den Nichtzugang des Briefes geltend, reicht insofern "einfaches" Bestreiten aus, da es ihm im Regelfall schon aus logischen Gründen nicht möglich ist, näher darzulegen, ihm sei ein per einfachem Brief übersandtes Schreiben nicht zugegangen (BSG, Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 4/06 R). Für den Senat sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es sich bei der Einlassung des Klägers zu 1., er habe den Bescheid vom 24.04.2018 nicht erhalten, um eine Schutzbehauptung handelt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei dem Bescheid vom 06.04.2018 nicht um eine vorläufige Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an die vier Kläger für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 i.S.v. § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 2 S. 1 SGB II.

Dieser Bescheid kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass den Klägern für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 vorläufig Grundsicherungsleistungen bewilligt werden, sondern der Bescheid beschränkt sich auf die Regelung, dass die Höhe des zu berücksichtigenden Durchschnittseinkommens des Klägers zu 1. aus Erwerbstätigkeit für eine künftige - vorläufige - Bewilligung von Grundsicherungsleistungen festgesetzt wird.

Maßstab für die Auslegung von Verwaltungsakten ist der objektive Empfängerhorizont. Verwaltungsakte sind in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Für die Auslegung kommt es über den bloßen Wortlaut hinaus auf den objektiven Sinngehalt des Verwaltungsakts an, also darauf, wie der Empfänger dessen Inhalt (Verfügungssatz und Begründung) bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen konnte und musste. Die Auslegung geht aus vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG, Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R m.w.N).

Der Bescheid hat zwar die Überschrift " Bescheid über die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen gemäß § 41a SGB II". Jedoch sind in dem Bescheid die für einen Bewilligungsbescheid über Grundsicherungsleistungen charakteristischen Regelungen - Art, Dauer und Höhe der Leistung - bis auf die Art der Leistung - vorläufig für die Zeit ab dem 01.04.2018 - nicht getroffen worden. Die Bindungswirkung von Bewilligungsentscheidungen im SGB II beschränkt sich auf den Verfügungssatz - d.h. die Entscheidung über Art, Dauer (Beginn und Ende) und Höhe der Leistung, einzelne Begründungselemente erwachsen in der Regel nicht in Bestandskraft. (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R, außer sie sind Gegenstand einer gesonderten Entscheidung, deren Verfügungssatz sie bilden BSG, Urteil vom 29.06.2000 - B 11 AL 89/99 R). Dass sich der Regelungswille des Beklagten im Bescheid vom 06.04.2018 auf die Festsetzung des zu berücksichtigenden Einkommens als Berechnungselement für eine künftige vorläufige Bewilligung beschränkt, ergibt sich eindeutig aus den Ausführungen des Beklagten in dem Bescheid unter der Überschrift "Hinweis", wonach die Zusammensetzung des vorläufigen Leistungsanspruch im Einzelnen einem gesonderten Bescheid - einem maschinellen Leistungsbescheid - über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II für den Bewilligungszeitraum zu entnehmen sei. Jedwede Feststellung der Höhe der Individualansprüche der vier Kläger auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 01.04.2018 fehlt in dem Bescheid (vgl. zum Charakter des Leistungsanspruchs des Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II als Individualanspruch: BSG, Urteil vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R). Der Bescheid vom 06.04.2018 enthält bis auf die Festlegung der Höhe des anrechenbaren Erwerbseinkommens des Klägers zu 1. keine weiteren Angaben hinsichtlich der weiteren Berechnungsfaktoren, die für die Höhe eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen maßgebend sind.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat der Beklagte auch nicht mit Bescheid vom 06.04.2018 in Verbindung mit den monatlichen Überweisungen konkludent den Klägern vorläufig Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis 30.09.2018 bewilligt.

In der Rechtsprechung des BSG ist zwar anerkannt, dass auch in der Auszahlung eines Geldbetrages nach entsprechender hoheitlicher Entscheidung die Bekanntgabe des zugrundeliegenden Verwaltungsakts gesehen werden kann (BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Denn nach § 33 Abs. 2 S. 1 SGB X kann ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder "in anderer Weise" erlassen werden. Damit wird zwar auch konkludentes Handeln der Verwaltung erfasst (Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 33 Rn. 110 mit Rechtsprechungsübersicht). Es muss dabei aber stets Anhaltspunkte dafür geben, dass die Behörde die Rechtslage geprüft und eine Verwaltungsentscheidung getroffen hat und auch treffen wollte (BSG, Urteil vom 07.07.2005 - B 3 P 12/04 R).

Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Beklagte mit der monatlichen Überweisung der Grundsicherungsleistungen der Bedarfsgemeinschaft an den Kläger zu 1. jeweils für den Monat eine Entscheidung über die Höhe der Individualansprüche der vier Kläger getroffen hat. Vielmehr hat er durch die Überweisungen die nach seiner Auffassung an die Kläger durch Bescheid vom 24.04.2018 bewilligten Leistungen entsprechend der Regelung des § 38 Abs. 1 S. 2 SGB II auskehren und erfüllen wollen.

Selbst wenn der Auffassung des Sozialgerichts gefolgt wird, sind diese Bewilligungsbescheide wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nicht wirksam.

Ein Verwaltungsakt ist nach § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich bestimmt, wenn der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeit eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteile vom 30.09.2019 - B 4 AS 10/20 R und vom 25.06.2015 - B 14 AS 28/14 R). Zur Erfüllung der genannten Voraussetzungen genügt es, wenn ausreichende Klarheit über die Regelung nicht nur aus der Auslegung des Verfügungssatzes selbst, sondern auch durch den Rückgriff auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen gewonnen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass kein Anspruch der Bedarfsgemeinschaft oder Teilen der Bedarfsgemeinschaft als solcher existiert, sondern Anspruchsinhaber jeweils - individuell - die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (BSG, Urteil vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R).

Aus dem Bescheid vom 06.04.2018 und den Zusätzen auf den Überweisungsträgern kann allenfalls entnommen werden, dass den Klägern als Bedarfsgemeinschaft vorläufig Grundsicherungsleistungen für bestimmte Zeiträume bewilligt worden, jedoch lässt sich die Höhe der Individualansprüche der vier Kläger nicht bestimmen, ausgewiesen wird nur die Summe ihrer Ansprüche. Es existiert aber kein Anspruch der Bedarfsgemeinschaft oder von Teilen der Bedarfsgemeinschaft als solcher (BSG, Urteil vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Auferlegung von Verschuldenskosten i.H.v. 500,00 EUR wird aufgehoben. Die Rechtsverfolgung ist i.S.v. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht rechtsmißbräuchlich. Ein Missbrauch ist u.a. dann anzunehmen, wenn die Klage oder das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und die Klage oder die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 zu der vergleichbaren Regelung des § 34 BVerfGG). Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen. Auf die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage wird Bezug genommen.

Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved