Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 21 SO 290/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 91/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 88/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Unterhaltspflichtige haben dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen, sofern nicht ausnahmsweise ein Fall der sogenannten "Negativevidenz" vorliegt.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 31. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufforderung des Beklagten, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.
Mit Schreiben vom 23. März 2016 wandte sich der Beklagte an die Klägerin. Er teilte mit, dass der Vater der Klägerin, C. (geb. 1943), ab April 2016 Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehe, um seine Unterbringung im Altenheim "D." in E ... finanzieren zu können. Die Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III (Bescheid der Pflegekasse bei der AOK PLUS vom 22. Dezember 2014) sowie seine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich einer "ZVK-Rente" reichten nicht aus, um die Heimkosten zu finanzieren. Der Unterhaltsanspruch, den der Leistungsempfänger (der Vater) nach bürgerlichem Recht gegen die Klägerin habe, sei vom 1. März 2016 an gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen gemeinsam mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 Abs. 1 SGB XII auf den Beklagten als örtlichem Sozialhilfeträger übergegangen. Am selben Tag erließ der Beklagte dazu einen Bescheid. Damit verpflichtete er die Klägerin, bis zum 25. April 2016 über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen. Auf dieser Grundlage sei es dem Beklagten möglich zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen herangezogen werden könne.
Dagegen legte die Klägerin am 15. April 2016 Widerspruch ein. Die Vaterschaft des Herrn C ... werde bestritten. Dieser sei auch nicht pflegebedürftig. Er müsse lediglich seinen Alkoholkonsum reduzieren. Die offenbar verabreichten Psychopharmaka seien nicht erforderlich. Zudem sei die Klägerin gegenüber Herrn C. nicht unterhaltspflichtig. Dieser verfüge über ausreichende eigene Mittel, um seine Existenz zu sichern. Zumindest könnte er nach der Ansicht der Klägerin über derartige Mittel verfügen, sofern er eine Rente wegen "Republikflucht" beantragen würde. Schließlich habe er über mehrere Jahre im Gefängnis eingesessen. Zudem verfüge er eventuell über weiteres Vermögen, da er relativ gut verdient habe. Da die Ehefrau des Klägers zu DDR-Zeiten in einem Jugendwerkhof untergebracht worden sei, stehe dieser ebenfalls eine "Opferrente" zu, die sich nach den Überlegungen der Klägerin auf mehr als 10.000 Euro belaufe.
Darüber hinaus sei ein möglicher Unterhaltsanspruch ausgeschlossen, da sich Herr C ... gegenüber der Mutter der Klägerin und ihren Geschwistern in schwerwiegender Weise fehlverhalten habe. So habe Herr C ... nach der Ehescheidung im Jahre 1964 keinen Unterhalt gezahlt. Zudem sei die Ehe nur von kurzer Dauer gewesen. Bereits während der Ehe sei Herr C ... seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern den Unterhalt schuldig geblieben. Ferner habe er durch erhöhten Alkoholkonsum seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt. Schließlich habe Herr C ... schwere Straftaten zum Nachteil der Mutter der Klägerin und ihrer Geschwister begangen. So sei er wegen mehrfacher Körperverletzung verurteilt worden. Wiederholt habe Herr C ... das Bett der seinerzeit sechs bis zwölf Monate alten Klägerin mit Rasierklingen versehen. Der jüngere Bruder der Klägerin habe versucht, sich umzubringen. Da Herr C ... wegen Diebstahls und Betrugs verurteilt worden sei, sei davon auszugehen, dass er solche Delikte auch zum Nachteil der Klägerin und ihrer Mutter begangen habe. Zudem habe er außereheliche sexuelle Beziehungen zur Großmutter der Klägerin unterhalten. Jedenfalls bestehe keine Unterhaltspflicht wegen grober Unbilligkeit. Die schwerbehinderte Klägerin erziele kein Einkommen und sei gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtig.
Nach erläuternden Schreiben des Beklagten vom 19. April 2016 und vom 9. Mai 2016, verbunden mit der – erfolglosen - Bitte, über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nunmehr bis zum 20. Mai 2016 Auskunft zu erteilen, erging der Widerspruchsbescheid vom 30. November 2016. § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII begründe einen eigenständigen öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch, der vom zivilrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 1605 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu unterscheiden sei. Das Auskunftsverfahren nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sei als Vorstufe zur Regelung des Rückgriffs in § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu verstehen. Damit sei es dem Sozialhilfeträger möglich, nach erfolgter Leistungsbewilligung zu prüfen, ob es wirtschaftlich sinnvoll sei, einen möglicherweise nach § 94 SGB XII bestehenden Unterhaltsanspruch vor den Zivilgerichten durchzusetzen. Auf diese Weise werde der Nachranggrundsatz in § 2 SGB XII gewahrt. Die Klägerin sei als Unterhaltspflichtige nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII anzusehen. Sie sei mit dem Leistungsberechtigten in gerader Linie verwandt (§ 1589 BGB) und damit unterhaltspflichtig gemäß § 1601 BGB. Das streitige Auskunftsverlangen erfordere im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin nicht, dass ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch tatsächlich und nachweislich bestehe. Eine "Negativevidenz" bestehe im Falle der Klägerin nicht. Abschließend ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung an.
Dagegen hat sich die am 19. Dezember 2016 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobene Klage errichtet. Auf den Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wieder hergestellt, da deren Erfolgsaussichten offen seien (Beschluss vom 21. Januar 2017). Sodann hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2017). Die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII lägen vor. Da das Nichtbestehen der Vaterschaft nicht gemäß § 1600d BGB festgestellt worden sei, sei die Klägerin mit dem Leistungsempfänger C ... in gerader Linie verwandt und demzufolge unterhaltspflichtig nach § 1601 BGB. Die Auskunftspflicht entfalle nur, sofern ein Unterhaltsanspruch offensichtlich ausgeschlossen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr seien aufgrund der vorgetragenen Vorwürfe gegen den Leistungsempfänger schwierige unterhaltsrechtliche Fragen zu prüfen, wobei dafür die Zivilgerichte zuständig seien.
Gegen den ihr am 4. August 2017 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit der am 1. September 2017 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung. Im Gegensatz zur Ansicht des Sozialgerichts sei es offensichtlich, dass die Klägerin dem Leistungsempfänger gegenüber nicht unterhaltspflichtig sei. Dazu bedürfe es keiner Beweiserhebung; zumal der Vater der Klägerin am 8. Januar 1976 vom Kreisgericht E. wegen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt worden sei. Zudem sei dieser nicht bedürftig. Da ihm eine Opferrente zustehe, könne er seinen notwendigen Unterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten. Dies habe die rechtliche Betreuerin des Vaters der Klägerin mitgeteilt im Schreiben vom 11. August 2017. Der Beklagte habe in seinem Schreiben vom 9. Mai 2016 zugesagt, Entschädigungszahlungen an den Vater im Rahmen der unterhaltsrechtlichen und sozialhilferechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Immerhin habe der Vater aufgrund des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) einen Betrag von rund 75.000 Euro erhalten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 31. Juli 2017 und den Bescheid des Beklagten vom 23. März 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Sozialhilfe habe er dem Vater der Klägerin rechtmäßig in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 28. Februar 2017 gewährt. Die Leistung sei aufgrund der gesetzlichen Änderungen im Zuge der Pflegereform zum 1. Januar 2017 ab dem 1. März 2017 eingestellt worden. Dabei sei die Opferrente unerheblich, da diese auf Leistungen der Sozialhilfe nicht angerechnet werden dürfe. Der Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Klägerin scheide jedenfalls nicht von vornherein ohne nähere Prüfung aus. An den Auskunftsanspruch seien keine strengen Anforderungen zu stellen. Verwirkungseinwände sollten im Rahmen des § 117 SGB XII keine Rolle spielen, da die Zivilgerichte dazu berufen seien, diese rechtlich zu bewerten (Bezug auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 30/12).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da dem Beklagten der geltend gemachte Auskunftsanspruch nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 94 SGB XII zusteht. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen, die ihrer Ansicht nach den erhobenen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch ausschließen, kann sie gegebenenfalls im zivilgerichtlichen Verfahren vorbringen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 23. März 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2016, mit welchem der Beklagte die Klägerin dazu verpflichtet hat, ihm Auskunft zu erteilen über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 95 SGG). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 SGG). Maßgeblicher Zeitpunkt ist bei der isolierten Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheides. Eine spätere Änderung der Sach- und Rechtslage ist regelmäßig unbeachtlich (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R – juris Rn. 19).
In der Sache hat der Beklagte sein Auskunftsverlangen gegenüber der Klägerin zutreffend auf § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gestützt. Danach haben die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen vor, wenn der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers gegen die Klägerin weder offensichtlich im Wege der Negativevidenz noch nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen ist (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – B 8 SO 75/12 B – juris Rn. 7). Das Rechtmäßigkeitskriterium der Negativevidenz orientiert sich dabei nicht an den gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts, sondern an dessen gesetzlicher Zielsetzung; diese ist darauf ausgerichtet, durch Realisierung des Unterhaltsanspruchs möglichst in Höhe der gewährten Leistungen den für den Einsatz öffentlicher Mittel geltenden Nachranggrundsatz wieder herzustellen. Deshalb ist zur Auskunft schon verpflichtet, wer als Unterhaltsschuldner des Sozialhilfeempfängers in Betracht kommt.
Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung und damit auch ein Auskunftsverlangen sinnlos. Für den Adressaten wäre damit zugleich eine unvertretbare Behelligung verbunden. Von daher sind nur solche erkennbar sinnlosen Auskunftsverlangen nach dem allgemein geltenden Grundsatz rechtstaatlichen Verwaltungshandelns trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – B 8 SO 75/12 B – juris Rn. 7). Die eingehende und abschließende Prüfung etwaiger Unterhaltsansprüche nach zivilrechtlichen Vorschriften soll den Zivilgerichten vorbehalten bleiben. Dieses Verständnis von der Negativevidenz führt in aller Regel zu einem Auskunftsanspruch. Dies ist allerdings gewollt angesichts der vom Auskunftsverlangen verfolgten Zielsetzung (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – B 8 SO 75/12 B – juris Rn. 8). Nur wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist – und insofern ist mit Blick auf die gegliederte Aufgabenzuweisung im Rechtschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Art. 92 ff GG) strikte Zurückhaltung geboten – ist ein gleichwohl erlassenes, erkennbar sinnloses Auskunftsersuchen aufzuheben (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 32/12 – juris Rn. 28).
Dem entsprechend sieht § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII vor, dass der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch der leistungsberechtigten Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe übergeht. Der Anspruchsübergang ist begrenzt auf die Zeit, für die Leistungen erbracht werden und der Höhe nach bezogen auf die geleistete Sozialhilfe. Ein Anspruchsübergang erfolgt nur, wenn und soweit dem Sozialhilfeempfänger nach bürgerlichem Recht ein Unterhaltsanspruch zusteht. Der Unterhaltsanspruch des Leistungsempfängers geht kraft Gesetzes mit der Erbringung der Leistung auf den Träger der Sozialhilfe über. Dabei kommt es hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts auf das tatsächliche Bewirken der Leistung an. Nicht entscheidend hingegen ist der Zeitpunkt, zu dem der Träger der Sozialhilfe über die Leistung entschieden, sie also bewilligt hat (H. Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 94 Rn. 50, 53). Für Streitigkeiten darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, ist der Zivilrechtsweg eröffnet (§ 94 Abs. 5 Satz 3 SGB XII).
Um feststellen zu können, ob und in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch übergegangen ist, hat der Gesetzgeber Auskunftsansprüche vorgesehen. Neben dem zivilrechtlichen Auskunftsanspruch besteht der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII, auf den der Beklagte sein Auskunftsbegehren gestützt hat. Den öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch kann der Sozialhilfeträger mit Verwaltungsakt geltend machen und im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Die in § 1605 Abs. 2 BGB vorgesehene Einschränkung, wonach eine erneute Auskunftspflicht grundsätzlich erst nach Ablauf von zwei Jahren besteht, sieht § 117 SGB XII nicht vor. Der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch reicht auch insofern über den nach § 1605 BGB hinaus, als im Rahmen des § 117 SGB XII neben dem Unterhaltspflichtigen noch weitere Personen und Stellen zur Auskunft verpflichtet sind. Das Auskunftsverlangen nach § 1605 BGB bietet demgegenüber den Vorteil, dass es gemäß § 1613 Abs. 1 BGB die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen für die Vergangenheit ermöglicht. Der Träger der Sozialhilfe hat ein Wahlrecht, ob er von dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB oder dem öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII Gebrauch macht (H. Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, 20. Aufl. 2020, § 94 Rn. 124).
Ob die Klägerin dem Leistungsberechtigten gegenüber unterhaltspflichtig ist, ergibt sich aus bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Das Recht sieht nicht vor, dass das einfache Bestreiten der Vaterschaft genügt, um Ansprüche auf Verwandtenunterhalt auszuschließen. Da der Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter der Klägerin verheiratet gewesen ist, ist dieser gemäß § 1592 Nr. 1 BGB zumindest in rechtlicher Hinsicht als Vater anzusehen; zumal die Klägerin dessen Vaterschaft nicht angefochten hat (§ 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und somit keine anderweitige gerichtliche Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1600d BGB erfolgt ist. Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig (§§ 1589 Satz 1, 1601, 1603 Abs. 1 BGB). Der Anspruch auf Unterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsgläubiger bedürftig ist. Er muss außerstande sein, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB). Der Unterhaltsschuldner ist unterhaltspflichtig, soweit er leistungsfähig ist. Die Unterhaltspflicht besteht nicht, sofern der Unterhaltsschuldner bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB).
Verwandte in gerader Linie sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Vor Ablauf von zwei Jahren kann Auskunft erneut nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat (§ 1605 Abs. 2 BGB).
Nachdem der Beklagte dem Vater der Klägerin Leistungen der Hilfe zur Pflege gewährt hat, spricht viel dafür davon auszugehen, dass dieser nicht über hinreichendes Einkommen und Vermögen verfügte, seinen Bedarf selbst zu decken (vgl. § 19 Abs. 3 SGB XII). Anders als die Klägerin meint, konnte er zur Deckung seines Bedarfs nicht darauf verwiesen werden, seine Rente nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) einzusetzen. Die Rente zählt nicht zum Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII: Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin so bezeichnete "Opferrente" ist eine Rente nach den §§ 21 ff StrRehaG, die auf das BVG Bezug nehmen. Diese Rente ist daher ebenso wenig auf Leistungen der Hilfe zur Pflege anzurechnen wie die womöglich von der (zweiten) Ehefrau des Leistungsempfängers bezogene Rente nach denselben Vorschriften aufgrund angenommener rechtstaatswidriger Freiheitsentziehung in einem Jugendwerkhof.
Der Beklagte hat dem Vater der Klägerin offensichtlich zu Recht Leistungen der Hilfe zur Pflege auf der Grundlage der Pflegestufe III bewilligt. Die entsprechenden Bescheide sind zwischen den an jenem Verwaltungsverfahren Beteiligten – zu denen die Klägerin nicht zählte – bindend geworden (§ 77 SGG). Auch insoweit kann die Klägerin nicht damit durchdringen, die Pflegebedürftigkeit ihres Vaters zu bestreiten. Der unangebrachte Hinweis, dieser müsse lediglich seinen Alkoholkonsum sowie die Dosis verabreichter Psychopharmaka reduzieren, führt zu keiner anderen Bewertung des Pflegebedarfs und des damit einhergehenden Leistungsanspruchs. Die zugrunde liegenden Einschätzungen im MDK-Pflegegutachten werden dadurch nicht relativiert. Dabei kommt es für den Auskunftsanspruch nicht darauf an, ob die Sozialhilfe rechtmäßig gewährt wurde.
Der Wortlaut des § 117 Abs. 1 SGB XII stellt lediglich auf den tatsächlichen Bezug von Sozialhilfeleistungen ab. Sinn und Zweck der Auskunftspflicht ist die Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII). Dadurch wird dem Träger der Sozialhilfe ein rechtliches Instrument zur Verfügung gestellt, das ihn in die Lage versetzt, durch Eintritt in die Gläubigerposition den gesetzlich gewollten Vorrang der Verpflichtung anderer, die dem Leistungsempfänger die erforderliche Hilfe hätten gewähren können, nachträglich zu verwirklichen. Dieses Bedürfnis besteht schon dann, wenn die Hilfe als Sozialhilfe gewährt worden ist – unabhängig davon, ob dies zu Recht geschehen ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 30; Bayerisches LSG, Urteil vom 28. Januar 2014 – L 8 SO 21/12 – juris Rn. 43).
Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Drittanfechtung durch die zu Unterhaltsbeiträgen herangezogenen Angehörigen nicht vor. Der Klägerin fehlt insoweit die Klagebefugnis. Sie ist allenfalls mittelbar betroffen, da sie möglicherweise als Unterhaltspflichtige vom Sozialhilfeträger zu Unterhaltsleistungen herangezogen werden kann. Das BSG hat im Urteil vom 25. November 1986 (Az.: 11a RA 18/85 – juris Rn. 12) diesbezüglich darauf abgestellt, wie die Rechtsstellung des mittelbar Betroffenen mit Blick auf die durch den Verwaltungsakt geregelten Rechtsbeziehungen beschaffen ist, und davon die Klagebefugnis abhängig gemacht. So hat das BSG demnach eine Klagebefugnis ausgeschlossen für einen nach durchgeführtem Versorgungsausgleich ausgleichspflichtigen Versorgungsbezieher, der sich gegen den Rentenbescheid der geschiedenen Ehefrau gewandt hatte, da dies der Zielsetzung des Versorgungsausgleichs widerspräche, die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der geschiedenen Ehegatten durch Teilung der Versorgungsanwartschaften umfassend und abschließend zu regeln. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese Auslegung am Maßstab des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) für verfassungsgemäß erachtet. Die zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten begründeten Rentenanwartschaften würden ihm als eigenes Recht zugeordnet, das er nach Belieben wahrnehmen könne, wenn in seiner Person ein Versicherungsfall eingetreten sei. Die durch Versorgungsausgleich erworbenen Anwartschaften nehmen ebenso wie andere rentenrechtliche Positionen an dem durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz teil (BVerfG, Beschluss vom 9. Januar 1991 – 1 BvR 207/87 – juris Rn. 54, 55).
Bezogen auf die Klägerin folgt daraus, dass sie insoweit als nur mittelbar Betroffene nicht klagebefugt ist. Ihrem Vater stand ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege zu (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 61 Satz 1 SGB XII). Die Pflege kranker und behinderter Menschen ist seit jeher eine der wesentlichsten Aufgaben der Sozialhilfe. Sie dient in besonderem Maße dazu, dem Leistungsbedürftigen die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (Art. 1 Grundgesetz [GG], § 1 Satz 1 SGB XII). Diesem verfassungsrechtlichen Fundamentalgrundsatz liefe es zuwider, wenn es einem potentiell unterhaltspflichtigen Dritten durch eigene Rechtsbehelfe möglich wäre, auf die Art und das Maß der Leistungserbringung Einfluss zu nehmen. Denn dazu sind die Sozialhilfeträger berufen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Rechte des Unterhaltspflichtigen dadurch nicht geschmälert werden. Ergibt sich nach der Auskunftsstufe, dass ein Unterhaltsanspruch besteht und dieser auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist (siehe dazu unten), so kann der Unterhaltspflichtige gegenüber dem Sozialhilfeträger sämtliche Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit des Anspruchsübergangs gegen den Leistungsempfänger als bisherigem Gläubiger begründet waren (§ 412 BGB in Verbindung mit § 404 BGB).
Die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen. Zwar hat sie vorgetragen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu sein und kein Einkommen zu erzielen. Aufschluss darüber vermag jedoch erst die vom Beklagten erbetene Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu erbringen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass zu den "eigenen Mitteln" des Leistungsempfängers nach § 19 Abs. 1, Abs. 3 SGB XII auch realisierbare Ansprüche gegen Dritte (darunter Unterhaltsansprüche) zählen (Hohm in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 19 Rn. 11). Dies gilt auch für Ehegatten, die auf Elternunterhalt in Anspruch genommen werden sollen.
Dabei ist der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht bereits deshalb leistungsunfähig, weil er nicht über eigene Einkünfte verfügt, die seinen angemessenen Selbstbehalt übersteigen. Bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt – wie hier – kann der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und kann folglich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen insgesamt gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen angemessener Unterhalt gesichert ist. Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte über kein eigenes Einkommen verfügt, hat er sein Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen, wobei ihm allerdings ein Betrag von 5 bis 7 Prozent des Familienunterhalts sowie in Höhe der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes verbleiben muss (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 25).
Anhaltspunkte dafür, dass die mögliche Unterhaltspflicht der Klägerin nach dem Grundsatz der Negativevidenz nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen und gemäß § 1611 Abs. 1 BGB beschränkt oder entfallen sein könnte, so dass die Klägerin als Unterhaltsschuldnerin von vornherein ausscheiden würde, liegen nicht vor. Demnach ist nur Billigkeitsunterhalt zu leisten oder die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung entfällt ganz, sofern der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass die Ehe ihrer Eltern nur von kurzer Dauer gewesen sei. Ferner habe ihr Vater (der Leistungsempfänger) alkoholbedingt seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt und schwere Straftaten zum Nachteil der Mutter der Klägerin und ihrer Geschwister begangen. Der Leistungsempfänger habe die Klägerin und ihre Mutter bestohlen und betrogen. Schließlich sei er wegen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ferner habe der Leistungsempfänger der Klägerin keinen Unterhalt gezahlt und außereheliche sexuelle Beziehungen unterhalten.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Alkoholkonsum krankhaft sein könnte. Die kurze Ehe ist unterhaltsrechtlich nur beim – hier nicht relevanten – Ehegattenunterhalt zu beachten (vgl. § 1578b BGB, wobei die Ehe der Eltern der Klägerin im Jahre 1964 geschieden wurde und demgemäß das Überleitungsrecht nach dem Einigungsvertrag heranzuziehen wäre). Letztlich müssten die weiteren Vorwürfe der Klägerin gegebenenfalls im Rahmen einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt werden – allerdings in einem familiengerichtlichen Verfahren (s.o.). Hinsichtlich der mitgeteilten Straftaten wäre wohl zu beachten, dass sich diese vor mehr als 40 Jahren ereignet haben und der – nach bundesdeutschem Recht – Anspruch des Leistungsempfängers auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in die Bewertung, ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1611 BGB zu beschränken oder auszuschließen wäre, einfließen müsste. Dabei ist dem Senat bewusst, dass die Verbüßung der Strafhaft nicht dazu führt, dass ein Täter den Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Mit der Strafverbüßung ist dem Strafanspruch des Staates Genüge getan. Das Verhältnis des Täters zu Dritten bleibt davon unberührt (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 19. September 2018 – 2 BvR 286/18 – juris Rn. 36, 37; Beschluss vom 25. November 1999 – 1 BvR 348/98, 1 BvR 755/98 – juris Rn. 36).
Die Vorschrift des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB XII steht der Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ebenfalls nicht entgegen. Danach gehen Unterhaltsansprüche nicht nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über, soweit die unterhaltspflichtige Person leistungsberechtigt nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde (Nr. 1) oder der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde (Nr. 2). Insbesondere gehört die Klägerin offensichtlich nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach §§ 19 Abs. 1 und 2, 27 oder 41 SGB XII. Auch ist eine besondere Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Diese öffentlich-rechtliche Regelung ist von den unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 Abs. 1 BGB abzugrenzen. Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen nicht als Härtegrund im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen.
Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss daher darüber hinausgehen. Eine solche Härte kommt in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen aus der Sicht des Sozialhilferechts soziale Belange vernachlässigen würde, wenn als von dem Unterhaltspflichtigen in dieser Situation üblicherweise nicht erwartet werden kann, nun auch noch im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch in die Pflicht genommen zu werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 27; Bayerisches LSG, Urteil vom 28. Januar 2014 – L 8 SO 21/12 – juris Rn. 63; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 32/12 – juris Rn. 52).
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Sie hat ausschließlich Gründe vorgetragen, die aus ihrer Sicht zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs des Leistungsempfängers führen würden.
Durch die begehrte Auskunft wird die Klägerin nicht unangemessen in Anspruch genommen. Insbesondere wird ihr in Art. 2 Abs. 1 GG geschütztes Persönlichkeitsrecht, vor allem ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung, nicht verletzt, sondern aufgrund des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII im höherrangigen Interesse der Allgemeinheit - insbesondere zur Herstellung des Nachrangs der Sozialhilfe – in zulässiger Weise eingeschränkt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 31; Bayerisches LSG, Urteil vom 28. Januar 2014 – L 8 SO 21/12 – juris Rn. 32; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. November 2011 – L 1 SO 159/10 – juris Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 32/12 – juris Rn. 53; Urteil vom 9. Juni 2008 – L 20 SO 36/07 – juris Rn. 33; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. September 2006 – L 9 SO 48/06 ER – juris Rn. 26). Die vom Beklagten erbetenen Auskünfte sind erforderlich, um die mögliche Unterhaltspflicht der Klägerin feststellen zu können.
Schließlich steht der Klägerin auch kein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 117 Abs. 5 SGB XII zu. Danach können die nach § 117 Abs. 1 bis 4 SGB XII Auskunftspflichtigen Angaben verweigern, die ihnen oder ihnen nahe stehenden Angehörigen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) die Gefahr zuziehen würden, wegen einer Straftat oder wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Die Klägerin hat sich nicht auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 117 Abs. 5 SGB XII berufen. Ein solches Recht bestünde allerdings auch nur hinsichtlich der konkreten Angaben, die die Gefahr einer Verfolgung begründen könnten. Die Auskunft kann daher auch in solchen Fällen nicht generell verweigert werden (Hessisches LSG, Beschluss vom 5. September 2006 – L 9 SO 48/06 ER – juris Rn. 29).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da die Klägerin nicht zum in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis gehört, für den das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei ist.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufforderung des Beklagten, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.
Mit Schreiben vom 23. März 2016 wandte sich der Beklagte an die Klägerin. Er teilte mit, dass der Vater der Klägerin, C. (geb. 1943), ab April 2016 Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehe, um seine Unterbringung im Altenheim "D." in E ... finanzieren zu können. Die Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III (Bescheid der Pflegekasse bei der AOK PLUS vom 22. Dezember 2014) sowie seine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich einer "ZVK-Rente" reichten nicht aus, um die Heimkosten zu finanzieren. Der Unterhaltsanspruch, den der Leistungsempfänger (der Vater) nach bürgerlichem Recht gegen die Klägerin habe, sei vom 1. März 2016 an gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen gemeinsam mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 Abs. 1 SGB XII auf den Beklagten als örtlichem Sozialhilfeträger übergegangen. Am selben Tag erließ der Beklagte dazu einen Bescheid. Damit verpflichtete er die Klägerin, bis zum 25. April 2016 über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen. Auf dieser Grundlage sei es dem Beklagten möglich zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen herangezogen werden könne.
Dagegen legte die Klägerin am 15. April 2016 Widerspruch ein. Die Vaterschaft des Herrn C ... werde bestritten. Dieser sei auch nicht pflegebedürftig. Er müsse lediglich seinen Alkoholkonsum reduzieren. Die offenbar verabreichten Psychopharmaka seien nicht erforderlich. Zudem sei die Klägerin gegenüber Herrn C. nicht unterhaltspflichtig. Dieser verfüge über ausreichende eigene Mittel, um seine Existenz zu sichern. Zumindest könnte er nach der Ansicht der Klägerin über derartige Mittel verfügen, sofern er eine Rente wegen "Republikflucht" beantragen würde. Schließlich habe er über mehrere Jahre im Gefängnis eingesessen. Zudem verfüge er eventuell über weiteres Vermögen, da er relativ gut verdient habe. Da die Ehefrau des Klägers zu DDR-Zeiten in einem Jugendwerkhof untergebracht worden sei, stehe dieser ebenfalls eine "Opferrente" zu, die sich nach den Überlegungen der Klägerin auf mehr als 10.000 Euro belaufe.
Darüber hinaus sei ein möglicher Unterhaltsanspruch ausgeschlossen, da sich Herr C ... gegenüber der Mutter der Klägerin und ihren Geschwistern in schwerwiegender Weise fehlverhalten habe. So habe Herr C ... nach der Ehescheidung im Jahre 1964 keinen Unterhalt gezahlt. Zudem sei die Ehe nur von kurzer Dauer gewesen. Bereits während der Ehe sei Herr C ... seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern den Unterhalt schuldig geblieben. Ferner habe er durch erhöhten Alkoholkonsum seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt. Schließlich habe Herr C ... schwere Straftaten zum Nachteil der Mutter der Klägerin und ihrer Geschwister begangen. So sei er wegen mehrfacher Körperverletzung verurteilt worden. Wiederholt habe Herr C ... das Bett der seinerzeit sechs bis zwölf Monate alten Klägerin mit Rasierklingen versehen. Der jüngere Bruder der Klägerin habe versucht, sich umzubringen. Da Herr C ... wegen Diebstahls und Betrugs verurteilt worden sei, sei davon auszugehen, dass er solche Delikte auch zum Nachteil der Klägerin und ihrer Mutter begangen habe. Zudem habe er außereheliche sexuelle Beziehungen zur Großmutter der Klägerin unterhalten. Jedenfalls bestehe keine Unterhaltspflicht wegen grober Unbilligkeit. Die schwerbehinderte Klägerin erziele kein Einkommen und sei gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtig.
Nach erläuternden Schreiben des Beklagten vom 19. April 2016 und vom 9. Mai 2016, verbunden mit der – erfolglosen - Bitte, über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nunmehr bis zum 20. Mai 2016 Auskunft zu erteilen, erging der Widerspruchsbescheid vom 30. November 2016. § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII begründe einen eigenständigen öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch, der vom zivilrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 1605 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu unterscheiden sei. Das Auskunftsverfahren nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sei als Vorstufe zur Regelung des Rückgriffs in § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu verstehen. Damit sei es dem Sozialhilfeträger möglich, nach erfolgter Leistungsbewilligung zu prüfen, ob es wirtschaftlich sinnvoll sei, einen möglicherweise nach § 94 SGB XII bestehenden Unterhaltsanspruch vor den Zivilgerichten durchzusetzen. Auf diese Weise werde der Nachranggrundsatz in § 2 SGB XII gewahrt. Die Klägerin sei als Unterhaltspflichtige nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII anzusehen. Sie sei mit dem Leistungsberechtigten in gerader Linie verwandt (§ 1589 BGB) und damit unterhaltspflichtig gemäß § 1601 BGB. Das streitige Auskunftsverlangen erfordere im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin nicht, dass ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch tatsächlich und nachweislich bestehe. Eine "Negativevidenz" bestehe im Falle der Klägerin nicht. Abschließend ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung an.
Dagegen hat sich die am 19. Dezember 2016 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobene Klage errichtet. Auf den Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wieder hergestellt, da deren Erfolgsaussichten offen seien (Beschluss vom 21. Januar 2017). Sodann hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2017). Die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII lägen vor. Da das Nichtbestehen der Vaterschaft nicht gemäß § 1600d BGB festgestellt worden sei, sei die Klägerin mit dem Leistungsempfänger C ... in gerader Linie verwandt und demzufolge unterhaltspflichtig nach § 1601 BGB. Die Auskunftspflicht entfalle nur, sofern ein Unterhaltsanspruch offensichtlich ausgeschlossen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr seien aufgrund der vorgetragenen Vorwürfe gegen den Leistungsempfänger schwierige unterhaltsrechtliche Fragen zu prüfen, wobei dafür die Zivilgerichte zuständig seien.
Gegen den ihr am 4. August 2017 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit der am 1. September 2017 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung. Im Gegensatz zur Ansicht des Sozialgerichts sei es offensichtlich, dass die Klägerin dem Leistungsempfänger gegenüber nicht unterhaltspflichtig sei. Dazu bedürfe es keiner Beweiserhebung; zumal der Vater der Klägerin am 8. Januar 1976 vom Kreisgericht E. wegen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt worden sei. Zudem sei dieser nicht bedürftig. Da ihm eine Opferrente zustehe, könne er seinen notwendigen Unterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten. Dies habe die rechtliche Betreuerin des Vaters der Klägerin mitgeteilt im Schreiben vom 11. August 2017. Der Beklagte habe in seinem Schreiben vom 9. Mai 2016 zugesagt, Entschädigungszahlungen an den Vater im Rahmen der unterhaltsrechtlichen und sozialhilferechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Immerhin habe der Vater aufgrund des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) einen Betrag von rund 75.000 Euro erhalten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 31. Juli 2017 und den Bescheid des Beklagten vom 23. März 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Sozialhilfe habe er dem Vater der Klägerin rechtmäßig in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 28. Februar 2017 gewährt. Die Leistung sei aufgrund der gesetzlichen Änderungen im Zuge der Pflegereform zum 1. Januar 2017 ab dem 1. März 2017 eingestellt worden. Dabei sei die Opferrente unerheblich, da diese auf Leistungen der Sozialhilfe nicht angerechnet werden dürfe. Der Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Klägerin scheide jedenfalls nicht von vornherein ohne nähere Prüfung aus. An den Auskunftsanspruch seien keine strengen Anforderungen zu stellen. Verwirkungseinwände sollten im Rahmen des § 117 SGB XII keine Rolle spielen, da die Zivilgerichte dazu berufen seien, diese rechtlich zu bewerten (Bezug auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 30/12).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da dem Beklagten der geltend gemachte Auskunftsanspruch nach § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 94 SGB XII zusteht. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen, die ihrer Ansicht nach den erhobenen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch ausschließen, kann sie gegebenenfalls im zivilgerichtlichen Verfahren vorbringen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 23. März 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2016, mit welchem der Beklagte die Klägerin dazu verpflichtet hat, ihm Auskunft zu erteilen über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 95 SGG). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 SGG). Maßgeblicher Zeitpunkt ist bei der isolierten Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheides. Eine spätere Änderung der Sach- und Rechtslage ist regelmäßig unbeachtlich (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R – juris Rn. 19).
In der Sache hat der Beklagte sein Auskunftsverlangen gegenüber der Klägerin zutreffend auf § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gestützt. Danach haben die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen vor, wenn der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers gegen die Klägerin weder offensichtlich im Wege der Negativevidenz noch nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen ist (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – B 8 SO 75/12 B – juris Rn. 7). Das Rechtmäßigkeitskriterium der Negativevidenz orientiert sich dabei nicht an den gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts, sondern an dessen gesetzlicher Zielsetzung; diese ist darauf ausgerichtet, durch Realisierung des Unterhaltsanspruchs möglichst in Höhe der gewährten Leistungen den für den Einsatz öffentlicher Mittel geltenden Nachranggrundsatz wieder herzustellen. Deshalb ist zur Auskunft schon verpflichtet, wer als Unterhaltsschuldner des Sozialhilfeempfängers in Betracht kommt.
Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung und damit auch ein Auskunftsverlangen sinnlos. Für den Adressaten wäre damit zugleich eine unvertretbare Behelligung verbunden. Von daher sind nur solche erkennbar sinnlosen Auskunftsverlangen nach dem allgemein geltenden Grundsatz rechtstaatlichen Verwaltungshandelns trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – B 8 SO 75/12 B – juris Rn. 7). Die eingehende und abschließende Prüfung etwaiger Unterhaltsansprüche nach zivilrechtlichen Vorschriften soll den Zivilgerichten vorbehalten bleiben. Dieses Verständnis von der Negativevidenz führt in aller Regel zu einem Auskunftsanspruch. Dies ist allerdings gewollt angesichts der vom Auskunftsverlangen verfolgten Zielsetzung (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – B 8 SO 75/12 B – juris Rn. 8). Nur wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist – und insofern ist mit Blick auf die gegliederte Aufgabenzuweisung im Rechtschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Art. 92 ff GG) strikte Zurückhaltung geboten – ist ein gleichwohl erlassenes, erkennbar sinnloses Auskunftsersuchen aufzuheben (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 32/12 – juris Rn. 28).
Dem entsprechend sieht § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII vor, dass der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch der leistungsberechtigten Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe übergeht. Der Anspruchsübergang ist begrenzt auf die Zeit, für die Leistungen erbracht werden und der Höhe nach bezogen auf die geleistete Sozialhilfe. Ein Anspruchsübergang erfolgt nur, wenn und soweit dem Sozialhilfeempfänger nach bürgerlichem Recht ein Unterhaltsanspruch zusteht. Der Unterhaltsanspruch des Leistungsempfängers geht kraft Gesetzes mit der Erbringung der Leistung auf den Träger der Sozialhilfe über. Dabei kommt es hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts auf das tatsächliche Bewirken der Leistung an. Nicht entscheidend hingegen ist der Zeitpunkt, zu dem der Träger der Sozialhilfe über die Leistung entschieden, sie also bewilligt hat (H. Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 94 Rn. 50, 53). Für Streitigkeiten darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, ist der Zivilrechtsweg eröffnet (§ 94 Abs. 5 Satz 3 SGB XII).
Um feststellen zu können, ob und in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch übergegangen ist, hat der Gesetzgeber Auskunftsansprüche vorgesehen. Neben dem zivilrechtlichen Auskunftsanspruch besteht der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII, auf den der Beklagte sein Auskunftsbegehren gestützt hat. Den öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch kann der Sozialhilfeträger mit Verwaltungsakt geltend machen und im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Die in § 1605 Abs. 2 BGB vorgesehene Einschränkung, wonach eine erneute Auskunftspflicht grundsätzlich erst nach Ablauf von zwei Jahren besteht, sieht § 117 SGB XII nicht vor. Der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch reicht auch insofern über den nach § 1605 BGB hinaus, als im Rahmen des § 117 SGB XII neben dem Unterhaltspflichtigen noch weitere Personen und Stellen zur Auskunft verpflichtet sind. Das Auskunftsverlangen nach § 1605 BGB bietet demgegenüber den Vorteil, dass es gemäß § 1613 Abs. 1 BGB die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen für die Vergangenheit ermöglicht. Der Träger der Sozialhilfe hat ein Wahlrecht, ob er von dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB oder dem öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII Gebrauch macht (H. Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, 20. Aufl. 2020, § 94 Rn. 124).
Ob die Klägerin dem Leistungsberechtigten gegenüber unterhaltspflichtig ist, ergibt sich aus bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Das Recht sieht nicht vor, dass das einfache Bestreiten der Vaterschaft genügt, um Ansprüche auf Verwandtenunterhalt auszuschließen. Da der Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter der Klägerin verheiratet gewesen ist, ist dieser gemäß § 1592 Nr. 1 BGB zumindest in rechtlicher Hinsicht als Vater anzusehen; zumal die Klägerin dessen Vaterschaft nicht angefochten hat (§ 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und somit keine anderweitige gerichtliche Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1600d BGB erfolgt ist. Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig (§§ 1589 Satz 1, 1601, 1603 Abs. 1 BGB). Der Anspruch auf Unterhalt setzt voraus, dass der Unterhaltsgläubiger bedürftig ist. Er muss außerstande sein, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB). Der Unterhaltsschuldner ist unterhaltspflichtig, soweit er leistungsfähig ist. Die Unterhaltspflicht besteht nicht, sofern der Unterhaltsschuldner bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB).
Verwandte in gerader Linie sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Vor Ablauf von zwei Jahren kann Auskunft erneut nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat (§ 1605 Abs. 2 BGB).
Nachdem der Beklagte dem Vater der Klägerin Leistungen der Hilfe zur Pflege gewährt hat, spricht viel dafür davon auszugehen, dass dieser nicht über hinreichendes Einkommen und Vermögen verfügte, seinen Bedarf selbst zu decken (vgl. § 19 Abs. 3 SGB XII). Anders als die Klägerin meint, konnte er zur Deckung seines Bedarfs nicht darauf verwiesen werden, seine Rente nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) einzusetzen. Die Rente zählt nicht zum Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII: Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin so bezeichnete "Opferrente" ist eine Rente nach den §§ 21 ff StrRehaG, die auf das BVG Bezug nehmen. Diese Rente ist daher ebenso wenig auf Leistungen der Hilfe zur Pflege anzurechnen wie die womöglich von der (zweiten) Ehefrau des Leistungsempfängers bezogene Rente nach denselben Vorschriften aufgrund angenommener rechtstaatswidriger Freiheitsentziehung in einem Jugendwerkhof.
Der Beklagte hat dem Vater der Klägerin offensichtlich zu Recht Leistungen der Hilfe zur Pflege auf der Grundlage der Pflegestufe III bewilligt. Die entsprechenden Bescheide sind zwischen den an jenem Verwaltungsverfahren Beteiligten – zu denen die Klägerin nicht zählte – bindend geworden (§ 77 SGG). Auch insoweit kann die Klägerin nicht damit durchdringen, die Pflegebedürftigkeit ihres Vaters zu bestreiten. Der unangebrachte Hinweis, dieser müsse lediglich seinen Alkoholkonsum sowie die Dosis verabreichter Psychopharmaka reduzieren, führt zu keiner anderen Bewertung des Pflegebedarfs und des damit einhergehenden Leistungsanspruchs. Die zugrunde liegenden Einschätzungen im MDK-Pflegegutachten werden dadurch nicht relativiert. Dabei kommt es für den Auskunftsanspruch nicht darauf an, ob die Sozialhilfe rechtmäßig gewährt wurde.
Der Wortlaut des § 117 Abs. 1 SGB XII stellt lediglich auf den tatsächlichen Bezug von Sozialhilfeleistungen ab. Sinn und Zweck der Auskunftspflicht ist die Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII). Dadurch wird dem Träger der Sozialhilfe ein rechtliches Instrument zur Verfügung gestellt, das ihn in die Lage versetzt, durch Eintritt in die Gläubigerposition den gesetzlich gewollten Vorrang der Verpflichtung anderer, die dem Leistungsempfänger die erforderliche Hilfe hätten gewähren können, nachträglich zu verwirklichen. Dieses Bedürfnis besteht schon dann, wenn die Hilfe als Sozialhilfe gewährt worden ist – unabhängig davon, ob dies zu Recht geschehen ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 30; Bayerisches LSG, Urteil vom 28. Januar 2014 – L 8 SO 21/12 – juris Rn. 43).
Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Drittanfechtung durch die zu Unterhaltsbeiträgen herangezogenen Angehörigen nicht vor. Der Klägerin fehlt insoweit die Klagebefugnis. Sie ist allenfalls mittelbar betroffen, da sie möglicherweise als Unterhaltspflichtige vom Sozialhilfeträger zu Unterhaltsleistungen herangezogen werden kann. Das BSG hat im Urteil vom 25. November 1986 (Az.: 11a RA 18/85 – juris Rn. 12) diesbezüglich darauf abgestellt, wie die Rechtsstellung des mittelbar Betroffenen mit Blick auf die durch den Verwaltungsakt geregelten Rechtsbeziehungen beschaffen ist, und davon die Klagebefugnis abhängig gemacht. So hat das BSG demnach eine Klagebefugnis ausgeschlossen für einen nach durchgeführtem Versorgungsausgleich ausgleichspflichtigen Versorgungsbezieher, der sich gegen den Rentenbescheid der geschiedenen Ehefrau gewandt hatte, da dies der Zielsetzung des Versorgungsausgleichs widerspräche, die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der geschiedenen Ehegatten durch Teilung der Versorgungsanwartschaften umfassend und abschließend zu regeln. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese Auslegung am Maßstab des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) für verfassungsgemäß erachtet. Die zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten begründeten Rentenanwartschaften würden ihm als eigenes Recht zugeordnet, das er nach Belieben wahrnehmen könne, wenn in seiner Person ein Versicherungsfall eingetreten sei. Die durch Versorgungsausgleich erworbenen Anwartschaften nehmen ebenso wie andere rentenrechtliche Positionen an dem durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz teil (BVerfG, Beschluss vom 9. Januar 1991 – 1 BvR 207/87 – juris Rn. 54, 55).
Bezogen auf die Klägerin folgt daraus, dass sie insoweit als nur mittelbar Betroffene nicht klagebefugt ist. Ihrem Vater stand ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege zu (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 61 Satz 1 SGB XII). Die Pflege kranker und behinderter Menschen ist seit jeher eine der wesentlichsten Aufgaben der Sozialhilfe. Sie dient in besonderem Maße dazu, dem Leistungsbedürftigen die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (Art. 1 Grundgesetz [GG], § 1 Satz 1 SGB XII). Diesem verfassungsrechtlichen Fundamentalgrundsatz liefe es zuwider, wenn es einem potentiell unterhaltspflichtigen Dritten durch eigene Rechtsbehelfe möglich wäre, auf die Art und das Maß der Leistungserbringung Einfluss zu nehmen. Denn dazu sind die Sozialhilfeträger berufen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Rechte des Unterhaltspflichtigen dadurch nicht geschmälert werden. Ergibt sich nach der Auskunftsstufe, dass ein Unterhaltsanspruch besteht und dieser auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist (siehe dazu unten), so kann der Unterhaltspflichtige gegenüber dem Sozialhilfeträger sämtliche Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit des Anspruchsübergangs gegen den Leistungsempfänger als bisherigem Gläubiger begründet waren (§ 412 BGB in Verbindung mit § 404 BGB).
Die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen. Zwar hat sie vorgetragen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu sein und kein Einkommen zu erzielen. Aufschluss darüber vermag jedoch erst die vom Beklagten erbetene Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu erbringen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass zu den "eigenen Mitteln" des Leistungsempfängers nach § 19 Abs. 1, Abs. 3 SGB XII auch realisierbare Ansprüche gegen Dritte (darunter Unterhaltsansprüche) zählen (Hohm in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 19 Rn. 11). Dies gilt auch für Ehegatten, die auf Elternunterhalt in Anspruch genommen werden sollen.
Dabei ist der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht bereits deshalb leistungsunfähig, weil er nicht über eigene Einkünfte verfügt, die seinen angemessenen Selbstbehalt übersteigen. Bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt – wie hier – kann der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Selbstbehalt insoweit gewahrt sein, als er durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt sein Auskommen findet. Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und kann folglich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen insgesamt gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen angemessener Unterhalt gesichert ist. Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte über kein eigenes Einkommen verfügt, hat er sein Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen, wobei ihm allerdings ein Betrag von 5 bis 7 Prozent des Familienunterhalts sowie in Höhe der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes verbleiben muss (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 25).
Anhaltspunkte dafür, dass die mögliche Unterhaltspflicht der Klägerin nach dem Grundsatz der Negativevidenz nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen und gemäß § 1611 Abs. 1 BGB beschränkt oder entfallen sein könnte, so dass die Klägerin als Unterhaltsschuldnerin von vornherein ausscheiden würde, liegen nicht vor. Demnach ist nur Billigkeitsunterhalt zu leisten oder die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung entfällt ganz, sofern der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass die Ehe ihrer Eltern nur von kurzer Dauer gewesen sei. Ferner habe ihr Vater (der Leistungsempfänger) alkoholbedingt seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt und schwere Straftaten zum Nachteil der Mutter der Klägerin und ihrer Geschwister begangen. Der Leistungsempfänger habe die Klägerin und ihre Mutter bestohlen und betrogen. Schließlich sei er wegen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ferner habe der Leistungsempfänger der Klägerin keinen Unterhalt gezahlt und außereheliche sexuelle Beziehungen unterhalten.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Alkoholkonsum krankhaft sein könnte. Die kurze Ehe ist unterhaltsrechtlich nur beim – hier nicht relevanten – Ehegattenunterhalt zu beachten (vgl. § 1578b BGB, wobei die Ehe der Eltern der Klägerin im Jahre 1964 geschieden wurde und demgemäß das Überleitungsrecht nach dem Einigungsvertrag heranzuziehen wäre). Letztlich müssten die weiteren Vorwürfe der Klägerin gegebenenfalls im Rahmen einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt werden – allerdings in einem familiengerichtlichen Verfahren (s.o.). Hinsichtlich der mitgeteilten Straftaten wäre wohl zu beachten, dass sich diese vor mehr als 40 Jahren ereignet haben und der – nach bundesdeutschem Recht – Anspruch des Leistungsempfängers auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in die Bewertung, ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1611 BGB zu beschränken oder auszuschließen wäre, einfließen müsste. Dabei ist dem Senat bewusst, dass die Verbüßung der Strafhaft nicht dazu führt, dass ein Täter den Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Mit der Strafverbüßung ist dem Strafanspruch des Staates Genüge getan. Das Verhältnis des Täters zu Dritten bleibt davon unberührt (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 19. September 2018 – 2 BvR 286/18 – juris Rn. 36, 37; Beschluss vom 25. November 1999 – 1 BvR 348/98, 1 BvR 755/98 – juris Rn. 36).
Die Vorschrift des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB XII steht der Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ebenfalls nicht entgegen. Danach gehen Unterhaltsansprüche nicht nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über, soweit die unterhaltspflichtige Person leistungsberechtigt nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde (Nr. 1) oder der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde (Nr. 2). Insbesondere gehört die Klägerin offensichtlich nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach §§ 19 Abs. 1 und 2, 27 oder 41 SGB XII. Auch ist eine besondere Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Diese öffentlich-rechtliche Regelung ist von den unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1611 Abs. 1 BGB abzugrenzen. Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen nicht als Härtegrund im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen.
Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss daher darüber hinausgehen. Eine solche Härte kommt in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen aus der Sicht des Sozialhilferechts soziale Belange vernachlässigen würde, wenn als von dem Unterhaltspflichtigen in dieser Situation üblicherweise nicht erwartet werden kann, nun auch noch im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch in die Pflicht genommen zu werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 27; Bayerisches LSG, Urteil vom 28. Januar 2014 – L 8 SO 21/12 – juris Rn. 63; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 32/12 – juris Rn. 52).
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Sie hat ausschließlich Gründe vorgetragen, die aus ihrer Sicht zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs des Leistungsempfängers führen würden.
Durch die begehrte Auskunft wird die Klägerin nicht unangemessen in Anspruch genommen. Insbesondere wird ihr in Art. 2 Abs. 1 GG geschütztes Persönlichkeitsrecht, vor allem ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung, nicht verletzt, sondern aufgrund des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII im höherrangigen Interesse der Allgemeinheit - insbesondere zur Herstellung des Nachrangs der Sozialhilfe – in zulässiger Weise eingeschränkt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Februar 2016 – L 7 SO 3734/15 – juris Rn. 31; Bayerisches LSG, Urteil vom 28. Januar 2014 – L 8 SO 21/12 – juris Rn. 32; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. November 2011 – L 1 SO 159/10 – juris Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2012 – L 20 SO 32/12 – juris Rn. 53; Urteil vom 9. Juni 2008 – L 20 SO 36/07 – juris Rn. 33; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. September 2006 – L 9 SO 48/06 ER – juris Rn. 26). Die vom Beklagten erbetenen Auskünfte sind erforderlich, um die mögliche Unterhaltspflicht der Klägerin feststellen zu können.
Schließlich steht der Klägerin auch kein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 117 Abs. 5 SGB XII zu. Danach können die nach § 117 Abs. 1 bis 4 SGB XII Auskunftspflichtigen Angaben verweigern, die ihnen oder ihnen nahe stehenden Angehörigen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) die Gefahr zuziehen würden, wegen einer Straftat oder wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Die Klägerin hat sich nicht auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 117 Abs. 5 SGB XII berufen. Ein solches Recht bestünde allerdings auch nur hinsichtlich der konkreten Angaben, die die Gefahr einer Verfolgung begründen könnten. Die Auskunft kann daher auch in solchen Fällen nicht generell verweigert werden (Hessisches LSG, Beschluss vom 5. September 2006 – L 9 SO 48/06 ER – juris Rn. 29).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da die Klägerin nicht zum in § 183 Satz 1 SGG genannten Personenkreis gehört, für den das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei ist.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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